Protocol of the Session on May 13, 2004

Das Wort bekommt der Abgeordnete Maaß.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ein paar Worte kurz noch zu Herrn Stehr: Sie haben uns Panikmache vorgeworfen. Aber nehmen Sie doch auch einmal zur Kenntnis, dass diese Auskreuzungen beispielsweise beim Raps bereits Realität sind. Es ist also keine Panikmache, sondern es gibt faktisch Auskreuzungen von gentechnisch veränderten Pflanzen in die Umwelt. Das ist Realität. Es bleibt nur noch die Frage, wie und in welchem Ausmaß das in Zukunft der Fall sein wird. Da wollen wir eben eine vorsorgende Politik. Darum geht es. Auch allergische Reaktionen sind bereits Realität. Von daher ist das keine Panikmache, sondern da müssen Sie einfach der Realität ins Auge sehen.

Was ich aber noch etwas skurriler finde, ist diese Argumentation, die Sie jetzt aufgebracht haben, man könne ja jetzt mit einer zweiten grünen Revolution den Hunger in der Welt bekämpfen und endlich besiegen. Aber wenn Sie sich einmal die Hungersnöte und deren Ursachen ansehen – beispielsweise in Nordkorea –, glauben Sie denn, wenn jetzt gentechnisch veränderte Produkte auf dem Weltmarkt wären, dass dann in Nordkorea keine Hungersnot ausgebrochen wäre oder in Afrika, in Eritrea, wenn da Bürgerkriege sind? Das sind doch die Ursachen. Oder wenn Sie sich das ungerechte Weltmarktregime angucken, das dazu führt, dass in den Dritte-Welt-Ländern überhaupt keine Landwirtschaft in einer Art und Weise betrieben werden kann, die sich rechnet. Das sind die Ursachen von Hunger. Da müssen Sie ran. Da können Sie nicht hier eine Luftblase aufbauen und sagen, mit Gentechnik gäbe es dann die schöne neue Welt und keinen Hunger mehr. Das ist absurd.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Wenn Sie sagen, Schädlingsmittel sollen weniger angewandt werden und dazu trägt die Gentechnik bei, muss ich Ihnen sagen, bei Ihrem Ziel – Landwirtschaft ohne Pestizide – sind wir dabei. Da sind wir die Ersten. Wir sagen Ihnen aber auch, wir wollen nicht nur eine Reduzierung der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln, sondern wir wollen eine Landwirtschaft, die möglichst ohne Pestizide auskommt. Unser Mittel der Wahl ist der ökologische Landbau, der kommt nämlich weitgehend ohne Pestizide aus und der muss gefördert werden. Wenn Sie sich angucken, wie das in der Realität mit den im Ausland bereits stattfindenden Anwendungen vor sich geht, mit Roundup und allen möglichen Produkten, die versprechen, man würde weniger Herbizide und Pestizide benötigen, da können Sie auch sehen, dass, je länger diese Produkte angewandt werden, immer doch mit jedem Mal eine höhere Dosis notwendig ist, sodass Sie vielleicht am Anfang eine gewisse Reduzierung hinbekommen, aber dass Sie das grundsätzliche Problem mit dieser Technik nicht in den Griff bekommen. Das ist eben nur mit der ökologischen Landwirtschaft möglich.

Ich glaube aber, wir haben heute gesehen, dass viele Fragen offen sind. Ich freue mich, dass es diese Ausschussüberweisung gibt. Dann können wir im Ausschuss weiterberaten. Aber Herr Engels wird ja vielleicht auch noch ein paar Ergänzungen machen. – Danke schön.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Engels.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Eines ist, glaube ich, allen Fraktionen hier gemeinsam klar und dessen sind wir uns bewusst: Es gibt, was die Gentechnik angeht, große Sorgen und auch Angst in der Bevölkerung. Wir sind die allerletzte Fraktion – auch Partei –, die diese Sorgen etwa nicht erkannt hätte. Wir haben auch auf einem Parteitag unserer Partei beantragt – worüber wir hier gemeinsamer Meinung sind –, dass gentechnisch veränderte Nahrungsmittel oder Gentechnik enthaltende Nahrungsmittel als solche gekennzeichnet werden müssen. Dies ist unser fester Standpunkt und unsere

Überzeugung und drückt unseren Respekt vor den Menschen aus.

(Beifall bei der CDU)

Auf der anderen Seite gehört zu dem Respekt vor den Menschen auch, dass man nicht unnötige Panik und Angst macht.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Ihr Beispiel mit den Äpfeln …

(Zuruf: Nehmen Sie lieber den Raps!)

Jaja. Oder mit dem Raps. Das ist völlig egal.

Um eine Tatsache kommen wir nicht herum: Es gibt schlicht und ergreifend bereits etwa 200 Millionen Hektar auf dieser Erde, auf denen gentechnisch veränderte Pflanzen gezogen werden. Wir können nicht so tun, als wenn wir hier in Deutschland oder gar Europa oder ganz speziell sogar in Hamburg die Insel der Glückseligen sein könnten. Es ist Tatsache, dass auf dieser Welt bereits in sehr hohem Umfang gentechnisch veränderte Pflanzen gezogen werden – diese Tatsache haben Sie beide noch nicht erwähnt –, und mit dieser Tatsache müssen wir zurechtkommen. Das heißt, wir müssen die Forschung gerade auf diesem Sektor – und Deutschland ist immer ein Spitzenland in der Forschung gewesen – aufrechterhalten, damit eben für den Fall, dass es zu katastrophalen Nebenwirkungen kommt, auch rechtzeitig Vorsorge getroffen werden kann.

(Christian Maaß GAL: Das ist Panikmache!)

Das geht nur durch wissenschaftliche Beobachtung.

(Beifall bei der CDU)

Wissenschaftliche Beobachtung bei der bereits vorhandenen Existenz zahlreicher Gentechnikerbetriebe, wie ich sie eben genannt habe, ist absolut notwendig, um auch eine Vorsorge für den Fall treffen zu können, dass die Maßnahmen schief gehen.

Im Übrigen muss ich noch dazu sagen – und das gehört auch zur Aufklärung der Bevölkerung –: Bisher wurden auch schon in erheblichem Umfang genetisch veränderte Pflanzen angebaut, schlicht und ergreifend durch Züchtung. Züchtung ist zwar ein längerfristiger Prozess, nichtsdestotrotz ist es rein statistisch betrachtet ein die Gene verändernder Prozess. Mit diesem Vorgang sind wir jahrelang ausgekommen und haben im Übrigen zum Teil hervorragende Apfelsorten gezüchtet, aber nicht nur Apfelsorten, sondern auch zum Beispiel entsprechende Tiere. Wir müssen also damit auch leben und der Bevölkerung klar machen, dass wir in dieser Gefahr – die gar nicht bestritten werden soll – natürlich schon immer gelebt haben, solange die Menschen überhaupt in die Natur eingegriffen haben.

Vorletzte Bemerkung, Herr Maaß: Es gibt natürlich auch zahlreiche gentechnisch – ob durch Züchtung oder durch künstliche Eingriffe – veränderte Pflanzen, die dafür sorgen oder dafür sorgen können, dass der Umwelt ein wirklich großer Gefallen getan wird, zum Beispiel durch Entsalzungsmaßnahmen, die mit bestimmten Pflanzen betrieben werden können oder durch Entsorgungsmaßnahmen, was Kupferabfälle betrifft. Eine bestimmte Pappel etwa ist da zugange. Mit anderen Worten: Die Gentechnik kann auch dafür

sorgen, dass es zu grünen Wohltaten im wahrsten Sinne des Wortes kommt und damit also zu einem Erfolg einer Politik, die auch Ihren Zielen entspricht.

Ich darf als Letztes Victor Hugo zitieren, der gesagt hat, dass Zukunft viele Namen habe, für die Schwächeren sei sie das Unerreichbare, für die Ängstlichen das Unbekannte, für die Tapferen die Chance. Meine Fraktion gehört nicht zu den Tollkühnen,

(Farid Müller GAL: In der Tat!)

aber zu den Tapferen und versucht das Vernünftigste angesichts der Situation zu machen. – Schönen Dank.

Wenn keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, kommen wir zur Abstimmung. Diese Drucksache möchte die SPDFraktion federführend an den Umweltausschuss und mitberatend an den Wirtschaftsausschuss überweisen. Die CDU-Fraktion wünscht eine Überweisung lediglich an den Wirtschaftsausschuss.

Wer stimmt einer Überweisung der Drucksache 18/92 federführend an den Umweltausschuss und mitberatend an den Wirtschaftsausschuss zu, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist dieses Überweisungsbegehren abgelehnt worden.

Dann kommen wir zur zweiten Abstimmung. Wer möchte die Drucksache lediglich an den Wirtschaftsausschuss überweisen, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist diesem Überweisungswunsch stattgegeben worden.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 10, einer Senatsmitteilung: Regelmäßige Unterrichtung der Bürgerschaft über die Polizeiliche Kriminalstatistik.

[Senatsmitteilung: Stellungnahme des Senats zu dem Ersuchen der Bürgerschaft vom 15./16./17. April 2002 (Drucksache 17/654) – Regelmäßige Unterrichtung der Bürgerschaft über die Polizeiliche Kriminalstatistik – Drucksache 18/106 –]

Hierzu liegt Ihnen als Drucksache 18/221 ein Antrag der SPD-Fraktion vor.

[Antrag der Fraktion der SPD: Regelmäßige Unterrichtung der Bürgerschaft über die Polizeiliche Kriminalstatistik – mehr als eine Tabelle! – Drucksache 18/221 –]

Beide Drucksachen möchte die SPD-Fraktion an den Innenausschuss überweisen. Wer wünscht das Wort? – Herr Ahlhaus.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Mit der Vorlage der Polizeilichen Kriminalstatistik wird das Thema Innere Sicherheit wieder mehr ins öffentliche Blickfeld gerückt. Das freut mich, denn die Zahlen belegen insgesamt doch eine erfreuliche Tendenz.

(Beifall bei der CDU)

Zwar haben wir bei den absoluten Zahlen eine sehr leichte Zunahme von 0,8 Prozent oder in absoluten

Zahlen von 2272 Fällen, doch darin enthalten ist ein Wirtschaftsstrafverfahren mit allein 5400 Geschädigten, nicht nur in Hamburg, sondern in ganz Deutschland, sodass man, ohne die Statistik schönreden zu wollen, guten Gewissens sagen kann, auch im Jahr 2003 ist Hamburg wieder ein Stück sicherer geworden.

(Beifall bei der CDU)

Hatte Hamburg noch vor zwei Jahren die meisten Straftaten pro 100 000 Einwohner, so ist es in nur zwei Jahren gelungen, in dieser unrühmlichen Hitliste nun Platz drei einzunehmen. Ich sage Ihnen, wenn es uns gelingt, diese Tendenz fortzuschreiben und jedes Jahr einen Platz weiter nach hinten zu rutschen, so ist das ein großartiger Erfolg für die Politik dieses Senates.

(Beifall bei der CDU – Michael Neumann SPD: Für die Polizei, vergessen Sie die Polizei nicht!)

Kommt noch, Herr Neumann.

Herr Neumann weist mich zu Recht darauf hin, dass das auch ein Erfolg der Polizei ist. Deswegen will ich auch dazu gleich etwas sagen. Diese erfreuliche Entwicklung in den letzten zwei Jahren haben wir neben der Polizei vor allem auch dem Mann zu verdanken, der zunächst als engagierter Polizeipräsident und nun als souveräner Innensenator dafür sorgt, dass wir, was die Innere Sicherheit angeht, auch in Hamburg langfristig an Münchener Verhältnisse herankommen.

(Beifall bei der CDU – Michael Neumann SPD: Übertreiben Sie nicht!)

Ich denke, es ist an der Zeit, Ihnen, Herr Senator Nagel, und unserer Hamburger Polizei für diese großartige Arbeit einmal ein recht herzliches Dankeschön zu sagen.

(Beifall bei der CDU – Erhard Pumm SPD: Wo bleibt der Dank an Herrn Schill? Herrn Welling- hausen haben Sie auch nicht erwähnt!)

Dennoch, lieber Herr Kollege Neumann, gehört natürlich ein wenig Wasser in den Wein, denn wir wollen und wir können auch besser werden. Eine Zunahme von 62 Fällen bei den Sexualstraftaten können wir auch dann nicht gelassen zur Kenntnis nehmen, wenn sich über 70 Prozent dieser Fälle im so genannten "sozialen Nahbereich" abspielen, das heißt also, vor allem in der eigenen Familie und damit dem polizeilichen Handeln weitgehend entzogen sind. Auch die Zunahme der gefährlichen und schweren Körperverletzung ist inakzeptabel, obgleich Hamburg auch hier lediglich ein unauffälliges Spiegelbild einer insgesamt leider verrohenden Gesellschaft ist. Das heißt, es bleibt noch viel zu tun und das Thema Innere Sicherheit gehört auf der Tagesordnung der Hamburger Politik nach ganz oben.

(Erhard Pumm SPD: Wir warten auf die Haus- haltsberatungen!)