Protocol of the Session on August 24, 2005

gesehen davon ist es ungerecht, dass Studierende, deren Eltern das Geld nicht sofort zahlen können, ihr Berufsleben mit Schulden beginnen, die anderen aber nicht.

Trotz gegenteiliger Beteuerungen gibt es bis heute kein vernünftiges Modell einer Gegenfinanzierung, falls die Gebühren nach dem Studium nicht zurückgezahlt werden können.

Auch ein Studienfinanzierungsmodell, das zinsgünstige Darlehen anbietet, mit denen Studierende auch ihre Lebenshaltungskosten finanzieren können, ist nicht in Sicht. Daher unser Rat an Sie, meine Damen und Herren von der CDU, lassen Sie das deshalb lieber sein.

(Beifall bei der SPD)

Das allerwichtigste für mich ist, dass Studiengebühren außerdem familienfeindlich sind. Deutschland belegt mit Italien den letzten Platz der Geburtenrate in Europa. Kein Wunder, denn Familien werden in Deutschland mit erheblichen Kosten für Bildung und Erziehung belastet.

Frau Ernst hat schon darauf hingewiesen, dass die Vorschule in Hamburg kostenpflichtig ist, Schulbücher müssen anteilig finanziert werden und nun kommt auch noch das Bezahlstudium. Familien werden also zur Kasse gebeten, um ihren Kindern eine gute Bildung zu gewährleisten, aber viele werden sich das bald nicht mehr leisten können.

40 Prozent der Akademikerinnen und Akademiker wollen keine Kinder haben. Studiengebühren sind ein zusätzliches Hindernis und kein Anreiz, eine Familie zu gründen. Nehmen Sie sich ein Vorbild an Frankreich. Kostenlose Vorschule ab zwei Jahren, keine Schul- und Hochschulgebühren, aber dafür vordere Plätze bei PISA und Platz 1 bei der Geburtenrate in Europa.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Fazit: Die SPD möchte den neoliberalen Weg einer schleichenden Entstaatlichung von Bildung nicht beschreiten. Wir sagen ja zum gebührenfreien Erststudium, zu mehr Studienanfängerinnen und -anfängern und zum staatlich finanzierten BAföG, damit Bildung auch in Zukunft für jeden erschwinglich bleibt.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort bekommt Herr Beuß.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Brüning, ich verstehe Ihre Aufregung nicht. Wenn es Ihnen wirklich um dieses Thema ernst gewesen wäre, denn hätten Sie das nicht unter den Schulbuchgebühren vermarmelt. Das haben Sie nämlich hier getan.

(Beifall bei der CDU – Dr. Barbara Brüning SPD: Es geht um Schule und Bildung. Schule und Bil- dung ist eins!)

Neue Erkenntnisse zum Thema Studiengebühren habe ich von Ihnen jedenfalls heute nicht gehört und das ist ein Armutszeugnis.

(Dr. Barbara Brüning SPD: Für wen?)

Was Sie hier betreiben, liebe Frau Brüning, ist ein billiges Bundestagswahlkampfgeklingel, das Sie mit einer gewis

sen Spökenkiekerei anreichern, in dem Sie über reduzierte zukünftige Wissenschaftsetats reden.

(Dr. Barbara Brüning SPD: Das hat Herr Heinemann gesagt!)

Lassen Sie mich hier explizit nochmals ausführen: Herr Heinemann und ich haben miteinander gesprochen. Ich erkläre Ihnen hiermit, dass zwischen seine und meine Meinung nicht eine Ausgabe des Hamburger Abendblattes passt. Das sage ich hier ganz deutlich.

(Beifall bei der CDU – Gerhard Lein SPD: Sams- tagsausgabe!)

Ich hätte das natürlich an Ihrer Stelle auch versucht, aber ich erkläre hier und heute ganz ausdrücklich, dass wir am Montag in der Fraktion völlig unaufgeregt über dieses Thema gesprochen haben und die Fraktion stand hundertprozentig hinter dem, was Wolfgang Beuß hier vor Monaten ausgeführt hat. Es wird im Wissenschaftshaushalt keine Verrechnung mit Studiengebühren geben und dabei bleibe ich.

(Beifall bei der CDU)

Liebe Frau Brüning, wenn Sie hier netterweise erwähnen, dass das mit Ihnen nicht soweit kommen wird – ich glaube, Sie meinten hiermit die Studiengebühren –, dann kann ich einfach nur entgegnen: Wo haben Sie überhaupt noch eine Mehrheit? Nicht hier im Haus oder in Berlin.

(Dr. Barbara Brüning SPD: Da warten Sie mal ab!)

Also plustern Sie sich bitte nicht so auf.

(Beifall bei der CDU)

Ich will das hier jetzt nicht unnötig in die Länge ziehen. Exakt am 23. Februar 2005, das ist gerade ein halbes Jahr her, haben wir hier darüber gesprochen und ich beende meine Rede damit, was ich seinerzeit gesagt habe:

"Was sind die vorläufigen Eckpunkte für Studiengebühren? 500 Euro pro Semester und was mir ganz wichtig ist, ist eine Zweckbindung. Das Geld, das durch die Hochschulgebühren eingenommen wird, darf nicht in den allgemeinen Haushalt versickern, sondern muss ausschließlich den Hochschulen zur Verfügung gestellt werden. Hierbei möchte ich ein transparentes Verteilungsverfahren haben, an dem unter anderem auch die Studenten beteiligt sind. Wir wollen im Wissenschaftshaushalt keine Kompensationen durch Studiengebühren. Ich werde als Fachsprecher ein ganz erhebliches Augenmerk auf diese Problematik richten."

Dem habe ich heute nichts hinzuzufügen.

(Beifall bei Karen Koop CDU)

Ich sage nur: Ihr Antrag ist so billig, dass wir ihn nicht einmal in den Ausschuss überweisen, sondern wir lehnen ihn ab.

(Beifall bei der CDU – Dr. Barbara Brüning SPD: Herr Heinemann hat das aber anders gesagt!)

Das Wort bekommt Frau Dr. Opitz.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Herr Beuß, die

sen Antrag als billig zu bezeichnen, finde ich schon sehr gewagt.

(Viviane Spethmann CDU: Wo er Recht hat, hat er Recht!)

Ich möchte einmal darauf zurückkommen, was das gemeinsame Thema ist, nämlich Bildungskosten. Der große Zusammenhang ist interessanterweise, dass Herr Heinemann meint, in beiden Feldern brillieren zu können, worauf ich später noch näher eingehen werde.

Ich habe schon mit Bestürzung festgestellt, dass anscheinend Herr Beuß jetzt plötzlich die Auffassung von Herrn Heinemann vertritt.

(Karen Koop CDU: Wie bitte? – Dr. Andreas Mattner CDU: Machen Sie sich lieber mal Ge- danken über sich selbst!)

Wir lehnen Studiengebühren ab, denn sie sind sozial ungerecht. Liebe CDU-Fraktion, lieber Herr Beuß, ich möchte Ihnen hier gern in Ruhe meine Stichworte, die im Übrigen keine Spickzettel sind, mit einer gewissen Aufmerksamkeit vortragen können. Seien Sie doch nicht so nervös, warten Sie einfach einmal ab.

Frau Präsidentin, können Sie bitte die CDU-Fraktion irgendwie motivieren, weiter zuzuhören, wobei das eigentlich nicht so wichtig ist.

(Wolfgang Beuß CDU: Haben Sie eine vorgefertig- te Rede?)

Wir sind gegen Studiengebühren, denn sie sind sozial ungerecht. Sie werden dazu führen, dass Kinder aus einkommensschwachen Familien nach einem Studium mit einem großen Schuldenberg dastehen und Kinder aus einkommensstarken Familien dieses Problem nicht haben. Wir werden damit den jetzigen Trend, der in Deutschland so negativ ist, fortsetzen, dass nämlich Kinder aus einkommensschwachen Familien deutlich weniger studieren, als Kinder aus einkommensstarken Familien.

Das Problem ist, dass Sie uns bisher noch nicht einmal eine Idee mitteilen konnten, wie Sie denn Studiengebühren sozialverträglich ausgestalten wollen. Stipendien sind überhaupt nicht in Sicht und Ihre Kreditmodelle sehen wir auch nicht.

Außerdem werden Studiengebühren eine Generation belasten, die schon heute deutlich mehr benachteiligt ist als andere, weil sie nämlich die Daseinsvorsorge für sich selbst und auch für die ältere Generation tragen wird.

Dann wird gern Bildungsrendite ins Feld geführt. Es gibt jetzt neue Studien des Hochschulinformationsservices, die belegen, dass diese deutlich geringer ausfallen, als man bisher angenommen hat. Das heißt, ein Studium lohnt sich noch weniger, wenn es Studiengebühren gibt.

(Zuruf von Dr. Diethelm Stehr CDU)

Es ist daher nicht verwunderlich, dass allein die Ankündigung, Studiengebühren einzuführen, dazu führt, dass es einen richtigen Rückgang bei den Menschen gibt, die studieren wollen. Und, liebe CDU-Fraktion, das ist ein riesiges Problem, denn wir haben in Deutschland viel zu wenig und nicht zu viel Studierende.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Die aktuelle Diskussion bestätigt leider alle schlimmen Befürchtungen von den Studiengebührengegnern. Sie werden nämlich schon – und das macht auch Ihre Diskussion deutlich – als neuer Topf der Haushälter gesehen, wo beliebig eingezahlt werden und man Haushaltslöcher stopfen kann, um dann beispielsweise Kindergärten zu finanzieren.