Protocol of the Session on October 27, 2004

Alle sind betroffen, die Verbraucher und die Wirtschaft. Das hat aber verschiedene Ursachen. Schauen wir uns die zwei Punkte aus dem GAL-Antrag an, also die Feindbilder von Herrn Maaß, wie wir eben hören konnten. Es steht dort, die Steuerlast rechtfertige keine Preiserhöhung. Wie die Wahrheit aussieht, wissen wir, wenn wir überhaupt alle Energieformen betrachten. Der staatliche Anteil an den Kosten für Benzin liegt heute bei 70 Prozent, beim Strom bei 40 Prozent, beim Gas bei 30 Prozent. Seit 1998 sind die Abgaben für Strom um fast 70 Prozent gestiegen. Ich will Ihnen das an einzelnen Zahlenwerten deutlich machen.

(Christian Maaß GAL: Es geht um das letzte Jahr, Herr Mattner!)

Es geht um die Entwicklung, Herr Maaß, denn die müssen Sie sehen, sonst wird insgesamt nicht deutlich, wie die Liberalisierung sich ausgewirkt hat und über welche Probleme wir uns jetzt unterhalten.

Die Steuerlast betrug 1998 4,4 Milliarden Euro. Das setzt sich zusammen aus 2,1 Milliarden Euro für die Mehrwertsteuer, damals noch 0,3 Milliarden Euro für das Erneuerbare-Energien-Gesetz, 2,0 Milliarden Euro für die Konzessionsabgabe. Jetzt betrachten wir 2004. Es sind schon 14,9 Milliarden Euro: 3,1 Milliarden Euro für die Mehrwertsteuer, 2,3 Milliarden Euro für das ErneuerbareEnergien-Gesetz, 2,2 Millionen Euro für die Konzessionsabgabe, 0,7 Millionen Euro für die Kraft-Wärme-Kopplung und 6,6 Milliarden Euro für die Stromsteuer. Das ist schon enorm.

Im europäischen Vergleich, den Sie vorhin versucht haben vorzunehmen, ist der Steueranteil an den Stromkosten privater Haushalte der zweithöchste, Herr Maaß.

Eine weitere GAL-These, die wir eben hörten, ist, die Windenergie rechtfertige keine Preiserhöhung. Um Irrtümern vorzubeugen, ich bin kein Freund von Feindbildern, auch aus Wirtschaftssicht müssen erneuerbare Energien und die Windkraft Teil unseres Energiemixes sein, das ist nicht zweifelhaft, aber der absolute Vorrang der Windenergie führt in die Sackgasse. Deutschland nimmt bei der Windenergie weltweit mit größtem Abstand den ersten Platz ein. Dafür, dass Gründe der CO2-Vermeidung nicht erkennbar und schon gar nicht in der Windenergie lokalisierbar sind, ist der deutsche Anteil und damit verbundenen Kosten auffällig hoch.

Die gesetzliche Quelle ist bekanntlich das Gesetz für den Vorrang erneuerbarer Energien und das führte im Jahr 2003 zu einer Mehrbelastung von 1,9 Milliarden Euro. 2004 sind es 2,34 Milliarden Euro und bis 2013 werden es 5 Milliarden Euro sein. Dann müssen wir diese Kosten noch im Kontext der staatlichen Aufwendungen für die Windenergie sehen. Erste Ergebnisse einer von der Deutschen Energieagentur (Trittin) beauftragten Studie prognostizierten 18 Milliarden Euro bis 2020. Das hat den Auftraggeber so erschreckt, dass jetzt diese Kosten und die Studie bestritten werden. Das Problem liegt auf der Hand. Wegen der Windschwankung muss praktisch hinter jedem Windkraftwerk ein konventionelles herfahren

(Christa Goetsch GAL: Das ist richtiger Quatsch, was Sie da erzählen!)

und das verteuert natürlich die Energiekosten.

Maßnahmen zur Windradverbesserung sind tendenziell günstiger als Investitionen in erneuerbare Energien.

Ich weiß nicht, ob von Ihnen der Einwand kam, hier wurde beispielsweise Herr Dr. Marnette als Zeitzeuge angeführt. Fragen Sie, ob er das nicht genauso sieht. Aber wahrscheinlich sagen Sie dann, das glauben wir ihm nicht.

Hinzu kommt die Wettbewerbsverzerrung durch die hohe Subventionierung der Windenergie. Es werden an Anlieger bis zu 20 Prozent Rendite gezahlt, gewährt durch einen vorweg garantierten Erfolg. Das ist schon skurril.

Ferner sind die Kosten durch die Abnahmeverpflichtung und die Umwälzung hoch. Die Windenergie muss sich

daher künftig stärker dem Wettbewerb stellen. Nur am Rande sei noch zur GAL-Argumentation Folgendes erwähnt: Ursache für die Strompreiserhöhung sei nicht, dass die Börsenstrompreise Schwankungen unterlagen, sondern dass von 2000 bis 2004 die Kosten für Öl von 80 Euro auf 100 Euro und für Kesselkohle von 80 Euro auf 160 Euro gestiegen sind, also alles Kosten, die damit im Zusammenhang stehen.

Damit sind fast alle Punkte des GAL-Antrags so genannte Fremdleistungen, also Fremdkosten, die die HEW einkauft und nicht beeinflussen kann. Sie helfen uns also für die Argumentation nicht weiter.

Alle Bundesländer und die Fraktionen in Berlin sehen den Ansatz im Übrigen auch nicht am Ende der Erzeugerkette, sondern bundesweit. Das Stichwort "Stromregulierung" ist hier schon im Ansatz gefallen. In Berlin streitet man sich aber schon lange, ich glaube, über ein Jahr – das hat uns Herr Maaß aus gutem Grund verschwiegen – über den Gesetzentwurf, und zwar vor allen Dingen in der Koalition.

Es ist ein schwerer Rückschlag für Wirtschaftsminister Clement – so haben alle Zeitungen geschrieben –, dass dies noch nicht geregelt ist. Ich glaube, gestern war dazu die letzte Krisensitzung. Das heißt, meine Damen und Herren, Grüne und SPD sind sich dort nicht grün. Das hat mit der CDU überhaupt nichts zu tun. Im Gegenteil. Wie man auch in heutigen Zeitungen wieder lesen kann, sympathisieren in dem Fall die Grünen sogar mit der CDU. Das ist ungeheuerlich.

Ich gehe davon aus, dass die Regulierung aber kommen wird, ob als ex ante oder ex post mag dahingestellt sein, und wir werden dann natürlich ein Regulativ haben.

All das gehört natürlich noch zu einer umfassenderen Analyse, die wir in der Folgedebatte behandeln können. Daran wird sich der Wirtschaftsausschuss unter Zuladung der Umweltkollegen in einer Expertenrunde beteiligen können. So haben wir das in der letzten Woche auf Antrag der CDU-Fraktion einstimmig beschlossen. Dort werden wir uns im Übrigen auch von der HEW detailliert die Erhöhung der Kosten rechtfertigen lassen. Dann schauen wir weiter.

Die CDU-Fraktion möchte damit im Übrigen auch der Energiepolitik einen noch größeren Stellenwert im Parlament geben. Parallel dazu wird die Wirtschaftsbehörde noch ihre Bewertung im Rahmen des Verfahrens abschließen. Auch diese Erkenntnisse, die, wie wir wissen, noch gar nicht abschließend vorliegen, sind für die Beratung erforderlich. Aus dem Grund werden wir den GALAntrag als Teilaspekt der Gesamtdebatte um die Energiepolitik an den Wirtschaftsausschuss überweisen und dort gemeinsam unter anderem mit der Großen Anfrage debattieren. – Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Frau Dr. Schaal, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Mattner, ich finde es erschreckend, auf welchem Low-Level-Niveau sich Ihr Kenntnisstand befindet.

(Vereinzelter Beifall bei der GAL – Oh-Rufe bei der CDU)

Sie haben sich Ihre Rede offensichtlich von interessierter Seite vorschreiben lassen, aber das ist ja Ihr gutes Recht. Aber unser gutes Recht in der Opposition und auch gegenüber den Stromverbrauchern ist es, ein bisschen mehr Transparenz in die Preisgeschichte hineinzubringen.

Für die Genehmigung der von der HEW beantragten Stromerhöhung gibt es keine Rechtfertigung. Das hat Kollege Maaß bereits zutreffend dargelegt. Die öffentlich vorgetragenen Begründungen, die Sie zitiert haben, kann man im Internet nachlesen, aber sie sind nicht überzeugend.

Kommen wir zu den Kosten der Windenergie. Windenergie belastet den Stromverbraucher mit 0,4 Cent pro Kilowattstunde. Dann können Sie nicht von dem großen Sprung reden. Außerdem hat Herr Maaß bereits darauf hingewiesen, dass die Kosten für die Windenergie aufgrund des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes zurückgegangen sind. Den Mechanismus sollten Sie sich vielleicht einmal angucken, Herr Dr. Matter. Sie sollten auch wissen, dass die Kernenergie erhebliche Mengen an Geld verschlungen hat. Seit 1957 sind über 400 Milliarden Euro in die Atomenergie geflossen. Das müssen Sie auch mitrechnen, wenn Sie über die Subventionen von einzelnen Energieformen reden.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Es liegt hier der Verdacht nahe, dass HEW/Vattenfall genau wie RWE, wie E.ON und EnBW noch einmal kräftig in die Preispulle gelangt hat, bevor die Regulierungsbehörde kommt und arbeiten kann. Denn nur die kann den Preiswildwuchs durchforsten und entsprechend ausholzen.

Niemand will den HEW einen angemessenen Gewinn streitig machen. Wir wollen nicht, dass es bei uns so ist wie in den USA und in Italien, dass die Netze die Belastung nicht mehr tragen können, die Kraftwerke ausfallen und alle im Dunkeln sitzen. Natürlich soll ein Unternehmen auch in der Lage sein, seine Investitionen dafür vorzunehmen und auch in den Umweltschutz und Klimaschutz zu investieren. Ich will auch ausdrücklich nicht das Sponsoring des Unternehmens im Sport, im Umweltbereich und im Medienbereich klein reden. Es soll auch nicht verschwiegen werden, dass die HEW eine Konzessionsabgabe in Höhe von über 89 Millionen Euro in den Hamburger Haushalt zahlt. Das ist eine gewaltige Leistung und ein großer Anteil des Finanzierungsvolumens. Aber es gibt schon einen Unterschied zwischen einer angemessenen und einer unangemessenen Preiserhöhung. Es muss nicht sein, dass die HEW sich jetzt plötzlich ihr Stromnetz noch einmal bezahlen lassen, und es muss auch nicht sein, dass sie sich die Kraftwerke noch zweimal bezahlen lassen. Das darf der Senat nicht mitmachen. Ich bin erstaunt, der Senat ist offensichtlich für Energie bei Herrn Nagel verortet.

Wir fordern den Senat auf, die beantragte Tariferhöhung der HEW abzulehnen und vor allen Dingen Transparenz im Preisgefüge zu schaffen. Die Tarifstruktur selbst ist bei nur drei Tarifen ziemlich undurchschaubar. Warum ist zum Beispiel die Erhöhung des neuen Tarifs "Classic" genehmigungspflichtig, die Erhöhung von über 6 Prozent beim Tarif "Future", der übrigens billiger ist als "Classic", nicht genehmigungsfähig? Wenn "Classic" zum Beispiel mit 17 Cent teurer ist und man ihn jetzt noch einmal über 6 Prozent erhöht, würde dieser von den meisten Ham

burgern gewählte Tarif teurer sein als der Öko-Tarif für ein "newpower" bei HEW. Da ist doch irgendetwas faul, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Die Anwendung der Bundestarifordnung im Einzelnen und die Unterscheidung nach Standard- und Sondertarifen kann man hier in der Debatte nicht erörtern, wir werden das im Ausschuss machen und das ist auch gut so.

Bei den Strompreisen geht es aber nicht nur um die HEW, sondern es geht vor allen Dingen um viele Stromkunden, um die Hamburger Wirtschaft, den Handel, das Handwerk und die Industrie. Hier muss man sich als wirtschaftspolitischer Interessenvertreter auch einmal entscheiden, Herr Mattner, und ein bisschen kritische Distanz entwickeln.

(Dr. Andreas Mattner CDU: Seien Sie nicht so überheblich!)

Das Energiewirtschaftsgesetz ist heute im Bundeskabinett beschlossen worden und die HEW wird sich in Zukunft ungleich schwerer tun, mit solchen Preiserhöhungen zu reüssieren.

(Dr. Andreas Mattner CDU: Das hätten Sie schon vor einem Jahr haben können! Wenden Sie sich an das Bundeskabinett!)

Dazu, dass es zu spät kommt, haben Sie auch Ihren Teil beigetragen. Die CDU/CSU hat das Gesetz im Bundesrat mit 50 Seiten Änderungsvorschlägen aufgehalten. Es könnte schon viel früher sein. Sie müssen sich einmal ein bisschen informieren, Herr Kollege.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL – Unruhe im Hause – Glocke)

Es ist mir wieder zu laut. Ich bitte um mehr Ruhe im Plenarsaal. Danke. – Frau Dr. Schaal.

Herr Dr. Mattner, ich kann Ihnen und Ihren Kollegen von der CDU eine erfreuliche Mitteilung machen: Sie haben im Bundesrat sehr dafür gestritten, dass die Vorabkontrolle der Strompreise installiert wird. Da ist die rotgrüne Bundesregierung Ihnen entgegengekommen. Das wird es geben, aber es wird jetzt gerade für die bereits seit dem 1. August erfolgten Preiserhöhungen auch noch eine nachträgliche Kontrolle der Preise geben, sodass eventuell ungerechtfertigte Erträge abgeschöpft und Tarife korrigiert werden können, selbst wenn der Senat die Tarife jetzt noch genehmigen sollte. Die Hamburger Verbraucherinnen und Verbraucher und auch die Wirtschaft können also noch hoffen.

Es gibt zwar über 1500 Stromanbieter im Bundesgebiet, aber der Markt wird, wie Herr Maaß ausgeführt hat, von den vier Großen E.ON, EnBW, RWE und HEW/Vattenfall beherrscht. Jeder bedient sein eigenes Versorgungsgebiet und damit die anderen nicht drum herum wildern, wird ein Zaun gezogen und dieser Zaun besteht aus den Durchleitungsgebühren, die einen wirkungsvollen Wettbewerb auf dem Strommarkt nahezu unmöglich machen.

Deshalb muss dieser Zaun herunter und dazu ist die Regulierungsbehörde dringend vonnöten.

Die Preisregulierung muss auch dafür sorgen, dass die Stromkosten nicht dauernd als Waffe gegen den Ausbau

der erneuerbaren Energie missbraucht wird, wie Sie es getan haben, Herr Mattner, und man dann noch obendrein die Verbraucher für dumm erklärt. Darum muss endlich Transparenz in das Preisgefüge der Energieversorger kommen. Vielleicht ein Blick in die Zukunft, es wird in einiger Zeit auch eine Kennzeichnungspflicht für Strom geben. Strom ist dann nicht mehr gelb oder blau, sondern die Energieversorger müssen darauf hinweisen, wo oder wie sie ihren Strom herstellen, ob aus Wind, aus Atom, aus Kohle. Das ist sehr interessant. – Vielen Dank.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD und Beifall bei der GAL)

Das Wort hat Herr Kerstan.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Sie haben sehr interessante Ansätze gebracht, Herr Mattner. Teilweise verwundert mich das, weil Sie hier genau im Gegensatz zu Ihren Kollegen von der Union im Bundesrat operiert haben. Ich möchte das an einigen Punkten deutlich machen.