Protocol of the Session on February 22, 2006

Das Wort erhält der Abgeordnete Lemke.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Mir ist klar, dass nach dieser PISAGeneraldebatte jetzt der Spannungsbogen ein bisschen abgesunken ist.

(Wolfgang Beuß CDU: Dann arbeiten Sie daran! – Gesine Dräger SPD: Dann tun Sie etwas dage- gen!)

Trotzdem lohnt es sich, auch hier aufmerksam zu sein. Wir haben jetzt zwei SPD-Anträge zu besprechen, die gewissermaßen den Alltag der Schulpolitiker betreffen. Erlauben Sie mir auch, dass ich diese Anträge gemeinsam behandele, denn sie beruhen beide auf der gleichen Grundidee, die darin besteht, dass die Ferienzeit für besondere Fördermaßnahmen genutzt werden soll.

Nun sind wir uns sicherlich alle einig, dass Schüler Ferien brauchen. In der Schulzeit geht es nicht nur um die reine Wissensvermittlung,

(Zuruf von Wilfried Buss SPD)

sondern Schüler benötigen auch ein bestimmtes Maß an Freiheit, um das Wissen zu verarbeiten. Das menschliche Gehirn ist nun einmal so gestrickt. In einer erfolgreichen Schulzeit sind natürlich Freiheit und Pflicht gleichermaßen vorhanden. Sie werden mir vermutlich gleich zustimmen.

Im vorliegenden Antrag haben wir es aber mit einer Schülergruppe zu tun haben, die einen besonderen Förderbedarf aufweist; im Antrag, Drucksache 18/3668, handelt es sich zum Beispiel um einen Sprachförderbedarf. Wenn wir die Zielgruppe so definieren, dann kann ich mich natürlich mit dem Grundgedanken anfreunden, dass man die Ferienzeit nutzt, um sich auf Wissensvermittlung zu konzentrieren und Angebote zu machen. Dieser Grundgedanke trifft zunächst auf meine Zustimmung.

Allerdings bleiben bei diesen Anträgen sehr viele Fragen offen. Die erste Frage ist natürlich, was den Steuerzahler die angedachten Maßnahmen kosten.

Der SPD-Antrag sagt zu diesem Thema vorsichtshalber gar nichts. Es ist wieder sehr interessant, dass man das Thema Kosten einfach ausklammert. Dieses muss man natürlich vor allem vor dem Hintergrund sehen, dass durch die Sommercamps kein flächendeckendes Angebot geschaffen wird, sondern nur eine geringe Anzahl von Schülern dieser Problemgruppe erreicht werden kann.

Ich nehme es vorweg: Der Antrag, Drucksache 18/3668, soll an den Ausschuss überwiesen werden. Dort müssen vor allem die Finanzpolitiker noch einmal mit dem Brennglas auf diesen Antrag schauen.

In dem SPD-Antrag steht kein Wort zum Thema Verwaltungsaufwand. Ich frage mich zum Beispiel auch, wie hoch der Verwaltungsaufwand für derartige Maßnahmen ist. Wir sind nicht in der komfortablen Lage, dass wir jede Maßnahme, die im entferntesten sinnvoll erscheint, durchführen können.

(Gerhard Lein SPD: Wir haben auch keine Stif- tung!)

Ja, die staatlichen Ressourcen müssen sinnvoll eingesetzt werden und man muss auf jeden Fall eine KostenNutzen-Relation herstellen, Herr Lein.

Hier ist eben gesagt worden, der Senat habe nichts für Integration getan und auch das Thema Sprachförderung, das sehr wichtig für die Integration ist, würde nicht behandelt werden. Das trifft nicht zu. Die Behörde hat in ihrem Entwurf zur Änderung des Schulgesetzes ab dem 1. August 2006 flächendeckend verpflichtende Sprachförderkurse vorgesehen. Eine solche Maßnahme erreicht alle Schüler der potenziellen Zielgruppe und ihr muss grundsätzlich der Vorzug eingeräumt werden.

Die CDU-Fraktion hat ein durchgängiges, sinnvolles Sprachförderkonzept vorgelegt. Das kann ich natürlich in dem SPD-Antrag nicht erkennen, der sich partiell mit einigen Schülern beschäftigt.

Interessant ist in dem SPD-Antrag Folgendes und das wollte ich noch einmal ansprechen: Dort heißt es, die Kosten für diese Maßnahmen könnten durch privates Sponsoring aufgebracht werden. Als ich mir den Antrag einige Male durchgelesen habe, fragte ich mich, ob das eine Änderung in der SPD-Schulpolitik sei. Ich hatte es bisher immer so verstanden, dass Sie Vorbehalte gegen

Bildungssponsoring haben, weil eine Einflussnahme von Unternehmen auf Bildungsinhalte befürchtet wird. Es könnte sein, dass das jetzt der Anfang der Änderung der SPD-Schulpolitik ist. Aber das ist mehr eine Frage von mir. Ich würde es gern wissen.

Zum Abschluss, Herr Buss: Sie sind mir aus den Ausschusssitzungen als offener und ehrlicher Mensch bekannt. Seien Sie offen und ehrlich und räumen Sie ein, dass die Anträge noch viele Fragen aufwerfen.

Wir werden den SPD-Antrag, die Drucksache 18/3668, im Ausschuss behandeln.

(Beifall bei der CDU und bei Doris Mandel SPD)

Das Wort erhält die Abgeordnete Goetsch.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Lemke, wenn Sie sagen, die armen Schülerinnen und Schüler bräuchten 13 Wochen Ferien, da frage ich mich, ob Sie das vielleicht als Elternteil so sehen. Aber bei 13 Wochen Ferien, denke ich, ist ein Sommer- oder ein Ostercamp ohne Weiteres möglich. Die Bremer Erfahrung hat gezeigt, dass die Schülerinnen und Schüler mit viel Verve, Engagement und Motivation am Camp teilgenommen haben. Auch in anderen Ländern hat man Sommercamps, um Unterricht aufzuholen. Die Schülerinnen und Schüler nehmen keinen Schaden, sondern haben bessere Ergebnisse und es werden dadurch unter anderem Wiederholungsschleifen verhindert.

Ich kann mich Frau Özoguz sowohl zum ersten als auch zum zweiten Antrag anschließen. Das Sprachförderkonzept, das im Grunde genommen ein konkreter Handlungsvorschlag ist, hat hervorragende Ergebnisse gezeigt. Das habe ich nicht von der SPD gehört, sondern von Wissenschaftlern und Pädagogen, die das Konzept begleitet haben. Es ist interessant zu beobachten, dass es durch ein anregungsreiches Milieu, beispielsweise über das Theaterspielen, innerhalb von drei Wochen Lernzuwächse gab, die man sonst beim Erwerb der deutschen Sprache nicht in einem Jahr hat.

Zum Sitzenbleiben: Unser Ziel ist, das Sitzenbleiben sowieso zu reduzieren beziehungsweise es ganz abzuschaffen. Sie wissen, dass wir im Jahr 21 Millionen Euro für das Sitzenbleiben vergeuden. Wenn man jetzt präventiv über solche Oster- oder März-Camps – letzteres würde es in Hamburg heißen – etwas erreichen kann, um das zu verhindern, dann können wir das nur unterstützen. Insofern, Herr Lemke, lernen Sie dazu, wenn der Antrag im Ausschuss ist.

(Vizepräsidentin Dr. Verena Lappe übernimmt den Vorsitz.)

Vielleicht werden Sie den Schülern dann doch ein DreiWochen-Ferien-Camp gönnen, damit sie sich weiterentwickeln können. – Danke.

Das Wort hat Herr Buss.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich weiß gar nicht, warum es da solche Probleme gibt. Herr Lemke, das muss ich noch einmal in aller Klarheit sagen: Wenn bei Ihnen Fragen offen bleiben, dann ist es komischerweise bei der Bildung immer die eine

Frage: Geld, Geld, Geld. Aber wenn Sie mehr erreichen wollen, können Sie zwar in gewisser Weise Effizienz einsetzen, aber auf der anderen Seite muss man doch ehrlich zugeben, dass man dann auch bereit sein muss, dafür mehr Geld aufzubringen. Das ist nun einmal so, Herr Lemke. Da kann ich nicht immer nur sagen, weil es etwas kostet, lehne ich es ab.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Herr Lemke, wenn Sie hier kritisieren, das sei ein zu großer Verwaltungsaufwand, dann bitte ich Sie, verehrter Herr Kollege, sich doch einmal schlau zu machen und Ihre Kolleginnen und Kollegen in Bremen zu fragen, die ja in einer großen Koalition an der Regierung beteiligt sind, welche positiven Ergebnisse dort mit diesen Maßnahmen gemacht worden sind. Es ist nichts anderes. Wenn Sie das hier kritisieren wollen oder nicht in Ordnung finden, dann holen Sie sich bitte die entsprechenden Auskünfte – und die dürften Sie doch auch bekommen –, damit Sie auch vor der Ausschusssitzung schon einmal wissen, was da wirklich angesagt ist, ob da wirklich so viel Verwaltungsaufwand vorhanden ist.

Genau das Gleiche gilt für das Bildungssponsoring. Natürlich werden da neue Wege beschritten. Das ist doch gerade das Entscheidende. Wenn ich auf neuen Wegen neue Sachen erreichen will, die Sie zum Beispiel genauso wollen, auch Sie wollen weniger Sitzenbleiben haben, dann kann es doch nur in Ihrem Interesse sein, dass wir neue Wege einschlagen und zum Beispiel – genau wie in Bremen – über ein Bildungssponsoring für solche speziellen Camps nachdenken.

Ein letzter Punkt. Herr Lemke, ich mache es auch ganz kurz für Ihre Fraktion. Dass Sie den Antrag zu den Frühjahrscamps ablehnen wollen, finde ich natürlich hanebüchen, weil es gerade darum geht, hier einen neuen Weg einzuschlagen, wie man Sitzenbleiben jetzt schon verhindern und solchen Schülerinnen und Schülern mehr Bildungschancen geben und man insgesamt im Gesamtbildungssystem Geld sparen könnte. Herr Lemke, das sollte doch in Ihrem Interesse sein. Jeder Sitzenbleiber kostet – fragen Sie Ihre Senatorin – mehr Geld und wenn es Ihnen gelingt, das durch solche Maßnahmen in den Frühjahrsferien zu vermeiden, dann spart die Behörde langfristig sehr viel Geld und die Kinder haben durch solch eine Maßnahme mehr Chancen für ihre Bildungskarriere. Ich finde es verkehrt, dass Sie nicht auch die Chance geben, das in einem Ausschuss zu beraten. Also, gehen Sie in sich und überweisen Sie den zweiten Antrag bitte ebenfalls an den Ausschuss. – Danke.

(Beifall bei der SPD und bei Christa Goetsch GAL)

Es liegen mir keine weiteren Wortmeldungen vor. Das sehe ich doch richtig? – Herr Buss will noch einmal. Bitte, Herr Buss.

Wilfried Buss: Ich möchte nur noch einmal sagen, dass ich hiermit offiziell auch die Überweisung der Drucksache 18/3669 an den Schulausschuss beantrage.

(Bernd Reinert CDU: Ist doch beantragt! Wir leh- nen es trotzdem ab!)

Nun gibt es aber keine weiteren Wortmeldungen.

Wir kommen zur Abstimmung.

A C

B D

Wer stimmt einer Überweisung der Drucksache 18/3668, Neufassung, an den Schulausschuss zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist damit einstimmig erfolgt.

Wer stimmt einer Überweisung der Drucksache 18/3669 an den Schulausschuss zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist mehrheitlich abgelehnt.

Wer möchte den SPD-Antrag aus der Drucksache 18/3669 annehmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen – Damit ist dieser Antrag mehrheitlich abgelehnt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 7 auf, Drucksache 18/3442, Große Anfrage der GAL-Fraktion: Hartz IV Reform: Hat Hamburg seine Chancen vertan?

[Große Anfrage der Fraktion der GAL: Hartz IV Reform: Hat Hamburg seine Chancen vertan? – Drucksache 18/3442 –]

Diese Drucksache möchte die SPD-Fraktion an den Wirtschaftsausschuss überweisen. Wer wünscht das Wort? – Frau Köncke, bitte.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir wissen nicht erst seit heute, dass wir nicht nur einen beliebten Bürgermeister haben

(Beifall bei der CDU – Olaf Ohlsen CDU: Bravo!)

das ist doch immer ganz putzig bei der CDU, da braucht man nur zu sagen, der Bürgermeister sieht gut aus, ist lieb und nett und schon ist die CDU wie aus dem Häuschen. Ich habe immer das Gefühl, dass das ein bisschen Ihr Politikverständnis ist –,