Nun zum SPD-Antrag aus der Drucksache 18/3173. Wer diesen annehmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Auch der ist mit Mehrheit abgelehnt.
Schließlich kommen wir zum Bericht des Haushaltsausschusses aus der Drucksache 18/3086. Wer der Ausschussempfehlung folgen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist mit Mehrheit angenommen.
Wer den soeben in erster Lesung gefassten Beschluss in zweiter Lesung fassen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist dieser auch in zweiter Lesung und somit endgültig beschlossen worden.
Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 9, Senatsantrag: Neuorganisation der individuellen Beförderung behinderter Menschen in Hamburg; hier: Erläuterung des Vorhabens und Änderung des Haushaltsplans 2006.
[Senatsmitteilung: Neuorganisation der individuellen Beförderung behinderter Menschen in Hamburg hier: Erläuterung des Vorhabens und Änderung des Haushaltsplans 2006 – Drucksache 18/3056 –]
Diese Drucksache möchte die SPD-Fraktion federführend an den Haushaltsausschuss und mitberatend an den Sozialausschuss überweisen. Wer wünscht das Wort? – Herr von Frankenberg.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Ich spreche heute zu Ihnen über die Neuorganisation der individuellen Beförderung behinderter Menschen. Vielleicht mag das bei 1600 Nutzern auf den ersten Blick als ein Randthema erscheinen, aber das ist, so glaube ich, eine recht hohe Zahl. Wenn man darüber genauer nachdenkt, dann ist es ein Thema, das uns alle angeht. Eine falsche Bewegung, ein kleiner Fehler und schon kann es ein Thema sein, das von heute auf morgen jeden von uns betreffen kann. Das müssen wir uns immer wieder vor Augen halten.
Selbst alle Eltern oder wer mit Kindern zu tun hat weiß, welche Sorgen immer wieder plagen, was alles passieren könnte. Insofern ist das ein Thema, das uns mit Sicherheit alle angehen sollte und muss. Ganz wichtig – das möchte ich auch noch einmal betonen – ist, dass das Geld in diesem Bereich in meinen Augen sehr gut angelegt wird, denn die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben hängt mit Mobilität zusammen.
Anlass und Ziel dieser Neuregelung ist, dass die Menschen mit Behinderung mehr Selbstbestimmung erhalten. Ich möchte im Zusammenhang mit dem Begriff Behinderung auch noch einmal sagen, dass wir im schulischen Bereich sehr häufig von Kindern mit Handicaps sprechen. Das ist ein sehr viel positiverer Begriff. Ich möchte einmal die Gelegenheit nutzen – weil das nicht so bekannt ist – für den Begriff zu werben.
(Martina Gregersen GAL: Sie haben einen Kolle- gen bei sich, der sich mit ausländischen Begriffen schwer tut! – Antje Möller GAL: Das müssen sie erst mal in Ihrer Fraktion klären!)
Wir sind nicht immer in allem hundertprozentig einer Meinung; das kennen Sie aus Ihrer Fraktion bestimmt auch.
Die Unterschiede zur vorherigen Regelung: Bisher gab es zwei Systeme. Zum einen war es so, dass die Personen,
die eine rollstuhlgerechte Beförderung brauchten, auf das Deutsche Rote Kreuz angewiesen waren. Hier wurde im Rahmen einer so genannten Objektförderung die Zuwendungen geleistet. Jene, die nicht auf Spezialfahrzeuge angewiesen waren, haben mit der Quittung eine Taxipauschale beim Sozialamt abrechnen können. Das war insgesamt für alle Beteiligten eine etwas umständliche Regelung, was sowohl das Aufbewahren und Ausstellen der Quittung anging – das ist vielleicht nicht ganz so schlimm gewesen, das kennen auch andere aus anderen Bereichen –, aber es ist natürlich auch ein nicht ganz unerheblicher Verwaltungsaufwand. Insofern ist geplant, ab 2006 ein einheitliches System einzuführen, damit das umständliche Sammeln von Quittungen entfällt und es dadurch auch weniger Verwaltungsaufwand gibt. Das Geld, erhält dann nicht mehr der Beförderungsdienst, sondern die Förderung geht direkt an den Nutzer. Das ist ein Schritt zu mehr Selbstbestimmung der Betroffenen.
Das System selbst wurde nach intensiver Abstimmung mit den beteiligten Verbänden, den Beförderungsunternehmen und den Interessenvertretungen abgestimmt. Es ist sehr gut, dass alle Beteiligten mit eingebunden wurden, und wichtig, dass auch die Politik kommunikativ ist. Darum möchte ich noch einmal meinen ausdrücklichen Dank dem Senatskoordinator für die Gleichstellung, Herrn Herbert Bienk, aussprechen. Vielen Dank!
Es ist immer ganz wichtig, auch die Interessenvertretungen mit einzubinden, denn ansonsten würde das ehrenamtliche Engagement, das dort vielfach erbracht wird, ins Leere laufen.
Das neue System unterscheidet in drei monatliche Pauschalen, die sich nach dem Grad der Mobilitätseinschränkung der jeweiligen Nutzer richtet. Alle diese Pauschalen berücksichtigen die Durchschnittswerte der bisher in Anspruch genommenen Fahrten. Im neuen System wird somit sichergestellt, dass die Nutzer der Beförderungsangebote keine Einschränkung in der Gesamtzahl ihrer jährlichen Fahrten zu erwarten haben. Das neue System wird flexibler sein und den Menschen mehr Spielraum für die Nutzung geben, insbesondere auch deshalb, weil das Geld nicht mehr monatlich ausgezahlt wird, sondern die Möglichkeit besteht, dies über zwölf Monate hinweg anzusparen.
Ein ganz wichtiger Gesichtspunkt ist es auch, dass es zu mehr Wettbewerb kommen wird. Auf der Ausschreibungsliste befinden sich dann 100 Fahrzeuge von circa zwölf Anbietern anstatt zuletzt höchstens neun Fahrzeuge eines Anbieters. Das ist ein ganz großer Vorteil. Dadurch werden auch die bisherigen Klagen über nicht eingehaltene Beförderungstermine und Abhängigkeiten von den Routenplanungen der Vergangenheit angehören. Auch das sehe ich als einen ganz großen Vorteil an. Weiterhin wird es wahrscheinlich auch zu Preissenkungen kommen; auch das ist ein ganz großer Vorteil.
Es ist auch gut, dass auf der Basis des Nutzerverhaltens nach einem Jahr eine Überprüfung vorgesehen ist. Es besteht also die Möglichkeit nachzusteuern, wenn man feststellt, dass die Beförderung nicht so gut geklappt hat. Ich denke, es gehört bei Neuorganisationen dazu, dass man damit rechnen muss, dass es hier und dort nicht klappt. Aber wenn dann doch etwas nicht so klappt, wie man es sich vorgestellt hat, dann ist das ein ganz wichtiger Gesichtspunkt.
Die Neuregelung wird zu mehr Selbstbestimmung der Menschen und zu mehr Wettbewerb führen, das Angebot wird verbessert, es gibt weniger Bürokratie und Verwaltungsaufwand. Das ist ein gutes Konzept. Auf Wunsch der SPD werden wir das gern noch einmal im Sozialausschuss und auch im Haushaltsausschuss besprechen. Ich glaube, das ist ein guter Weg, um darüber noch einmal ins Gespräch zu kommen. Wir freuen uns schon auf die Debatte mit Ihnen.
Abschließen möchte ich mit einem Dank an unsere Bürgermeisterin, die mit ihrer Behörde gute Arbeit geleistet hat. – Vielen Dank.
(Frank-Thorsten Schira CDU: Aber nicht wieder rumnörgeln! – Bernd Reinert CDU: Der kann gar nicht anders!)
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr von Frankenberg, Ihr letzter Satz galt – wir wollen hier keine Schärfe hineinbringen – dem Dank an die Bürgermeisterin. Gleichwohl stelle ich fest, dass das jetzt vorgelegte Grobkonzept ohne Zweifel einen Weg in die richtige Richtung darstellt. Dass Sie sich auf die gemeinsame Diskussion mit uns im Ausschuss freuen, ist auch einmal etwas Neues. Wir freuen uns auch darauf. Wir waren immer konstruktiv, das wissen Sie. Aber nun muss ich das eine oder andere Wässerchen doch noch in den Wein schütten.
Wir alle wussten, dass es entsprechende Probleme bei der Behindertenbeförderung gab und dass sie wichtig ist, um die Mobilität dieser Menschen sicherzustellen. Nur dadurch kann letztendlich auch eine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben sichergestellt werden. Das wollen wir.
Frau Bürgermeisterin, Sie haben im letzten Herbst angekündigt, eine entsprechende umfassende Reform vorzulegen. Es ist schade, dass Sie so lange gebraucht haben, um diese Reform vorzulegen. Das liegt in Ihrer Verantwortung und hat zu einer großen Verunsicherung der Bürgerinnen und Bürger beigetragen. Frau Bürgermeisterin, das hätte nicht sein müssen.
Was auch nicht hätte sein müssen ist – das muss man auch ganz deutlich sagen –, dass Sie letztendlich das Deutsche Rote Kreuz im letzten Jahr aufgefordert haben, ihre Fahrzeuge zu reduzieren. Die Folgen haben wir beziehungsweise hat die Stadt zur Kenntnis nehmen müssen. Das haben die Betroffenen entsprechend gespürt. Es waren nur noch zwei oder drei Fahrzeuge im Einsatz und die Menschen haben wochenlang auf eine Beförderung gewartet.
Die Abstimmung, Herr von Frankenberg – Sie haben das in einem Nebensatz in Ihrer sehr emotional geführten
Rede noch einmal erwähnt –, war zum Teil grenzwertig. Die Abstimmung hat sehr lange gedauert. Ganz zum Schluss hatte der Senatskoordinator daran einen großen Verdienst. Sie, Frau Bürgermeisterin, haben wahrscheinlich dann das eine oder andere auch noch bewegt und ein Papier zusammengestellt, das in die richtige Richtung geht.
Letztendlich ist ein Konzept vorgelegt worden. Die Pauschalisierung ist gut und ich glaube, vor dem Hintergrund des bisherigen Systems kann es nur besser werden. Das Konzept ist der richtige Weg. Wir werden im Ausschuss noch das eine oder andere diskutieren und vor allen Dingen ganz genau darauf achten, ob die Umsetzung zum 1. Januar entsprechend reibungslos erfolgen wird. Wir werden diesen ganzen Umsetzungsprozess natürlich in alt bekannter Manier konstruktiv begleiten. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Neuorganisation der Behindertenbeförderung war unendlich wichtig.
Die Zustände – das hat Herr Kienscherf eben schon angesprochen – waren katastrophal. Die Menschen haben wochenlang darauf gewartet, dass sie befördert werden konnten. Termine konnten nicht eingehalten werden, wurden immer wieder abgesagt und man musste sich der Routenplanung unterordnen. Das heißt, man konnte nicht, wenn man irgendwo um 11 Uhr sein sollte, auch dann dort ankommen, man wurde vielleicht schon um 9 Uhr abgeliefert. Es gab einfach zuletzt zu wenig Zivildienstleistende und zu wenig Autos.
Nun sind wir froh, dass es eine Neuorganisation gibt. Mit den Pauschalen gibt es auch eine Verbesserung. Die Selbstbestimmung der Menschen mit Behinderung – das wurde eben mit Handicap bezeichnet, aber wir sollten vielleicht das deutsche Wort benutzen – lässt sie doch besser kulturell, aber auch insgesamt gesellschaftlich teilhaben. Von daher befürworten wir dies. Aber es gibt auch negative Punkte.
Erstens: Die Taxipauschale von jetzt von 90,90 Euro wird um 9 Euro reduziert. Das bedeutet für diese Menschen aber auch – man sagt, vier Fahrten seien möglich –, dass man schauen muss, ob man überhaupt noch vier Fahrten schafft. Denn die Frage ist, wie weit ist eine Fahrt und ob eine Fahrt in der Rushhour wirklich für das Geld von 20 Euro zu haben ist?
Dann haben Sie in der Drucksache geschrieben, dass es nun eine Gleichbehandlung gäbe. Aber es gibt nicht unbedingt eine Gleichbehandlung, die nur positiv ist. Die Gleichbehandlung sieht nämlich so aus, dass jetzt nicht nur bei der Taxipauschale, sondern auch bei der teuren Spezialbeförderung das Einkommen zugrunde gelegt wird.
Das ist zwar gerechter, aber einige Menschen fallen jetzt raus. Sie müssen selber zusehen, wie sie die teure Spezialbeförderung bezahlen können. Und was ich daran kritisieren möchte, ist, dass hierbei nicht einkommensabhängig gestaffelt wurde. Es ist einfach so: Man hat mehr und man fällt raus, egal wie knapp man über der Einkommensgrenze liegt.