Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es ist heute wahrlich nicht das erste Mal, dass wir über den LBK debattieren. Umso mehr bin ich überrascht, dass selbst nach der so-und-so-vielten Debatte die Argumentation auf der CDU-Seite immer noch sehr holzschnittartig ist.
Ich will es Ihnen noch einmal in Erinnerung rufen: Es gab vier Hauptgründe, deretwegen die Opposition den Verkauf des LBK kritisierte. Der erste Punkt hängt mit dem ersten Thema der heutigen Aktuellen Stunde zusammen: Sie haben den LBK entgegen dem ausdrücklichen Volkswillen verkauft, den LBK in Staatsbesitz zu halten – gegen den Willen von fast zwei Dritteln der Wähler.
Der zweite Grund war, dass Sie einen Vertrag abgeschlossen haben, der aus ökonomischer Sicht für Hamburg alles andere als vorteilhaft ist, andererseits dem Käufer eine große Menge an Vorteilen bietet.
Der dritte Grund war, dass die rechtliche Konstruktion dieses Vertrages, da Sie den Volksentscheid ja zumindest dem Anschein nach achten wollten, durch ein so genanntes "gestuftes Mehrheitsverfahren" eine abenteuerliche Konstruktion ist, die dem Investor wiederum beispiellose Vorteile gewährt.
Viertens haben wir kritisiert, dass mit dem nun gefundenen Unternehmer, Asklepios, der am wenigsten geeignete Kandidat zum Betreiben eines solch großen Unternehmens gewählt wurde.
Ich möchte die ersten beiden Gründe, die Vorteilhaftigkeit dieses Verkaufs und auch das Zuwiderhandeln gegen den Volkswillen, nicht weiter thematisieren. Das haben wir schon mehrfach getan. Den damaligen Debatten gibt es nichts Neues hinzuzufügen.
Aber über die Konsequenzen dieser abenteuerlichen Vertragsgestaltung und über die Eignung des von Ihnen favorisierten zukünftigen Mehrheitseigners, Asklepios, lässt sich mittlerweile eine ganze Menge sagen, denn es sind nun neun Monate ins Land gezogen und man kann zumindest in einigen Punkten eine Bilanz ziehen.
Bei der Debatte über die Akteneinsicht ist eines deutlich geworden: Es ist viel über finanzielle Faktoren gesprochen worden. Die Eignung Asklepios', diesen Betrieb zu führen, ist vom Senat und der West LB nie infrage gestellt worden. Es wurde bei allen Vorgängen angenommen, Asklepios sei ein seriöser, zuverlässiger, kompetenter
Partner. Wenn man sich die Debatte ansieht, die im Sommer von Herrn Peiner und Herrn Dräger in Funk und Bild geführt wurde, kann man nur eines feststellen: Ehen brauchen eine ganze Weile, bis sie in schwere Wasser, ins verflixte siebte Jahr kommen. Bei dieser Ehe der Stadt mit Asklepios muss man feststellen, dass schon nach sechs Monaten das Verhältnis so zerrüttet ist, dass die beiden Beteiligten im Aufsichtsrat gar nicht mehr miteinander reden, sondern nur noch über Pressemitteilungen. Dass diese eine Annahme, die beim Senat immer als unumstößlich gegolten hatte, Asklepios sei ein seriöser und kompetenter Partner, jetzt nicht mehr aufrecht erhalten werden kann, ist eindeutig. Senator Peiner hat selbst in der Presse das Verhalten von Asklepios und seines Managements als unverantwortlich bezeichnet.
Worum geht es? Letztendlich geht es darum, dass Sie bisher eine Minderheit an Asklepios verkauft haben, Asklepios aber seit Anfang Januar schalten und walten kann, wie er will, und dass Sie keinerlei Möglichkeit haben, dies zurückzudrehen.
Im Moment ist das VW-Gesetz unter Beschuss der EUKommission. Dort ist die Situation, dass eine Minderheitsbeteiligung, durch ein Gesetz abgesichert, dem Staat den maximalen Einfluss sichert. Sie haben beim LBK genau den umgekehrten Weg beschritten, wirtschaftspolitisch äußerst fragwürdig: Die Stadt hat trotz Mehrheitsbesitz und obwohl der Eigner bisher noch keinen einzigen Cent bezahlt hat, überhaupt keinen Einfluss mehr, da Sie freiwillig vertraglich auf die Ausübung der Mehrheit des Stimmrechts, dass Sie ja theoretisch noch haben, verzichtet haben.
Bei Ihrer Vertragsgestaltung zeigt sich jetzt auch, was für ein fataler Fehler das ist. Es geht dabei um verschiedene Entscheidungen, es geht darum, welches Krankenhaus verkauft wird und wie die Bilanz 2004 gestaltet wird. Von dieser Bilanz hängt ab, ob die finanziellen Risiken, die bisher in der Öffentlichkeit immer nur mit der Untergrenze diskutiert wurden, eventuell mit der Obergrenze zum Tragen kommen, und es hängt die Frage davon ab, ob sich dieser Senat noch dauerhaft an diesem Unternehmen beteiligen möchte, weil er ja mittlerweile festgestellt hat, dass er mit dem von Asklepios eingesetztem Management nicht einvernehmlich zurande kommt.
Wenn man jetzt eine Bilanz zieht, muss man eines klar sagen: Alle Zweifel der Opposition hinsichtlich der Eignung von Asklepios haben sich bewahrheitet.
Der Senat versucht noch, mit markigen Reden in der Öffentlichkeit den Eindruck zu erwecken, dass er noch Instrumente habe, auf Asklepios einzuwirken, aber wir alle und auch die verantwortlichen Senatoren wissen, dass der Senat auf diese Instrumente schon längst verzichtet hat. Man muss feststellen, dass die finanziellen Risiken, die in den Drucksachen benannt wurden, wahrscheinlich nur das Best-Case-Szenario sind, während uns in diesem Bereich Worst-Case-Szenarien drohten.
Angesichts dieser Bilanz kann ich den Antrag der SPD gut verstehen, jetzt, bevor die erste Tranche des Kaufpreises bezahlt wird, zu prüfen, ob man diesen Verkauf rückgängig machen kann. Dazu sind im Punkt 2 des Petitums des Antragesverschiedene Aspekte abgefragt worden, nämlich dass man erstens prüft, inwieweit man die Übertragung der Mehrheitsrechte stoppen kann, und dass man zweitens prüft, ob man die erste Tranche der
Minderheitenübertragung rückgängig machen kann. Letztendlich muss man aber feststellen, dass das rechtlich ein fragwürdiges Unternehmen sein kann. Wir alle wissen, dass das Bundesgesetzbuch niemandem verbietet, einen Vertrag abzuschließen, der ihn selbst schädigt. Wenn man dann nach neun Monaten, nachdem man von der Opposition wiederholt darauf hingewiesen worden ist, auch selber merkt, dass es ein schlechter Vertrag war, mag es – selbst, wenn der Senat zu dem Schluss kommen sollte, dass dieses Geschäft unvorteilhaft gewesen ist und man es am besten rückgängig mache – aus rechtlichen Gründen gar nicht mehr gehen. Selbst wenn es möglich wäre, können dort finanzielle Lasten in Bezug auf Rückerstattung von Investitionen, Schadenersatz für entgangene zukünftige Gewinne, Schadenersatz für eingebrachtes Realkapital und ähnliche Dinge dazu führen, dass zu den bisherigen Verlusten noch einmal die gleiche Summe des nicht geflossenen Kaufpreises an Konventionalstrafen auf die Stadt zukommen könnte. Insofern kann man Zweifel haben, selbst wenn man diesen Vertrag rückgängig machen könnte, ob man damit die Situation nicht verschlimmbessern würde, in der sich der LBK und die Beschäftigten dort befinden. Es ist deshalb richtig, erst einmal zu prüfen, ob es juristisch und finanziell überhaupt möglich und tragbar wäre, den Verkauf rückgängig zu machen.
Wenn man das aber ernsthaft betreibt, muss man sagen, dass Punkt 1 des Petitums des SPD-Antrages nicht seriös ist. Man kann nicht, bevor man geprüft hat, ob es geht und ob man es finanziell vertreten kann, im ersten Punkt des Petitums die ersten Schritte um den Verkauf rückgängig zu machen und die dafür notwendigen Gespräche zu beschließen. Wir stimmen also der SPDFraktion zu, dass es notwendig ist, den Verkauf zu überprüfen und zu überprüfen, ob dieses fatale Geschäft rückgängig gemacht werden kann. Wir können aber zum jetzigen Zeitpunkt mit unserem jetzigen Wissen nicht zustimmen, schon jetzt die ersten Schritte einzuleiten, diesen Verkauf auch wirklich rückgängig zu machen. Wir können diesem Antrag deshalb leider nicht zustimmen, sondern werden uns enthalten. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich freue mich, dass die Debatte zu diesem Thema in einem sachlichen Rahmen verläuft. Ich habe hier schon anderes zu diesem Thema erlebt.
Es ist gut, dass diese Bürgerschaft auch in der Lage ist, sich mit diesem Thema sachlich zu beschäftigen.
Es wurden eben zwei Argumente vorgebracht, einmal hinsichtlich der Ziele, zum anderen bezüglich der Beurteilung. Herr Marx sprach von einem unglücklichen Verkauf, Herr Zuckerer sprach in einer Presseerklärung von dem schlechtesten Verkauf, er steigerte sich sogar zu der Formulierung, es sei der schlechteste Unternehmensverkauf, an den er sich erinnern könne.
Da stellt sich die Frage, in welche ordnungspolitische Diskussion man derartige Transaktionen einbettet. Wir haben von vornherein gesagt – das gilt auch heute, ich komme gleich darauf zurück –, dass es vier Ziele gibt.
Das sind nicht, wie Herr Marx es eben darstellte, rein finanzpolitische Ziele. Das greift zu kurz, Herr Marx. Das Thema ist das Wohl der Patienten in dieser Stadt, die Beschäftigung in dieser Stadt, die Standortfrage und das Thema Haushaltskonsolidierung. An diesen Kriterien lassen wir uns gern messen.
Wenn Ihnen der Verkauf nicht gefällt, erinnere ich Sie daran, dass dies ausdrücklich keine Privatisierung nach Kassenlage war. Das nämlich war bisher das Prinzip, das bei der SPD beim Verkauf von Mehrheitsbeteiligungen in dieser Stadt herrschte. Wenn wir von schlechten Verkäufen für diese Stadt reden, ist es zuerst der Verkauf der HEW.
Damals wurde vielleicht ein guter Verkaufserlös erzielt. Es wurden aber Standortinteressen rücksichtslos im Stich gelassen, es gab keine Beschäftigungssicherung und keine Standortgarantien für diese Stadt.
Als wir die letzten 26 Prozent verkauft haben, taten wir das, weil es zu diesem Zeitpunkt keine Standortsicherung in dem Vertrag gab. Man konnte den Vertrag nur noch abwickeln, aber nicht mehr verändern. Wir haben trotzdem noch zusätzliche Standortsicherungen herausgeholt.
Ihr Gedächtnis ist offenbar sehr kurz. Meines reicht etwas länger: Da war auch die Hamburgische Landesbank. Auch das war schlicht der Verkauf hamburgischer Standortinteressen. Auch dort hat man zwar einen Verkaufspreis erzielt, aber letztlich hatte man Hamburgs Standortinteressen verraten. Es ist dieser Senat, der diese Transaktion wieder zurückgedreht hat. Wir sind bei der HSH Nordbank wieder Herr im Hause, nachdem Sie die Standortinteressen dieser Stadt verkauft hatten.
Ich will Sie gar nicht an die anderen Verkäufe erinnern. Der Verkauf der Feuerkasse 1994, weil es aus Kassengründen zwingend erforderlich war, hat eine Konsolidierung der öffentlich-rechtlichen Finanzdienstleistungsinteressen in Hamburg langfristig verhindert. All das muss man sehen. Wir machen eine völlig andere Politik. Wir sehen eben nicht nur finanzpolitische Ziele, sondern die Standortinteressen dieser Stadt insgesamt.
Aber auch beim LBK, mit dem wir uns hier beschäftigen: Was haben Sie 1995 getan? Sie haben eine Ausgliederung des LBK in eine Anstalt öffentlichen Rechtes vorgenommen, aber die Probleme nicht gelöst. Sie haben den LBK von vornherein mit einem schweren Geburtsfehler belastet, indem Sie ihm keine Mittel für die Pensionsverpflichtungen zur Verfügung gestellt haben, mit der Konsequenz, dass diese Altlast ständig gewachsen ist. Selbst, als dieser Fehler erkannt war, haben Sie nicht gehandelt. Stattdessen ist der Kassenkredit explosionsartig angewachsen. Auch hier gilt, Herr Zuckerer: Sie sind Vorsitzender des Haushaltsausschusses gewesen. Sie haben gesehen, dass dieser Kassenkredit Jahr für Jahr ohne Legitimation durch das Parlament anwuchs. Ich unterstelle vielen in Ihrer Fraktion nicht, dass sie die haushaltspolitische Dimension begriffen hätten. Ihnen, Herr Zuckerer, unterstelle ich als Vorsitzendem des Haushaltsauschusses dies schon.
Herr Neumann, Ihnen unterstelle ich nicht, dass Sie das Haushaltsrecht kennen. Da brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen.
Ich unterstelle das aber Herrn Zuckerer. Ich denke, Herr Zuckerer, dass Sie haben erkennen müssen, dass hier bis 2001 eine finanzpolitische Zeitbombe tickte. Es ist nichts, aber auch gar nichts geschehen, um dieses Problem zu lösen.
Der gesamten Marktentwicklung, den DRGs, die dann über den LBK kamen, haben Sie tatenlos, ahnungslos und fassungslos entgegengesehen, ohne eine einzige geschäftspolitische Maßnahme entgegenzusetzen.
Dann hat der LBK versucht, das Notwendigste zu tun. Er hat allerdings den LBK nicht schnell genug saniert und vor allem nicht konsequent genug. Das Ergebnis waren Gesamtverbindlichkeiten von einer Milliarde Euro, Kassenkredite und Pensionsverpflichtungen und ein mittlerweile auch unbestrittenes strukturelles Defizit pro Jahr. Das heißt, 60 Millionen Euro Verlust pro Jahr, nachhaltig und dauerhaft, und keine Antwort der Sozialdemokraten darauf. In dieser Situation ist es ein Zeichen verantwortlicher Politik, den Verkauf des LBK zu betreiben, um ihn so in verantwortliche Hände zu geben.
Nun will ich – da will ich es wie Herr Kerstan halten – nicht die gesamte Debatte wiederholen. Interessant ist es jedoch schon, wenn behauptet wird wie auch von Herrn Marx, jeder habe da kaufen können. Warum, Herr Marx, hat es denn niemand getan? Ich kann nur immer wieder sagen – wir haben es auch hier mehrfach gesagt: Ich warte auf den gewerkschaftlichen Pensionsfonds. Ich warte auf institutionelle Anleger. Ich warte auf professionelle Anbieter. Nein.
Tatsächlich ist es so, dass der LBK ein Sanierungsfall war und bis heute ist und dass es sehr schwer ist und bleibt, in der heutigen schwierigen Situation für Gesundheitsbetriebe einen solchen überhaupt in professionelle Hände zu geben. Sie alle kennen vielleicht die Situation von Vivantes in Berlin. Vivantes ist schlicht unverkäuflich. Selbst, wenn Sie ihn verschenken würden, würden Sie ihn nicht loswerden, weil es heute eben schwierig ist, solche Unternehmen zu verkaufen.
Dann ist da auch die Frage der Rechte: Das Kartellamt unterstellt uns, dass wir zu viel Rechte hätten. So ganz passt das nicht in Ihre Linie, dass Sie sagen, wir hätten zu wenig.
Ich glaube deshalb, dass der Verkauf des LBK zur richtigen Zeit an den richtigen Investor erfolgt ist. Wir haben im Ausschuss darüber geredet: Natürlich hat dieser Verkaufsvertrag unverändert gewisse Risiken. Die Risiken heißen: Liquiditätshilfe und möglicherweise eine Kaufpreisminderung. Alles das wissen wir. Aber in jedem Falle gilt eines: Egal, wie diese Risiken möglicherweise in den nächsten drei, vier Jahren realisiert werden – in jedem Falle ist die finanzielle Situation dieser Stadt nach dem Verkauf um mehrere hundert Millionen Euro besser als davor. Der worst case wäre gewesen – das kann ich eindeutig sagen –, dass die Stadt unverändert den LBK unter sozialdemokratischer Mehrheit führt. Das wäre in der Tat der Super-GAU gewesen.