Protocol of the Session on March 9, 2005

(Beifall bei der CDU)

Das Wort erhält der Abgeordnete Dees.

Herr Harlinghausen, Frau Ahrons, über diese Beiträge sind wir, glaube ich, wirklich dankbar, weil sie eines ganz deutlich machen, nämlich dass Sie vor dem Hintergrund der EU-Dienstleistungsrichtlinie ordnungspolitisch völlig ratlos sind. Sie wollen den freien Wettbewerb, den wir auch wollen, und gleichzeitig fangen Sie an – und das ist doch Klientelpolitik –, Handwerksordnung, freie Berufe, jetzt sprechen Sie vom Gebäudereinigerhandwerk, auszuklammern. Das passt doch überhaupt nicht zusammen. Das ist eine ordnungspolitische Klientelpolitik, aber nicht wettbewerbsorientierte Klientelpolitik. Das ist wirklich keine stringente Logik.

(Beifall bei der SPD)

Nun könnte ich als Sozialdemokrat sagen, das ist halt Ihr Problem. Aber – und das ist mein zweiter Punkt, Herr Harlinghausen hat es gesagt – Sie sagen, Sie unterstützen das Herkunftslandprinzip. In Wahrheit führen Sie Ihre Schäfchen ins Trockene für die Klientel, denen Sie sich besonders zugetan fühlen. Sie sind nicht auf mein aus dem Leben gegriffenen Beispiel eingegangen. Sie diskutieren ein abstraktes Prinzip, das Herkunftslandprinzip, ohne dass uns allen überhaupt klar ist, zu welcher dramatischen Umwälzung dies in den verschiedensten Sektoren und Branchen unserer Volkswirtschaft führt, und zwar auf solche, die wir unter Umständen nicht wollen, weil es Standards senken kann.

Das Grundproblem, das wir mit diesem Herkunftslandprinzip haben, ist, dass die EU-Kommission nicht Stan

dards diskutiert, sondern sie führt ein abstraktes Prinzip ein, das politisch nicht durchschaubar ist, das in der Vorbereitung zu dieser Debatte, obwohl das ganze Thema schon über ein Jahr virulent ist, fast nicht greifbar ist, weil es in so viele kleinteilige Regelungsbereiche unserer Gesellschaft hineingeht, die zum Teil überflüssig sind – und da sind wir bei Ihnen –, aber sehr oft auch wichtig sind.

(Vizepräsidentin Dr. Verena Lappe übernimmt den Vorsitz.)

Wenn Sie das mit einem abstrakten Prinzip machen, etwas zu überrollen, wo wir am Ende nicht wissen, worauf wir uns einlassen, dann gehen Sie die Gefahr ein, dass wir Standards senken und hinterher einen Unterbietungswettbewerb haben. Ich habe Ihnen deshalb ein Beispiel genannt, das wirklich aus dem praktischen Wirtschaftsleben gegriffen ist. Logistik ist das Kompetenzcluster dieses Senates. Das ist ein Feld mit vielen tausenden und zehntausenden von Arbeitsplätzen, das möglicherweise hier in Hamburg sogar noch wachsen wird. Wenn bereits in einem Kompetenzfeld des Senates, in einem starken Wirtschaftssektor dieser Stadt, ein einfaches Beispiel herausgegriffen werden kann, wie es offensichtlich zu Wettbewerbsverzerrungen mit diesem Prinzip kommt, dann ist an diesem Prinzip etwas falsch und das ist etwas, was wir diskutieren müssen.

(Beifall bei Ingo Egloff und bei Doris Mandel, beide SPD – Barbara Ahrons CDU: Aber Ihr Beispiel hinkt ja!)

Der Bruch in Ihrer Logik offenbart sich, weil Sie die Folgen dieses Herkunftslandprinzips überhaupt nicht verarbeitet bekommen, wenn Sie sagen, am Ende – und da wären wir ja bei Ihnen, wenn wir bis dahin überhaupt gefolgt wären – muss die Kontrolle vor Ort erfolgen. Aber können Sie sich das vorstellen, wie von so vielen Mitgliedsländern der EU, die wir haben, Gesetze, Vorschriften, Richtlinien, die sogar innerhalb Deutschlands zwischen zwei Bundesländern – und das Beispiel, das ich Ihnen genannt habe, ist ganz real – zu unterschiedlichen technischen Auslegungen über Gefahrsituationen in einem bestimmten Wirtschaftszweig führen, wie das besser und beherrschbar sein soll, wenn wir dann 25 mitgliedstaatliche Regelungen und Gesetze von einem deutschen Sachbearbeiter zu prüfen haben, der dafür am Ende auch noch geradestehen muss, dass er das richtig ausgelegt hat. Das ist doch ein unglaubliches Aufblähen von Bürokratie. Das ist gerade das, was wir eigentlich nicht wollen und wo Sie auf bundespolitischer Ebene immer sagen, dass Sie das nicht wollen und jetzt schlichtweg wegtauchen, indem Sie das kleinreden. Sie kommen um die Fragen nicht herum, Herkunftslandprinzip ja oder nein. Wenn Sie das befürworten, aber nicht die ganzen Folgen aufzeigen, dann ist das eine Politik von "Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass", weil Ihnen Wettbewerb in den Regionen, wo Ihre Klientel nicht betroffen ist, nichts ausmacht. Aber in Wahrheit wissen Sie nicht, wie diese Umwälzungen zu beherrschen sind und das kann dramatische Folgen haben. Wir können dem erst zustimmen, wenn wir wissen, worauf wir uns einlassen, dass es keine Dumpinglöhne gibt, dass es keinen Unterbietungswettbewerb in sozialen und ökologischen Standards gibt. Das ist das Mindeste, das wir in einer Diskussion vorher sichergestellt haben müssen.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat jetzt Herr Sarrazin.

(Zuruf von der CDU)

Keine Angst, es wird nicht wieder so lang, aber anscheinend ist es in CDU-Reden notwendig, dass man ein Loblied auf den Senat mitbringt. Deswegen möchte ich nur an einer Stelle einhaken.

Frau Ahrons, Sie haben gesagt, der Senat würde sich differenziert für die Chancen Hamburgs einsetzen, das würde man wirklich verfolgen. Ich habe dem Senat eine Vorlage in meiner Großen Anfrage gegeben, und zwar habe ich die Frage gestellt, ob aus Sicht des Senats durch die Einführung des Herkunftslandprinzips für Hamburg insgesamt eher die Chancen oder Risiken überwiegen. Die Antwort darauf ist für die Senatspolitik in Europa mal wieder bezeichnend:

"Das Verfahren zum Erlass einer Richtlinie ist noch nicht abgeschlossen. Der Senat hat deshalb noch keine abschließende Entscheidung getroffen."

Das zeigt, wie planlos Hamburg da mal wieder agiert. – Danke.

(Beifall bei der GAL – Rolf Harlinghausen CDU: Sie haben doch selbst gesagt, dass die Sache im Schwange ist!)

Jetzt liegen mir keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir kommen zur Abstimmung.

Wer stimmt einer Überweisung der Drucksachen 18/1836 und 18/1911 an den Europaausschuss zu? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Damit ist die Überweisung einstimmig erfolgt.

Ich rufe Punkt 45 auf, Drucksache 18/1846: Antrag der CDU-Fraktion: 10oKUNST: Den Weg über die Kunstmeile in die HafenCity erlebbar machen.

[Antrag der Fraktion der CDU: 10oKUNST: Den Weg über die Kunstmeile in die HafenCity erlebbar machen – Drucksache 18/1846 –]

Diese Drucksache möchte die SPD-Fraktion an den Kulturausschuss überweisen. Wer wünscht das Wort? – Frau Martens, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Am 11. November letzten Jahres haben wir hier den CDU-Antrag zu der Drucksache 18/1102: 10oKUNST: Die Vernetzung der Kultur in der HafenCity und beim "Sprung über die Elbe" diskutiert und einstimmig beschlossen.

In Ihren Ausführungen dazu, Herr Dr. Maier, äußerten Sie starke Zweifel darüber, dass die Kulturvernetzung über die Initiative 10oKUNST überhaupt prominent in der Stadt diskutiert werden würde. Heute nun diskutieren wir wieder einen CDU-Antrag in dieser Richtung im Rahmen von 10oKUNST. Wir füllen – entgegen Ihrer Prognose – 10oKUNST mit Leben.

(Beifall bei der CDU)

Lassen Sie mich eines gleich vorweg sagen. Natürlich liegt die Kunstmeile nicht genau auf dem zehnten Län

gengrad, aber direkt daran, das heißt, weniger als eine Bogenminute östlich. Ich denke, da wollen wir hier alle nicht kleinlich sein. Die Initiative 10oKUNST beschäftigt sich schließlich mit der Kunst entlang des zehnten Längengrades und versteht sich als brückenbildendes Kulturnetzwerk.

Vorwiegend befördern wir die Durchführung eines Künstlerwettbewerbs, der den Weg über die Kunstmeile in die HafenCity erlebbar machen wird. Der jetzige Zustand, meine Damen und Herren, der Wahrnehmung der Kunstmeile ist total unbefriedigend. Weder Hamburger noch Touristen vermögen zu erkennen, dass hier wirklich kulturell Wertvolles hinter den Kulissen der Gebäude zusammengehört. Viele benutzen den Begriff Kunstmeile, doch jeder nimmt ihn nur mal singulär und ohne Kontext wahr.

Ich erinnere hier aber an die sehr gute Idee des Tages der Kunstmeile, zuletzt in 2004 mit 26 aktuellen Ausstellungen und über 100 Veranstaltungen in neun Kunstmuseen und Ausstellungshäusern. Hier stellte sich ein spannender Ort der Stadt vor, wo sich die Kunst ballt. Besonders hervorzuheben ist vom Tag der Kunstmeile in 2004 die Enthüllung der Skulpturen "Mann und Frau" von Stephan Balkenhol vor dem Hühnerposten. Damit hat die museale Strecke zwischen Alster und Deichtorplatz ein weithin sichtbares Symbol erhalten.

(Wilfried Buss SPD: Wenn Sie dafür die Bücher- hallen wegmachen!)

Entlang der Kunstmeile steht darüber hinaus heute schon eine Vielzahl von Kunstwerken. Diese Kunstwerke, teils außen platzierte Skulpturen der Museen, teils für spezifische Orte realisierte Kunstwerke im Rahmen des Programms Kunst im öffentlichen Raum, eignen sich bereits jetzt zur Betonung der Kunstmeile. Leider sind diese Werke aber ohne Hinweistafeln nicht ohne weiteres immer als solche erkennbar. Doch das, meine Damen und Herren, diskutieren wir erst morgen.

Von Max Bill bis Rémy Zaugg reichen die künstlerischen Positionen, die unterschiedliche Traditionen der Moderne spiegeln. Dieses gilt es mehr in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken und auch sie verstärkt für die Betonung der Kunstmeile zu nutzen.

(Beifall bei der CDU)

Doch leider genügen weder dieses einmalige, wenn auch wiederkehrende Herbstereignis des Tages der Kunstmeile, noch die Kunstwerke im öffentlichen Raum. Der Begriff Kunstmeile ist dadurch weder städtebaulich, noch künstlerisch als Promenade der Kunst erkennbar. Die sichtbare und damit wahrnehmbare Verbindung der Einrichtung und der Freiräume ist Ziel dieses Wettbewerbes. Entsprechend der hohen Qualität der Kunst in den Einrichtungen ist entlang des Wallrings bis in die HafenCity ein Wettbewerb erforderlich. Nur so ist sichergestellt, dass die Qualität der Ergebnisse mit den Kunstinhalten korrespondiert. Aufgabe dieses Wettbewerbs wird es auch sein, die Verbindung zwischen City und HafenCity, das heißt von der Galerie der Gegenwart zu den Deichtorhallen und zukünftig weiterhin bis in die HafenCity, zum Beispiel zum Kaispeicher B mit dem neu entstehenden internationalen Schifffahrts- und Meeresmuseum Peter Tamm, deutlich herzustellen.

Dieser Künstlerwettbewerb steht im Kontext von drei weiteren Wettbewerben in und um die HafenCity. Es

sollen die verschiedenen Achsen zwischen City und HafenCity deutlich hervorgehoben werden. Zum einen befasst sich der städtebauliche Wettbewerb in der hier beschlossenen Drucksache 18/1614 vom 19. Januar dieses Jahres bereits mit der Hauptachse in die HafenCity, nämlich der so genannten Domachse, das heißt vom Jungfernstieg zum Magdeburger Hafen.

Weiterhin findet zurzeit innerhalb der HafenCity der Ideen- und Projektwettbewerb "Kunst und Kultur in der HafenCity 2005" als Kooperation der HafenCity Hamburg GmbH mit der Hamburgischen Kulturstiftung statt. Hier ist ein experimentelles Vorgehen für die HafenCity geplant. Die Baustelle wird zur Schaustelle. Die Ergebnisse werden bereits ab Juni 2005 in die Realisierungsphase treten. Über 250 Künstler und Kulturschaffende haben bereits im Februar dieses Jahres mit großem Interesse an der Begehung der Örtlichkeiten teilgenommen. Ergänzend dazu plant nun die HafenCity Hamburg GmbH einen dritten Wettbewerb mit internationalen Künstlern, der die Achse aus der HafenCity heraus vom Brooktorkai über die Oberbaumbrücke zu den Deichtorhallen thematisiert.

Sie sehen also, meine Damen und Herren, dass an dieser Stelle unmittelbar räumlich und inhaltlich der hier angesprochene Künstlerwettbewerb für die Kunstmeile anknüpft.

Lassen Sie mich noch einige Ausführungen zum Wettbewerb selbst machen. Dieser Wettbewerb hat die Chance, identitätsstiftend zu wirken. Angesprochen werden in dem Wettbewerb bewusst Hamburger Künstlerinnen und Künstler. Die Betonung des regionalen Aspektes soll bewusst ein Zeichen an die Hamburger Künstlerschaft setzen. Es muss hier ein einfaches, aber populäres, allseits erkennbares und zugleich künstlerisch Hochwertiges entstehen. Diese Quadratur des Kreises ist in der Tat eine hohe Herausforderung. Die Kunstmeile wird damit ein Markenzeichen der zu befördernden Marke Hamburg mit dem Leitprojekt "Kulturmetropole Hamburg" werden.

Bewusst offen formuliert das Petitum die Frage, ob wir hier einen offenen oder einen geladenen Wettbewerb stattfinden lassen möchten. Die Entscheidungsbefugnis dazu liegt bei der Kulturbehörde in Verbindung mit dem zuständigen Fachgremium der Kunstkommission. Die Tendenz geht aber eindeutig in die Richtung eines geladenen Wettbewerbs, um so eine größere Qualität der Ergebnisse, aber vor allem auch die Praktikabilität der Ergebnisse zu gewährleisten.

(Wilfried Buss SPD: Woher wissen Sie das denn schon?)

Beratendes Gremium für den Künstlerwettbewerb wird die Kunstkommission sein, da sie sich aus interdisziplinär tätigen Fachleuten, also Architekten, bildenden Künstlern und auch Vertretern der Kunsteinrichtung an der Kunstmeile zusammensetzt.

Wünschenswert wäre noch von unserer Seite, dass ergänzend in Absprache mit den Einrichtungen an der Kunstmeile eine über den Tag der Kunstmeile hinausgehende thematische Verbindung zu planen wäre, die den Künstlerwettbewerb flankiert und dann auch thematisch die Zusammengehörigkeit betont, ähnlich wie es ansatzweise bereits bei den Ausstellungen des Museums für Kunst und Gewerbe und der Hamburger Kunsthalle über den Künstler Horst Janssen im letzten Jahr erfolgt ist.

Der Begriff 10oKUNST dient auch hier weiter als verbindender Arbeitstitel zur Kommunikation in der Stadt. Wir stellen deshalb im Rahmen der Initiative 10oKUNST den Künstlerwettbewerb für den Weg der Kunstmeile in die HafenCity heute zur Abstimmung und ich bitte ganz herzlich um Ihre Unterstützung. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Frau Bestmann hat jetzt das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Martens, da haben Sie uns aber einen mit auf den Weg gegeben. Ich bin erstaunt. Aber um es vorwegzunehmen, wir wollen Ihrem Antrag zustimmen.