KOOFRA bietet den geschundenen Frauen Hilfe. Sie sind Opfer geworden, unter falschen Versprechungen nach Deutschland gelockt und unter schlimmsten Bedingungen eingesperrt und ausgeliefert. Wenn sie den Weg zu KOOFRA schaffen – und leider schaffen das nicht alle, sondern nur wenige aus diesem Bereich –, dann finden sie dort Frauen, die im wahrsten Sinne des Wortes ihre Sprache sprechen. Sie finden Hilfe und werden betreut. Sie können über ihre Angelegenheiten reden und sich in Ruhe entscheiden, ob sie vor Gericht aussagen wollen oder nicht. Das Wertvollste, was KOOFRA ihnen bieten kann, ist Zeit. Die drohende Abschiebung, die Ausreisepflicht ist aufge
Die andere Seite ist, dass Polizei und Justiz die Aussagen dieser Frauen brauchen. Meistens kann der Menschenhändler, der Zuhälter nur durch ihre Aussage überführt und verurteilt werden. Es gibt zu wenige Frauen, die auf Anhieb bereit sind, vor Gericht auszusagen.
Diese Frauen werden im Zeugenschutzprogramm der Polizei vorbildlich betreut. Viele Frauen brauchen aber die Zeit, die KOOFRA ihnen gibt. Sie brauchen jemanden, der ihnen in ihrer Sprache erklärt, was auf sie zukommt. Sie brauchen physische und psychische Unterstützung sowie Rechtsberatung. Das ist der Auftrag von KOOFRA. Für diesen Auftrag braucht KOOFRA in drei Bereichen unsere Unterstützung, die Unterstützung des Parlaments und des Senats.
Die kontinuierliche Zusammenarbeit mit der Polizei muss fortgesetzt werden. Es ist eine traurige Wahrheit, dass Frauen aus der Zwangsprostitution kaum eine andere Chance haben, ihre Situation zu verändern, wenn sie nicht durch eine Razzia, durch polizeiliche Ermittlungen von ihren Peinigern befreit werden. Die enge Zusammenarbeit von KOOFRA und der Polizei hat in der Vergangenheit hervorragend geklappt. Es ist Sache der neuen Regierung, dafür zu sorgen, dass das so bleibt.
KOOFRA braucht aber auch weitere Öffentlichkeitsarbeit und Werbung. Das Angebot muss den Frauen über die verschiedensten Wege bekannt gemacht werden, damit auch andere Wege zu dieser Einrichtung eröffnet werden können.
Der dritte und wichtigste Bereich der Unterstützung ist aber die abgesicherte Finanzierung des Projektes. Es ist gut zu hören, dass das Projekt zumindest für die nächste Zeit durch die Einnahmen aus der Gewinnabschöpfung gesichert ist. Langfristig wird man sich aber überlegen müssen, ob man KOOFRA nicht darüber hinaus mit festen Haushaltsmitteln absichern kann.
In den letzten Tagen und Wochen habe ich viel darüber gehört, was mit den Geldern aus der Abschöpfung alles passieren soll. Dieser Topf wird sehr schnell leer sein, wenn all das gemacht wird, was im Augenblick damit geplant wird. Umso dringender ist es, dass es eine eigene Unterstützung für dieses Projekt gibt. Diese Unterstützung braucht KOOFRA nicht nur aus humanitären Gründen, sondern jede Aussage, die mit Hilfe der Kooperationsstelle erreicht werden kann, ist Gold wert. Sie erspart den Ermittlungsbehörden viel Arbeit, Zeit und Geld.
Ich denke, dass es nach dem breiten Konsens, den es bei der Einrichtung von KOOFRA gegeben hat, hierüber auch einen breiten Konsens im Parlament geben wird. Ich hoffe auch, dass sich der Senat demnächst mit den Ergebnissen des interbehördlichen Arbeitskreises zur Bekämpfung des Frauenhandels beschäftigen wird. Nach Frage 7 der Großen Anfrage hat er das bisher leider nicht getan. Ich hoffe, vor allem aus der Sicht der betroffenen Frauen, dass das bald passiert.
Über Prostitution wurde in diesem Haus in der Vergangenheit schon so manches Mal gesprochen. Die Übereinstimmung ist leider nicht bei allen Maßnahmen so groß gewesen wie bei der Einrichtung des Projekts KOOFRA. Wir begrüßen daher ausdrücklich, dass der Senat dem Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse von Prostituierten im
Mit diesem Gesetz wurde die Sittenwidrigkeit der Prostitution abgeschafft und der Zugang zu den Sozialversicherungssystemen eröffnet.
Bei all diesen Maßnahmen geht es nicht darum, wie manchmal vorgeworfen wird, dass wir die Prostitution fördern wollten oder sie sogar als Beruf attraktiv machen. Es geht darum, die Situation der Frauen zu verbessern, die sich prostituieren müssen.
Wir sind uns alle darüber einig, dass es über die Veränderung der Gesetzeslage hinaus ganz konkrete Maßnahmen geben muss, um den Frauen in dieser Stadt den Ausstieg aus der Prostitution zu ermöglichen. Das war jedenfalls bislang der Tenor der Debatten in diesem Haus, die ich bisher nur nachlesen konnte. Zumindest liest es sich so, dass wir darüber einig sind.
An diesem Punkt wird nun die Haltung der neuen Regierung widersprüchlich. Ich kann sehr wohl unterschiedliche Meinungen zum Themenfeld Prostitution verstehen, ich kann aber nicht verstehen, dass man Prostituierte im Stich lässt, und zwar ausgerechnet die, die versuchen, aus der Prostitution herauszukommen.
Mein Entsetzen war daher groß, als ich das erste Mal lesen musste, dass ein überaus erfolgreiches Projekt zum Ausstieg kurz vor dem Bankrott steht. Es geht um die Textilwerkstatt Altona des Diakonischen Werks. Hier finden Prostituierte einen Ort, an dem sie sich wieder oder erstmals an so etwas wie ein normales Arbeitsleben gewöhnen können. Sie können sich qualifizieren und machen Praktika in Betrieben des allgemeinen Arbeitsmarktes. Die Textilwerkstatt ist erfolgreich. Vermittlungsquoten von 40 Prozent oder manchmal 70 Prozent in den allgemeinen Arbeitsmarkt sind der Beleg dafür. Hier geht es nicht nur darum, dass schwer vermittelbare Menschen endlich in den Arbeitsmarkt zurückkehren können. Es geht darum, dass Frauen den Absprung aus der Prostitution schaffen und nicht mehr darauf angewiesen sind, sich und ihren Körper zu verkaufen.
Die CDU hat hier vor noch gar nicht langer Zeit gemeinsam mit der SPD und der GAL gefordert, dass dieses Angebot über den Textilbereich hinaus ausgeweitet werden muss. Jetzt aber, selbst an der Regierung, lässt sie die Frauen im Stich. Das widerspricht nicht nur Ihren vorherigen Aussagen, sondern ist zutiefst unchristlich und unmenschlich.
Die SPD-Fraktion erwartet von Ihnen, dass hier sehr schnell eingegriffen und der Fortbestand der Textilwerkstatt gesichert wird. Eile tut not. Bereits in der nächsten Woche laufen die ABM-Verträge von sechs Näherinnen und einer Sozialpädagogin aus. Gemeinsam mit dem Arbeitsamt muss eine schnelle Lösung gefunden werden. Die bisherige Finanzierung lässt sich auch unter den geänderten Rahmenbedingungen fortsetzen, wenn der politische Wille vorhanden ist. Es handelt sich hier nicht um eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme wie alle anderen. Das Ausstiegsprojekt Textilwerkstatt ist einmalig in Deutschland und muss erhalten werden.
Dafür müssen Sie, die Kolleginnen und Kollegen aus den Regierungsfraktionen, und Sie, Frau Senatorin SchnieberJastram, sorgen. – Vielen Dank.
Bevor ich der Abgeordneten, Frau Koop, das Wort erteile, erlauben Sie mir noch, ein Versäumnis nachzuholen. Ich muss darauf hinweisen, dass die GAL-Fraktion beantragt hat, diese Drucksache an den Innenausschuss zu überweisen. Das habe ich eingangs nicht angesagt. Frau Koop, Sie wünschen und erhalten das Wort.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Dräger, Sie haben richtig gesagt, dass wir uns in der letzten Legislaturperiode intensiv und ausführlich mit dem Thema illegale Prostitution und Menschenhandel beschäftigt haben. Es ehrt Sie, dass Sie auch die Protokolle unserer Anhörungen und Ausschusssitzungen gelesen haben, denn darin ist eine Menge enthalten und es zeigt, dass wir dieses alles gemeinsam und in großer Einmütigkeit auf den Weg gebracht haben. Es ist richtig, dass das auch auf der Tagesordnung bleiben muss. Es darf jetzt nicht abgehakt werden nach dem Motto: Wir haben alles erreicht und nun wollen wir erst mal sehen, wie es läuft.
In dem, was wir gemeinsam auf den Weg gebracht haben, finden wir eine gute Zusammensetzung. Sie sind nun auf ihrer altgewohnten Schiene geblieben, indem Sie eine Anfrage stellen, damit der Senat Gelegenheit bekommt, die Dinge aufzulisten; das finde ich sehr lobenswert. Es ist so, wie Sie es früher gewohnt waren, um dem Senat eine gute Position zu geben.
Insofern ist es ja schön: Tempora mutantur; aber manche nehmen es dann doch nicht so genau und das kommt uns sehr entgegen.
Es ist natürlich bedauerlich, wenn diese Instrumentarien, die geschaffen wurden, nicht in dem Maße genutzt werden, wie es wünschenswert wäre oder wie wir es für die Bekämpfung des Menschenhandels auch erwartet haben. Das zeigt uns, dass wir im Informations- und natürlich auch im Präventivbereich noch sehr viel stärker tätig werden müssen. Wir hatten einmal angedacht, dass man auch in den Heimatländern, im Vorfeld Informationen in der Landessprache gibt. Ich denke, daran sollte man noch sehr viel intensiver arbeiten. Wenn wir die Frauen erst einmal hier haben – und hier geht es um die illegale Prostitution –, dann ist es schwer, an sie heranzukommen. Natürlich bin ich auch weiterhin dafür, dass die Ausstiegsmöglichkeiten verbessert werden; das ist richtig.
Sie ist in den Projekten eingebunden und von einer klaren Kürzung ist mir nichts bekannt. Dazu müsste sich dann der Senat äußern.
Eins möchte ich aber dazu sagen: Dass die Anerkennung als Beruf für diesen ganzen Bereich – auch für die illegale Prostitution – unbedingt förderlich ist, ist nach meiner persönlichen Meinung nicht der Fall. Aber wir haben auch das Recht, hierzu andere Meinungen zu haben.
Wenn Sie in dem Vorbericht schreiben, dass die Bekämpfung der organisierten Kriminalität in Hamburg im Bereich des Menschenhandels einen hohen Stellenwert hatte,
dann kann ich Ihnen nur sagen, dass das die falsche Zeit ist – dass sich die Zeiten geändert haben, habe ich bereits gesagt –, sie hat und sie wird haben. Nach Ihrem Tenor sagen Sie nun, Sie hätten immer alles gut gehabt und was jetzt komme, wüssten Sie nicht; diesen Zweifel kann ich nicht teilen. Wir werden weiterhin an der Beseitigung der menschenunwürdigen Lebensumstände arbeiten.
Sie haben den behördlichen Arbeitskreis erwähnt. Ich finde es sehr richtig, dass er belebt wird und jährlich einen Bericht vorlegt. Diesen Bericht sollten wir abwarten und sehen, was zu ändern oder an neuen Maßnahmen zu erörtern ist.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich bin der Meinung, jeder oder jede Bürgerschaftsabgeordnete soll sich über die Themen sachkundig machen, über die er oder sie hier sprechen soll.
Ich habe mich also sachkundig gemacht und mit sehr vielen Frauen – mehr als eine Hand voll Frauen aus Litauen, Estland, Bulgarien und Russland – gesprochen und weiß deshalb auch, wovon ich rede. Der Redebeitrag wird also etwas anders ausfallen, als Sie vielleicht erhofft haben;
In der Großen Anfrage ist Fakt gewesen, dass Polizeiaktionen und Einsätze gegen Menschenhandel und die Schleuserkriminalität zum Nachteil von sich prostituierenden Menschen durchgeführt wurden, ohne dass sich dieser Tatverdacht bestätigte. Dabei wurden zwar 27 nicht deutsche Frauen angetroffen, die hier illegal der Prostitution nachgehen, also gegen das Aufenthalts- oder Ausländerrecht verstoßen haben, sogenannte Zwangsprostituierte sind sie jedoch nicht gewesen. Ob sie Opfer von Menschenhandel wurden, ist laut polizeilicher Ermittlung nicht nachweisbar beziehungsweise beweisbar.
(Dr. Andrea Hilgers SPD: Was soll das jetzt heißen? – Uwe Grund SPD: Und die anderen Fälle kennen Sie auch?)
Meine Damen und Herren, Anfang der neunziger Jahre, nach dem Zerfall des Ostblocks, war es weit verbreitet, dass aus dem ehemaligen Ostblock junge Frauen mit Versprechungen und fingierten Arbeitsverträgen für eine gut bezahlte Tätigkeit in der Gastronomie oder im Haushalt nach Deutschland gelockt wurden, dann aber mittels Zwang und Gewalt hier als Prostituierte unter erbärmlichen Verhältnissen anschaffen mussten. Da sie legal als Touristen eingereist waren, wurden ihnen die Pässe nebst das auf drei Monate befristete Visum abgenommen. Sie durften während ihres Aufenthalts nicht arbeiten und waren darüber hinaus auch noch länger als drei Monate hier. Ihr Aufenthaltsstatus war also illegal. Somit hatten die Schleuser oder Menschenhändler – oder wer auch immer – ein Druckmittel, sich nicht den zuständigen Behörden zu offenbaren, weil sie sich hier illegal aufhielten und auch nicht arbeiten durften.