Protocol of the Session on December 16, 2004

Herr Krüger, Sie haben gestern gesagt: Asklepios, was für ein toller finanzstarker Konzern. Der hat ein Rating von Euler & Hermes. Das ist wirklich peinlich, Herr Krüger.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Man mag vielleicht Herrn Krüger verzeihen, dass er als Vorsitzender des Gesundheitsausschusses das nicht so richtig einschätzt. Aber Herr Dräger als zuständiger Senator war einmal Unternehmensberater. Herr Dräger, Sie sind heute nicht hier, aber ich denke doch, dass Sie eine Bilanz lesen können. Wenn bei Ihnen ein Investor kommt, der einen Konzern mit 700 Millionen Euro Umsatz übernehmen will und noch nicht einmal ein anständiges Rating hat, dann müssten bei Ihnen doch die Alarmglocken läuten.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Die Nettoverschuldung von Asklepios beträgt 156 Millionen Euro. Bei einem Umsatz von 500 Millionen Euro laut Bilanz des Jahres 2002 ist das ein sehr schlechter Wert. Es ist übrigens sehr interessant – wir haben jetzt bald 2005 –, dass Asklepios bis heute keine Bilanz im "Amtlichen Anzeiger" für das Jahr 2003 veröffentlicht hat. Das ist extrem ungewöhnlich und nicht gerade vertrauenserweckend.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Mit der Bilanz von 2002 würde Asklepios bei kaum einer Bank in Deutschland einen Kredit von 250 Millionen Euro bekommen. Das braucht Asklepios auch nicht, weil der LBK mit dem Minderheiteneigner Hansestadt Hamburg den Kredit aufnimmt und die Übernahme für Asklepios bezahlt. Meine Damen und Herren, das ist wirklich kein finanzstarker Investor, den Sie dort gefunden haben.

Weihnachtsmärchen Nummer 5.

(Karl-Heinz Warnholz CDU: Dann soll der Weih- nachtsmann aber bald kommen!)

Mit dem Verkauf an Asklepios hat Hamburg keinerlei unternehmerische Risiken mehr – so sagt der Senat. Wenn sie es sich ansehen: Asklepios hat noch nicht einmal das Geld für den Kaufpreis, es sind 150 bis 300 Millionen Euro Investitionen notwendig und der LBK startet selber mit 300 Millionen Euro Schulden. Woher soll das Geld für diese Investitionen kommen? Dafür werden Kredite notwendig sein. Von alleine wird weder Asklepios noch der LBK weitere Kredite bekommen. Das heißt, die Stadt muss für einen weiteren Kredit für die Investitionen bürgen. Damit trägt Hamburg auch weiterhin – trotz Mehrheitsverkauf und trotz Übergehens des Volkswillens – das unternehmerische Risiko für dieses Unternehmen.

(Beifall bei der GAL und der SPD – Christian Maaß GAL: Hört, hört!)

Weihnachtsmärchen Nummer 6. Durch den Verkauf an Asklepios wird der LBK in Zukunft international expandieren und überall in der Welt Krankenhäuser kaufen können. Meine Damen und Herren, wir haben eben gehört, dass Asklepios selbst kein Geld hat und der LBK verschuldet ist. Wo um Himmels willen soll das Geld herkommen, dass der LBK in Zukunft – Herr Dräger sprach unter anderem China an – Krankenhäuser kauft?

(Heiterkeit bei der SPD und der GAL – Christian Maaß GAL: Dubai!)

Selbst wenn der LBK es versuchen würde, wäre das die sicherste Strategie, um den LBK in den finanziellen Ruin zu treiben.

Weihnachtsmärchen Nummer 7. Das Angebot von Asklepios war das Beste. Erstaunlicherweise hält der Senat alle Angebote der Mitbewerber geheim. In allen Ausschusssitzungen hier im Parlament hat der Senat gesagt: Das können wir leider nicht herausgeben,

(Christian Maaß GAL: Da hat Herr Peiner seinen Finger drauf!)

die Investoren haben uns verpflichtet, Vertraulichkeit zu wahren.

Ich habe diese Unternehmen angeschrieben. Ich habe hier zwei Briefe. Einen vom Rhön-Klinikum und einen von den HELIOS Kliniken. Ich zitiere einmal aus dem Brief des Rhön-Klinikums:

"Sehr geehrter Herr Kerstan! Auch wir sind durch eine Vertraulichkeitszusage gegenüber der Stadt Hamburg gebunden und können somit nicht einseitig Informationen herausgeben. Wir stellen hiermit der Senatsverwaltung anheim, unser Angebot gegenüber dem Parlament und/oder seinen Ausschüssen offenbar zu machen und gestatten, dass Sie dieses Schreiben als Einverständniserklärung unsererseits vorlegen."

HELIOS äußert sich ähnlich.

(Anhaltender Beifall bei der GAL und der SPD – Petra Brinkmann SPD: Das ist unglaublich! – Christian Maaß GAL: Hört, hört!)

Das ist sehr interessant. Es ist anscheinend genau anders herum: Der Senat verpflichtet die unterlegenen Anbieter, ihr Angebot geheim zu halten.

(Petra Brinkmann SPD: Also, so was!)

Jetzt nennen Sie mir einen einzigen Grund, warum der Senat das tun sollte, wenn Asklepios das beste Angebot vorgelegt hat?

(Anhaltender Beifall bei der GAL und der SPD)

Herr Peiner, solange das so ist, müssen Sie sich Fragen gefallen lassen, welche Rolle Ihre langjährige Geschäftsbeziehung mit Asklepios bei diesem Verkauf gespielt hat.

(Anhaltender Beifall bei der GAL und der SPD)

Wenn Sie diese Fragen nicht wollen, Herr Peiner, dann hören Sie auf, hier die Unschuld vom Lande zu spielen und Oppositionsabgeordneten, die notwendige Fragen stellen, mit dem Anwalt und Gericht zu drohen, sondern legen Sie diese Angebote vor.

(Lang anhaltender Beifall bei der GAL und der SPD)

Meine lieben Kollegen von der CDU! Sie kennen die Fakten dieses Verkaufs gar nicht und wollen heute in zweiter Lesung den Verkauf beschließen. Ich fordere Sie hiermit auf: Stimmen Sie heute dem Verkauf nicht zu, solange nicht alle Fakten auf dem Tisch liegen.

(Beifall bei der GAL und der SPD – Petra Brinkmann SPD: Richtig!)

Meine Damen und Herren! Alle Gründe des Senats, wenn man sie sich genauer betrachtet, lösen sich in Luft auf. Es bleibt ein einziger und das ist der ideologische.

(Petra Brinkmann SPD: So ist es!)

Die CDU ist der Meinung, dass der Staat keine Kliniken betreiben soll.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Aber das, meine Damen und Herren, ist kein Sachzwang, das ist eine politische Bewertung, die der Bevölkerung durch einen Volksentscheid zur Abstimmung gestellt wurde. 75 Prozent der Bevölkerung sind Ihnen nicht gefolgt und haben anders entschieden, meine Damen und Herren. Deshalb können Sie diese Entscheidung jetzt nicht einfach mit formaljuristischen Begründungen vom Tisch wischen.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Meine Damen und Herren! Sie haben die absolute Mehrheit in diesem Haus. Sie können heute beschließen, was und wie Sie wollen und wahrscheinlich werden Sie das auch tun. Das wird ein schlechter Tag für die Demokratie. Aber eines werden Sie lernen müssen: In einer parlamentarischen Demokratie reicht die Mehrheit im Parlament nicht aus. Sie müssen die Bevölkerung auch überzeugen und da werden Ihnen Verfassungsgerichtsurteile, die den politischen Willen der Bevölkerung nicht berücksichtigen, nicht weiterhelfen. Irgendwann – ich weiß nicht, wann das sein wird, dieses Jahr, nächstes Jahr oder in vier Jahren – werden Sie für Ihre Arroganz entweder auf der Straße oder bei der Wahl den Preis zahlen, meine Damen und Herren.

(Wolfgang Beuß CDU: Da warten Sie einmal ab!)

Ich sage Ihnen: Dieser Tag wird ein guter Tag für die Demokratie sein. – Vielen Dank.

(Lang anhaltender Beifall bei der GAL und der SPD)

Meine Damen und Herren! Gemäß Paragraph 6 Absatz 2 der Geschäftsordnung berufe ich auf Antrag einer Fraktion den Ältestenrat ein. Die Sitzung ist für zehn Minuten unterbrochen.

Unterbrechung: 15.41 Uhr _____________

Wiederbeginn: 15.52 Uhr

Meine Damen und Herren! Nehmen Sie bitte wieder Platz. Die Sitzung ist wieder eröffnet. Mir liegt ein Antrag zur Geschäftsordnung vor. Das Wort hat der Abgeordnete Neumann für maximal zwei Minuten.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen, meine Herren! Ich beantrage für meine Fraktion die Rücküberweisung der anhängigen Drucksache an den federführenden Haushaltsausschuss und Gesundheitsausschuss, da sich aufgrund des Vortrages des Kollegen Kerstan eine neue Sach- und Faktenlage ergeben hat, die in den Ausschüssen entsprechend beraten werden muss, damit wir dann im Anschluss eine auf Fakten gegründete Entscheidung in diesem Haus treffen können.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Alsdann bekommt das Wort zur Geschäftsordnung der Abgeordnete Reinert ebenfalls für maximal zwei Minuten.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auf Nachfragen erklärte die GAL, dass der eine der beiden von Herrn Kerstan vorgelesenen Briefe bereits seit Montag vorliege. Ich vermute, der andere noch länger. Jedenfalls wollten Sie dazu nicht sagen, von wann der Brief ist.