Protocol of the Session on March 9, 2005

Wir haben 20 Prozent an hamburg.de und keine vertraglichen Zusicherungen darüber, was mit dem Gewinn geschieht. Das ist mehr als traurig. Da kann man nur sagen: Schlecht verhandelt.

(Beifall bei der GAL)

Nun kommen wir zu der tollen direkten Bürgerbeteiligung, die mein Kollege von der CDU vorgestellt hat. Es gab mehrere Studien, die gesagt haben, dass das genau die Schwäche des Hamburg-Portals ist. Die FrauenhoferStudie hat leider festgestellt, dass wir weit hinter den bundesdeutschen Großstädten liegen. Es ist ein bisschen obskur, hier davon zu sprechen, wir wären die Nummer eins. Das ist eine Schwäche, das sind wir laut Frauenhofer-Studie nicht. Sie wird auch in der Antwort des Senats zugegeben.

Wir erinnern uns noch an die Foren "Wachsende Stadt"; sie wurden eben erwähnt. Was kann man auf hamburg.de sehen? – Die Ideen, die gewonnen haben. Aber das, was an kritischen Bemerkungen gekommen ist, was nicht umgesetzt wurde, ist für den Bürger heute überhaupt nicht mehr nachvollziehbar. Das ist einfach verschwunden. Das ist keine Bürgerbeteiligung, die Transparenz und Nachvollziehbarkeit sichert, wenn Menschen ein interessantes Portal sehen wollen, das ist nur Lobhudelei.

(Beifall bei Gesine Dräger und Uwe Grund, beide SPD)

Das Gleiche ist bei der Bezirksverwaltungsreform passiert. Auch da wurden aus der Bevölkerung sehr viele E-Mail-Antworten erwartet. Irgendwann erhielten wir dann die Presseerklärung von Senator Peiner, in der wolkig beschrieben wurde, was die Antworten gewesen seien. Im Internet steht keine Zusammenfassung. Der einzige Hinweis war: Man arbeitet noch an der Auswertung. Aber eine Transparenz, welche Vorschläge gemacht wurden – die liegt ja vor, sonst brauchte man keine Presseerklärung dazu zu machen –, die ist nicht gegeben.

Es ist für die Bürger enttäuschend und kontraproduktiv, wenn sie für die Politik ihren Input geben, hinterher nichts passiert und sie es auch nicht mehr nachvollziehen können. Da muss ich den Kollegen von der SPD absolut Recht geben.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Sie schreiben, dass Sie inzwischen selber nicht mehr an Ihr tolles hamburg.de glauben. Ich lese es vor:

"Über die oben bereits genannten Maßnahmen hinaus wird zurzeit eine grundlegende Neustrukturierung und grafische Überarbeitung sowohl der Behördenauftritte als auch der von der Betreibergesellschaft verantwortete Seiten auf www.hamburg.de vorbereitet."

Damit gestehen Sie ein, dass dieser Auftritt momentan so nicht mehr funktioniert, ein Misserfolg ist und Sie hier einen Komplettrelaunch machen. Sie verkaufen uns das als den großen Erfolg von hamburg.de und schreiben in Ihrer eigenen Antwort das Gegenteil. Lesen Sie also bitte die Antworten Ihres Senats und sagen Sie hier nichts, was nichts mit der Realität zu tun hat.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Letztendlich bleibt festzuhalten, dass Hamburg Marketing mit einem Mehrmillionenetat teure und nutzlose Umfragen macht. Hamburg.de, eine sehr günstige effektive Werbung für diese Stadt, blutet aus, die Bürger laufen

davon. Für mich ist das wieder einmal ein Beweis dafür, dass Marketing und Medien bei der Union kein Sachverstand zu erwarten ist. Wir haben morgen einen merkwürdigen Marketinggipfel-Antrag auf der Tagesordnung. Vor diesem Hintergrund kann ich nur sagen: peinlich, peinlich.

Wir werden Sie als Opposition nicht alleine lassen. Dazu ist hamburg.de zu wertvoll, unsere Kontrollfunktion ist hier ganz sicher gefragt.

(Beifall bei der GAL und der SPD – Volker Okun CDU: Wir sind dankbar, dass wir Sie haben!)

Das Wort erhält die Abgeordnete Dräger.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Erkläre es Ihnen noch einmal!)

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Man kann wirklich nicht alles unwidersprochen lassen, was Sie gesagt haben. Ich muss, glaube ich, und da hat die CDU offenbar einen gewissen Bedarf, eine Aufklärung über das Thema Visitenkarten und Homepages betreiben. Worum geht es dabei eigentlich?

Sie haben völlig Recht, man kann sich überall für wenig Geld 15, 50 Megabyte Speicherplatz holen. Man ist aber in keiner Weise über die Seite hamburg.de dann noch erreichbar. Das heißt, wenn ich ein kleiner Sportverein bin oder eine Initiativgruppe zum Thema Selbsthilfe bei Krankheiten oder ein Verein aus Hamburg, der gern unter dem Dach von hamburg.de erreichbar sein möchte, dann hilft es mir überhaupt rein gar nichts, wenn ich in den Weiten des Internets irgendwo meinen kleinen Bereich habe. Ich muss, um von der Suchmaschine von hamburg.de gefunden zu werden – das ist nämlich eine speziell auf die Domain begrenzte Suchmaschine –, dort auch meinen Auftritt haben. Also nützt mir der Webspace am anderen Ende der Welt nichts, wenn ich dafür extra bezahlen muss, um bei hamburg.de auffindbar zu sein.

(Beifall bei der SPD und der GAL – Michael Neumann SPD: Hört, hört!)

Es gibt viele kleine Vereine, die nicht mit Internetfreaks gesegnet sind, die eine vereinseigene Webside vielleicht gar nicht durchgängig betreuen und erstellen können. Die hatten bislang die Möglichkeit, das unter hamburg.de zu machen. Diese Möglichkeit gibt es jetzt nicht mehr. Ich habe den Verdacht, dass auch den Machern von hamburg.de gerade klar wird, dass sie sich einen absoluten Fehlgriff geleistet haben. Die Visitenkarten sollten ab dem 1. November – das ist jetzt ein knappes halbes Jahr her – kostenpflichtig sein. Seitdem sollten die Seiten immer gelöscht werden. Ich bin heilfroh um jeden Tag, an dem die Seiten noch drin sind, da können Sie sicher sein. Aber offenbar merken auch die Macher, dass es auf den Inhalt eines Internetportals ankommt und dass man ein Angebot, das beispielsweise von Initiativen erstellt wird, nicht einfach gnadenlos löschen kann, weil man meint, man könnte damit Geld verdienen. Das zur Klärung.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Diesen eher humoristischen Beitrag zur Frage, ob die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt über die SPDFraktion ausführliche Informationen über die Landeskriminalämter finden können, wollen wir weglassen, denn

ich glaube, wer sich dafür interessiert, wer in Hamburg zum Beispiel für Wirtschaftskriminalität zuständig ist,

(Michael Neumann SPD: Die Bekämpfung!)

Die Bekämpfung vor allen Dingen.

sollte eigentlich bei hamburg.de gut aufgehoben sein. Dort findet er aber nichts, weil die Links inzwischen abgeschaltet sind, nachdem wir unsere Anfrage gestellt haben, weil sie gemerkt haben, dass da so viel kaputte, gebrochene Links vorhanden sind, dass das ganze Angebot drohte, nur noch zu einer Müllhalde von nicht mehr existierenden Webseiten zu werden. Das war wirklich absurd.

Forum Wachsende Stadt. Herr Müller hat es schon beschrieben. Es ist zweieinhalb Jahre her, dass die Diskussion dort stattgefunden hat. Es fehlt in dieser Stadt nicht an dem technischen Sachverstand, so ein Forum zu organisieren. Die TU Hamburg-Harburg ist ausdrücklich zu loben. Demos hat ein tolles System vorgestellt. Warum nutzen Sie es eigentlich noch nicht wieder? Warum steht das zweieinhalb Jahre zur Verfügung und Sie nutzen es nicht? Und dann die kritischen Anmerkungen. Sie haben die Wettbewerbsgewinner wunderbar unter www.wachsende-stadt.de präsentiert. Dort gibt es keinen Link zu dem Diskussionsforum. Man kann jetzt in der Antwort lesen, dass das noch unter www.demos. tutech.de zu finden ist.

(Wolfgang Beuß CDU: Können Sie mir das mal er- klären? Ich verstehe Sie nicht!)

Ja, das kann ich mir vorstellen, dass Sie es nicht verstehen.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das heißt, wenn man auf die Idee kommt, man möchte zu dem Prozess in dieser Stadt kritische Anmerkungen finden, dann muss man sich eine andere Suchmaschine – zum Beispiel Google oder Yahoo – nehmen, dort wissen, von wem dieses System damals geschrieben worden ist und wie die Stichworte sind. Dann kommt man, wenn man Glück hat, zu den kritischen Anmerkungen zum Thema "Wachsende Stadt". Auf hamburg.de, auf wachsende-stadt.de: Fehlanzeige. Genau so versteht der hamburgische Senat Bürgerbeteiligung. Man pickt sich die Rosinen heraus und lässt die Kritik möglichst weit, weit weg von sich, irgendwo, wo keiner per Zufall hinkommen kann, sondern wo man schon ganz genau wissen muss, wo man sucht.

Ich möchte abschließend noch eine Sache ansprechen. Wir reden morgen über ein Landesbehindertengleichstellungsgesetz. Das steht auf der Tagesordnung. Wir reden darüber, wie wichtig es ist, dass die Stadt barrierefrei ist. Das sollte auch für hamburg.de gelten.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Der Senat zieht sich auf die formale Argumentation zurück, Bundesrichtlinien seien nicht anwendbar, etwas Analoges gäbe es in Hamburg noch nicht und deswegen sei es ihm eigentlich vollkommen egal, ob hamburg.de behindertenfreundlich, barrierefrei ist oder nicht. Das ist ein Skandal.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Es gibt eine wunderhübsche Webanwendung, auf der man sich die Hamburger Theater und Museen angucken

kann. Für jemanden, der vielleicht mit dem Sehen, mit der Koordination oder womit auch immer Probleme hat, ist dieses Angebot vollkommen unzugänglich. Ich verstehe nicht, warum es bei den Sozialpolitikern oder bei den Menschen in der CDU, die sich mit den Problemen von Menschen mit Behinderungen auseinander setzen, keinen Protest gibt, sondern warum sie so tun, als ob es alles irgendwie in Ordnung sei und als ob man das gar nicht besser machen könnte.

Herr Voet van Vormizeele, Suchmaschinen mögen ja kompliziert sein. Sie haben vorhin gesagt, es sei sehr schwierig, das aktuell zu halten. Andere Städte schaffen das, professionelle Systeme schaffen das. Wenn hamburg.de das nicht schafft, ist es ein Armutszeugnis für die Stadt und nicht irgendetwas, was unvermeidbar wäre.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Meine Damen und Herren, ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Dann kommen wir jetzt völlig untechnisch zur Abstimmung.

Wer stimmt einer Überweisung der Drucksache 18/1690 an den Haushaltsausschuss zu? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Das ist einstimmig so beschlossen.

Ich wünsche Ihnen einen guten Heimweg. Die Sitzung ist geschlossen.