verantwortlichen Personen in Bezug auf die Beantwortung öffentlichkeitswirksamer Anfragen sind der Pressesprecher oder die Behördenleitung in schulpolitischen Fragen und das ist alles. Das hat nichts mit einem grundsätzlichen Maulkorb zu tun, aber viel mit der Mindestform an Loyalität eines Mitarbeiters oder einer Mitarbeiterin, unabhängig davon, ob es sich um Beamte, Angestellte oder Arbeiter handelt.
Genau diese Loyalität fordere ich ein. Vielleicht lassen Sie mich an dieser Stelle am Rande noch eines anmerken. In den letzten Tagen haben mich unglaublich viele Menschen in Hamburg angesprochen, teilweise auf offener Straße, oder mir geschrieben. Sie haben meine Klarstellung der öffentlichkeitswirksamen Umgangsformen im Bereich Schule als längst überfällig gefunden.
Der Kollege Heinemann hat gerade von anderen Beispielen berichtet, in denen SPD-Landesminister meines Erachtens bei diesem Thema über das Ziel hinausschießen.
Ich will Ihnen noch etwas sagen, das illustriert, wie Ihre rotgrünen Freunde in Berlin mit der Meinungsfreiheit der Mitarbeiter umgehen. Laut Geschäftsordnung etwa des Bundesbauministeriums dürfen neben dem Minister nur die Parlamentarische Staatssekretärin und die Pressesprecher mit der Öffentlichkeit kommunizieren und niemand sonst.
Soweit wollen und werden wir nicht gehen, weil, wie seit bald 20 Jahren üblich, die Schulleiter als Kopf ihrer Schule in den eigenen Belangen ihrer Schule und aus eigenem Antrieb natürlich kommunizieren sollen; das ist gerade ein Ausdruck von Eigenverantwortung von Schule.
Übrigens haben die Schulleiter auch selbst den Anspruch, dass sich die Mitarbeiter ihrer Schule nicht ohne Absprache mit ihnen über ihre Schule in den Medien äußern. Das ist für Schulleiter ein völlig normaler Vorgang.
Die Grundregel, die in jedem großen Unternehmen, in jeder Großorganisation dieser Welt gilt, dass nämlich die Fragen, die das Ganze betreffen, die Leitung oder die Pressesprecher beantworten, wird in Hamburg für den Bereich der Bildungsbehörde wieder zur Geltung gebracht genauso wie die Grundregel, die ich bereits mehrfach betont habe. Lassen Sie uns den direkten, auch den kritisch konstruktiven Dialog fördern, auch wenn das angesichts der Zahl der am Bildungsgeschehen beteiligten Personen ein nicht einfacher Weg ist.
Herr Buss, noch ein Wort zu Ihnen. Ich will ja gerade die direkte Diskussion und Kommunikation und dann hilft es nicht, wenn diese über Dritte, nämlich über Medien, stattfinden.
Was nach diesem Sturm im Wasserglas bleibt, ist doch letztlich nur eines: das In-Erinnerung-Rufen von völlig normalen bürgerlichen Umgangsformen im dienstlichen Miteinander. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Bevor ich jetzt dem Abgeordneten Dr. Maier das Wort erteile, möchte ich zumindest darauf hinweisen, dass der Senat natürlich immer reden darf, wenn er möchte und auch vermutlich in der Aktuellen Stunde so lange. Aber das waren fast acht Minuten. Das haben wir diesmal nicht abgeklingelt, aber wir haben eine Übereinkunft in diesem Hause, dass man zumindest gleiches Recht hat.
(Bernd Reinert CDU: Das war die Hälfte der Re- dezeit, die Frau Pape und Frau Raab immer in Anspruch genommen haben! – Wolfgang Beuß CDU: Das lag nur an der Frage von Herrn Böwer!)
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Senatorin, Ihre Interpretation der neuen Richtlinie war bemerkenswert, weil Sie sie im Grunde in ihrem entscheidenden Teil, wenn ich das richtig verstanden habe, korrigiert haben. Die alte Richtlinie lautete, es gibt schulpolitische Fragen, zu denen man sich nicht einfach spontan äußern kann, es gibt aber auch Fragen, die die einzelne Schule betreffen. Dazu darf sich jeder Schulleiter äußern, das steht sogar im Gesetz. Jetzt sagen Sie, das solle auch so bleiben. Sie haben aber in Ihrer Richtlinie etwas anderes geschrieben. Sie haben geschrieben, jede öffentlichkeitswirksame Äußerung müsse angemeldet sein. Das ist eine viel unklarere Aussage, das kann beides umfassen. Nehmen Sie doch den Fall, dass an einer Schule irgendein Vorgang passiert, der die Presse sofort interessiert. Der ist sicher öffentlichkeitswirksam. Nach der neuen Richtlinie müsste sich der Schulleiter jetzt erst einmal an die Pressestelle wenden. Nach der alten Richtlinie ist der Schulleiter oder die Schulleiterin öffentlich vertretungsberechtigt. Sie haben die Richtlinie verschärft
und nehmen es jetzt in der Interpretation zurück. Sie berufen sich bei Ihrer Verschärfung auf die Grundregeln jeder großen Organisation. Da verkennen Sie den Charakter Ihrer Behörde und der ihr angeschlossenen Schulen.
Eines ist mir auch klar: Ich hätte in meiner Behörde auch nicht zugelassen, dass jeder Mitarbeiter beliebig mit der Presse kommuniziert. Solange eine Behörde linienmäßig organisiert ist, liegt das auf der Hand, aber wenn sie selbstständige Einheiten haben, die, wie ausdrücklich von der Behördenleitung konzediert, Autonomie in gewissem Umfang genießen sollen und müssen, haben sie doch eine völlig andere Struktur als die klassische Behördenstruktur. Wenn der Innenminister von NordrheinWestfalen das sagt, so ist das eine zusammenhängende Behörde und doch etwas anderes, als wenn Sie versuchen, den Schulleitern solche Regelungen vorzugeben; Sie haben angezogen.
Um das aufzugreifen, was als Zwischenfrage kam, warum wir besonders misstrauisch sind: Der Leiter Ihrer Presseabteilung, Herr Luckow, war in der letzten Legislaturperiode mitverantwortlich für ausgesprochene Desinformationskampagnen.
Wir hatten das gestern im Haushaltsausschuss, wo Sie uns über das 50-Millionen-Loch vortrugen. Dieses 50Millionen-Loch war uns ein halbes oder ein Jahr vorher von der Pressestelle und vom zuständigen Senator als Sonderprogramm Investitionen im Schulbau vorgestellt worden.
Und über diesen selben Desinformator – Frau Präsidentin, gibt es dafür einen populäreren Ausdruck? – soll jetzt sozusagen die Zensur der Schulleiter laufen; das macht einfach misstrauisch.
Sie sollten sich das noch einmal sehr überlegen. Kein Mensch muss Gesichtsverluste erleiden, aber so etwas kann man überarbeiten und dann die alte Regelung wieder gelten lassen. – Danke schön.
Frau Senatorin, das ist doch wirklich ein seltsamer Start, den Sie in diesem Parlament hinlegen. Es ist Ihre erste Rede zur Schulpolitik und Sie widmen sich tatsächlich der Einschränkung öffentlicher Äußerungen von Lehrerinnen und Lehrern und Schulleitern in Hamburg.
Statt die Gelegenheit zu nutzen, Ihr Dialogangebot zu erneuern und zu bekräftigen, haben Sie das genaue Gegenteil gemacht und erneut Ihr Misstrauen gegenüber Hamburgs Schulen bekräftigt. Sie haben in alten Verordnungen gekramt.
Hamburgs Schulen haben das nicht verdient und dieser Beitrag wird seine Wirkung an Hamburgs Schulen entfalten.
Herr Dr. Maier hat bereits darauf hingewiesen, dass es hier nicht um eine Kontinuität eines alten Erlasses geht. Ich möchte noch einmal auf einen anderen Aspekt hinweisen. Wir haben uns alle gefragt, warum dieses Schreiben überhaupt kommt, warum es diese Verfügung gibt. Die Verfügung selbst gibt darauf keine Antwort, aber es steht zweimal drin „aus gegebenem Anlass weise ich darauf hin“, zweimal in so einem kurzen Text. Deshalb haben wir uns alle gefragt, was denn eigentlich passiert ist. Natürlich war am Augenfälligsten die große Berichterstattung in einer Zeitung, wo eine Lehrerin die Situation an den Hauptschulen sehr drastisch geschildert hat und wo sie ehrlicherweise sehr energisch am Offenbarungseid dieser Schulform mitgearbeitet hat. Gleichzeitig hat diese Lehrerin erheblich dazu beigetragen, dem Ansehen von Hauptschülern, ihren Chancen und im Übrigen auch ihrer Würde zu schaden.
Da haben wir schon gesagt, eigentlich wünschen wir uns dort ein Eingreifen. Aber muss man dann so eine Verfü
gung herausgeben, ist da nicht eigentlich das direkte Gespräch der richtige Weg? Dieses Beispiel zeigt, dass so eine Debatte öffentlich und auch kontrovers geführt werden muss, aber eine Verschärfung von Verboten im Schulwesen nicht der richtige Weg sein kann.
Eine zweite Vermutung kursierte darüber, was eigentlich der gegebene Anlass dieser Verfügung war. Herr Böwer hat versucht, mit seiner Zwischenfrage darauf abzustellen.
Es stand drin, man wolle sichergehen, dass die richtigen Fakten über Schulpolitik die Öffentlichkeit erreichen. Wir haben in den letzten zweieinhalb Jahren in der Tat den Eindruck gehabt, dass die Pressestelle der Schulbehörde vielleicht am Ruf der Schulbehörde interessiert ist, aber nicht an der Verbreitung von Fakten.
Es ist dieser Pressesprecher, der mit zum Kita-Chaos beigetragen hat, weil er auf dem Höhepunkt des KitaChaos öffentlich erklärt hat, alle berufstätigen Eltern bekämen in Hamburg eine Kinderversorgung. War das der gegebene Anlass? Wir sind uns nicht sicher. Und dann drängt sich natürlich die dritte, die politischste Erklärung auf, die vor allen Dingen auch von den Lehrergewerkschaften formuliert wurde: Zensur, der Maulkorberlass soll verhindern, dass kritisch über Schulpolitik geredet wird. Anlässe gibt es genug. Es drohen weitere Einsparungen, auch die Einschränkung der Lehr- und Lernmittelfreiheit droht. Die Klassenfrequenzen sollen gesteigert werden und der Schulneubau wird auf Eis gelegt.
Aber auch das wundert ein bisschen, weil alle, die in Hamburg mit Schulpolitik zu tun haben, eines wissen: Ein Maulkorberlass wird niemals dazu führen, dass in Hamburg nicht kritisch über Schulpolitik geredet wird.
Dass über Schulpolitik kritisch diskutiert wird, ist in Hamburg ein ungeschriebenes Gesetz und steht über jeder Behördenverfügung. Das kann eigentlich auch nicht der gegebene Anlass sein. Jetzt ist der Maulkorberlass in der Welt und ich denke, er ist der gegebene Anlass für Schulen, sich darüber Sorgen zu machen, ob jetzt mehr obrigkeitsstaatliche Vorstellungen statt Eigenständigkeit die Schulpolitik prägen. Er ist der gegebene Anlass, darüber verärgert zu sein, dass man Ihnen so wenig zutraut, an der Lösung der dringenden Fragen mitzuwirken.
Frau Senatorin, der Maulkorberlass ist auch ein Anlass, diese Verfügung rechtlich zu überprüfen, denn sie verstößt gegen das hamburgische Schulgesetz, das die Schulleitungen dazu ermächtigt, die Schule nach außen zu vertreten.
Frau Senatorin, Sie haben die Debatte heute leider nicht zum Anlass genommen, diese Verfügung in den ersten 100 Tagen zurückzunehmen. Es wäre Ihnen nachgesehen worden. Ich glaube, dass Sie heute einen großen Fehler gemacht haben, der sehr zu bedauern ist.