Protocol of the Session on January 28, 2004

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Das Wort hat jetzt Herr Lüdemann.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Neumann, Sie sind ja taktisch ein ganz schlauer Fuchs, dass Sie sich entgegen der Absprache jetzt nicht gemeldet haben und wahrscheinlich als Letzter reden wollen. Aber das sei Ihnen gegönnt.

(Burkhardt Müller-Sönksen FDP: Das Allerletzte!)

Ich möchte, bevor ich inhaltlich auf die Statistik eingehe, noch kurz etwas zu den Verwirrungen sagen. Es gab im letzten Jahr Verwirrung zur Halbjahres-Kriminalitätsstatik 2003. Die Polizei hat ausreichend erklärt, wie die Fehler entstanden sind. Es gab nämlich auf Wunsch der Polizei eine Änderung im Erfassungssystem zum 1. Januar 2003. Danach gab es bei der Eingabe, die an verschiedenen Wachen von Dutzenden von Polizisten durchgeführt worden sind, Fehler. Jeder, der am Computer arbeitet, weiß, wie leicht man Fehler machen kann.

(Burkhardt Müller-Sönksen FDP: Richtig! Richtig!)

Ich mache diesen Polizisten überhaupt keinen Vorwurf. Mittlerweile ist das System geändert worden. Es gibt Warnhinweise. Die Gefahr, noch einmal einen solchen Eingabefehler zu machen, ist sehr gering. Ich weise hier allerdings ausdrücklich den Vorwurf von der SPD und von Herrn Neumann zurück, dass an dieser Statistik manipuliert worden sei. Das ist unerhört.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Eine Manipulation wäre nur möglich gewesen, wenn sich Dutzende von Polizisten an mehreren Wachen absprechen, um gleichzeitig bewusst falsche Eingaben zu machen. Hier kann ich die Polizisten nur schützen. Diese Polizisten haben keinen Fehler vorsätzlich gemacht und alle anderen Behauptungen der SPD sind nur billige Polemik.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Jetzt zur Statistik. Wir haben, das wissen Sie und das haben wir oft genug erwähnt, in 2002 einen deutlichen Rückgang von über 15 Prozent in der Kriminalität gehabt. Wir haben dieses Niveau 2003 halten können, auch wenn es einen leichten Anstieg von 0,8 Prozent gegeben hat. Im Vergleich zum rotgrünen Senat bedeutet das aber, dass dieser Bürgersenat Hamburg sicherer gemacht hat. Wir haben insgesamt im Vergleich zu Rotgrün immer noch 14,8 Prozent weniger Straftaten als 2001. Herr Bauer hat es schon gesagt, wir haben pro Tag in 2003 im Vergleich zu 2001 129 Straftaten weniger. Das ist ein Erfolg für diese veränderte Politik im Bereich der Inneren Sicherheit.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Auch die Aufklärungsquote ist wieder leicht gestiegen. Wir sind auf dem richtigen Weg. Beim Handel und Schmuggel von Rauschgift gibt es einen Rückgang von 10 Prozent. Dieser Rückgang ist auf unsere konsequente Drogenbekämpfungspolitik zurückzuführen. Wir sind auf dem richtigen Weg und machen da weiter.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU und der FDP)

Bei den Raubstraftaten gab es im Vergleich zu 2001 einen deutlichen Rückgang von über 16 Prozent. Bei dem

sonstigen Raub auf Straßen, Wegen und Plätzen – darunter fallen auch die jugendtypischen Raubdelikte – gab es einen Rückgang von 10,8 Prozent von 2003 zu 2002. Wir konnten also innerhalb eines Jahres die erfolgreiche Politik fortsetzen.

Man muss ganz deutlich sagen, fünf Minuten Redezeit, die wir hier haben, reichen nicht aus, um alle Schwerpunkte einer solchen Statistik ausführlich darzustellen. Es ist klar, jeder sucht sich aus dieser Statistik das heraus, was für seine Meinung und Überzeugung positiv ist, und stellt nur das dar. Wir wissen alle, dass man mit einer Statistik viel belegen und viel auslegen kann. Aber eines ist ganz deutlich, seit 2001 haben wir fast 1000 zusätzliche Polizeibedienstete, die wir finanziert und eingesetzt haben. Das muss zwangsläufig zu einer Reduzierung der Kriminalität führen. Oder wollen Sie vielleicht sagen, dass diese 1000 zusätzlichen Polizeibediensteten nicht gearbeitet haben oder im Dienst vollkommen überflüssig waren und auf die Kriminalitätsbekämpfung keine Auswirkungen haben? Wir sind also auf dem richtigen Weg. Die SPD sagt in ihrem Wahlprogramm, die jetzige Präsenz sei okay, sie werde sich nicht für mehr Polizisten einsetzen. Ich kann nur sagen, die CDU wird versuchen, in Zukunft noch mehr Polizisten in den Hamburger Dienst zu bringen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Das Wort hat jetzt Herr Neumann.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen, meine Herren! Ich greife das auf, was Herr Lüdemann gesagt hat: Eine Statistik ist, das hat Winston Churchill – viel zitiert – schon oft gesagt, nur dann vertrauenswürdig, wenn man sie selbst gefälscht hat. Ich will auch darauf eingehen, dass uns der Vorwurf gemacht worden sei, wir hätten der Hamburger Polizei unterstellt oder vorgeworfen, dass sie Zahlen fälscht.

(Karen Koop CDU: Aber natürlich!)

Dieser Vorwurf ist so von uns nie erhoben worden.

(Lachen bei der CDU)

Es ist aber zu Recht der Vorwurf erhoben worden, dass es wohl sehr zufällig sei, dass in über 7000 Fällen unsere Polizisten angeblich zu doof gewesen sein sollen, ein Computerprogramm richtig zu bedienen. Das glaube ich nicht. Ich halte unsere Polizei nicht für doof.

(Beifall bei der SPD)

Wenn wir das Stichwort „Fälschen“ aufnehmen, so hat der Polizeipräsident bei der Vorstellung der Zahlen selbst ausgeführt – da saß er noch neben Herrn Schill –, dass 48 000 Straftaten aus einem Großverfahren der organisierten Kriminalität nicht berücksichtigt worden sind. Sie sind weder 2002 noch 2003 berücksichtigt worden. Das heißt, Sie haben diese Zahlen weiterhin verschwiegen. Das ist kein Fehler der Polizei, das ist politische Willkür. Das ist Einflussnahme und das heißt, Politik und Wahlkampf machen mit den Leistungen unserer Polizei. Das ist unredlich.

(Beifall bei der SPD und der GAL – Burkhardt Müller-Sönksen FDP: Da wussten wir gar nicht, dass Wahlkampf ist!)

Herr Schill – es wird ihn sicherlich freuen, denn es ist selten, dass ich ihn zitiere – hat im Wahlkampf einmal zu Recht gesagt, die Aufklärungsquote sei in Hamburg gering, weil die Hamburger Polizei so demotiviert sei. Allein die Tatsache, dass er als Person ins Amt käme, würde zu einem Riesenmotivationsschub in der Hamburger Polizei führen. Was stelle ich fest? Seit zehn Jahren haben wir nur in einem Jahr eine schlechtere Aufklärungsquote als in diesem Jahr, nämlich in 2003. Welches Jahr war das, Herr Lüdemann? – Das Jahr 2002. Das heißt, wenn die Logik von Herrn Schill in Bezug auf die Aufklärungsquote stimmt, war unsere Polizei nie schlechter motiviert als unter diesem Bürgermeister und unter diesem Senat.

(Beifall bei der SPD und der GAL – Burkhardt Mül- ler-Sönksen FDP: Lächerlich!)

Ich möchte eine weitere Zahl nennen. Ich glaube, Herr Bauer oder Herr Adolphi hat gesagt, dass die Zahlen im Bereich der Drogenkriminalität rückläufig seien. Wir haben nach Aussage des Senats weiterhin über 10 000 Drogenkranke in dieser Stadt. Wir haben nach Aussage der Staatsanwaltschaft eine Zunahme der Konsumenten harter Drogen und wir haben gleichzeitig – auch nach Aussage dieses Senats – einen stabilen Preis. Nun sind Sie ja immer an der Spitze der Marktwirtschaft und können mir sicherlich hervorragend erklären, was das für das Angebot bedeutet, wenn die Nachfrage und der Preis identisch geblieben sind. Das muss doch bedeuten – das ist die Interpretation des Bundeskriminalamtes, nicht parteipolitisch von Sozialdemokraten –, dass das Angebot auch identisch geblieben ist. Das heißt, wir haben zwar zu Recht viele Dealer hinter Schloss und Riegel gebracht, aber de facto bekommen die Drogenkranken ihre Drogen zum gleichen Preis wie vor zwei Jahren, wie vor fünf Jahren, wie vor zehn Jahren.

(Dietrich Wersich CDU: Was wollen Sie denn da- mit sagen?)

Das heißt, Sie sind mit Ihrer Drogenbekämpfungspolitik gescheitert. Das ist das Ergebnis.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Wenn darauf hingewiesen worden ist, dass wir in der Vergangenheit Fehler gemacht haben, kann ich nur sagen: Ja, die haben wir gemacht, das haben Sie von mir, das haben Sie von vielen aus meiner Partei gehört. Aber wir haben daraus Konsequenzen gezogen. Was aber tun Sie? Sie stehen nach zweieinhalb Jahren vor den Scherben einer Innenpolitik, vor den Scherben einer Drogenbekämpfungspolitik. Statt das Konzept zu ändern, sagen Sie nein, die Medizin muss noch kräftiger verabreicht werden. Sie sind nicht fähig einzusehen, dass Sie Fehler gemacht haben. Deswegen werden Sie, genauso wie wir das erlebt haben, spätestens am 29. wieder in der Opposition sein.

(Beifall bei der SPD und der GAL und Lachen bei der FDP – Burkhardt Müller-Sönksen FDP: Die SPD bekommt nur 24 Prozent! Hartmut Engels CDU: 24 Prozent!)

Ich kenne das aus eigener Erfahrung. Wenn man anfängt, Zahlen schönzureden, wenn Sie anfangen, einen

Zuwachs der Kriminalität in unserer Stadt schönzureden, …

(Zuruf)

Das haben wir auch gemacht, das war der Anfang vom Ende. Sie fangen jetzt genauso an, wie wir geendet sind. Dafür sind Sie nicht gewählt worden und dafür werden Sie am 29. die Quittung bekommen. Dann werden Sie in der Opposition sein, da, wo Sie hingehören.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort hat Frau Steffen.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Man kann nicht häufig genug darauf hinweisen, Herr Lüdemann hat es eben noch einmal angesprochen, und zwar auf den vorgeblichen Rückgang der Verbrechen in der Hansestadt Hamburg. Herr Neumann hat eben auch noch einmal darauf hingewiesen, es bleibt auch nichts übrig, als es auch noch einmal zu tun.

Der Rückgang von 15 Prozent, der hier immer propagiert wird, ist darauf zurückzuführen, dass in die Statistik die Verfahren der Wirtschaftskriminalität nicht eingeflossen sind. Insofern ist das so, als wenn man Äpfel mit Birnen vergleicht. Wenn man schon Vergleiche zieht und diese Prozentzahlen anführt, dann sollte man die gleichen Maßstäbe anlegen. Das ist nicht geschehen. Insofern hören Sie endlich auf, vom Rückgang in Höhe von 15 Prozent zu reden, und sehen Sie sich die Zahlen an, die man auch vergleichen kann.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Im Übrigen ist von Ihrem Senator bei der Vorstellung der polizeilichen Kriminalstatistik das erste Mal deutlich darauf hingewiesen worden, die Statistik als das zu sehen, was sie ist. Er hat sie das erste Mal nicht in einem übertriebenen Maße als Maßstab und Rückgang der Kriminalität als Gradmesser angewandt, sondern ausdrücklich selbst darauf hingewiesen, dass das eine Eingangsstatistik ist und sich keinesfalls daraus ableiten ließe, wie sich die Kriminalität tatsächlich entwickelt. Auch das sollten Sie ausdrücklich sagen, das gehört nämlich mit dazu, wenn man den richtigen Maßstab anwenden will.

Im Übrigen haben meine Vorredner am Anfang darauf hingewiesen, das subjektive Sicherheitsgefühl in der Stadt sei gestiegen. Dazu habe ich aber erhebliche Bedenken, wenn ausgerechnet die Zahlen für Vergewaltigung und schwere sexuelle Nötigung um 23,2 Prozent und schwere und gefährliche Körperverletzung um 10,9 Prozent gestiegen sind. Ich glaube nicht, dass man dann davon sprechen kann, dass bei den Bürgerinnen und Bürgern das subjektive Sicherheitsgefühl gestiegen ist.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Zum fraglichen positiven Anstieg der Aufklärungsquote in Höhe von 0,9 Prozent – so dolle ist da ja nicht, das muss man richtigerweise auch einmal sagen – muss man auch berücksichtigen, dass das mit einer Zunahme des Schwarzfahrens einhergeht. Da das Schwarzfahren gleichzeitig aufgeklärt wird, wenn es festgestellt wird, ist also auch diese Zunahme um 0,9 Prozent nicht unbedingt ein Indikator dafür, dass wesentlich mehr aufgeklärt wurde, jedenfalls nicht um diese 0,9 Prozent.

(Beifall bei der GAL und der SPD)