Protocol of the Session on November 10, 2005

(Jens Kerstan GAL: Den Hafen werden wir doch weiterhin haben!)

Außerdem geht die GAL davon aus, dass Logistikunternehmen problemlos an die Peripherie der Metropolregion verlagert werden können. Dies zeigt ein geringes Verständnis für die wirtschaftlichen Zusammenhänge. Logistiker benötigen eine räumliche Nähe zum Hafen, zu den

Autobahnknotenpunkten und Zentren. Sonst werden die Logistiksysteme erstens durch Transportkosten deutlich teurer und zweitens qualitativ schlechter.

Die CDU-Fraktion begrüßt ausdrücklich, dass der Senat die Umsetzung der Logistikinitiative in enger Abstimmung und Kooperation mit der Wirtschaft plant. So ist nämlich sichergestellt, dass die Logistikinitiative Hand in Hand umgesetzt wird.

Mit Professor Peer Witten ist es Senator Uldall gelungen, einen der renommiertesten bundesdeutschen Logistikexperten für den Vorsitz des Kuratoriums zu gewinnen. Ebenfalls eine gute Entscheidung ist, die Hamburgische Gesellschaft für Wirtschaftsförderung mit dem Clustermanagement zu beauftragen. Sie verfügt bereits über Erfahrungen aus dem Clustermanagement IT Medien und ebenfalls aus der Netzwerkarbeit in der Initiative Luftfahrtstandort Hamburg.

Die Finanzierung dieser Initiative steht auf soliden Beinen. Staatsrat Bonz hat äußerst detailliert im Haushaltsausschuss dargelegt, wofür welche Mittel benötigt werden. Für die Clusterentwicklung durch das Clustermanagement ist eine Anschubfinanzierung in Höhe von 4,7 Millionen Euro für den Zeitraum 2005 bis 2010 ermittelt worden, die sich aus Investitionsmitteln und Betriebsmitteln zusammensetzt. Die Investitionsmittel in Höhe von rund 2,1 Millionen Euro werden insbesondere für die Entwicklung und Realisierung von Forschung und Entwicklungsprojekten und die Schaffung von Infrastruktur im Handlungsfeld Qualifizierung genutzt.

Die Betriebsmittel in Höhe von insgesamt 2,6 Millionen Euro werden zur Finanzierung des Clustermanagements sowie für Maßnahmen in den Handlungsfeldern Qualifizierung, Standortmarketing und Netzwerkbildung eingesetzt.

An dem Streit, der im Haushaltsausschuss über die Finanzierung entbrannte, wird wieder einmal die konzeptionslose Wirtschaftspolitik der SPD deutlich. Trotz inhaltlicher Zustimmung in weiten Teilen diente als Begründung für die Ablehnung die angeblich zum gegenwärtigen Zeitpunkt unzureichende Präzisierung der einzelnen Maßnahmen. Statt eines klaren Votums für Wachstum und Beschäftigung entzog sich die SPD wieder einmal ihrer politischen Verantwortung.

(Zurufe von der SPD – Jörg Lühmann GAL: Verrä- ter!)

Nun liegt uns heute ein Zusatzantrag der SPD vor, der einzelne Punkte der Logistikinitiative inhaltlich ergänzen soll. Herr Egloff, Ausbildung und Qualifizierung sind zentrale Elemente dieser Logistikinitiative. Auf den Seiten 4 und 5 der Drucksache führt der Senat detailliert aus, welche Maßnahmen derzeit angedacht sind.

(Gesine Dräger SPD: Das Problem ist doch, dass Sie die alle nicht verstanden haben!)

Darüber hinaus darf ich an dieser Stelle einmal darauf hinweisen, dass die Ausrichtung der Arbeitsmarktförderung auf den ersten Arbeitsmarkt eine der ersten Maßnahmen war, die dieser Senat unter der Federführung von Senator Uldall Anfang 2002 aufgegriffen hat. Daher ist es doch eine Selbstverständlichkeit, dass sich die Arbeitsmarktförderung auch in Zukunft am Bedarf des ersten Arbeitsmarktes und damit auch am Bedarf der Logistikbranche orientiert.

Einen Extrabeschluss zur Flächenversorgung von Logistikunternehmen wie die SPD heute fordert, ist auch noch nicht notwendig. Der Senat hat erklärt, dass er bis Mitte nächsten Jahres ein detailliertes Flächenkonzept vorlegen wird. Wenn diese Vorarbeit geleistet ist, dann werden wir über weitere Schritte diskutieren. Wir werden aber einen Zwischenbericht dieser Initiative zum Ende 2006 von der BWA erbitten – und das wird wohl auch klappen –, sodass wir in jeder Hinsicht fortlaufend im Wirtschaftsausschuss und auch hier informiert werden. Die CDU-Fraktion bekennt sich zum Logistikstandort Hamburg und wird der Senatsdrucksache zustimmen.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt Herr Egloff.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man sich die Presseberichte der letzten Zeit anguckt, dann ist es in der Tat so, dass die Logistikbranche in Deutschland als eine der wenigen Zukunftsbranchen angesehen wird, was nicht zuletzt daran liegt, dass die Bundesrepublik aufgrund ihrer Mittelposition in einem größer gewordenen Europa als Drehscheibe für den Kontinent dient.

Bereits jetzt ist es so, dass die Branche in Deutschland einen Umsatz von 150 Milliarden Euro hat und geschätzt 2,65 Millionen Menschen in diesem Bereich beschäftigt sind. Deshalb ist es auch gut, dass der Senat sich diesem Thema widmet.

(Beifall bei der SPD)

Es ist auch gut, dass der Senat ein Gutachten hat erstellen lassen, um die Potenziale festzustellen, die in diesem Bereich für Hamburg bestehen. Frau Ahrons hat darauf hingewiesen: 6 Milliarden Euro Wertschöpfung, 14 000 zusätzliche Arbeitsplätze. Also, meine Damen und Herren, die Idee war gut, die Ausführung in der Drucksache war es leider nicht.

(Beifall bei der SPD und bei Jens Kerstan und Jörg Lühmann, beide GAL)

Wir haben diese Drucksache in drei Ausschüssen beraten, und zwar sehr intensiv. Ich habe mir in Vorbereitung auf diese Sitzung die Mühe gemacht, alle Protokolle noch einmal durchzulesen.

(Bernd Reinert CDU: Das lohnt sich immer!)

Das würde sich auch für Sie lohnen, Herr Kollege, weil Sie dann endlich einmal sehen würden, um was es eigentlich geht. Das kann man der Drucksache nämlich nicht entnehmen.

Man hat in den Ausschussberatungen das Gefühl gehabt, dass je länger diese dauerten, desto klarer wurde den Autoren der Drucksache, was sie eigentlich wollten. Auf jede Nachfrage wurde ein Stück weit nachgelegt, wie die Maßnahmen auszusehen hatten. Das war im ersten Ausschuss noch relativ unverbindlich, im Wirtschaftsausschuss wurde das ein bisschen besser und im Haushaltsausschuss hat man dann noch mal draufgelegt. Aber die Konkretisierung und der Konkretisierungsgrad reichen nicht aus. Deswegen sind beide Anträge, die heute vorgelegt worden sind, auch sinnvoll, weil sie nämlich den Senat zwingen würden, wenn diese Anträge angenommen werden würden, in den einzelnen Punkten konkret

darzulegen, was man eigentlich tun will, außer dass man das Thema besetzen will.

(Beifall bei der SPD und bei Jens Kerstan und Gudrun Köncke, beide GAL)

Wenn der Senat sagt, meine Damen und Herren, man will wieder einmal 1,5 Millionen Euro aus dem Topf für Arbeitsmarktmittel nehmen, dann muss er auch konkret darlegen, was denn eine clusterorientierte Arbeitsmarktpolitik ist. Danach haben wir auch im Ausschuss gefragt. Ich hatte das Gefühl, dass die Kollegen sehr dankbar waren, dass vonseiten der Opposition der Hinweis auf die Luftfahrtoffensive gegeben worden ist nach dem Motto, da war doch was, da können wir vielleicht anknüpfen, die Idee, die damals von Rotgrün geboren worden ist, war gar nicht schlecht. So kann man das hier auch machen, aber dann muss man ein Konzept ausarbeiten und das fehlt bisher.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

In diesem Konzept muss auch stehen – und es gibt positive Beispiele aus der Wirtschaft, beispielsweise die Firma EUROGATE, die seit etlichen Jahren jedes Jahr über hundert Langzeitarbeitslose einstellt und mit großen Erfolgen in den ersten Arbeitsmarkt integriert mit einer Verbleibsquote im Unternehmen von 98 Prozent –, wie man diese Langzeitarbeitslosen im Rahmen dieser Qualifizierungsoffensive integrieren und was man dort tun will. Man muss auch noch einmal ausführen, was eigentlich mit dem Lagertrainingszentrum gemeint ist. Reichen denn da 160 000 Euro aus? Wie hoch ist denn der Anteil der Privatwirtschaft an diesen Dingen? Das sind alles Punkte, die ungeklärt sind und in den Ausschussberatungen auch nicht geklärt werden konnten. Deswegen ist es erforderlich, dass der Senat noch einmal nachlegt und deswegen wäre es auch erforderlich, den Anträgen heute zuzustimmen.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Dann kommen wir zu der Frage der Flächen. Ob der Ansatz der GAL, man solle nicht nur auf die Flächen gehen, der richtige ist, da habe ich auch meine Zweifel, wenn man das ausschließlich macht. Aber man wird die Frage stellen dürfen, ob es nicht intelligentere Lagermöglichkeiten gibt, ob man nicht beispielsweise an einigen Stellen in die Höhe gehen muss anstatt in die Breite, ob es nicht angemessen ist, Güterverteilzentren einzurichten, die auch den Namen verdienen. Das sind alles sinnvolle Dinge, über die man nachdenken muss. Deswegen werden wir dem Antrag der GAL – trotz Skepsis an einigen Punkten – heute auch zustimmen.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Genauso sinnvoll ist es, meine Damen und Herren, sich über die Frage Gedanken zu machen, wie es denn mit den Flächen ist. Die Aussage, die im Stadtentwicklungsausschuss gemacht worden ist, man könnte jetzt nicht sagen, was mit den Konversionsflächen passieren soll, weil dann diejenigen, die verkaufen, nämlich Bund, Bahn und Post, wüssten, was da passieren soll und das würde Auswirkungen auf die Preise haben. Spätestens in dem Moment, in dem Sie in die Verhandlungen eintreten, müssen Sie doch sowieso offenbaren, was Sie da machen.

Wer ist denn Herr des Verfahrens bei dem Bebauungsplanverfahren? Wer sagt denn in dieser Stadt, was da

passieren soll, ob da Logistik oder Wohnungsbau angesiedelt wird?

(Michael Neumann SPD: Die Handelskammer!)

Das ist doch der Senat, der Herr des Verfahrens ist.

(Michael Neumann SPD: Schön wäre es!)

Der Senat hat doch auch den Einfluss auf die Preise. Dieses Argument zieht nicht. Die schlichte Wahrheit ist – und Frau Ahrons hat es eben auch offenbart –, dass der Senat noch nicht so weit ist, aber dann soll er es doch sagen, das ist doch kein Problem.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Wir erwarten jedenfalls, dass der Senat hier ein konkretes Konzept vorlegt, welche Flächen wie verplant sind und wie sich das mit den angrenzenden Nutzungen unter stadtentwicklungspolitischen Gesichtspunkten verträgt. Was den Hafen angeht, das liest sich ja so schön, 19 Hektar pro Jahr für Logistik. Aber wir haben die Diskussion doch schon im Wirtschaftsausschuss gehabt, wie das mit der Verdrängung von Betrieben im mittleren Freihafen ist. Wie sollen die Nutzungen denn aussehen? Wo sollen die Betriebe denn hin? Das sind doch alles Fragen, die geklärt werden müssen. Da reicht es nicht hineinzuschreiben, das ist ein Zukunftspotenzial und wir brauchen im Hafen jedes Jahr 19 Hektar. Die Fläche in dieser Stadt ist endlich und das muss man endlich einmal begreifen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Obwohl Frau Ahrons schon deutlich gemacht hat, dass die CDU-Fraktion unserem Antrag und auch dem Antrag der GAL nicht zustimmen wird, hoffe ich trotzdem, dass der Senat diese Anträge mitnimmt und endlich seine Hausaufgaben macht und die Fragen, die zu bearbeiten sind, dann endlich bearbeitet und uns in Zukunft eine bessere Drucksache vorlegt. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Bevor ich dem Abgeordneten Kerstan das Wort gebe, möchte ich noch einmal auf die gestrige Sitzung zurückkommen. Herr Abgeordneter Neumann, wie ich nachträglich festgestellt habe, haben Sie in Ihrer gestrigen Rede zum zweiten Thema der Aktuellen Stunde dem Ersten Bürgermeister vorgeworfen, sein Verhalten sei umgangssprachlich mit einem Wort zu bezeichnen, das mit "L" anfängt und mit "üge" aufhört. Für diese Wortwahl erteile ich Ihnen nachträglich einen Ordnungsruf.

Nun bekommt der Abgeordnete Kerstan das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen, meine Herren! Die Analyse in Ihrer Drucksache ist sehr zutreffend. Wie der Senat dort ausführt, ist es wirklich so, dass sich der Logistikbereich, der früher im Wesentlichen Flächen für Lager und Kommissionierung umfasste, angesichts der Globalisierung eines wachsenden Welthandels und international verschärfter Konkurrenz weiterentwickelt hat und heute viel mehr ist. Logistiker nehmen eine zentrale Position in der Wertschöpfungskette ein. Sie steuern unter anderem ganze Produktionsprozesse und stoßen dort auch Arbeitsschritte in ganz anderen Bereichen, wie im IT-Bereich oder im Software-Bereich an.

Wenn man sich das Konzept des Senats, insbesondere von Senator Uldall anguckt, dann muss man wirklich sagen, dass dieses Konzept missglückt und kein bisschen innovativ ist. Das Senatskonzept verspielt Hamburgs Chancen in innovativen Logistikbereichen.

(Barbara Ahrons CDU: Komisch, dass die Wirt- schaft dies anders sieht!)