Protocol of the Session on August 24, 2005

Die aktuelle Diskussion bestätigt leider alle schlimmen Befürchtungen von den Studiengebührengegnern. Sie werden nämlich schon – und das macht auch Ihre Diskussion deutlich – als neuer Topf der Haushälter gesehen, wo beliebig eingezahlt werden und man Haushaltslöcher stopfen kann, um dann beispielsweise Kindergärten zu finanzieren.

(Robert Heinemann CDU: Frau Opitz, wo leben Sie denn?)

Die Folge wird sein, dass die Hochschulen nicht mehr Geld haben und somit die Predigt der Studiengebührenbefürworter, dass Studiengebühren zu einer Verbesserung der Lehre führen würden, natürlich überhaupt nicht eintreten kann.

Im Übrigen sind das jetzt nicht irgendwelche Zukunftsvisionen, sondern das sind einfach Fakten. Wir fangen einfach mal international an.

In Australien führen die Studiengebühren dazu, dass es zu einer Absenkung des Hochschuletats gekommen ist. Jetzt kommen wir zu Deutschland. Beispielsweise Niedersachsen, CDU-regiert, hat gerade beschlossen, den Hochschuletat mit der Begründung abzusenken, dass sich die Hochschulen das Geld von den Studierenden holen können, weil demnächst eine Studiengebühr eingeführt wird.

Jetzt komme ich zurück auf die Diskussion in Hamburg und hier konnten wir lesen, dass Studiengebühren dafür dienen sollen, Kindergärten zu finanzieren. Toll, Klasse! Hierzu würde ich schon etwas von Ihnen hören wollen, Herr Heinemann.

(Robert Heinemann CDU: Nein, das habe ich nie gesagt! – Dr. Andreas Mattner CDU: Alle lieben Heinemann!)

Herr Heinemann und liebe CDU-Fraktion, lassen Sie mich doch mal ein paar Dinge klarstellen, die Sie so schön in der Presse vorgetragen haben.

(Wolfgang Beuß CDU: Frau Opitz, haben Sie mir eigentlich zugehört?)

Liebe CDU-Fraktion und Herr Heinemann, ein Studium ist nicht umsonst. Ein Studium heute kostet schon sehr viel Geld und das zeigt schon von grandioser Unkenntnis, wenn man noch nicht realisiert hat, dass die Lebenshaltungskosten für Studierende im Moment bei mindestens 700 Euro im Monat liegen.

(Zuruf von Barbara Ahrons CDU)

Sehen Sie, Frau Ahrons, das ist genau das Problem.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Glauben Sie eigentlich alles, was in der Zeitung steht?)

Es haben nicht alle so viel Geld. Ein Teil erhält BAföG und viele arbeiten. Dadurch haben wir auch die langen Studienzeiten.

Der nächste Fehler von Herrn Heinemann: Ein Studium nützt der Gesellschaft. Es ist gerade zu notwendig, dass viele Menschen studieren, weil ein möglichst großes "Know how" die Basis unseres Wohlstandes ist.

Zum Schluss noch ein Wort zum Kindergartenargument. Ein Argument, was so einfach wie falsch ist. Die Kindergärten können nicht mit Studiengebühren finanziert werden.

(Wolfhard Ploog CDU: Das will doch gar keiner!)

Das ist ein völlig anderes Prinzip, denn Kindergartengebühren werden einkommensabhängig bezahlt, was bei den Studiengebühren nicht der Fall sein wird. Das nächste Problem ist, dass die Eltern natürlich beides zahlen, sowohl Studiengebühren, als auch Kindergartengebühren.

Aber das eigentliche Problem an der Geschichte ist – und das ist das Schöne an dieser Diskussion –, dass Sie nicht diskutieren wollen, endlich wegzukommen von dem Einverdienermodell im klassischen Familienbild, nämlich weg vom Ehegatten-Splitting, um damit die ganzen Bildungskosten im unteren Bereich, wie Kindergärten, Vorschule und ähnliche Dinge zu finanzieren. Was glauben Sie, wie viel Geld wir hier zur Verfügung hätten und wie gut das Deutschland anstehen würde.

(Beifall bei der GAL und der SPD – Wolfhard Ploog CDU: Das würden Sie ganz anders verbra- ten!)

Stattdessen versuchen Sie nur, die Eltern von Kleinkindern und die Studierenden gegeneinander auszuspielen. Sie treffen doch immer die gleichen, nämlich die Eltern oder die Menschen, die nicht über die nötigen finanziellen Ressourcen verfügen.

Wir stimmen daher dem Antrag der SPD in Ziffer 1 zu. Wir sind für ein gebührenfreies Studium bis zum Master. Bei Ziffer 2 enthalten wir uns, weil wir hier ganz eigene Vorstellungen haben, wie die Lebenshaltungskosten über ein BAFF-Modell finanziert werden sollen.

Aber ich sage Ihnen: Wenn Sie ernsthaft Studiengebühren einführen, dann muss man weiter am BAföG festhalten, um dann wenigstens eine Förderung für die Lebenshaltungskosten zu erhalten in der Hoffnung, dass es dadurch nicht zu den furchtbar negativen Konsequenzen kommt, die sich leider schon jetzt teilweise abzeichnen. – Danke.

(Beifall bei der GAL und der SPD – Wolfgang Beuß CDU: Tolle Debatte!)

Wenn keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, kommen wir zur Abstimmung.

Zunächst stelle ich fest, dass die Große Anfrage, Drucksache 18/2602, besprochen worden ist.

Nun zum SPD-Antrag aus der Drucksache 18/2472. Diesen möchte die GAL-Fraktion ziffernweise abstimmen lassen.

Wer möchte Ziffer 1 zustimmen? – Gegenprobe – Enthaltungen? – Das ist mit Mehrheit abgelehnt.

Wer möchte Ziffer 2 annehmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Auch Ziffer 2 ist mit Mehrheit abgelehnt.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 8, Drucksache 18/2422, Große Anfrage der GAL-Fraktion: Jugendarbeitslosigkeit und Jugendhilfe in Hamburg.

[Große Anfrage der Fraktion der GAL: Jugendarbeitslosigkeit und Jugendhilfe in Hamburg – Drucksache 18/2422 –]

Diese Drucksache möchte die SPD-Fraktion an den Wirtschaftsausschuss überweisen. Die GAL-Fraktion hat eine Überweisung mitberatend an den Schulausschuss beantragt.

Wer wünscht das Wort? – Frau Gudrun Köncke.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Die letzten Verlautbarungen zur Ausbildungssituation in Hamburg zeigen einmal wieder ganz eindrucksvoll, wie unterschiedlich Wirklichkeit eigentlich wahrgenommen werden kann.

Für Herrn Senator Uldall – das kennen wir schon – ist ohnehin immer alles ein großer Erfolg. Das zeichnet Herrn Senator Uldall aus. Herr Schmidt-Trens von der Handelskammer schwärmt – und das ist jetzt ein Zitat:

"von dem Ausbildungsparadies Hamburg."

Die Zahlen, die wir aus unserer Großen Anfrage erlesen haben, zeigen nun allerdings ein ganz anderes Bild.

Mit 44,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr sind ausgerechnet die Jugendlichen die am stärksten wachsende Gruppe unter den Arbeitslosen, im Übrigen auch im Vergleich zu anderen Bundesländern. Das ist nicht nur ein statistischer Effekt nach Hartz IV, wie einige interpretiert haben.

Diese Situation als Ausbildungsparadies zu bezeichnen ist nicht nur lediglich als Euphemismus zu bewerten, sondern schlichtweg eine Verkennung der Tatsachen und eine Provokation gegen die jungen Schulabgänger, die bis heute noch keinen Ausbildungsvertrag unterschrieben haben.

(Beifall bei der GAL)

Um gleich im Vorwege dem Zahlenspiel und unterschiedlichen Interpretationen der Statistik entgegenzuwirken, lassen Sie mich einige Eckpunkte der Anfrage kurz darstellen.

Wir haben in Hamburg 11 000 arbeitslose Jugendliche. Hinzuzurechnen sind mindestens 3500 Jugendliche in Arbeitsgelegenheiten und Trainingsmaßnahmen sowie circa 5000 Jugendliche in schulischen Maßnahmen ohne Anschlussperspektive. Wir sprechen in Hamburg von insgesamt gut 20 000 arbeitslosen Jugendlichen unter 25 Jahren. Viele Jugendliche werden auch 2005 ohne Lehrstelle bleiben.

Die von der Handelskammer herausgegebenen Erfolgszahlen können nicht darüber hinwegtäuschen, dass im aktuellen Ausbildungsjahr rund 1700 Ausbildungsstellen weniger angeboten werden, als vor vier Jahren.

Das Versprechen, jedem ausbildungswilligen und ausbildungsfähigen Jugendlichen ein Angebot zu machen und eine Ausbildung zu geben, wurde nicht eingelöst. Hiermit ist der Ausbildungskonsens zwischen dem Senat und der Wirtschaft gescheitert. Wir hoffen auf weitere Ausbildungsverträge im September und Oktober, aber auch die werden die Misere nicht beheben können.

Nun sitzt Herr von Frankenberg wahrscheinlich schon in seinem Startloch, denn er ist für diese Debatte angemeldet, und wird uns irgendetwas über den Bundeskanzler, die Bundesregierung und die konjunkturelle Lage erzählen.

(Dr. Andreas Mattner CDU: Warten Sie doch erst mal ab. Reden Sie doch mal über Ihre Pläne!)

Herr von Frankenberg, verschonen Sie uns mit dem Versuch, sich aus der eigenen Verantwortung zu stehlen. Dass die Konjunktur schwächelt, Herr von Frankenberg, ist eine Binsenweisheit und kein Erklärungsansatz für die konkreten Probleme in Hamburg.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Gehen wir einfach mal in die Hamburger Situation. Das konkrete Problem in Hamburg ist, dass die Quote der ausbildungsberechtigten Betriebe und die Quote der Betriebe, die tatsächlich ausbilden, die geringsten in der ganzen Bundesrepublik sind. Es sind gerade die kleinen Betriebe, die sich nicht dazu entscheiden können, auszubilden.