Das Thema wird in vielen Bereichen sehr rational behandelt, indem man auf die Bevölkerungspolitik schaut, aber auch intensiv und emotional.
Allerdings wird das Thema meistens als Fokussierung auf die Kinder angesehen. Natürlich gehören die Kinder zur Familie, aber sie besteht nicht nur aus Kindern.
Man muss sich einmal diese emotionale Aufgeladenheit ansehen. Wir haben dies beispielsweise am Wochenende erlebt, als 8000 Menschen zum Wohle der Kinder durch die HafenCity gelaufen sind. Natürlich wurde dafür Geld bezahlt, das den Kindern zugute kommt, aber man muss sich fragen, ob sie alle vom Wohl der Kinder bewegt waren, das wage ich zu bezweifeln. Denn die aktive Beschäftigung mit Kindern geht zurück, während die passive Betroffenheit, wenn man über Kinder spricht, zugenommen hat.
Manchmal kann man sich dieses Eindrucks nicht erwehren, der an die Worte eines Satirikers erinnert. Er hat einmal klar und deutlich gesagt, dass 75 Prozent der Deutschen Kinder lieben würden und der Rest sie habe. In Hamburg gibt noch nicht einmal diese 25 Prozent, sondern noch weniger.
Familie ist ein bisschen mehr. Familie ist, nicht nur Kinder, sondern auch Eltern zu haben. Sie ist als sozialer Lernort unbedingt notwendig, denn dort werden die sozialen Ressourcen eingeübt, deren Schwinden wir schmerzlich bemerken. Das, was wir allgemein als soziale Kälte oder Abständigkeit in der Gesellschaft empfinden, liegt daran, dass wir in der Familie nicht mehr Rücksichtnahme, Freundlichkeit, Empathie, Einfühlungsvermögen und Höflichkeit einüben. Als Lehrerin kann ich das zwar auch vermitteln, aber es bleibt letztendlich immer ein gewisse Membran vorhanden, bei einigen Schülern dies auf eine bestimmte Weise zu vermitteln, aber es bedeutet nicht, dass man dies als Selbstverständlichkeit einübt.
Was Familie wirklich bedeutet, kann man im Vorfeld schlecht theoretisch vermitteln. Man kann es eigentlich nur merken, wenn man eine Familie hat. Dann weiß man um die Nöte, die Ängste und auch um die Auseinandersetzungen, Zuwendungen und um den Schonraum. Solange man keine Kinder und keine Familie hat, verbindet man damit auch irgendwo einen großen Anteil von Illusionen. Das gilt auch für die Partnerschaften. Man denkt, das sei die Quelle allen Glücks und erwartet Zufriedenheit. Plötzlich überfällt einen die Erkenntnis, dass Familie zunächst einmal in erster Linie etwas kostet. Sie kostet Geld, Zeit und auch persönliche Einbußen. Das Eklatanteste, was man als junge Eltern erfährt – das werden die jungen Eltern hier wissen –, dass Familie zunächst einmal Schlaf kostet. Schlaf kostet es für die nächsten 18 Jahre, und zwar zunächst, weil die Kinder in der Nacht nicht schlafen können, und später, weil man selbst nicht schlafen kann, wenn man nicht weiß, wo sie sind.
Diese Einbußen, die durch die Familie entstehen, wurden nie besonders herausgestellt, weil es alle traf und im Wesentlichen keine freie Entscheidung war. Man wusste,
dass im Laufe seiner normalen geschlechtlichen Begegnungen irgendwann Kinder kommen würden, lebt mit ihnen und dann geht es weiter. Heute ist das in vielen Fällen aber eine bewusste Entscheidung, die immer mehr – trotz der Mahnung unserer Bevölkerungspolitiker – gegen Kinder ausfällt. Die Mahnungen sind vielfältig. Dass man seine Kinder für die Sicherung seiner Rente oder zur sozialen Versorgung bekommt, ist natürlich nicht der Fall.
Dieser Alarm, den die Demographen nicht erst seit den letzten drei Jahren geschlagen haben, sondern der eigentlich schon seit 30 Jahren im Raume steht, ist natürlich zu Anfang – in den Siebzigerjahren – nicht gerade auf fruchtbaren Boden gefallen, da man gerade die Familie als Auslaufmodell postuliert hatte, weil man in der Familie die Quelle der Gewalt oder die Wurzel des Patriarchats sah. Im Grunde genommen lastete man der Familie alle persönlichen Übel an, die man sich denken konnte.
So hatte man sich darauf geeinigt, möglichst frühzeitig Fehlentwicklungen in der Familie durch staatliche oder durch außerfamiliäre Erziehung auszugleichen. Dieses Misstrauen in die Eigenverantwortung der Eltern ist noch nicht aus allen Köpfen heraus. Ich weiß nicht, ob hier die Erziehung im Laufe der Zeit dazu geführt hat oder ob es eine allgemeine gesellschaftliche Entwicklung ist. Die CDU war immer eine Familienpartei. Wir haben die Familie immer hoch gehalten und waren zwar nicht immer auf dem Höhepunkt der augenblicklichen gesellschaftlichen Entwicklung, aber wir haben in den letzten Jahren eine große Entwicklung durchgemacht. Dass uns die Familie immer wichtig war, haben wir auch gezeigt und haben uns auch den Ängsten der Menschen gestellt.
Eine der letzten Untersuchungen hat ergeben, dass es nicht die finanzielle Belastung oder die Betreuungsnöte für Kinder sind, die die Menschen daran hindern, Kinder in die Welt zu setzen, sondern es sind schlicht die Überforderungsängste, ob die Kindererziehung allein oder mit Partner geleistet werden kann und ob überhaupt ein Partner gefunden wird. Wenn unsere Eltern nach dem Krieg so gedacht hätten, dann würde es viele von uns nicht geben. Aber es ist nun einmal so, wenn ich eine freie Entscheidung treffen kann, dann kann ich mich eben gegen etwas entscheiden.
Ja, ich bin leider auch nur – wenn Sie so wollen – zu einem Kind in der Lage gewesen; das ist natürlich nicht besonders produktiv. Ich gebe es zu. Aber mein Bruder hat vier Kinder. Wenn man diese Zahl teilt, dann bewegen wir uns im Mittel.
Wir wissen aus den Untersuchungen, dass der Kinderwunsch ungebremst vorhanden ist. Aber wie weit er tatsächlich ernsthaft
Ich komme dazu, Herr Klooß; seien Sie doch nicht so ungeduldig. Haben Sie noch einen Termin oder was?
Wenn Sie sich die Fragen in unserer Großen Anfrage anschauen, dann werden Sie sehen, dass uns gerade der erste Teil – die Stärkung der Erziehungsfähigkeit – sehr am Herzen liegt und dass es hier eine Fülle an Angeboten gibt. Exemplarisch möchte ich – ich will nicht alle aufzählen, denn Sie können alle selbst lesen – das Projekt "Welcome" hervorheben, das den Eltern und allein stehenden Frauen in den ersten Monaten wirklich die Sorge abnimmt, dass sie mit ihren Nöten allein bleiben. Dieses Angebot und alles daran Anschließende haben wir natürlich nicht erfunden, aber wir haben es schwerpunktmäßig weiterentwickelt. Das ist etwas, was sich sehen lassen kann. Darüber hinaus gibt es einen Leitfaden, an dem sich Eltern orientieren können, wenn sie sich in Erziehungsnöten befinden.
Das allein genügt natürlich nicht. Man muss sehen – da kommt bei mir auch wieder die Lehrerin durch –, dass man die Vorbereitungen der jungen Menschen auf die elterliche Verantwortung auch in anderen Bereichen unterstützt. Das ist in den Lehrplänen vorhanden. Man muss es nur umsetzen. Ich bemängele, dass das nicht ernsthaft genug betrieben wird. Hier müssen wir nachfassen. Man muss Familie lernen, das fällt nicht vom Himmel. Die Vorbereitung auf die Elternschaft ist etwas, was ganz speziell auf die Jungen in unserer Gesellschaft zugeschnitten sein muss. Wir haben das in einem Modellprojekt "Erweiterte Lebenshilfe für Jungen" aufgelegt. Wir kümmern uns auch um minderjährige Eltern.
Das allein reicht natürlich nicht, sondern man muss die familiären Verpflichtungen auch mit seiner Arbeit in Einklang bringen. Der Satz "Vereinbarkeit von Familie und Beruf" ist ein wenig abgeglitten, denn man verbindet damit hauptsächlich nur Frauen. Wenn man das neue Wort "Worklifebalance" sagt, dann hat man auf einmal auch die Männer mit im Boot. Wenn Ihre Familienministerin in Berlin, auf die ich, als sie ihr Amt antrat, große Hoffnung gesetzt habe und die dann aber mundtot gemacht wurde, ein bisschen eher zum Zuge gekommen wäre, …
Wir haben im Grunde genommen das, was Sie jetzt erst mit ihren lokalen Bündnissen für Familien angeleiert hat, schon längst viel früher in der Hamburger Allianz für Familien durchgesetzt.
Was wir in Zusammenarbeit mit der Handelskammer verwirklichen – nämlich einen umfangreichen und ständigen Dialog mit der Wirtschaft –, kann sich wirklich sehen lassen. Daneben gehen wir auch in die Kindertagesbetreuung hinein. Wir haben dort die Voraussetzungen geschaffen, dass berufstätige Eltern ihre Kinder untergebracht bekommen. Darüber haben wir lange und breit diskutiert; das brauchen wir jetzt nicht zu wiederholen.
Das Wichtigste, das für uns in der nächsten Zeit ansteht, sind familiengerechte Arbeitszeiten, das heißt Arbeitszeiten, die sich nicht danach ausrichten, was der Betrieb braucht, sondern sich an der Zufriedenheit der Eltern ausrichten.
Im August wird ein Familienkongress durchgeführt. Wir haben es nicht nur bei Diskussionen belassen, sondern es gibt Handreichungen dazu, die sich sehr wohl an die unterschiedlichsten Betriebe richten.
Sie können doch nachlesen, was wir alles gemacht haben. Wenn wir im Dialog mit den einzelnen Betrieben versuchen, die Familienfreundlichkeit durchzusetzen, ist das kein Gelaber.
Darüber hinaus haben wir uns dem großen Bereich der Väter gewidmet, und zwar nicht nur den vorhandenen Vätern, sondern wir wollen auch den Mut zur Vaterschaft fördern. Es darf in keiner familienpolitischen Debatte die Bemerkung fehlen, dass 42 Prozent der Akademikerinnen keine Kinder bekommen. Aber 60 Prozent der Männer der gleichen Altersstufe wollen gar keine Kinder aufgrund der Entwicklung, die sich in Partnerschaftsproblemen, Unterhaltszahlung und dergleichen ergeben hat.
Wir wollen den Männern Mut zur Vaterschaft machen. Dazu gehört natürlich auch deutlich zu machen, dass Vaterschaft ein Bereich ist, der als Ergänzung zur Berufstätigkeit später wieder etwas zurückgibt.
Frau Koop, ich hatte ja eben schon einmal zaghaft versucht, Ihnen zu etwas mehr Ruhe für Ihre Rede zu verhelfen. Ich weiß, dass es eine Debatte ist, bei der alle Spezialisten sind. Aber zurzeit hat Frau Koop das Wort.
Es ist ja so, dass sich alle betroffen fühlen, weil wir alle Familie haben, entweder passiv nach oben, zu den Eltern, oder aktiv nach unten zu den Kindern.
Die Belastung, die auf die Familien zugekommen ist, haben wir heute ja schon angesprochen. Wir haben aber eine klare Aussage gemacht: bis hierhin und nicht weiter. Die Absprache mit den anderen Behörden – Sie können das unter Punkt 19 genau nachlesen – klappt. Es wird in Zukunft abgeklärt, welche Belastung auf die Familien noch zukommt. Ich denke, dass wir da auf einem guten Weg sind. Was wir sonst noch haben, können Sie nachlesen. Ich weiß, dass Sie sich jetzt natürlich hier hinstellen werden und versuchen werden, das zu zerpflücken, aber das wird uns in unserem Weg nicht beirren.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Koop, Sie haben ja Recht: Für Polemik eignet sich das Thema Familie nicht. Zum Schönreden allerdings auch nicht und auch nicht für Etikettenschwindel.
Man weiß ja, wie das geht, wenn aus der Regierungsfraktion Große Anfragen an den Senat gestellt werden. Da schreibt die Fachfrau erst einmal auf, was eigentlich wichtig und richtig wäre. Dann wird das diskutiert und dann werden Bedenken angemeldet. Insofern ist bei Ihren Großen Anfragen natürlich immer die spannendste Frage, was denn eigentlich fehlt. Dieses Mal haben Sie es uns leicht gemacht. Sie haben nämlich in der Vorbemerkung noch stehen gelassen und eben auch wieder ausgeführt, worum es ursprünglich einmal gehen sollte. Dort, in der Vorbemerkung, schreiben Sie zu Recht, dass die Zahl der in Deutschland geborenen Kinder seit Jahren sinkt und dass insbesondere Akademikerinnen mittlerweile zu 40 Prozent ohne Kinder bleiben. In meiner Generation werden es voraussichtlich noch mehr sein.