Ich rufe Punkt 19 auf, Drucksache 18/162, Antrag der SPD-Fraktion: Volksinitiative Gesundheit ist keine Ware.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Auch heute müssen wir wieder einen Antrag zum LBK einbringen. Ich kann Ihnen versprechen, dass wir Sie mit diesem Thema immer wieder bedrängen werden, und zwar so lange, bis Sie endlich eine offene Umgangsweise dazu finden.
14 Tage nach unserer letzten Debatte sind vergangen und der Senat hat immer noch nicht das Gespräch mit
den Initiatoren des Volksentscheids begonnen. Auch zweieinhalb Monate nach dem Volksentscheid können Sie sich immer noch nicht dazu durchringen, öffentlich die Option eines Mehrheitsverkaufs fallen zu lassen. Dies ist aber notwendig. Sie, meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, erhalten heute erneut die Möglichkeit, sich dem Willen der Hamburgerinnen und Hamburger anzuschließen und dem Inhalt des Volksentscheids zuzustimmen.
Nach wie vor ignorieren Sie diesen Willen der Hamburger Bevölkerung. Das ist unerträglich und in der Sache nicht hilfreich.
Der Senat ist auf dem besten Wege, wieder die gleichen Fehler zu begehen, die den ersten Versuch schon haben scheitern lassen. Eine Teilprivatisierung des LBK kann nur gelingen, wenn sie auf die Zustimmung der Bevölkerung, der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des LBK und auf eine möglichst breite politische Allianz trifft. Beherzigen Sie das! Der Senat steht in der Verantwortung, den Volksentscheid umzusetzen.
Der zuständige Senator und der Erste Bürgermeister sollten endlich – wie es in der Kita-Frage geschehen ist – auf das Gesprächsangebot der Initiatoren des Volksentscheids eingehen. Ihr Schweigen löst Unsicherheit aus. Die Menschen fragen sich, wie es weitergeht. Herr Peiner hat früher bereits eine Zerschlagung des LBK abgelehnt. Das UKE erklärte zwischenzeitlich sein Interesse an der Übernahme einzelner Häuser des LBK. Aber Senator Dräger äußert sich nicht dazu.
Der Erste Bürgermeister stellt gar die Option in den Raum, gleich fünf Häuser abzuspalten. Was zählt denn nun? Sorgen Sie endlich für eine Klarstellung und beenden Sie dieses Verwirrspiel. Was glauben Sie denn, wie das auf die Beschäftigten des LBK und auf die Bevölkerung wirkt?
Schenken Sie der Bevölkerung reinen Wein ein und legen Sie endlich offen, welche Optionen Sie verfolgen. Inzwischen gibt es zumindest die Ankündigung, um den 20. Juni herum – eine Woche nach der nächsten Wahl – eine endgültige Entscheidung auf den Tisch zu legen. So hat das "Hamburger Abendblatt" am 11. Mai berichtet. Verzeihen Sie, das legt doch schon den Verdacht nahe, dass Sie sich mit diesem Thema bis zum Tag der Europawahl durchhangeln wollen. Aber die Bevölkerung hat ein Recht darauf, jetzt zu erfahren, was Sie endlich planen und was Sie tun wollen.
Erneut will der Senat die Öffentlichkeit vor vollendete Tatsachen stellen und seine Entscheidung im Nachhinein als einzige Möglichkeit darstellen. Die Informationen dringen tröpfchenweise durch, NDR 90,3 hat schon Ende April von den Überlegungen des Senats berichtet, der Senator dementierte dies jedoch im Ausschuss. Das "Hamburger Abendblatt" berichtete über verschiedene Möglichkeiten, der Senator erklärte dazu nur, dass er keine Denkverbote aussprechen wolle. Selbst der Investor erklärte, dass er zu allem Möglichen bereit wäre, wenn der Senat nur endlich erklären würde, was er wolle. Das schrieb gestern auch das "Hamburger Abendblatt".
Es ist zum Teil ganz interessant, was man da lesen kann. Plötzlich finden sich auch Interessenten für eine Minderheitenbeteiligung. Dabei klang es in Ihrer Stellungnahme zum Volksentscheid noch so, als ob dies ganz und gar unmöglich wäre:
"Nein. Es gelingt nicht, jemanden zu finden, der zwar eine große Summe bezahlt, dann aber als Minderheitseigner nicht bestimmen kann, was in dem Unternehmen passieren muss. Wer investiert, will auch die Verantwortung für die Geschäftsführung übernehmen."
Nun erfahren wir auch, dass der LBK durchaus in der Lage ist, zumindest eine schwarze Null zu schreiben. Auch das klang in der Stellungnahme der Regierungskoalition am 27. Februar noch ganz anders:
"Ein Krankenhaus muss wie jedes andere Unternehmen auch mindestens die Einnahmen und die Ausgaben ausgeglichen halten. Das ist beim LBK in seiner derzeitigen Form nicht der Fall, sondern er hat in den vergangenen Jahren 'rote' Zahlen erwirtschaftet."
Dies alles eignet sich nicht, die Ernsthaftigkeit Ihrer Bemühungen zu belegen. Die Nebelkerzen, die jetzt geworfen werden, haben vor allem den Zweck, eines zu vertuschen: Der Senat tut so, als ob der Mehrheitsverkauf nach wie vor eine gleichberechtigte Verhandlungsoption wäre. Das ist aber falsch, denn sie missachtet den Willen der Bevölkerung. Das sind auch Ihre Wähler. Ich habe es letztes Mal schon gesagt, wie viele es sind. Ich möchte dies nicht wiederholen, aber es sollte Ihnen eigentlich in den Ohren klingen. Dieses Verhalten führt dazu, dass die Angebote für eine Minderheitsbeteiligung weniger attraktiv ausfallen werden.
Herr Dräger hatte erklärt, der Senat wolle auf der Grundlage der in Auftrag gegebenen Stellungnahme zur Gewinn-und-Verlust-Rechnung des LBK das bestehende Modell zur Teilprivatisierung bewerten, aber auch neue Optionen erarbeiten und sie an den uns gesetzten Zielen messen. Selbstverständlich werde der Senat dabei auch die Ergebnisse des Volksentscheids berücksichtigen.
Nehmen Sie doch endlich zur Kenntnis: Ihr bestehendes Modell zur Teilprivatisierung, wie Sie es nennen, ist von der Bevölkerung klar und eindeutig abgelehnt worden.
Die Zustimmung der Bevölkerung ist nicht irgendein nachrangiges Ziel, das man erreicht oder notfalls übergeht. Gerade bei dem sensiblen Thema Gesundheitsversorgung muss Konsens ein Hauptziel sein. Gesundheit ist keine Ware, medizinische Leistungen sind Vertrauensgüter. Das Vertrauen in eine gute Versorgung ist leicht verspielt und schwer wieder aufzubauen. Eine Zukunftslösung für den LBK, die nicht auf einer breiten Zustimmung in der Bevölkerung steht, wird scheitern. Vergessen Sie nicht: Sie verkaufen nicht den Besitz eines anonymen Staates, sondern der LBK gehört den Menschen in dieser Stadt. Er trägt maßgeblich zum Vertrauen der Hamburgerinnen und Hamburger in ihre Gesundheitsversorgung bei. Das ist
ein hohes Gut. Verspielen Sie es nicht, indem Sie den Willen der Menschen in dieser Stadt missachten.
Es geht hier ausschließlich um die Frage, wie hoch die Beteiligung eines privaten Investors ausfällt. Sie wollen keine Teil-, sondern eine Vollprivatisierung, denn darauf läuft die Mehrheitsbeteiligung doch hinaus. Die Hamburgerinnen und Hamburger wollen genau dies nicht. Wie oft müssen wir das denn noch sagen?
Insofern müssen wir heute gar nicht mehr darüber sprechen, denn die Hamburgerinnen und Hamburger haben ihre Erwartung an den Senat mehr als deutlich zum Ausdruck gebracht. Erinnern Sie sich doch einmal an das Ergebnis am Wahltag. Sprechen wir einmal über die neuen Optionen und darüber, was Sie tun, um eine Minderheitsbeteiligung zu ermöglichen. Denn nichts tun, ist keine Lösung, sondern es ist unverantwortlich; das sagte der Senator Dräger hier vor zwei Wochen. Das hat er richtig festgestellt. Also tun Sie etwas, reden Sie mit den Menschen und tun Sie das Richtige. Verzichten Sie auf den Mehrheitsverkauf, der eine Vollprivatisierung ist, und kommen Sie mit den Initiatoren des Volksentscheids und mit der Bürgerschaft darüber ins Gespräch, wie eine Lösung gefunden werden kann. Nur so können Sie die notwendige Zustimmung der Bevölkerung gewinnen, die für eine gute Zukunft des LBK unverzichtbar ist.
Nehmen Sie eigentlich den demokratischen Willen der Hamburgerinnen und Hamburger noch ernst? Ja oder nein? Das müssen Sie heute entscheiden. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Genau eine Woche bevor dieser Antrag gestellt wurde, haben wir uns hier mit dem fast gleichen Antrag befasst und ihn übrigens sehr begründet abgelehnt. Deshalb ist mir völlig unklar, was sich innerhalb von sieben Tagen an der Sachlage geändert haben sollte.
Gewiss haben Sie Recht, dass an die 600 000 Hamburgerinnen und Hamburger dem Volksentscheid ihre Stimme gegeben haben. Nach wie vor befürchte ich allerdings, dass dies vor allem deshalb geschah, weil immer wieder suggeriert worden ist, privatisierte LBK-Krankenhäuser würden als Privatkrankenhäuser vielleicht nur noch Privatpatienten behandeln. Sie wissen ganz genau, wie abwegig das ist.
Ich darf die Antragsteller aber auch daran erinnern, dass dieselben Hamburgerinnen und Hamburger – die 600 000, von denen Sie gesprochen haben, sind ja an diesem Tag die Wähler gewesen – mit deutlicher Mehrheit die CDU gewählt und uns damit die Verantwortung für die Stadt und auch für die anstehenden Entscheidungen zum Landesbetrieb Krankenhäuser übertragen haben.
Ach, Herr Pumm, Sie sind doch so viel länger als ich in diesem Hause und sollten wissen, dass irgendwelche unqualifizierten Zwischenrufe keine feste Meinung ersetzen.
Dabei wussten die Wählerinnen und Wähler offenbar sehr genau, was sie an diesem Wahltag getan haben. Schließlich waren es SPD-geführte Senate, die die Situation herbeigeführt haben, in der sich heute der LBK befindet, nämlich mit einer halben Milliarde Euro bei der Landeshauptkasse in der Kreide zu stehen.
Dieser Entwicklung ein Ende zu bereiten, war das Ziel des letzten Senats bei der Verhandlung mit seriösen Investoren.
In der Tat ging es um eine überwiegende Privatisierung des LBK. Um es noch einmal zu betonen: Es geht bei der finanziellen Situation des LBK nicht nur um die Aufwendungen für die Altersversorgung der Mitarbeiter. Selbst ohne diesen unbestritten großen Kostenblock fehlt das Geld für dringende Investitionen, um das anerkannt hohe Niveau der medizinischen Versorgung zu erhalten und die LBK-Häuser fit für die Bedingungen eines völlig veränderten Gesundheitswesens zu machen.
Wir wollen also mit einer Privatisierung von Geschäftsanteilen des LBK diese Krankenhäuser und damit auch den Gesundheitsstandort Hamburg sichern.
Nun haben wir in der letzten Debatte vor drei Wochen auch über ein vermutliches Gutachten gesprochen, das angeblich ganz geheimnisvoll gewesen sein soll. Der Senat hat Ihnen sehr schnell die Möglichkeit aufgezeigt, wie Sie sich an der richtigen Stelle über diese Daten informieren können.
Deshalb möchte ich heute auf gar keinen Fall versäumen, Sie auf ein weiteres, ganz neues Gutachten hinzuweisen. Es trägt den Titel "Fallstudie: Privatisierungen von Krankenhäusern" und ist – das bitte ich jetzt ganz genau zu beachten – von Ver.di in Auftrag gegeben worden. Es besteht also wirklich keine Gefahr, dass hier ein Gefälligkeitsgutachten erstellt worden ist. Diese Studie kommt zu ganz interessanten Schlüssen. So lautet die zentrale Aussage:
"Es geht keinem der Krankenhäuser nach der Privatisierung schlechter als zuvor. Tendenziell stehen die Krankenhäuser nach der Privatisierung sogar besser da."