Protocol of the Session on October 26, 2005

Das Geld, der Nerv aller Dinge, sitzt auch heute bei den Liebhabern, wie wir wissen, erfreulich locker. 40 Millionen Euro bevor die Spendenkampagne begonnen hat, das ist noch keiner Stadt der Bundesrepublik, ich glaube, noch keiner Stadt in Europa gelungen, dass da Familien, wie Familie Greve und Michael Otto, schon so hoch rangegangen sind. Das lässt hoffen für die weitere Spendenkampagne.

Wir sind sehr dafür, wir wollen sie unterstützen, aber wir sagen auch, dass man die nur wirklich in Gang bringt, wenn man den Entschluss zum Bau fasst, wenn man einen Investor findet, der zu diesen Bedingungen bereit ist.

(Beifall bei der GAL, der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Um jetzt mal etwas auf Hanseatisch zu sagen – ich bin ja keiner, der aus Hamburg kommt, aber hier wird ja häufig zitiert: Teetje mit Utsichten.

Ich habe gelernt, auf Teetje mit Utsichten kriegt man kein Geld, also muss es schon ein bisschen weitergehen.

Was können wir uns nun erhoffen, wenn der große Anstoß gelingt, wenn der Impuls zustande kommt? Ebenfalls in der großen Zeit Hamburger Musik, also zweite Hälfte oder überhaupt vielleicht das ganze 18. Jahrhundert, als Carl Philipp Emanuel Bach in der Nachfolge Telemanns hier Musikdirektor war, da schrieb der schwäbische Dichter, Musiker und Republikaner Friedrich Daniel Schubart neidisch über Hamburg:

"Alles ist da Sang und Klang. Die größten Virtuosen treten da auf. Die Dilettanten erheben sich zur Meisterschaft. Da die ersten Produkte der Welt aufgeführt werden, so ist leicht zu raten, welch eine große Musikschule Hamburg für unser Vaterland geworden."

Das wollen wir auch heute: Große Virtuosen hören, Laien, die sich zur Meisterschaft fortbilden und Hamburg als große Musikschule für junge und alte Leute.

(Beifall bei der GAL, der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Dazu brauchen wir nicht nur die Elbphilharmonie. Das ist uns auch klar. Dazu brauchen wir den Unterricht in den Schulen, dazu brauchen wir Übungsräume überall et cetera. Sie kann aber einen entscheidenden neuen Impuls geben und solche Impulse braucht man immer mal wieder. Sie muss dafür aber auch dem musikalischen Leben insgesamt geöffnet werden, also nicht nur der großen Orchestermusik. Es müssen dort auch die verschiedenen Stilarten und Moden der Musik ihren Platz finden. Die Elbphilharmonie wird ja so gebaut, dass sie unterhalb des Saales sozusagen ihren Subbau hat, also auch ihre Subkultur pflegen kann, von den Clubs bis zur Disko und so weiter vieles aufnehmen und ein breites Spektrum von Musik dort stattfinden kann. Es braucht dort Plätze, auch Plätze für den kleinen Geldbeutel. Die Karten müssen erschwinglich bleiben. Es muss auch ein Kartensegment für Leute mit wenig Geld geben. Es braucht Übungsräume.

Wir wollen, dass die Elbphilharmonie auf dem alten Kaispeicher ein Haus für alle wird. Deswegen haben wir versucht, solche Anforderungen gemeinsam mit dem Angebot an alle Fraktionen noch einmal zu formulieren. Wir haben uns mit der CDU einigen können, mit der SPD leider noch nicht. Da wird es heute, wie wir gehört haben, leider keine Zustimmung geben, aber ich bin da ganz zuversichtlich.

Dieses Thema Elbphilharmonie wird ja heute auf Wiedervorlage gelegt. Es kommt im Frühjahr noch einmal, wenn es eigentlich darum geht, über ein Investorenangebot zu entscheiden und dann die eigentliche Bauentscheidung zu treffen. Ich hoffe, dass wir bis dahin mit der Spendenkampagne weiter vorangekommen sind, erhoffe mir aber bis dahin auch noch mehr Bewegung in der alten Hamburg-Partei SPD. Sie sind ja nicht zufällig über Jahrzehnte die Hamburg-Partei und verstehen sich auch so.

(Wolfgang Beuß CDU: Das war einmal!)

Sie müssen bei diesem großen republikanischen Projekt auch über Ihren Schatten springen.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Herr Petersen, so knickerig geht die SPD normalerweise nicht mit Steuergeldern um.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Das Wort erhält Senatorin Frau von Welck.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sie haben heute die Möglichkeit, einem Projekt Ihre Stimme zu geben, das für Hamburg als Kulturstandort und als Stadt eine einmalige Chance darstellt, die Elbphilharmonie. Um das Projekt von einer Vision zu einer Chance werden zu lassen, musste es durchgerechnet und kalkuliert werden. Es musste sozusagen vom Kopf auf die Füße gestellt werden und dies haben wir in den zurückliegenden Monaten getan. Wenn ich wir sage, so meine ich damit nicht nur die Kulturbehörde, sondern auch und insbesondere die

Realisierungsgesellschaft Hamburg, die ReGe, und dabei vor allem Herrn Wegener, der von dem Senat zum Projektkoordinator für die Elbphilharmonie ernannt worden ist. Vielen Dank für Ihre Arbeit, Herr Wegener, und für die gute Zusammenarbeit.

(Beifall bei der CDU)

Das Ergebnis unserer Arbeit liegt Ihnen nun, verehrte Abgeordnete, in Form einer über 120 Seiten umfassenden Machbarkeitsstudie vor und besagt, dass der Bau der Elbphilharmonie technisch und wirtschaftlich machbar ist. Welche zusätzlichen Erkenntnisse haben nun die Ausschussanhörungen für unser Vorhaben gebracht? Hinsichtlich des Bauwerks, der zugrunde liegenden Kalkulation, der Erträge aus dem Verkauf der Mantelnutzung Hotel und Wohnungen und der damit erreichbaren Querfinanzierung haben weder die Anhörpersonen noch die Ausschussmitglieder ernsthafte Zweifel geäußert. Zweifel wurden hingegen an der Möglichkeit geäußert, die benötigten 30 bis 35 Millionen Euro an Spenden einwerben zu können. Nachdem jedoch im Laufe der Anhörung durch zwei große Einzelspenden bereits 40 Millionen Euro für das Projekt zugesagt wurden, scheint mir diese Skepsis widerlegt. Natürlich bin auch ich dem Ehepaar Greve und Herrn Michael Otto dafür sehr, sehr dankbar.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Ich möchte in dem Folgenden noch einmal auf die beiden Einwände der SPD an diesem Bauwerk eingehen. Das heißt zum einen auf die Frage nach dem Bedarf, obwohl ich glaube, dass wir da inzwischen auch eine noch weitgehendere Übereinstimmung haben und zum zweiten auf die Frage, ob ein solches Bauwerk in Zeiten knapper Mittel mit öffentlichen Geldern teilfinanziert werden darf.

Zuerst die Frage nach dem Bedarf. Die Antwort ist, wie ich meine, eindeutig und von allen Auskunftspersonen bestätigt worden: Ein Bedarf besteht. In der Metropolregion Hamburg kommen zurzeit auf 1000 Einwohner knapp 100 Konzertbesuche. In Berlin sind es 111, in Köln 175 und in München sogar 183. Wenn wir also in unserem Nutzungskonzept von zukünftig 660 000 Besuchern ausgehen, so entspricht dies einem kalkulierten Zuwachs von 60 Prozent. Das Potenzial in Hamburg ist vorhanden. Das zeigen unter anderem auch die Erfahrungen aus anderen Städten. So besuchten vor der Eröffnung der Philharmonie in Köln circa 180 000 Personen jährlich den Konzertsaal im Kölner Gürzenich. Mit der Eröffnung der neuen Philharmonie sind es alleine 600 000 Besucher in der Philharmonie. Beide Häuser zusammen haben über 700 000 Besucher. Dies ist eine Steigerung nicht von 60 Prozent, sondern von 360 Prozent. Glauben Sie wirklich, dass in Hamburg weniger Menschen an Musik interessiert sind als in Köln oder München?

Nun zur zweiten Frage. In diesem Zusammenhang erinnere ich noch einmal an die Entstehung dieses Bauvorhabens, denn dieses Projekt ist in der Tat von engagierten Bürgern an den Senat herangetragen und ich freue mich, dass auch Herr Gérard diese Sitzung verfolgt. Die große öffentliche Zustimmung erfolgte nicht zuletzt deshalb, weil dieses Gebäude auch ein neues Wahrzeichen für Hamburg werden wird, ein Wahrzeichen, mit dem sich die Hamburger identifizieren können, auf das sie stolz sein können und ein Wahrzeichen, das für jedermann frei zugänglich sein wird. Sie alle kennen die Planungen für die Plaza, ein Bereich, in dem jeder willkommen ist, auch

wenn er nicht eine der angebotenen Veranstaltungen besuchen will, und ein Bereich, der einen wunderschönen Blick über diese Stadt, den Hafen, die Alster und die Altstadt eröffnen wird. Herr Rusche hat das schon erwähnt.

Neben dieser städtebaulichen Seite liegt mir als Kultursenatorin natürlich ganz besonders am Herzen, dass sich auch der Inhalt der zukünftigen Philharmonie an alle Hamburger richtet und deshalb auch für alle Hamburger finanzierbar sein muss. Die Kulturbehörde hat daher in ihren Planungen von Anfang an vorgesehen, dass nicht nur das Veranstaltungsangebot ein breites Spektrum haben wird, sondern auch, dass die teuren Karten die billigen mitfinanzieren. Selbstverständlich wird auch die Kinder- und Jugendkultur eine große Rolle in dem Projekt spielen. Herr Dr. Petersen, ich kann Ihnen versichern, dass in diesem Bereich viel mehr geschieht als Sie vielleicht ahnen, denn es gibt gerade in Bezug auf die musikalische Bildung eine ganz enge Zusammenarbeit zwischen der Schulbehörde und der Kulturbehörde, die fortlaufend weiter ausgebaut wird und Frau Dinges-Dierig und ich sind uns einig, dass wir das auch in Zukunft verstärkt tun wollen.

(Beifall bei der CDU)

Aus all den genannten Gründen ist es aus meiner Sicht legitim, richtig und notwendig, ein solches Projekt teilweise mit öffentlichen Geldern zu finanzieren. In unserer Finanzplanung sind als Obergrenze des städtischen Anteils 77 Millionen Euro festgeschrieben. Da wir nun schon vor dem eigentlichen Startschuss zu unserer Spendensammelkampagne 40 Millionen Euro zugesagt bekommen haben, sind die Baukosten der Philharmonie bereits jetzt zu mehr als ein Drittel mit privaten Spenden abgesichert. Gleichzeitig beträgt der Finanzierungsanteil der öffentlichen Hand an dem Gesamtgebäude weniger als 50 Prozent, das heißt genau 41 Prozent. Dies ist für ein Projekt dieser Größenordnung mit seiner Wirkung als Flaggschiff für einen ganzen Stadtteil und neues Wahrzeichen einer Stadt, eines Stadtstaates wirklich phänomenal.

(Beifall bei der CDU und bei Katja Husen GAL)

Wenn nun die Forderung erhoben wird, dass der gesamte Bau durch Spenden finanziert werden solle, so ist dies aus meiner Sicht und Erfahrung – und ich habe viel Erfahrung im Spenden sammeln – eine unrealistische Forderung. Die Befürworter einer Vollfinanzierung durch private Spenden verweisen gerne auf das Beispiel der Dresdner Frauenkirche und übersehen dabei, dass es in Dresden erstens um den Wiederaufbau eines überregionalen, ja internationalen Symbols ging, zweitens die öffentliche Hand trotz vieler Spenden immerhin ein Drittel der Kosten von insgesamt rund 180 Millionen Euro, also insgesamt 60 Millionen Euro getragen hat, drittens der Wiederaufbau zwölf Jahre gedauert hat, weil gerade das Einsammeln von Spenden ein langwieriges Geschäft ist und viertens – und das ist meines Erachtens auch für die heutige Debatte entscheidend – auch in Dresden der Beschluss über den Wiederaufbau getroffen wurde, bevor die privaten Mittel zur Verfügung gestanden haben. Dies war der richtige Weg und diesen Weg möchten auch wir in Hamburg gehen.

(Beifall bei der CDU)

Natürlich werden wir im Fall eines positiven Beschlusses der Bürgerschaft sofort damit beginnen, öffentlich und

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offensiv weitere Mittel für den Bau der Elbphilharmonie einzuwerben. Ich möchte mich an dieser Stelle ausdrücklich an die Bürgerschaftsabgeordneten der SPD wenden und Ihnen allen ans Herz legen, dass gerade auch zum Einwerben von Spenden eine größtmögliche politische Unterstützung absolut notwendig ist.

Gestatten Sie mir in diesem Zusammenhang noch eine Anmerkung zu der von Herrn Dr. Petersen im "Hamburger Abendblatt" aufgestellten These, es sei sozial unausgewogen, in der jetzigen schwierigen Zeit 77 Millionen Euro für eine Philharmonie auszugeben.

Lieber Herr Petersen! Bitte glauben Sie mir, man kann und darf Kultur- und Sozialpolitik nicht gegeneinander ausspielen.

(Beifall bei der CDU)

Hans-Ulrich Klose hat in seinem positiven Statement zur Elbphilharmonie, über das ich natürlich sehr dankbar bin, völlig zu Recht gesagt, dass Kulturpolitik identitätsstiftende Gesellschaftspolitik ist. Zwei Punkte sind mir darüber hinaus wichtig.

Erstens: Auch Kulturpolitik ist Sozialpolitik.

Zweitens: Wir brauchen Projekte wie die Elbphilharmonie, um unsere Stadt zukunftsfähig zu machen.

(Beifall bei der CDU)

Lieber Herr Petersen, liebe Frau Stapelfeldt! Eigentlich brauchen wir die positive Haltung und das entscheidende Ja dazu heute und nicht erst und vielleicht in einem Jahr, denn richtige und gute Entscheidungen müssen nicht aufgeschoben werden.

(Beifall bei der CDU)

Die Elbphilharmonie – darüber sind wir uns einig – bedeutet größere Attraktivität unserer Stadt im Wettbewerb der Metropolen, das heißt dadurch wird unsere Stadt mehr Menschen anziehen. So werden wiederum mehr Einnahmen erzielt werden können und das bedeutet natürlich auch einen größeren Spielraum für soziale Aufgaben.

Nach einer hoffentlich positiven Entscheidung der Bürgerschaft wird eine privatrechtliche Stiftung Elbphilharmonie gegründet werden. Diese Stiftung wird das Ziel verfolgen, aus den Erträgen ihres noch zu sammelnden Kapitalstammes – einen Grundstock dazu haben uns dankenswerterweise zwei Hamburger Banken zugesagt – einen jährlichen Zuschuss zum Betrieb von Elbphilharmonie und Laeiszhalle zu geben. Deshalb freue ich mich ganz besonders über die Zusage des Ersten Bürgermeisters, dass alle Spenden, die darauf zielen, die öffentliche Hand bei den Baukosten zu entlasten, im Ergebnis der Stiftung zugute kommen werden. Diese städtischen Gelder werden einen nachhaltigen Effekt haben. Sie werden den Kapitalstock der Stiftung vergrößern und die Stadt so langfristig bei dem Betrieb der Elbphilharmonie entlasten. Dieses Modell hat es bisher noch in keiner anderen deutschen Stadt gegeben.

(Beifall bei der CDU)

Ich würde mich daher wirklich sehr freuen, wenn bei der nun anschließenden Abstimmung ein Zeichen dafür gesetzt wird, dass die Mitglieder der Hamburger Bürgerschaft dieses Vorhaben Elbphilharmonie wollen und wenn die Entscheidung über die Drucksache wie auch in den

Ausschüssen zumindest ohne Gegenstimmen ausfallen würde. In diesem Sinne möchte ich im Interesse unserer Stadt noch einmal eindringlich um Ihre Stimmen werben, denn jede Zustimmung zu diesem Vorhaben gibt uns besseren Rückenwind, Rückenwind, den wir benötigen, wenn wir Hamburger Bürger um ihre auch finanzielle Unterstützung für dieses einmalige Vorhaben bitten und sie für das Projekt begeistern.