bei der ich mir erlaube, aus dem einzig zulässigen Text zu zitieren, der hier einschlägig ist, das ist Paragraph 81a Strafprozessordnung. Diese Norm gilt in Hamburg wie in ganz Deutschland und bindet uns wie alle anderen Einsatzkräfte in ganz Deutschland.
„... körperliche Eingriffe, die von einem Arzt nach den Regeln der ärztlichen Kunst zu Untersuchungszwecken vorgenommen werden, ohne Einwilligung des Beschuldigten zulässig, wenn kein Nachteil für seine Gesundheit zu befürchten ist.“
Bei der jetzt anzustellenden Untersuchung des Vorfalls wird sich selbstverständlich die Frage stellen und die Staatsanwaltschaft wird in aller Ausführlichkeit diese Ermittlungen führen, ob nach diesem Maßstab der Eingriff korrekt oder nicht korrekt vorgenommen wurde, und die Ergebnisse werden selbstverständlich Ihnen und der restlichen Hamburger Öffentlichkeit unverzüglich mitgeteilt.
Mir selbst, das muss ich hier einmal klarstellen, geht die ganze Sache persönlich ziemlich an die Nieren. Ich war gestern im UKE und habe den Beschuldigten noch in einem erschütternden Zustand, aber lebend, gesehen und erlebt und mir von den Ärzten die Maßnahmen erklären lassen, die durchgeführt wurden und möglicherweise bei günstigem Verlauf noch hätten durchgeführt werden können. So ist es für mich eine außerordentlich belastende Information gewesen, dass der Tatverdächtige heute gestorben ist.
Aber bei allen Emotionen, die ich anderen und auch mir zubillige, ist die entscheidende Frage, ob wir diese Einsätze weiter durchführen, eine ausschließlich an den Einzelheiten zu messende organisatorische und menschlich-administrative Frage. Die Frage, die sich mir gestellt hat, war, ob irgendwelche Informationen, die mir seit dem Vorfall bis zur jetzigen Stunde bekannt wurden, dafür sprechen, dass die Einsätze in irgendeiner Struktur durchgeführt wurden oder künftig durchgeführt werden könnten, die dem gesetzlichen Anspruch nicht genügen. Ich verfüge bis heute über keine einzige derartige Information und deshalb werden diese Einsätze weiter durchgeführt.
(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP – Krista Sager GAL: Viel- leicht sollte man das erst mal untersuchen!)
Sollte die Aufklärung des Falles Schwierigkeiten, Schwächen oder Verbesserungsmöglichkeiten zutage fördern, werden all diese Erkenntnisse in die weiteren Einsätze einfließen; am Grundprinzip der Brechmitteleinsätze wird sich nichts ändern.
Im übrigen muss ich angesichts zahlreicher leicht verwirrender Kommentare darauf hinweisen, dass die Änderung der Brechmitteleinsätze, die vor wenigen Tagen erfolgt ist, an dem hier zu messenden Vorgang überhaupt nichts geändert hat, denn die entscheidende Maßnahme, dass nämlich auch gewaltsam Brechmittel verabreicht werden können und sollen, war wortgleich schon so von der früheren Regierung festgelegt worden.
Zweitens muss noch erwähnt werden, dass ein Brechmitteleinsatz ohne die Anordnungsmöglichkeiten, Brechmittel auch zwangsweise einsetzen zu können, kriminalpolitisch eine völlig sinnlose Maßnahme wäre, die man gleich sein lassen könnte.
Lassen Sie mich zum Schluss Respekt und Anerkennung all den Personen gegenüber ausdrücken, die tagtäglich auch zukünftig unter zusätzlichen psychischen Belastungen mit diesen Einsätzen die Hamburgerinnen und Hamburger vor den schweren Gefahren der Drogenkriminalität zu bewahren suchen. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kusch, Ihr Beitrag kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass Herr Lenders hier etwas ganz anderes gesagt hat. Herr Lenders hat mit seinem Beitrag deutlich gemacht, dass er im Endeffekt Tote in Kauf nimmt.
Meine Damen und Herren! Der Strafanspruch des Staates existiert, aber er existiert nicht bei der Durchsetzung um jeden Preis. Wir erleben jeden Tag in dieser Stadt, dass das nicht möglich ist.
Vor einem halben Jahr haben wir hier über die Vergabe von Brechmitteln in der Bürgerschaft diskutiert. Auf Drängen des Koalitionspartners haben wir seinerzeit der Vergabe von Brechmitteln als Teil eines Gesamtpakets zur Drogenpolitik zugestimmt und es mitgetragen.
Aber ausschlaggebend, Herr Lenders, Sie Oberschlauer, waren zwei Punkte, die zum Nachgeben bewogen haben.
Erstens: Nach der Oberlandesgerichtsentscheidung aus Frankfurt 1996, die das strikt abgelehnt hatte und die Menschenwürde in Gefahr sah, hat es drei oberlandesgerichtliche Entscheidungen gegeben, die das anders gesehen haben.
Zweitens: Der Leiter des Instituts für Rechtsmedizin, Herr Professor Dr. Püschel, war während des Untersuchungsausschusses zur Hamburger Polizei zu dem Schluss gekommen, dass die Vergabe von Brechmitteln wegen gesundheitlicher Bedenken abzulehnen sei.
Diese Haltung hat er dann bekanntlich mit dem Hinweis auf neue Erfahrungen mit dem mexikanischen Saft revidiert.
Aber heute haben wir eine neue Situation, denn die Entscheidungsgrundlage ist doch eine völlig andere. Ein vergleichbarer Fall hat den bisherigen obergerichtlichen Entscheidungen nicht vorgelegen. Herr Püschel ist als Leiter der Gerichtsmedizin selbst ins Zentrum der Kritik geraten und damit befangen.
Deshalb, Herr Müller-Sönksen, können wir uns – sosehr ich Herrn Püschel persönlich schätze – auch nicht mehr so einfach auf sein Urteil verlassen. Niemand von uns – auch nicht die Herren Schill und Kusch – weiß heute, wie die Gerichte entschieden hätten, wenn ein vergleichbarer Fall bekannt gewesen wäre.
Es ist auch bezeichnend, dass sich der tragische Vorfall im zeitlichen Zusammenhang mit der vom Senat angeordneten erleichterten Brechmittelvergabe ereignet hat. Die Schlagzahl sollte erhöht werden, damit der Senat etwas vorweisen kann, und jetzt haben wir einen toten Menschen.
Es reicht nicht, Betroffenheit an den Tag zu legen und gleichzeitig die Fortsetzung des Programms zu verkünden. Das kann doch nur noch als zynisch bezeichnet werden.
für das der Senat die volle politische Verantwortung trägt, die sich aber darin erschöpft, so weiter zu machen wie bisher.
Der Vorfall muss jetzt rückhaltlos aufgeklärt werden und die Regierungskoalition sollte sich deshalb darauf einstellen, dass sie nach dieser Untersuchung aus rechtsstaatlichen Gründen in Zukunft möglicherweise auf die Vergabe von Brechmitteln verzichten muss. Auch das kann das Ergebnis einer solchen Untersuchung sein.
Ich halte deshalb auch die Reaktion des innenpolitischen Sprechers der SPD-Fraktion zumindest für voreilig. Warum soll der Senat ohne Kenntnis der näheren Todesumstände die Brechmittelvergabe ohne Unterbrechung fortsetzen?
Für die Politik sollte doch ein Innehalten und Umsichtwalten auf der Tagesordnung stehen, statt weiter an einem Mittel festzuhalten, das sich möglicherweise als eine Fehlentscheidung erwiesen hat.