Protocol of the Session on February 6, 2002

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Die Sozialdemokraten sprechen nicht inhaltlich gegen dieses Programm. Wir diskutieren das Thema, wie Sie es finanzieren.

Ich will es einmal andersherum formulieren: Hätte der letzte Senat diesen Haushalt im Frühjahr des vergangenen Jahres mit 50 Millionen Euro – damals 100 Millionen DM – vorgelegt, und zwar mit exakt denselben Inhalten, dann hätte die Fraktion der CDU hier Kopf gestanden und

gesagt: erstens Wahlgeschenke und zweitens totale Neuverschuldung. Sie hätten Purzelbäume geschlagen an diesem Podium. So ist die Realität.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

So schnell ändert sich das. Wenn Rotgrün Schulden macht, ist es schlimm, wenn der Block-Senat Schulden macht, ist es gut.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort bekommt die Abgeordnete Hajduk.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Senator Uldall, ich möchte noch auf eine Sache eingehen, weil ich das in dem Ausmaß, wie Sie das betreiben, wirklich zu einfach finde. Sie spinnen eine richtige Investitionslegende. Sie werden von uns nicht hören, wir hätten Ihnen alles bestens übergeben und alles sei ganz schrecklich leicht. So argumentieren wir nicht. Sie können aber keine Investitionsdarstellung machen, indem sie einerseits die Zahlen sicher korrekt angeben, so habe sich der öffentliche Investitionshaushalt für Hamburg und im Bund entwickelt, und das rein wirtschaftspolitisch diskutieren, Sie müssen finanzpolitisch wissen, dass in der Finanzpolitik schon lange diskutiert wird, ob man vielleicht nur noch die Hälfte des Investitionshaushalts kreditär finanzieren darf. Darüber reden Finanzpolitiker, dass die Hälfte der Investitionen überhaupt nur so zu betrachten ist, dass sie gerechtfertigter Weise der Folgegeneration aufgebürdet werden darf. Sie sind ein Finanz- und Wirtschaftspolitiker und müssten das eigentlich wissen. Also muss man das schon in einen kritischen Zusammenhang stellen dürfen, dass es nicht leichtfertig sein darf, ob man die Investitionsausgaben steigert oder ob man sie auf einem bestimmten Niveau hält.

Ich stimme Ihnen zu, dass es natürlich immer gute Argumente für Investitionen gibt, weil sie zusätzliche wirtschaftliche Kräfte freisetzen und auch Werte schaffen. Zu dieser Rechnung in Hamburg gehört aber auch das Riesenausmaß der Investitionen, die wir über Vermögensveräußerungen finanzieren, die wir über Realisierungsgesellschaften abwickeln lassen und die die öffentlichen Unternehmen machen. Sie sind traditionell – von der CDU jedenfalls früher – ideologisch gehemmt gewesen, dies als öffentliche Investition auch mit seiner wirtschaftspolitischen Wirkung anzuerkennen. Stellen Sie mir bitte eine Statistik zusammen, in der Sie die tatsächlichen Investitionen der öffentlichen Hand insgesamt in dieser Weise darlegen. Das kommt der modernen Verwaltung, dem modernen Verwaltungshandeln und einem verantwortlichen politischen Handeln im öffentlichen Bereich näher. Dann haben Sie eine ganz andere Investitionsquote für Hamburg.

Ganz zum Abschluss noch einmal gefragt: Wenn wir über ein 50-Millionen-Euro-Programm dieser neuen Regierung sprechen, wissen Sie eigentlich, wie viel Prozente das zu der Bruttoinvestitionssumme Hamburgs sind, die es insgesamt gibt? – Ich glaube, es sind im Baubereich unter 2 Prozent.

(Rolf Kruse CDU: Immerhin!)

Wenn sie das andere noch dazunehmen, wird es noch kleiner.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

(Senator Gunnar Uldall)

Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Wir kommen zur Abstimmung.

Wer stimmt einer Überweisung der Drucksache 17/269 an den Haushaltsausschuss zu? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Dann ist dieses einstimmig so beschlossen.

Ich rufe die Drucksache 17/270 auf. Wer möchte den Senatsantrag beschließen? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Dann ist dieses mehrheitlich so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 12 auf, die Drucksache 17/245: Antrag der Fraktion der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP zur Lage des Taxengewerbes.

[Antrag der Fraktion der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP: Lage des Taxengewerbes – Drucksache 17/245 –]

Die FDP-Fraktion beantragt eine nachträgliche Überweisung dieser Drucksache an den Bau- und Verkehrsausschuss. Wird das Wort gewünscht? – Der Abgeordnete Wohlers hat das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Damen und Herren! Zur Lage des Hamburger Taxengewerbes:

Seit 1983 sind 19 Jahre vergangen. Vielleicht erinnern Sie sich noch: 1983 wurden die gefälschten Hitler-Tagebücher veröffentlicht, Achim Reichelt veröffentlichte sein Album „Nachtexpress“ und die Hamburger Baubehörde, als zuständige Aufsichtsbehörde des Hamburger Taxengewerbes, lässt letztmalig ein nach dem Personenbeförderungsgesetz für die Tariffestlegung notwendiges Gutachten über die wirtschaftliche Lage des Hamburger Taxengewerbes anfertigen, das im Amtsdeutsch als „Beobachtungszeitraum gemäß Paragraph 13 des Personenbeförderungsgesetzes“ bezeichnet wird. Die aufsichtsführende Behörde ist verpflichtet, bei Bedarf ein solches Gutachten einzuholen, um ihren abhängigen Konzessionären ein wirtschaftlich tragfähiges Tarifwerk an die Seite zu stellen. Ein Bedarf war und ist auch heute vorhanden.

Wenn wir auf der Basis von 1985 den Lebenshaltungskostenindex von 100 mit heute vergleichen, dann beträgt er mittlerweile 165. Damals waren in Hamburg circa 3700 Taxen zugelassen, die überwiegend von so genannten Einzelunternehmen gefahren wurden. Das heißt, das Taxi wurde meist nur über eine Schicht hinweg benutzt.

Heute befinden sich mehr als 4000 Taxen auf Hamburgs Straßen, die von circa 2300 Unternehmern betrieben werden. Nur noch etwa 1800 dieser Taxen werden von Einzelunternehmern gefahren. Allein in den letzten fünf Jahren nahm die Zahl der Einzelunternehmer um circa 500 ab, während die Anzahl der Mehrwagenunternehmer in diesen Jahren entsprechend zunahm.

Um den stetig steigenden Kostendruck aufzufangen, wurden die Taxen der Mehrwagenunternehmer im Schichtbetrieb gefahren. Somit erhöht sich natürlich die Anzahl der zur Verfügung stehenden Taxen um ein Vielfaches. Das Verhältnis entspricht also nicht 3700 zu 4000, sondern eher 3700 zu 5500.

Seitdem haben sich jedoch die Fahrgastzahlen nicht erhöht. Auf die Tariferhöhung 1994 erfolgte nach sechs Jahren im Februar 2000 eine Tarifstrukturreform, die er

hebliche negative Auswirkungen auf weite Bereiche des Taxengewerbes hatte. Sie hatte auch zur Folge, dass die Hamburger Taxenunternehmer auf die Straße gingen, um ihrem Unmut Luft zu machen. Ihnen blieb nur dieser Weg, um auf die katastrophale wirtschaftliche Situation aufmerksam zu machen.

Wir erinnern uns an die Bilder: Mehr als 800 um ihr wirtschaftliches Überleben kämpfende Taxenfahrer demonstrierten auf den Straßen, sammelten Unterschriften und organisierten sich. Um wirtschaftlich überleben zu können, wollten die Taxenunternehmer den damaligen Bausenator veranlassen, dass endlich entsprechend den gesetzlichen Vorgaben gehandelt und ein notwendiges Gutachten über einen Beobachtungszeitraum nach Paragraph 13 des Personenbeförderungsgesetzes ausgearbeitet wird. Dieses sollte als solide Basis für die kommenden Jahre zu einem zeit- und situationsgerechten Tarifwerk für das Hamburger Taxengewerbe werden.

Aber zu dem geforderten Gutachten kam es nicht. Im September 2001 ist lediglich eine unwesentliche Tariferhöhung mit Wirkung ab 2002 herausgekommen, die ohne Grundlage ausgehandelt wurde. Sie reicht bei weitem nicht aus, um wieder in eine gesunde Gewinnzone fahren zu können. Ein aktuelles Tarifwerk liegt in Städten wie München und Köln vor. Dort ist man anscheinend schneller und die Behörden arbeiten an diesem Problem konzentrierter.

Selbstverständlich ist ein solches Tarifwerk kompliziert. Es sind Wartezeiten, Grundgebühren, Nachttarife, Kilometerzonen und Ähnliches zu berücksichtigen. Sicherlich wird man nicht jeder Situation gerecht werden können. Trotzdem muss nach 19 Jahren Untätigkeit schnellstens ein Beobachtungszeitraum nach Paragraph 13 des Personenförderungsgesetzes durchgeführt werden.

Des Weiteren ist eine Überprüfung der Vergabemodalitäten von Konzessionen notwendig. Der Bestand an Taxen pro Einwohner ist in Hamburg doppelt so hoch wie beispielsweise in Köln. Die Ausstattung der Personenbeförderungsscheine mit Lichtbildern ist ebenso notwendig, damit Mehrfachnutzungen unmöglich gemacht und Kontrollen vereinfacht werden. Über 4000 Taxen in Hamburg führen zu einem äußerst ruinösen und rücksichtslosen Wettbewerb. Sozialversicherungsrechtliche Belange der angestellten Fahrer sowie Alterssicherungsmaßnahmen der Einzelunternehmer wurden dem wirtschaftlichen Überleben, dem Wettbewerb geopfert. 60 bis 70 Wochenstunden mit einem relativ geringen Lohn sind bei den Fahrern mittlerweile nicht die Ausnahme, sondern eher die Regel. Sicherheitsaspekte sowie Kundenorientierung verlieren hier völlig an Bedeutung. Fiskaltaxameter sind eine weitere Möglichkeit, um die schwarzen Schafe der Branche auszugrenzen und verlässliche Daten für künftige Gutachten zu liefern.

Taxenunternehmen sind ein wichtiger Bestandteil des öffentlichen Personennahverkehrs, der durch den Schlendrian der Vergangenheit nicht aufs Spiel gesetzt werden darf.

Mit diesem Antrag zur Lage des Hamburger Taxengewerbes soll heute die Grundlage für einen fairen Wettbewerb im Hamburger Taxengewerbe geschaffen werden. Es ist unabdingbar, dass sich der zuständige Ausschuss der Bürgerschaft unverzüglich im Rahmen einer öffentlichen Anhörung mit der Lage des Hamburger Taxengewerbes befasst, um eine ausgewogene Basis für die gegebenenfalls erforderliche Senatsentscheidung über eine Tarif

änderung zu schaffen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP – Erhard Pumm SPD: Er hat über die Liberalisierung des Arbeitsmarktes ge- sprochen!)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Polle.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Dem letzten Satz des Kollegen Wohlers kann ich ausdrücklich zustimmen. Wir müssen im Bau- und Verkehrsausschuss eine Anhörung durchführen, um die Situation des Taxengewerbes zu verbessern und vor allen Dingen die wirtschaftliche Krise aufzuarbeiten, damit wir Hamburger Parlamentarier helfen können.

Die in Ihrem Antrag enthaltene Forderung nach einer öffentlichen Anhörung ist sinnvoll. Allerdings halten wir es für vorschnell, jetzt schon den Senat zu beauftragen, einen Beobachtungszeitraum nach Paragraph 13 des Personenbeförderungsgesetzes einzuschalten. Bei Einräumung eines solchen Beobachtungszeitraums ist vorgesehen, dass zunächst die Vergabe von weiteren Konzessionen gestoppt wird. Das hat in anderen Städten dazu geführt, dass bei den Taxenunternehmen ein munterer Handel mit Konzessionen einsetzte.

Mir haben Taxenfahrer erzählt, dass für die Übertragung einer Konzession bis zu fünfstellige Summen gezahlt werden, die in anderen Städten ein Taxifahrer bis zu zehn Jahren abzahlt. Das kann man und auch die FDP, die für einen Leistungswettbewerb eintritt, nicht wollen, wenn die Konzessionen und nicht die Leistungen zur Kostbarkeit für die Kunden werden.

(Christian Maaß GAL: Die neue liberale Hand- schrift!)

Deswegen sollte dieses Thema zunächst einmal diskutiert und auf solche unerwünschten Nebenwirkungen abgeklopft werden. Wir verschließen uns nicht dem Ansinnen, so etwas zu machen, aber lassen Sie uns dies vorher prüfen.

Das Taxengewerbe – da gebe ich Ihnen Recht – leistet einen erheblichen Beitrag für den öffentlichen Personenverkehr. Die Taxe fährt nicht nur im Nahverkehr, sondern man kann auch weiter damit fahren.

Auf Bundesebene hat sich deswegen eine Arbeitsgruppe aus einer Bund/Länder-Kommission gegründet, an der auch ein Hamburger Vertreter teilnimmt. Wir sind der Meinung, dass dieser auch gehört werden sollte, um über die Pläne auf Bundesebene informiert zu werden, denn diese müssen zu einem Hamburger Konzept passen.

Von dieser Arbeitsgruppe wurden unter anderem beispielsweise auch das vom Kollegen Wohlers vorgeschlagene Lichtbild und die Verbesserung der Taxameter geplant, sodass lückenlos aufgezeigt werden kann, welche Leistungen sie erbringen. Es wurde auch erwogen, ob automatische Sitzsensoren eingebaut werden sollten, die überprüfen, ob ein Kunde im Taxi sitzt. Das muss nicht gut sein, das weiß ich auch, aber das könnte doch zumindest einmal diskutiert werden, um auch andere Vorstellungen zu hören. Das sollten wir prüfen. Wir verschließen uns diesen Dingen nicht.

Mir wurde zum Beispiel erzählt, dass in anderen Städten die Entfernungszähler so manipuliert werden, dass die Bund/Länder-Kommission den Eindruck hatte, dass die Taxen überwiegend rückwärts fahren, weil bei den Kilometerzählern des Guten zu viel getan wurde. Diese Vorkommnisse sind unschön, aber sie dokumentieren die Krise im Taxengewerbe.

Es ist so, dass ein sich legal und gesetzestreu verhaltender Taxifahrer heutzutage kaum noch zurechtkommt. Wir meinen, dass man hier etwas tun muss.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Herr Wohlers, Sie sagten, dass sich das Kundenaufkommen kaum oder gar nicht erhöht hätte. Das stimmt. Taxifahrer haben mir gesagt, dass dieses Volumen in den letzten Jahren um circa 0 bis 2 Prozent gewachsen sei. Das ist fast nichts.