Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte auch nicht polemisch werden, aber was Sie hier in Hamburg mit der Kita-Card hinterlassen haben, ist das reinste Desaster und das wissen Sie auch ganz genau. Aus dem Grunde kommt jetzt Ihr schlechtes Gewissen. Wir streiten uns seit Jahren um diese Kita-Card.
Jetzt zu dem, was Herr Böwer eben gesagt hat. Gesundheitsförderung. Sie haben an den Schulen in Hamburg den Sportunterricht heruntergefahren. Es wurde der Bereich der Vorsorge heruntergefahren. Das sind alles Dinge, die Sie jetzt anbringen, aber das war nun einmal so.
Nun zur Historie, dass Sie im Jahre 2000 beschlossen haben, dass 27 Millionen DM eingespart werden. Dann haben Sie uns immer erzählt, die 27 Millionen DM merkt man aber nicht. Natürlich hat man sie an der Qualität gemerkt. Sie wissen auch selber, dass Sie in Ihrer Koalition vorher einen Dissens hatten, dass es gar nicht mehr möglich war. Im Wahlkampf wurde die Kita-Card herausgenommen. Das zur Vorgeschichte.
Im Bundesgesetz sind die Dinge, Herr Böwer, die bei Ihnen in den Paragraphen 22, 23 und 24 enthalten sind, auch verankert. Wir werden Ihren Antrag überweisen – und da sind wir anders als Sie in der Vergangenheit – und uns im Jugendausschuss noch einmal damit befassen, wo man konkret ansetzen kann. Aber grundsätzlich ist es im Bundesgesetz verankert.
Zu dem Punkt der Kostenerstattung. Sie haben in Hamburg dafür gesorgt, dass die Eltern die höchsten Beiträge zahlen. In keinem anderen Bundesland werden diese Beiträge bezahlt. Das hat dazu geführt – um das auch nicht zu vergessen –, dass Eltern ihre Kinder abgemeldet haben. Auch das ist Ihnen bekannt, dass die Eltern gesagt haben,
wir können das nicht mehr zahlen. Für eine alleinerziehende Frau, weil wir auch da immer die alleinerziehenden Frauen unterstützen wollen, hat es sich nicht mehr gelohnt zu arbeiten, wenn sie 600 oder 700 DM bei einem Einkommen von vielleicht 1200 DM zahlen muss.
Ja, es ist doch aber so. Ich möchte nur, dass es gerecht ist. Wir haben jahrelang eine Flexibilität in diesem Bereich gefordert. Das haben Sie grundsätzlich abgelehnt. Dann haben Sie – wie es in der Vergangenheit öfter war – Anträge, die wir gestellt haben, abgelehnt und sie nach drei Monaten selber eingebracht. Das war auch bei dem Kindergeld so. Auch bei dem Baukindergeld haben wir gesagt, das muss angerechnet werden. Sie haben es nicht getan. Es ist natürlich sehr einfach, sich hier hinzustellen und zu sagen, dass das jetzt alles passieren muss. Sie wissen selber, wie schwierig das ist. Wäre es gegangen, hätten Sie es schon in der letzten Legislatur umgesetzt.
Ich habe viele Podiumsdiskussionen, auch mit Herrn Böwer, mitgemacht. Sie wissen genau, dass in Ihrer Fraktion der größte Dissens war. Aber sich jetzt hier so aufzuspielen, wir wollen, wir wollen, wir wollen. Was haben Sie getan? – Sie haben gar nichts getan.
Wir werden weiterhin – das haben wir auch als Opposition gesagt – konstruktiv mitarbeiten. Jetzt werden wir mit Ihnen zusammenarbeiten. Wir wollen das Beste für die Kitas. Wir wollen das Beste für die Eltern. Dafür wird ein Konzept erarbeitet und dann wollen wir mal sehen, was wir in Zukunft für die Kinder in dieser Stadt machen können. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Gesetzentwurf der SPD belegt wieder einmal das neue Interesse der Opposition an teuren Ideen. Natürlich sind wir für Anregungen in der Schulpolitik dankbar und selbstverständlich ist Ihre Mühe lohnenswert. Aber man muss sich wirklich fragen, warum Sie diesen Entwurf fast genau 100 Tage nach der Wahl und nicht während der mehr als 15 000 Tage Ihrer Regierungszeit einbringen, zumal Ihr Kinderbetreuungsgesetz zwei Jahre alt ist.
Wenn wir Ihren Entwurf jetzt noch inhaltlich tauglich befinden würden, dann würden wir Ihnen vielleicht sogar Lernfähigkeit attestieren.
Das tue ich die ganze Zeit. Da Sie aber bevorzugen, in der Opposition zu behaupten, Ihre Wahlversprechen einzulösen, dann muss ganz deutlich gesagt werden, auch der Bereich Bildung und Erziehung wurde wirklich Opfer Ihres Rasenmähersparens. Die Ergebnisse sind – wie der Name der entsprechenden Studie – lau.
Trotzdem wollen wir keine Generaldebatte führen und inhaltliche Arbeit nicht nur wegen ihres Absenders ablehnen, denn es ist schön, dass Sie sich nach dem, was wir heute und in den letzten Tagen und Wochen von Ihnen gehört haben, dazu durchgerungen haben, jetzt wieder zur Sachpolitik zurückzufinden.
Leider sind Sie jedoch im alten gescheiterten SPD-Denken hängen geblieben. Ihr Modell impliziert Kosten für alle. Selbst extrem Bedürftige hätten in Ihrem Modell immer noch einen Eigenbetrag zum Kindergarten zu leisten. Dabei wissen Sie ganz genau, dass oft arme, kinderreiche oder ausländische Familien diesen Beitrag nicht leisten können oder auch wollen. Damit nehmen Sie auch in der Neufassung Ihres Gesetzes den Kindern gesellschaftlich die Chancen zur Entwicklung.
Nicht erst seit PISA ist uns klar, nur wer deutsch kann, hat eine Chance auf einen Schulabschluss. Das wissen auch Sie. Deutsch lernen soll und wird ein Kind in Hamburg bereits im Kindergarten und dafür wird unsere Regierung sorgen. Ihr Beitragssystem schließt manche Kinder aus. Wir haben das von vielen Seiten gehört. Das ist alles andere als sozial oder demokratisch.
Aber auch ein modernes Frauenbild werden Sie so kaum umsetzen. Wer sich keinen Kindergartenplatz leisten kann, bleibt zu Hause und lernt auch kein Deutsch. Integration, vor allem für Familien, in denen traditionell ein überkommenes unfreies Frauenbild meist aus vermeintlichen religiösen Gründen vorherrscht, ist Ihr Entwurf unbrauchbar und sogar kontraproduktiv. Im Interesse der Kinder, der Mütter und der Familie, die einen sehr hohen Stellenwert haben, hält unsere Koalition an ihrem vereinbarten Ziel fest, das Angebot langfristig für alle wesentlich kostengünstiger oder sogar kostenfrei zu gestalten.
Dem flexiblen Gutscheinsystem der Koalition gehört die bildungspolitische Zukunft der Stadt. Mit Ihrer aus der Mottenkiste gezogenen Kita-Card haben Sie schon vor der Wahl Schiffbruch erlitten. Das ist Ihnen auch bekannt. Es werden jetzt in bewährter Manier Kuratorien und Schiedsstellen eingerichtet, deren Entscheidungen durch den unterlegenen Beteiligten sofort zum nächsten Verwaltungsgericht führen. Mit anderen Worten: Es sollen neue Gremien nebst Kosten entstehen, die den Kindern soviel nützen wie der Kropf der Polizeikommission den Polizisten.
Aber wir werden uns von Ihrer Kommissionitis nicht anstecken lassen. Wir brauchen solche Gremien auch nicht, um einen Tummelplatz für verdiente Parteigenossen zu finden.
Allerdings wollen wir als Koalition auch nicht verschweigen, dass Sie mit ein paar Ansätzen in die richtige Richtung gehen. Niemand in diesem Hause ist zum Beispiel dagegen, die verpflichtende Erhöhung von vier Stunden auf fünf Stunden täglich durchzuführen. Viele der Betreuungseinrichtungen der Stadt bieten dies ohnehin schon und insofern wird es möglich sein, das auch umzusetzen.
Auch ist eine kindgerechte Förderung von Lernaktivitäten im Vorschulalter ganz im Sinne der Koalition. Wir wollen gerade in diesem Bereich verbindlich sicherstellen, dass Kinder bei der Einschulung sprachlich und psychisch
schulreif sind. Deshalb werden wir in diesem Feld die Initiative ergreifen und ein System bei der bedarfverbindlichen kostenlosen Sprachförderung im Vorschulalter implementieren. Denn es nützt nichts, Kindern bei Bedarf ein Betreuungsangebot bis in die Pubertät, bis 14 Jahre, zu bieten, wenn das Kind im wahrsten Sinne des Wortes bereits in den Jahren davor schon in den Sprachbrunnen gefallen ist.
Ihr Antrag zeigt, dass Sie in Zukunft im Schulausschuss – und ich betone im Schulausschuss – Sacharbeit leisten und Grundsatzdebatten führen wollen und dies ist ganz in unserem Sinne. Wir wollen einen breiten Konsens in der Bildungspolitik. Das habe ich schon des Öfteren gesagt und ich wiederhole es gern. Deswegen freue ich mich, in Zukunft im Schulausschuss mit Ihnen darüber debattieren zu dürfen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Freund, beim letzten Mal habe ich Sie geschont, aber wenn Sie sagen, es wird jetzt endlich wieder eine Sachdebatte geführt und man spricht über fachliche Dinge, dann muss ich feststellen, dass Sie jedes Mal auf Anträge und inhaltliche Ausarbeitungen eingehen, die nicht von Ihnen stammen, sondern dieses Mal von der SPD und das letzte Mal von uns. Wie gesagt, wir führen hier die Fachdebatte, aber von Ihnen lag dazu bisher kein Antrag vor; es war nichts als heiße Luft oder Seifenblasen.
Insofern ist es schön, wenn wir dann die Möglichkeit haben, die Fachdebatte wenigstens aufgrund der Anträge der Opposition zu führen.
Ihnen, Frau Pawlowski, muss ich sagen, dass Sie ein paar Dinge in der letzten Legislaturperiode nicht so richtig mitverfolgt haben. Ich habe die Jugenddebatten immer von der Schulseite mitbekommen. Mit dem Sport ist das so nicht ganz richtig. In der letzten Legislaturperiode ist keine einzige Sportstunde gestrichen worden. Ich würde es sehr begrüßen, jetzt die dritte Sportstunde einzurichten. Nur muss man erst einmal überlegen, woher man es nimmt, wenn man es nicht stiehlt.
Dann zu den Beiträgen. Wer 1200 DM verdient, der zahlt keine 750 DM Elternbeitrag für die Kita, liebe Frau Pawlowski. Da müssen Sie schon zwei Lehrergehälter verdienen, also nach „A26“ besoldet werden, wenn Sie 750 DM bezahlen sollen. Kita-Card hin und her. Ich weiß, dass heiße Debatten geführt wurden. Sie nennen es jetzt Gutscheinsystem. Das Wichtige ist doch, dass wir ein nachfrageorientiertes System haben und nicht die alten Zöpfe von gestern. Insofern ist das zwar eine nette Polemik, die vier Jahre lang ausgetragen wurde, aber, ich glaube, in der Sache sehen Sie das falsch.
Jetzt zum eigentlichen Gesetz. Lieber Thomas Böwer, ich muss sagen, insgesamt gar nicht schlecht. Ich finde, dass das im Grunde genommen eine konsequente Fortführung der Arbeit ist. Es wurde auch gesagt, man habe im Laufe der Zeit auch dazugelernt. Wir auch, zum Beispiel im Kontext der Frage, wie wir mit zweisprachigen Kindern umgehen, was mehr in dieser Frage zu tun ist. Das können wir nur unterstützen. Ich möchte mich hier, um nicht redundant
zu sein, auf drei Schwerpunkte konzentrieren, vor allen Dingen auf den Paragraphen 3, den ich für ausgesprochen richtig und wichtig halte. Die personelle und fachliche Fortentwicklung ist ein zentraler Punkt.
In jedem Betrieb, um auf die Wirtschaft zu kommen, spielt Fortbildung eine extrem wichtige Rolle und da wird auch viel investiert. Ich finde es – wie auch schon in der Schule – ausgesprochen wichtig, dass die Fortbildung eine zentrale Rolle spielt. Wir von der GAL würden sogar sagen, dass eine Verbindlichkeit eintreten muss. Es muss noch verbindlicher werden, wenn nicht gar verpflichtend und das würde ich hier noch stärker betonen wollen. Es gibt andere Bundesländer, die machen das schon. Es ist außerdem eine wunderbare Ergänzung für die Frage nach dem Bildungsauftrag der Kitas, der zum Teil nicht wahrgenommen werden kann, weil die Qualifizierung der Erzieherinnen nicht entsprechend ist. Das ist kein Vorwurf an die Erzieherinnen, sondern das ist die Tatsache, gerade wenn man sich die Situation im europäischen Vergleich anschaut. Es ist ebenso dringend notwendig, im Kontext mit den Migrantenkindern eine entsprechende Qualifizierung der Erzieherinnen zu erreichen.
Da liegen Sie übrigens, Frau Freund, auch nicht richtig. Sie wollten da irgendein Frauenbild verkaufen. Es ist nun einmal so, dass auch auf der Veddel und in Wilhelmsburg die Kinder bis zu 93 Prozent in die Kita gehen. Aber es geht darum, was dort gemacht wird. Es geht nicht darum, dass die per se zu Hause sind, weil ein anderes Frauenbild in den Migrantenfamilien gepflegt wird. Soweit zur Weiterbildung der Erzieherinnen.
Ich möchte ebenso den Paragraphen 17 betonen, bei dem die Qualitätsentwicklung eine zentrale Rolle spielt. Gerade die Qualitätsstandards sind bisher in den Kitas nicht festgelegt. Das ist eine Aufgabe, die nicht von heute auf morgen zu erfüllen sein wird, aber das ist ein zentraler Punkt, den ich als besonders positiv in dem Gesetz hervorheben würde.
Dass in der letzten Legislatur nichts passiert sein soll, ist deutlich an dem Widerspruch zu sehen, dass in dem Schwerpunkt Gesundheitsfürsorge die Ergebnisse der Anhörung in den Gesundheits- und Jugendausschuss eingeflossen sind. Das war eine sehr gute Anhörung, die gezeigt hat, wie man diese Prävention im Gesundheitsbereich viel früher installiert bekommt. Insofern befürworten wir von der GAL den Paragraphen 4 ganz besonders, weil er auch eine Verpflichtung für die Eltern beinhaltet, die Vorsorgeuntersuchungen mit dem bekannten Untersuchungsheft ernst zu nehmen. Letztendlich wissen wir selbst, was wir in den frühen Jahren durch Vorsorge nicht feststellen, haben wir später im Gesundheitsbereich auszubaden. Die Ausweitung der Betreuung wurde von uns immer propagiert in Richtung fünf beziehungsweise sechs Stunden. Das können wir nur unterstützen. Das ist wichtig.
Zum Schluss will ich noch einen Satz zu den Elternbeiträgen sagen. Ich denke, es ist ein mutiges Unternehmen, vom ersten bis zum 14. Lebensjahr die Kostenbeteiligung entsprechend zu betreiben. Ich glaube, dass wir auf Dauer eine Umschichtung von oben nach unten machen müssen, das heißt, dass wir in Richtung Kostenfreiheit in der Kita, zum Beispiel als ersten Schritt das letzte Jahr vor der Schule, arbeiten müssen, auch in Richtung Bildungsgutscheine denken sollten und eine große Umschichtung von oben nach unten machen müssen. Ich denke, das ist eine große Aufgabe für die nächsten Jahre. Es wird ja auch
bundesweit diskutiert, inwieweit mehr in die Kitas und in die Grundschule investiert werden muss als erst später oder in die „Reparaturbetriebe“ nach der Schule.