Protocol of the Session on February 6, 2002

Wirtschaftspolitik müsse mittelstandsorientierter werden, denn darin liege das Erfolgsrezept. Sie können nun nicht bestreiten, dass die Bundesregierung bis 1997 die Gelegenheit gehabt hat, diesen Erfolg nachzuweisen. Um nur einmal die Zeit von 1991 bis 1997 zu betrachten, war das Ergebnis eine Steigerung der Arbeitslosigkeit von 2,1 Millionen – Sie haben es eben gehört – auf weit über vier Millionen. Dass ist bei Ihrer Politik herausgekommen.

Noch schlimmer ist die FDP. Ich bin nun schon 48 Jahre alt, aber die meiste Zeit meines Lebens hat bundespolitisch ein Wirtschaftsminister der FDP das Sagen gehabt.

(Beifall bei der GAL)

Seit 1969 hat die FDP die Politik

(Ekkehard Rumpf FDP: Und dabei waren wir Spitze in Europa!)

auf der Bundesebene bestimmt und dabei ist die Arbeitslosigkeit von 0,9 Prozent in 1969 auf am Ende 12,7 Prozent gestiegen. Und Sie stellen sich hier hin und wollen uns Ratschläge geben? Darauf verzichte ich gern.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das ist auch ein wenig das Problem, Herr Uldall, warum ich nur einen Teil Ihrer Vorschläge für tatsächlich kreativ halte. Ich finde, dass man das Hamburger Modell ausprobieren muss. Ich hätte mir aber gewünscht, dass wir uns gerade im Ausschuss einmal darüber unterhalten hätten, wie man verhindert, dass das nur Mitnahmeeffekte sind und dass da, wo jemand aus einem Betrieb ausgeschieden ist, ein neuer Mitarbeiter eingestellt wird und Sie ihm noch einen Scheck obendrauf legen. Das kann wohl nicht die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit sein.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Aber diese Diskussionen verhindern Ihre Regierungsfraktionen gerade dadurch, dass es im Ausschuss gar nicht diskutiert wird. Ich muss ehrlich sagen, das ist nicht der neue gute Stil, den ich mir wünschen würde, wenn wir gemeinsam darum ringen wollen, die Arbeitslosigkeit in dieser Stadt tatsächlich mit kreativen neuen Konzepten zu bekämpfen.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Ferner möchte ich noch einmal das Thema Lohnniveau aufgreifen. Sie haben von einer Küchenhilfe gesprochen, die 3000 DM verdient und die sich ungern auf einen Tarifjob von 2100 DM bewerben mag. Ich glaube, Sie haben Recht, denn das zeigt auch, welche Tarife wir noch in unserem Land haben; darauf will ich aber gar nicht hinaus.

Die Pauschalregelung, die Sie jetzt einführen, führt dazu, dass nicht nur die Küchenhilfe, sondern auch der gelernte Tischler, der vielleicht einen Tariflohn von 4000 DM hat, auf die ungefähr 750 Euro netto herunter gedrückt wird. Dafür braucht es nicht nur ein Lohnabstandsgebot, sondern ein Sozialhilfeabstandsgebot. Das zerreißen Sie mit Ihrer Regelung und das halte ich grundsätzlich für falsch.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das Wort hat der Abgeordnete Mattner.

Herr Egloff, die Bundesregierung ist tatsächlich gescheitert, und zwar auf dem Gebiet der Arbeitsmarktpolitik, und Sie trauen sich hier zu sagen,

dass die Arbeitgeber schuld seien. Das ist ein Stück aus dem Tollhaus.

Sie sollten die Schuld nicht bei anderen suchen. Sie hatten hier in Hamburg lange genug die Gelegenheit, es besser zu machen, und haben es nicht geschafft. Die Bundesregierung ist ins Wort gegangen und hat gesagt, sie knüpfe ihr Schicksal an die Arbeitslosigkeit. Heute können wir feststellen, dass wir 4 289 000 Millionen Arbeitslose haben. Das ist an sich schon ein Rücktrittsgrund für den Bundeskanzler und für diese Arbeitslosenzahl können Sie die CDU nicht verantwortlich machen.

Sie haben die hohen Arbeitslosenzahlen angesprochen. Die Arbeitsmarktzahlen der alten Bundesregierung waren wesentlich besser als die der heutigen Regierung. Durch statistische Tricksereien hat man die Zahlen immer wieder geschönt. Pro Jahr sind 200 000 Menschen altersbedingt ausgeschieden, also sind die Zahlen der neuen Bundesregierung schlechter als die der alten Bundesregierung.

(Glocke)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Egloff?

Dr. Andreas Mattner: Ja.

Herr Kollege Dr. Mattner, wenn Sie sagen, die Politik der jetzigen Bundesregierung sei bei 4,3 Millionen Arbeitslosen gescheitert, stimmen Sie dann mit mir überein, dass die Politik der alten Regierung von Herrn Kohl mit 4,8 Millionen Arbeitslosen erst recht gescheitert ist?

Nein, die Politik war nicht gescheitert. Ich habe Ihnen gerade aufgezeigt, dass die Zahlen der alten Bundesregierung besser waren und auch bessere Perspektiven hatten. Die neue Bundesregierung hat sich komplett dem Ziel verschrieben, die Arbeitslosigkeit herunterzudrücken, stattdessen sind es wesentlich mehr geworden. Ihre Bewertung ist daher falsch.

Hinzu kommt noch, dass der neuen Bundesregierung der Reformwille fehlt. Es werden immer weniger Investitionen getätigt, die Lohnnebenkosten liegen inzwischen über 41 Prozent und das trifft uns hier in Hamburg ganz massiv. Wir haben in Hamburg jetzt 77 000 Arbeitslose und das ist eine Folge der verfehlten Bundespolitik. Wir müssen alles daran setzen, um uns davon abzukoppeln, so schwer das auch ist.

Wir werden gleich noch über das Sonderinvestitionsprogramm des Senates sprechen. Das sind massive Maßnahmen gegen diese Arbeitslosigkeit: Wir werden Arbeitslose schneller vermitteln.

Wir werden mit dem Programm des Senates für eine wachsende Stadt für Impulse sorgen, die wir brauchen, um die Menschen wieder aus der Arbeitslosigkeit zu führen, zum Beispiel mit den Großprojekten HafenCity und Messeerweiterung.

Mit mehr Arbeitsplätzen bei Airbus werden wir es schaffen, in Hamburg einen Gegentrend zu setzen.

Meine Damen und Herren! Wenn wir einen Antrag im Wirtschaftsausschuss besprechen sollen, dann muss er auch ein wenig Substanz haben. Wenn man sich das anschaut, geht es hier um Evaluierung der Politik, wir sollen bürokratische Genehmigungsverfahren verändern. All das, was

(Alexander Porschke GAL)

Sie hier schreiben, können Sie auch im Programm der neuen Regierung nachlesen. Das steht so darin. Das sind in Teilen auch Binsenweisheiten. Dann fragen wir uns doch wirklich, warum wir das im Wirtschaftsausschuss noch zur Diskussion stellen müssen. Sie müssen schon konkrete Vorschläge machen. Dann wären wir auch gerne bereit, sie im Wirtschaftsausschuss zu diskutieren. Dieser Antrag hat leider keine Substanz.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Der Abgeordnete Rumpf hat das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte mich zunächst bei Herrn Senator Uldall bedanken, der durch seine Ausführungen meine Rede doch erheblich verkürzt hat. Deshalb kann ich mir einiges von den schlichten Wahrheiten sparen, die hier heute schon verkündet worden sind. Aber mit den Damen und Herren der GAL in Hamburg möchte ich mich dann doch noch einmal beschäftigen.

Die Schwaben sagen, nur der Schwabe hat die Gabe. Dem kann ich mich als Wahlhamburger und gebürtiger Pfälzer nur schwerlich anschließen. Bei den Grünen scheint es jedoch zu stimmen, denn die Herren Metzger und Schlauch, die an der grünen Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitik wesentlich Verantwortung tragen, sind schon so viel weiter als ihre Parteifreunde, dass dieses Sprichwort anscheinend bei der grünen Partei seine Wirkung hat. Das zeigt Herr Porschke auch dadurch, dass er uns für die Arbeitsmarktpolitik der siebenundvierzigjährigen Regierungsbeteiligung verantwortlich macht, wobei er doch eigentlich wissen müsste, dass auf Bundesebene der Arbeitsminister für die Arbeitsmarktpolitik zuständig ist, wir lediglich den Wirtschaftsminister gestellt haben.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Ach, deswegen!)

Um das noch einmal zu wiederholen, Herr Porschke, solange die FDP den Wirtschaftsminister in Deutschland gestellt hat, sind wir nicht das Schlusslicht in Europa gewesen, was die wirtschaftliche Entwicklung angeht. Das möchte ich an dieser Stelle noch einmal betonen.

(Werner Dobritz SPD: Wie hießen die eigentlich noch? Rexrodt, Haussmann? Und Möllemann, das war doch der... – Es ist schön, dass Sie die alle noch kennen, Herr Dobritz. Wie heißt Ihr Wirtschaftsminister noch? An den erinnere ich mich nämlich nicht. (Manfred Mahr GAL: Sagen Sie doch mal, wie Sie sich das vorstellen!)

Es ist interessant, dass man anscheinend in diesem hohen Hause doch noch einmal ganz grundlegend und elementar erklären muss, wie ein Arbeitsplatz entsteht. Der entsteht nämlich dadurch, dass ein Mensch eine Idee hat, eigenes Kapital und zu Anfang sehr viel Arbeit in diese Idee hineinsteckt. Wenn seine Idee funktioniert, dann fängt er an, Leute einzustellen, und er trägt dieses unternehmerische Risiko weiter, es sei denn – das muss man mittlerweile einschränken –, er bläht sich durch fragwürdige wirtschaftliche Praktiken so auf, dass er am Schluss 1000 oder 1500 Arbeitnehmer hat und, wenn er dann Bankrott geht, nach Herrn Schröder ruft, der ihm mit Bürgschaften unter die Arme greift. Ob das nun unbedingt die sinnvolle

Wirtschaftspolitik der ruhigen Hand ist, die Herr Schröder immer propagiert, mag dahingestellt bleiben.

Der Staat kann aber auch anders als helfen. Er kann nämlich diesem Unternehmer seine Arbeit wesentlich erschweren und damit Arbeitsplätze verhindern. Das kann er einmal durch staatliche Unternehmungen tun und da ist Hamburg nach 44 Jahren roter Regierung Spitze, auch in Deutschland. Wir haben über 380 staatliche Unternehmen, die dem privaten Unternehmer Konkurrenz machen, ohne selber Bankrott gehen zu können, ohne wirtschaftliches Risiko. Das ist eine absolute Arbeitsplatzverhinderungspolitik, die hier betrieben wird und die wollen Sie weiterhin unterstützen, indem Sie den Zweiten Arbeitsmarkt stärker als den Ersten gestalten. Das kann es nicht sein. Es ist schon viel zum Lohnabstand und dergleichen gesagt worden. Die Statistiken, die Sie von dem neuen Senat bekommen haben, haben in keiner Weise etwas mit Ihrem Antrag zu tun. Sie haben auch in keiner Weise etwas damit zu tun, was Sie hier erzählt haben. Die Anzahl der offenen Stellen und der Arbeitsuchenden verhält sich nämlich in keiner Weise irgendwie äquivalent zu der Zahl der geförderten Arbeitsverhältnisse in diesem Papier. Das hat überhaupt nichts miteinander zu tun. Daran sehen Sie schon, wie wirkungslos die meisten Maßnahmen des Zweiten Arbeitsmarktes sind. Die beste Arbeitsmarktpolitik ist und bleibt – das wurde hier auch schon gesagt – eine gute Wirtschaftspolitik.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Eine gute Wirtschaftspolitik ist eine Politik, die einerseits dem Unternehmer Anreize schafft, Arbeitsplätze zu schaffen durch Entschlackung der Bürokratie und andere Maßnahmen, andererseits aber auch die Anreize schafft, diese Arbeit auch anzunehmen vonseiten der Arbeitnehmer. Deswegen sehen wir eigentlich nicht ein, warum wir unsere Konzepte, die wir haben und die bestimmt greifbarer sind und greifender sein werden als Ihre, dann einsetzen sollen, wann Sie es wollen. Wir werden das tun, wenn wir es für richtig halten, und deswegen bitten wir um Ablehnung des Antrages und keine Überweisung. – Danke.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Der Abgeordnete Hardenberg hat das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wenn Sie mit Ihren beiden Anträgen fordern, Arbeitslosigkeit aktiv zu bekämpfen, so sieht meine Fraktion das genauso. Die Zusammenarbeit zwischen den Fraktionen ist natürlich auch wichtig dafür. Allerdings wollen wir nicht mit Lohnersatzleistungen das Nichtstun subventionieren und damit die Arbeitslosigkeit noch fördern, sondern durch Lohnergänzungsleistungen den Anreiz bieten, zu arbeiten. Auch der Niedriglohnsektor muss so gestaltet sein, dass Arbeit finanziell wieder attraktiv wird. Das bedeutet, dass erstens die Sozialhilfe für Erwerbsfähige – und nur für diese – deutlich abgesenkt wird, so dass es unattraktiv ist, sich darauf auszuruhen, und zweitens, dass Lohnergänzungsleistungen Beschäftigung in der Privatwirtschaft fördern, und zwar so weit, dass die Summe aus privatem und staatlichem Geld höher liegt als die heutige Sozialhilfe. Dies lässt dafür die Löhne auf ein Niveau fallen, das der niedri

(Dr. Andreas Mattner CDU)

A C

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gen Produktivität der Betroffenen entspricht, aber auch deren Beschäftigung ermöglicht.

Noch ein paar Worte zum Thema ABM und Kombilohn. Hätte man die Wahl zwischen ABM und Kombilohn, so ist der Kombilohn immer sinnvoller. ABM führt selten zum Einstieg in den Ersten Arbeitsmarkt, während der Kombilohn, speziell in Form des „Hamburger Modells“ von Senator Uldall, hierfür ein guter Ansatz sein kann. Der Arbeitslose hat so die Möglichkeit, mit echter Arbeit mehr zu bekommen als durch Arbeitslosenunterstützung oder Sozialhilfe.