Protocol of the Session on February 25, 2004

Das Wort hat Herr Dobritz.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Pauly, ich habe schon viele Abschiedsreden von Ihnen gehört, aber dies war die komplizierteste.

(Beifall bei der SPD)

Nur ein paar Fakten. Als Kohl anfing, lagen die Sozialversicherungsbeiträge bei 34 Prozent, als Schwarzgelb 1998 ausstieg, lagen die Sozialversicherungsbeiträge bei 42 Prozent. Das ist Ihre reale Leistung in 16 Jahren gewesen.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Heute liegen sie bei 41 Prozent, das ist noch nicht genug, aber es ist die richtige Richtung.

(Heiterkeit bei der FDP)

Senkung unter 40 Prozent ist das Ziel, aber sie steigen seit sechs Jahren nicht mehr so dramatisch wie bei Ihnen.

Als Sie 1998 in Bonn gingen, lag das Kindergeld bei knapp 95 Euro, heute liegt es bei 150 Euro. Der Eingangssteuersatz wird Ende dieses Jahres bei 15 Prozent liegen, der Grundfreibetrag bei 8000 Euro und der Spitzensteuersatz bei 42 Prozent. Dies ist in der westlich zivilisierten Welt der günstigste Steuertarif, den wir überhaupt kennen. Dies ist eine Leistung von Rotgrün.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Darüber hinaus liegt die Steuer- und Abgabenquote im europäischen Maßstab bei 36,4 Prozent in Deutschland, in ganz Europa steht nur Spanien besser da. Ein paar Fakten an die Pharisäer-Partei der Freien Demokratischen Partei.

(Glocke)

Herr Dobritz, ich rufe Sie zur Ordnung.

Kommen wir zu Hamburgs Aufschwung. Was ist denn in zwei Jahren mit Hamburgs Aufschwung gewesen? Der „Tagesspiegel“ vom 22. Februar spricht von 16 000 zusätzlichen Arbeitslosen, einer so genannten sich ausbreitenden ECE-Connection, einer Baumarkt-Connection, einer Beiersdorf-Connection, einer Shipyard-Connection und ganz zum Schluss in der letzten Woche von einer Tennis-Rothenbaum-Connection.

(Volker Okun CDU: Was meinen Sie denn damit?)

In den letzten zwei Jahren ist es möglich gewesen, dass mithilfe einer Partei Baumärkte, wie zum Beispiel in Stellingen, weitere Ausweisungen von 30 bis 40 Prozent bekommen; kleine Handwerksbetriebe müssen aussteigen. Der Inhaber dieses Baumarkts spendet dann anschließend 200 000 Euro an den Verein „Lebendiger

Jungfernstieg“, in dem Herr Dr. Mattner aktiv ist. Das ist in dieser Stadt in den letzten zwei Jahren gewachsen.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Vor einem Jahr erklärt der Wirtschaftssenator vollmundig, das Tennis-Master-Turnier bleibe am Rothenbaum und dafür gebe der Steuerzahler eine Bürgschaft von 2,7 Millionen an den DTB-Präsidenten Herrn von Waldenfels, in Personalunion ehemals Finanzminister von Bayern. Und was erleben wir ein Jahr später? Die Bürgschaft soll es geben, aber das Tennis-Turnier soll verkauft werden. Das ist die Tennis-Connection, die in dieser Stadt gewachsen ist.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Und bei der Beiersdorf-Connection sieht es so aus: Bis zum jüngsten Tag haben nur die Aktionäre und die Vorstände der Allianz verdient.

(Bernd Reinert CDU: Sag' endlich etwas zum Thema!)

Für 130,7 Euro haben sie die Aktie eingekauft und heute valutiert sie bei 90 Euro; das ist die BeiersdorfConnection.

Meine Damen und Herren! Nicht Berlin ist schuld an der Situation in Hamburg,

(Frank-Thorsten Schira CDU: Sie müssen zur Sache kommen!)

sondern dieser Senat ist selbst schuld. Was ich Ihnen vorgetragen habe, ist Ihr kleines Karo, was Sie an Aufschwung in dieser Stadt geschaffen haben. – Danke.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort hat jetzt Herr Dr. Mattner.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wirtschaftspolitik in dieser Republik muss wieder verlässlich werden und dazu war die Büttenrede von Herrn Dobritz kein Beitrag.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Sie ist erfüllt von Hass und Angriffen, die letztlich nur den Boden für die vernünftige Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Politik zerstören und das ist das kleine Karo, mit dem agiert wird. Aber ich kann das auch gut verstehen, weil die SPD genau weiß,

(Michael Neumann SPD: Eine Hand wäscht die andere!)

dass sie nicht wieder an diese Regierung kommen wird.

(Beifall bei der CDU)

Wir sind eigentlich schon beim Thema, denn alle Wirtschaftstheorien sagen, zum Einmaleins gehört Psychologie in der Wirtschaft. Das Hin und Her aus Berlin in den letzten Jahren hat nicht nur Unternehmer verschreckt, sondern auch alle Bürger. Unternehmer investieren nicht mehr und die Sparquote der Bürger ist so hoch wie nie.

Auf dem Gebiet der steuerlichen Abgaben gibt es derzeit auf Bundesebene beim Bundesminister der Finanzen 118 Gesetze, 87 Rechtsverordnungen und 2235 Richtlinien. Mit Erstaunen verfolgen die Bürger dieses Landes

seit Jahren das Chaos in der Sozial- und Wirtschaftspolitik der rotgrünen Regierung. Das Dickicht namens Reformdebatte verunsichert die Menschen zutiefst. Jede Woche treibt die Bundesregierung eine neue Sau durchs Dorf, dann gibt es einen Aufschrei und alles ist wieder vorbei. Wird endlich einmal eine Reform verabschiedet, gibt es am nächsten Tag schon dieses fürchterliche Wort der Nachbesserung und das ist die Realität.

Deutschland braucht dagegen eine beschäftigungsorientierte Arbeitsmarktordnung und vor allen Dingen eine grundlegende Strukturreform. Diese, vor allen Dingen kombiniert mit der Steuerreform, wollen viele heute erfunden haben, aber es war unser heutiger Wirtschaftssenator Gunnar Uldall, der schon vor Jahrzehnten seinen Weg für ein Steuermodell aufgezeigt hat.

(Ingo Egloff SPD: Das war das Einzige, was er gemacht hat!)

Beim Blick nach vorn geht es darum, nicht nur die Strukturkrise in unserem Land, sondern auch eine tiefgreifende Vertrauenskrise gegenüber der politischen Führung generell zu überwinden, und davon sind vor allen Dingen Sie, liebe Genossen, weit entfernt.

Für mich ist nach wie vor eines der wichtigsten aktuellen Beispiele die Ausbildungsplatzabgabe. Noch im Reformjahr 2003 schien die Ausbildungsplatzabgabe kein Thema zu sein. In der Regierungserklärung vom 14. März 2003 sagte Schröder: Jeder weiß, dass ich kein Freund der Ausbildungsplatzabgabe bin, und seit Anfang des Monats ist klar, dass der Gesetzentwurf vorbereitet wird. Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags nennt das zu Recht abenteuerlich und prophezeit Jugendarbeitslosigkeit und einen Aufstand der Betriebe.

Die CDU wird dieses Bürokratiemonster mit allen Mitteln bekämpfen.

(Burkhardt Müller-Sönksen FDP: Die FDP auch!)

Deswegen, Herr Müller-Sönksen, ist der Schritt mit der Klage, den Sie vorschlagen, sicher richtig.

Beispiel Erbschaftsteuern. Die Neiddiskussion ist neu aufgeblüht, sie ist aber aberwitzig. Der linke Flügel der SPD freut sich schon jetzt auf die Erbschaftsteuererhöhung, die eingebracht werden soll. Jeder Ökonom sagt uns, dass ein Drittel dieser Kosten schon durch die Verwaltung wieder aufgefressen wird.

(Beifall bei Burkhardt Müller-Sönksen FDP und Frank-Thorsten Schira CDU)

Wir sollten viel lieber diejenigen, die ihren Betrieb übergeben müssen – und dafür ist es Voraussetzung – entlasten und nicht weiter besteuern.

Die Albträume aus Berlin müssen ein Ende haben, sonst werden die Bürger kein Geld mehr ausgeben und die Unternehmen nicht oder im Ausland investieren. Wie man ein positives Klima schafft, hat der Senat mit dem Konzept der „Wachsenden Stadt“ gezeigt. Wie man es nicht macht, hat uns Herr Dobritz heute mit seinen üblen Beschimpfungen wieder einmal vorgeführt.