Protocol of the Session on December 30, 2003

(Beifall bei der SPD)

Für die Beschäftigten des LBK ist es besonders schwer. Sie haben ein sehr unruhiges Jahr hinter sich und möglicherweise eine ungewisse Zukunft vor sich, sollte ihr Betrieb doch in einer Nacht-und-Nebel-Aktion verhökert werden und das gegen den Wunsch von über 100 000 Hamburgerinnen und Hamburgern und ohne reguläre Beratung in den Gremien der Bürgerschaft. Unabhängig davon, dass Ihr Vorgehen, wenn man sich die Verträge anschaut, dilettantisch ist, muss man doch bei einer Entscheidung, die das Leben elementar betrifft, die Menschen der Stadt mitnehmen. Schließlich wollen unsere Kinder und Eltern auch noch eine umfassende Krankenhausversorgung vorfinden.

(Beifall bei der SPD)

Gegen eine Privatisierung ist prinzipiell gar nichts einzuwenden, wenn die Rahmenbedingungen stimmen.

(Wolfhard Ploog CDU: Auf einmal!)

Hören Sie zu!

Hat die Stadt heute oder in Zukunft die Möglichkeit, den Krankenhäusern vorzuschreiben, welche Behandlungsmöglichkeiten sie vorzuhalten haben? Haben wir ausreichend Möglichkeiten, die Qualität der Versorgung vorzuschreiben oder zu überprüfen? Die Antwort lautet: nein.

Solange diese Rahmenbedingungen nicht vorhanden sind, darf es keine Vollprivatisierung der Krankenhausversorgung geben.

(Beifall bei der SPD und bei Dr. Dorothee Freu- denberg GAL)

Jeder, der dies vorhat, schleicht sich aus der Verantwortung und schadet den nachfolgenden Generationen.

(Beifall bei der SPD und bei Dr. Dorothee Freu- denberg GAL)

Natürlich müssen wir das Problem der strukturellen Altersversorgungslasten des LBK lösen. Und natürlich wäre es für das Unternehmen besser gewesen, wir hätten dies früher getan.

Diese Erkenntnis hilft uns aber jetzt nicht weiter. Lassen Sie uns nach vorne schauen: Die Aufteilung des Unternehmens in eine Betriebs- und eine Besitzgesellschaft bringt mehr Transparenz, löst aber das Finanzproblem nicht. Der LBK ist gut aufgestellt. Er hat seine Preise gesenkt, die Liegezeiten haben sich verkürzt, die Qualität der Versorgung ist gestiegen. Die Prognosen gehen davon aus, das der Betriebsgewinn in den nächsten Jahren 80 Millionen Euro erreichen wird.

Voraussetzung dafür ist, dass der LBK von den Altlasten befreit wird und freier auf dem Markt agieren kann. "Freier agieren" heißt zunächst einmal, dass diejenigen, die die Verantwortung für das Unternehmen tragen, voll hinter dem Unternehmen stehen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tun dies. Sie setzen sich Tag für Tag und Nacht für Nacht für die Menschen in ihrem Betrieb ein.

Die den Aufsichtsrat stellende Koalition tut dies nicht. Sie haben in den letzten Jahren von Monopolbildung, Zerschlagung, Überschuldung und zuletzt vom schlechten Management gesprochen und das alles während laufender Verkaufsverhandlungen. Die Stellungnahme, die wir heute beschließen sollen und die Sie vorgelegt haben, setzt dies übrigens fort. Mir ist kein einziger Fall aus der Wirtschaft bekannt, bei dem ähnlich unprofessionell und verantwortungslos gehandelt worden ist.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Dass die Verhandlungen dann einen schlechten Verlauf genommen haben, ist nur logische Konsequenz. Unter Berücksichtigung Ihres mageren Verhandlungsergebnisses wird es auch möglich sein, einen Partner für 49 Prozent zu finden. Ein Börsengang wird auch in später Zukunft möglich sein. Der LBK hat Zukunft, wenn man zu dem Unternehmen steht.

(Beifall bei der SPD und bei Dr. Dorothee Freu- denberg GAL)

Sie müssen dies erst einmal zeigen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die lebenswichtige Frage der Krankenhausversorgung der Stadt muss mit Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger entschieden werden. Wir stehen voll hinter den Forderungen der Initiative "Gesundheit ist keine Ware".

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Wir stehen dazu, dass jede Hamburgerin und jeder Hamburger die Möglichkeit hat, über die eigene zukünftige Krankenhausversorgung abzustimmen. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen allen ein gesundes Neues Jahr. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort hat der Abgeordnete Wersich.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, Herr Dr. Petersen! Der weihevolle Dank an die Mitarbeiter des LBK ist nichts wert, wenn Sie in Wahrheit in Ihrer Verantwortungszeit nicht gehandelt haben und dazu beigetragen haben, dass dieses Unternehmen derartig tief in die roten Zahlen gerutscht ist.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Meine Damen und Herren, Deutschland braucht Reformen und gerade öffentliche Einrichtungen und Betriebe müssen angepasst werden, um zukunftsfähig zu bleiben. Dafür brauchen wir mutige Politiker, die diese Aufgaben in Angriff nehmen. Damit macht man sich nicht unbedingt beliebt. Ich bin aber überzeugt davon, dass künftige Generationen dieses danken werden. Dieser Senat hat den Mut, die Zukunft des Landesbetriebes Krankenhäuser anzupacken und für das Unternehmen einen starken privaten Partner zu suchen, um eine Zukunftsperspektive zu eröffnen.

Doch auch gegen solche Veränderungen regt sich der Widerstand insbesondere derer, die auf den alten Strukturen beharren, vorneweg die Gewerkschaften mit dem Volksbegehren. Dabei wendet sich das Volksbegehren ja gar nicht gegen einen privaten Investor, will es aber beim Anteil von 49 Prozent belassen. Ist das realistisch? Nein, meine Damen und Herren. Es gelingt doch nicht, jemanden zu finden, der zwar eine große Summe bezahlen soll, dann aber als Minderheitseigner nicht mitbestimmen kann, wie es in dem Unternehmen weitergeht. Wer investiert, will auch die Verantwortung für die Geschäftsführung übernehmen, und das ist richtig so.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

"Gesundheit ist keine Ware", ist das Volksbegehren überschrieben. Das klingt verführerisch. Aber lassen wir uns doch nicht täuschen: Auch Krankenhausbehandlungen müssen bezahlt werden. Auch Krankenhausmitarbeiter bekommen ihr Gehalt. Ein Krankenhaus muss wie jedes andere Unternehmen auch mindestens Einnahmen und Ausgaben in Deckung halten. Genau dies ist beim LBK in seiner jetzigen Form nicht der Fall, sondern er hat in den vergangenen Jahren rote Zahlen erwirtschaftet. Ist Ihnen eigentlich klar – und ist den Hamburgern klar –, dass zur Sicherung der Zahlungsfähigkeit des LBK im jetzt gerade vergehenden Jahr 2003 fast 1,8 Millionen Euro jede Woche vom Hamburger Staat aufgewendet wurden, um die Zahlungsfähigkeit zu sichern?

(Wolfhard Ploog CDU: Plus Zinsen!)

Das macht alleine für dieses Jahr etwa 100 Millionen Euro. Der LBK kann aus seinen Einnahmen alleine die Kosten nicht decken. Er hat seit 1996 Kredite bei der Stadt Hamburg und damit quasi beim Steuerzahler aufgenommen, die jetzt bei 525 Millionen Euro stehen und die jährlich weiter ansteigen. Meine Damen und Herren, diese Schulden sind heute schon viel größer als der Wert des Unternehmens. Damit müssen doch die Politiker umgehen und die Belastung auch für den Haushalt in

Grenzen halten. Dazu ist es notwendig, dass wir einen privaten Investor am LBK beteiligen.

Für die Arbeitsplätze bedeutet das im Ergebnis, dass sie auf jeden Fall sicherer werden als ohne die Privatisierung. Jeder, der heute behauptet, im LBK könne es so weitergehen und es würde nicht zu einem Personalabbau kommen, macht den Menschen etwas vor. Ein privater Investor, der das Unternehmen flott macht, sichert die Arbeits- und Ausbildungsplätze.

Insofern ist unser Fazit ganz klar: Um den Landesbetrieb Krankenhäuser mit seinen Arbeitsplätzen und seiner medizinischen Leistungsfähigkeit zu bewahren, ist ein starker privater Investor nötig. Er reduziert mit dem Kaufpreis die aufgelaufenen Schulden bei der Stadt Hamburg und entlastet so den Steuerzahler und er stellt zusätzliche Finanzmittel für dringend notwendige Investitionen zur Verfügung. Im Interesse Hamburgs, der Steuerzahler und seiner Krankenhäuser bitten wir die Hamburger deshalb, am 29. Februar gegen dieses Volksbegehren zu stimmen.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Das Wort hat Herr Silberbach.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem Volksentscheid alleine löst man nicht die Probleme, selbst wenn diejenigen Recht bekommen würden, die den Volksentscheid beantragt haben.

(Stephan Müller Partei Rechtsstaatlicher Offensi- ve: Genau so ist es!)

Wer dem beabsichtigten Verkauf des Landesbetriebes Krankenhäuser kritisch oder gar ablehnend gegenübersteht, sollte sich fragen, ob er eigentlich den Unterschied zwischen Ursache und Wirkung klar erkannt habe, denn schließlich geschieht der Verkauf ja nicht ohne Grund.

Wie hat denn der neue Senat den LBK bei der Übernahme seiner Geschäfte vorgefunden? Im Jahr 2001 hat der LBK ein Darlehen von rund 300 Millionen Euro bei der Landeshauptkasse aufgenommen. Für die betriebliche Altersversorgung müssen jährlich rund 37 Millionen Euro aufgewandt werden. Der Vorgängersenat hat es versäumt, Rückstellungen zu bilden. Das jetzige Unternehmen LBK wird im laufenden Geschäftsjahr ein Defizit von ungefähr 110 Millionen Euro erwirtschaften. Und da sprechen Sie von einer gesunden Unternehmensstruktur?

Wenn der LBK unter den jetzt vorhandenen Bedingungen weiterarbeiten müsste, würde er über kurz oder lang in die Insolvenz gezwungen, was bedeuten würde, dass die Arbeitsplätze als Ganzes gefährdet wären. Durch das Führen von Nebenhaushalten während Ihrer Regierungszeit haben Sie den LBK überschuldet und die Arbeitsplätze in Gefahr gebracht. Das sollten Sie den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern beim LBK sagen und vor allen Dingen den Bürgern Hamburgs. Sie allein sind für die Misere verantwortlich und nicht der jetzige Senat.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP)

Aber eines sollte auch hier gesagt werden: Die Gesundheitspolitik des Bundes trägt ebenfalls zu dieser Situation

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bei. Also, meine Damen und Herren von der Opposition, Sie tragen nicht nur in Hamburg die Schuld an der Situation am LBK, sondern auch auf Bundesebene. Hören Sie auf damit, bei den Mitarbeitern des LBK die Angst um den Arbeitsplatz zu schüren, denn im Gegenteil, wenn die jetzige Situation fortbestehen würde, wären die Arbeitsplätze erst recht gefährdet. Darüber hinaus ist es kaum zu ertragen, wie Sie versuchen, den Bürgern Angst einzujagen, dass durch den Verkauf des LBK die Qualität der Gesundheitsversorgung leiden würde, denn mit solchen Äußerungen schüren Sie nicht nur die Angst, sondern beleidigen auch die Hamburger Bediensteten, die bei den anderen Hamburger Krankenhäusern beschäftigt sind, die sich aber genauso verantwortungsvoll um kranke Menschen in diesen Einrichtungen kümmern und für die das Profitdenken nicht an erster Stelle steht.

Es ist gut, dass der Verkauf aufgeschoben worden ist. Damit besteht die Möglichkeit, die Absicherung der Arbeitsplätze unter Ausschluss der betriebsbedingten Kündigung aufzuarbeiten und dieses im Kaufvertrag auch festzuschreiben. So können unkalkulierbare Haushaltsrisiken ausgeschlossen werden.

(Wolf-Dieter Scheurell SPD: Ach, auf einmal!)

Meine Damen und Herren der Opposition, finden Sie zurück zu einer realistischen Politik, denn das, was Sie jetzt machen ist Angstschüren ohne Grund und ohne den Tatsachen ins Auge zu sehen. Das ist unverantwortlich. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der CDU)