Protocol of the Session on February 23, 2005

(Beifall bei der GAL – Lars Dietrich CDU: Wir auch!)

Wir beraten heute einen Antrag der CDU-Fraktion, der in guter Tradition vieler Ihrer Anträge steht: Er hat, außer einer Absichtserklärung, keinen Inhalt.

(Heiterkeit und Beifall bei der GAL)

Sie wollen also Studiengebühren einführen. In dem Antrag selbst steht kein einziges Kriterium. Von Herrn Beuß habe ich gerade gehört, dass die Studiengebühren auf 500 Euro begrenzt sein sollen, das steht nicht in dem Antrag. Und es steht auch nicht in dem Antrag, dass es eine Zweckbindung geben soll. Auch die Transparenz des Verteilungsverfahrens ist neu und die soziale Verträglichkeit.

Ich muss Ihnen ehrlich sagen, dass Sie alle entscheidenden Fragen mit diesem Antrag nicht beantworten.

(Wolfgang Beuß CDU: Das war auch nicht das Ziel!)

Für die Umsetzung ist auch die CDU-Fraktion zuständig und Sie und der Senator können die bis jetzt offenen Fragen überhaupt nicht beantworten.

(Wolfgang Beuß CDU: Sie sind zu ungeduldig!)

In der Presse versprechen Sie schon großartige Dinge. Neben der Einführung von Studiengebühren soll bei der Darlehensrückzahlung ein Bonussystem für Prädikatsexamen und für Familien geben. Ist Ihnen eigentlich bewusst, dass diese Versprechen Geld kosten?

(Wolfgang Beuß CDU: Ja, natürlich!)

Und wer übernimmt denn die Ausfallbürgschaften? Wer übernimmt die Kosten für die Bonussysteme? Das Land Hamburg?

(Thomas Böwer SPD: Herr Beuß!)

Hier wäre eine Erklärung des Senates nötig und nicht nur offene Versprechungen. Vielleicht erinnern Sie sich dunkel an das Urteil vom Bundesverfassungsgericht. Das hat gesagt, dass das bundesweite Studiengebührenverbot nicht zulässig ist, weil es gegen die Länderkompetenz verstößt. Dabei hat es jedoch nicht die Frage entschieden, ob Studiengebühren selbst sinnvoll sind und – und das ist das Wesentliche – es hat deutlich gemacht, dass die Länder die soziale Verpflichtung bei der Einführung von Studiengebühren tragen.

(Präsident Berndt Röder übernimmt den Vorsitz.)

Ich muss Ihnen ehrlich sagen, was ich bisher von Ihnen gesehen habe, so ignorieren Sie diese soziale Verpflichtung einfach. Was ich bisher gehört habe, ist, dass der Bund die Sozialverträglichkeit machen soll und für die Stipendien die Hochschulen selbst zuständig sind. Die sollen sich an die Wirtschaft wenden. Das ist das, was wir bisher von Ihnen und Ihrem Senat gehört haben. Deutlich wird das an dem Kreditmodell der KfW. Diese Bank gehört zu 80 Prozent dem Bund und zu 20 Prozent den Ländern. Nach den Vorschlägen von Senator Dräger soll die KfW ein Kreditmodell für die Studiengebühren entwickeln. Das bedeutet, dass der Bund die Studiengebühren, die Kosten, für die Länder zahlt. Komisch, dass das der Bund nicht möchte. Deswegen rudert die KfW jetzt auch kräftig zurück und meint, dieses Kreditmodell sei nur für die Lebenshaltungskosten und gerade nicht für die Studiengebühren geplant. Das ist interessant. Von Stipendien reden sie überhaupt nicht mehr. Was Sie sich da vorstellen, ist mir völlig schleierhaft. Es wäre tatsächlich eine interessante Initiative dieses Senates und dieser Regierungsfraktion, hier etwas in die Wege zu leiten.

(Beifall bei der GAL – Wolfgang Beuß CDU: Sie sind zu ungeduldig!)

Alles in allem ist auch dieser Antrag ein Offenbarungseid. Die CDU verfährt nach dem Motto: Studiengebühren sind toll, für eine soziale Ausgestaltung sind andere zuständig. Auch der Vergleich mit anderen Staaten hilft nicht wirklich weiter, denn in den großen Gebührennationen, wie beispielsweise den USA, investieren der Staat und die Wirtschaft deutlich mehr in die Hochschulen als in Deutschland. Sind Sie denn bereit, Herr Beuß, neben den Privatmitteln auch die Haushaltsmittel für die Hochschulen zu steigern? Das ist die Frage. – Wohl kaum. Bisher haben nämlich alle Gebühren nur dazu geführt, dass der Haushalt für Hochschulen abgesenkt worden ist. Ein schönes Beispiel ist hier die Verwaltungsgebühr. Diese müssen die Studierenden bezahlen. Genau um diesen Beitrag ist

dann auch der Hochschulhaushalt für die allgemeine Haushaltssanierung abgesenkt worden.

Sogar die "Financial Times Deutschland" schreibt deswegen, dass die Bedingungen in Deutschland zur Einführung von Studiengebühren gar nicht gegeben sind. Seriöse Vertreter von Studiengebühren fordern nämlich keine Absenkung der Mittel, sondern eine Steigerung durch den Staat, Wirtschaft und Private. In Hamburg sind das natürlich mal wieder nur die Privathaushalte.

Ich sage Ihnen voraus, dass auch Ihre Studiengebühren zu einer Absenkung des Hochschuletats führen werden. Ihre jetzige Zusage ist zwar, dass der Haushalt nominell die gleiche Höhe beibehalten wird. Wir wissen, dass das schon jetzt bedeutet, dass es eine faktische Absenkung gibt, wenn nicht der Inflationsausgleich gewährt werden wird. Mittelfristig wird kein Hochschulsenator so stark sein, sich gegen die anderen Senatoren durchzusetzen und zu verhindern, dass auch in den Hochschulhaushalt eingegriffen werden wird. Deswegen werden die versprochenen 40 Millionen Euro Einnahmen auch nie bei den Hochschulen ankommen, sondern sie müssen wegen der Ausfallbürgschaften zwangsläufig für Rücklagen ausgelegt werden, sie müssen für die Verwaltung der Gebühren verwendet werden und sie werden auch zur Sanierung des allgemeinen Haushalts genutzt werden.

Dann gibt es noch ein schönes Argument, nämlich dass in Ländern mit Gebühren mehr Kinder aus einkommensschwachen Schichten studieren würden als in Deutschland. Die Tatsache stimmt. Das ist so. Die Schlussfolgerung allerdings, Studiengebühren würden dazu führen, dass mehr Kinder aus diesen Schichten studieren, kann nicht überzeugen. Tatsache ist, dass diese Kinder durch unser dreigliedriges Schulsystem gar kein Abitur machen und das ist das Problem in Deutschland.

(Beifall bei der GAL und der SPD – Thomas Böwer SPD: Das ist der Grund der fehlenden Schulge- bühren! Die müssen auch noch eingeführt wer- den!)

Dieses System möchte aber, weil es so bewährt ist, die CDU beibehalten. Hier finden keine Änderungen statt. Durch die Studiengebühren wird sich die Situation nicht bessern. Im schlimmsten Fall wird sie sich sogar noch verschlechtern.

Und das ist natürlich auch amüsant: Ihr Modell wird jetzt zu einer bildungspolitischen Kleinstaaterei und einem Gebührenchaos führen. Dräger verspricht eine einheitliche Linie der Unionsländer. Davon ist aber nichts in Sicht. Die hessische CDU hat zum Beispiel übersehen, dass sie in ihrer Verfassung leider ein Studiengebührenverbot stehen hat. Sie kann jetzt gar nichts machen.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

In anderen Ländern wird von Gebühren zwischen 500 Euro und 2000 Euro gesprochen. Daher warnt sogar die CDU-Ministerin Wanka, ihres Zeichens Kultusministerkonferenzpräsidentin, vor dem Studiengebührenchaos. Dieses Wort ist nicht von mir. Das sagt sogar eine CDUMinisterin. Die Finanzierungsangebote seien nur unzureichend vorbereitet.

Das alles berührt aber die Hamburger CDU nicht. Studierende werden geschröpft, ohne dass sie mehr Nachfragemacht bekommen, denn die Studierenden müssen unabhängig von den Leistungen der Hochschulen zahlen,

das heißt, ihr Modell hat noch nicht einmal eine positive Lenkungswirkung.

(Wolfgang Beuß CDU: Ja, was denn nun? Was meinen Sie denn?)

Dagegen ist das grüne Modell, welches Studiengebühren ablehnt und über Studienkonten den Einfluss von Studierenden stärkt, ohne dass es die mit Studiengebühren verbundene Abschreckungswirkung hat, deutlich besser geeignet, Veränderungen an den Hochschulen zu bewirken.

(Wolfgang Beuß CDU: Wie wollen Sie das denn finanzieren?)

Herr Beuß, wie wollen Sie denn das, was Sie vorschlagen, finanzieren? Sie reden gerne von moderner Hochschulpolitik. Sie haben kein Modell für Kredite und Stipendien. Sie haben keine soziale Abfederung der Studiengebühren und eine einheitliche Linie fehlt. Die Folge wird also ein Gebührenchaos sein, dessen Auswirkungen wir noch nicht abschätzen können. Das, meine Damen und Herren, ist moderne Hochschulpolitik à la CDU.

(Beifall bei der GAL und der SPD – Thomas Böwer SPD: Genau! – Michael Neumann SPD: Alle ha- ben Sie umsonst studiert und nun führen Sie sol- che Reden!)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Kraxner.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Man kann den Vorwurf wirklich nur auf einen Punkt begrenzen. Sie werfen uns als Fraktion vor, wir hätten kein Konzept und würden den Senat mit einem Satz auffordern, hier etwas vorzulegen. Warum ist das so geschehen? – Das kann ich Ihnen sagen: Die rotgrüne Regierung auf Bundesebene hat 2002 mit dem Beschluss des Bundestages gegen Studiengebühren verhindert, dass die Wissenschaftsminister der unionsregierten Länder endlich einmal weiterbasierende Modelle auf die Tagesordnung bringen konnten, dass wir uns einmal Gedanken darüber machen konnten, wie man mit der Finanzierung der Universitäten weiter vorgehen kann.

(Beifall bei der CDU)

Anscheinend, liebe Opposition, haben Sie es immer noch nicht begriffen. Es geht uns dabei darum, die Qualität der Studien- und Forschungsbedingungen Hamburgs zu verbessern, um auch auf dem internationalen Parkett zu bestehen. Wir wollen die besten Köpfe nach Hamburg bringen und die besten Köpfe auch von Hamburg wieder in andere Firmen, in andere Nationen hineinexportieren.

(Michael Neumann SPD: Dann muss der Senat aber zurücktreten!)

Der Senat muss gar nicht zurücktreten.

Wir müssen uns auch damit auseinander setzen, dass Hamburgs Absolventen nicht nur mit den Bremer Absolventen in Konkurrenz stehen, sondern vielmehr konkurrieren die Absolventen aus Hamburg mit Absolventen aus anderen Nationen, mit den Konkurrenten, bei denen das Betreuungsverhältnis zwischen Professoren und Studenten, die Ausstattung der Bibliotheken und auch die zusätzlichen Tutorien erheblich besser sind. Vor diesem Hintergrund ist die Frage der Einführung von Studiengebühren als wichtiger Beitrag zur Verbesserung der Bedin

gungen an unseren Hochschulen in das Zentrum der hochschulpolitischen Diskussion gerückt.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Herr Beuß hat schon einmal gesagt, was unsere Ziele sind, nämlich dass es sozialverträglich gestaffelte Studiengebühren sind. Er hat auch Beispiele gebracht, wie es in Australien gewesen ist, wie es in Großbritannien gewesen ist, dass es de facto so ist, dass aus sozial einkommensschwachen Familien erst recht eine Steigerung zu verzeichnen ist, die an den Universitäten studieren, weil sie ein Darlehen einkommensunabhängig bekommen, das ihnen dann die Möglichkeit gibt, sich auf das Studium zu konzentrieren.

Des Weiteren kann ich nur das Beispiel Österreich geben. Da ist eine Studiengebühr von 747 Euro eingeführt worden und was ist zu verzeichnen? – Eine höhere Anzahl von Studienabsolventen. Das ist doch ein klarer Beweis. Da brauchen wir gar nicht mehr nach Australien zu gucken, sondern wir können uns unsere Nachbarn in Österreich angucken.

(Michael Neumann SPD: Wunderbar! In Österreich sind die Studierendenzahlen dramatisch eingebro- chen!)

Sozialverträgliche Studiengebühren plus das KfW-Modell, auch elternunabhängig zu studieren, das ist genau das Richtige für unsere Studenten.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Wenn Sie das nicht vor zwei Jahren auf Bundesebene verhindert hätten, wären wir schon woanders. Dann würden unsere Studenten vielleicht schon zu guten Rahmenbedingungen hier in Hamburg ihre Studienbedingungen erfüllen können, sie würden mit besseren Professoren ausgestattet werden und sie würden sich vielleicht auch bei Ihnen bedanken können, dass sie heutzutage auch in der Konkurrenz mit anderen Staaten bestehen können. Insofern bitte ich Sie, auch im Namen der Studierenden von Hamburg, diesem Antrag zuzustimmen, dass unsere Absolventen dann ab nächstem Jahr auch bessere Lernmöglichkeiten haben, um dann auf dem Markt auch konkurrenzfähig zu sein. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)