Protocol of the Session on December 12, 2001

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sowohl in ihrem letzten Interview in der „Welt am Sonntag“ als auch gegenüber dem „Beamtenbund“, also gegenüber der Öffentlichkeit, und auch gegenüber der Bürgerschaft das Signal ausgegeben, die Konsolidierung sei vorbei und erfolgreich bewältigt. Nichts liegt ferner von der Wahrheit als diese Aussage.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und vereinzelt bei der FDP)

Darüber muss auch in diesem Hause Klarheit bestehen. Ein Senat, der sich mit einem strukturellen Defizit von 1 Milliarde DM verabschiedet, kann nicht ernsthaft behaupten, er hätte solide Verhältnisse hinterlassen. Ich denke, dass wir diesem Thema noch ausführlich Zeit widmen müssen. Der Konsolidierungskurs war nötig und ich will nicht abstreiten – das hat auch eben schon Frau Pauly gesagt –, dass die Jahre 1997 bis 2000 das Ausgabenvolumen in gleicher Höhe gehalten haben. Aber in der Zeit davor, zwischen den Jahren 1991 und 1996 – auch dieses hat Frau Pauly gesagt –, ist das Hamburger Haushaltsvolumen um 40 Prozent, also auf sehr hohem Niveau, explodiert.

(Krista Sager GAL: Da können Sie den grünen Ein- fluss sehen!)

Bei 40 Prozent Zuwachs war der Senat in der Lage, dieses hohe Niveau im Ausgabenbereich zu halten. Nur, das nenne ich nicht Konsolidierung, das nenne ich Halten auf hohem Niveau. Das war möglicherweise schwer genug, wenn man vorher immer Zuwachsraten von 7 bis 8 Prozent hatte – das will ich nicht bestreiten –, aber dennoch war es keine Reduzierung, das war ein Abschied von Zuwachsraten, die diese Stadt auf Dauer kaputtgemacht hätten.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und vereinzelt bei der FDP)

Die Konkretisierung unserer politischen Pläne hat am letzten Wochenende mit den Fraktionsvorsitzenden gemeinsam stattgefunden. Es war sehr schön, dass die Senatoren und die Fraktionsvorsitzenden eine gemeinsame politische Willensbildung vorgenommen haben, die ganz klar heißt, dass wir so schnell wie möglich zu einem ausgeglichenen Betriebshaushalt kommen müssen. Dies halten wir ab 2004 aufgrund der heutigen Steuermindereinnahmen für möglich. Wir müssen uns gemeinsam klar zu einer Reduzierung der Nettoneuverschuldung bekennen, die entweder einen positiven Betriebshaushalt oder eine Umschichtung von Vermögen der Stadt voraussetzt. Das werden wir uns genau angucken. Wir werden aber auf keinen Fall die für die Entwicklung der Stadt strukturell notwendigen Gesellschaften verkaufen, um keine Äste abzusägen, auf denen wir sitzen. Dieses war leider die Politik des alten Senats.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Das Wort hat die Abgeordnete Hajduk.

Herr Präsident! Herr Senator, ich möchte Ihnen aufgrund Ihrer Äußerungen eine Sache gern mit auf den Weg geben, bis wir vom Senat eine Vorlage zum Haushalt bekommen.

Wenn Ihnen die Darstellung des Ausmaßes der Verschuldung so wichtig ist – die Zahlen waren öffentlich, aber Sie sehen die Darstellung jetzt anders –, kann ich nicht verstehen, warum es Ihnen so schwer fällt, daraus Konse

quenzen zu ziehen. Ich finde es auch eine vernünftige Herangehensweise zu sagen, wir wollen das noch plastischer und deutlicher machen und die Trennung zwischen Kernhaushalt und öffentlichen Unternehmen in diesem Punkt zusammenführen, damit auch den Bürgern klar ist, wie groß diese Schuldenlast ist. Wir haben heute von Ihnen noch nicht gehört, dass Sie wirklich ein hartes Konsolidierungsprogramm auflegen wollen. Sie haben gerade gesagt, Sie wollen den Betriebshaushalt so schnell wie möglich ausgleichen, das sei aber nicht vor 2004 möglich. Außerdem würde das voraussetzen, dass dieses und jenes dann an Steuereinnahmen da sei. Das weiß jeder, dass das zusammenhängt. Sie müssen eine Ziellinie formulieren. Ich hoffe und erwarte, dass wir die dann in den Haushaltsberatungen diskutieren können. Sonst steckt im Grunde nicht viel dahinter, außer dass vielleicht die richtigen Worte gesagt wurden, aber keine richtige Messlatte gelegt wurde. Das muss eine Regierung in diesem Falle aber dringend tun.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das Wort hat der Abgeordnete Tants.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich will es kurz machen. Es ist faszinierend, welcher geistige Verdrängungsprozess bei Ihnen stattgefunden hat.

(Uwe Grund SPD: Das Einzige, was wir verdrängen wollen, sind Sie!)

Wenn Sie jetzt sagen, Frau Hajduk, diese Haushaltsentwicklung war vorhersehbar, dann haben Sie genau das Gegenteil von dem getan, zu dem Sie sich einmal verpflichtet haben, nämlich Schaden von dieser Stadt abzuwenden.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Gucken Sie doch einmal in die Protokolle. Es liegt keine vier Monate zurück, da haben Sie an diesem Pult gestanden und gesagt, Rotgrün könne stolz darauf sein, einen konsolidierten Haushalt hinterlassen zu haben. Heute sagen Sie, das sei nicht wahr. Das war alles vorherzusehen. Das ist bemerkenswert und das ist auch symptomatisch für Ihre Politik. Sie sagen heute das eine, obwohl Sie wissen, dass das andere schon lange eingetreten ist. Das wird der Unterschied sein. Es wird nicht nur eine sprachliche Kontinuität in der Haushaltspolitik sein, sondern eine tatsächliche.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Gibt es weitere Wortmeldungen zu diesem Tagesordnungspunkt? – Die sehe ich nicht. Wir kommen zur Abstimmung.

Wer möchte den Senat, wie beantragt, zur vorläufigen Haushaltsführung ermächtigen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist mit großer Mehrheit und einigen Enthaltungen angenommen.

Wer stimmt einer nachträglichen Überweisung der Drucksache 17/70 an den Haushaltsausschuss zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist somit einstimmig beschlossen.

(Senator Dr. Wolfgang Peiner)

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 20, Antrag der GAL-Fraktion: Planfeststellungsverfahren für die Stadtbahn umgehend eröffnen.

[Antrag der Fraktion der GAL: Planfeststellungsverfahren für die Stadtbahn umgehend eröffnen – Drucksache 17/111 –]

Wer wünscht das Wort? – Die Abgeordnete Sager hat es.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Absage der neuen Regierungskoalition an eine moderne Stadtbahn ist eine eklatante verkehrspolitische Fehlentscheidung.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Gerade wenn man wie Sie auf ein Konzept der wachsenden Stadt setzt, braucht man eine angemessene Antwort auf wachsende Mobilitätsbedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger, die nur ein leistungsfähiges, aber vor allen Dingen auch ein finanzierbares Entwicklungskonzept für den öffentlichen Personennahverkehr liefern kann. Ein solches Entwicklungskonzept bekommen Sie für Hamburg nur mit einer modernen Stadtbahn. Anders wird es nicht gehen,

(Beifall bei der GAL und der SPD – Dr. Michael Freytag CDU: Deshalb haben Sie es auch nicht geschafft als Senat!)

weil nur dieses Verkehrsmittel, Herr Freytag, alle entscheidenden Kriterien gleichzeitig erfüllt. Es ist hochattraktiv, es ist leistungsfähig, zuverlässig und schnell und es lässt sich jetzt auch schnell realisieren, weil die Pläne fertig sind und das Planfeststellungsverfahren jetzt eröffnet werden kann. Es ist vor allem – und das unterscheidet es von den anderen Verkehrsmitteln – finanzierbar. Das ist auch ein wesentlicher Grund dafür, warum immer mehr Großstädte in Deutschland, aber auch in Großbritannien, in Frankreich, in den USA und in Kanada, gerade auf dieses moderne Verkehrsmittel Stadtbahn setzen, und zwar unabhängig von den parteipolitischen Färbungen der jeweiligen Regierung. Das können Sie gerade in den deutschen Großstädten sehen.

Vor diesem Hintergrund ist es kein Wunder, dass Anfang der Neunzigerjahre verkehrspolitische Experten der CDU-Fraktion, aber auch der FDP-Fraktion, leidenschaftliche Anhänger der modernen Stadtbahn waren. Ich weise Sie darauf hin, dass die CDU in der Bezirksversammlung Wandsbek ausdrücklich die Neubaustrecke, die Teilstrecke nach Steilshoop, begrüßt und gefordert hat.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Hört, hört!)

Wenn Sie jetzt in Ihrem Koalitionsvertrag die moderne Stadtbahn ablehnen, zeigt das, dass hier kein Sachverstand dahinter steht, sondern nur ideologische Scheuklappen.

(Beifall bei der GAL und der SPD – Dr. Stefan Schulz CDU: Es kommt die U-Bahn!)

Es wird höchste Zeit, dass Sie sich schon deswegen von diesen ideologischen verkehrspolitischen Scheuklappen verabschieden, weil Sie in Ihrem Koalitionsvertrag gerade den Menschen, die in schlecht angebundenen Stadtteilen leben, vollmundige Versprechungen gemacht haben, die Verkehrsanbindung an den öffentlichen Personennahverkehr zu verbessern. An diesen Versprechungen werden Sie irgendwann einmal gemessen werden, ob Sie da irgendetwas auf den Weg gebracht haben. Die Finanzierung der zukünftigen Anbindung an den öffentlichen Personennah

verkehr von Stadtteilen wie Steilshoop, Rahlstedt, Bramfeld oder Niendorf, aber auch die Anbindung der Arena oder des AOL-Stadions werden Sie nur mit der Stadtbahn erreichen. 1 Kilometer Stadtbahn bedeutet 15 bis 20 Millionen DM Investitionskosten. 1 Kilometer U-Bahn bedeutet aber 100 Millionen DM zusätzliche Investitionskosten. Busse sind nicht so leistungsfähig und zuverlässig und nicht geeignet, das Fahrgastaufkommen wirklich zu steigern. Vor allen Dingen aber sind Busse einer modernen Stadtbahn bei den Betriebskosten weit unterlegen.

Untersuchungen in anderen Städten haben außerdem gezeigt, dass die Stadtbahn auch das Verkehrsmittel ist, auf das Autofahrer in Randgebieten am ehesten umsteigen würden. Ich vermute, dass gerade unter diesen Menschen sehr viele CDU-Wähler sind. Sie sollten sich noch einmal gut überlegen, ob Sie diese CDU-Wähler in Zukunft im Regen stehen lassen wollen.

Wenn Sie – das haben Sie versprochen – den Verkehrsfluss des Autoverkehrs in Hamburg verbessern wollen, dann können Sie das nicht dadurch erreichen, dass mehr Autofahrer gemeinsam im Stau stehen, sondern dass mehr Autofahrer bereit sind, auf ein attraktives Angebot umzusteigen. Ein solches attraktives Angebot wäre für diese Menschen nur eine moderne Stadtbahn.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Die Stadtbahn ist auch deswegen für die Menschen besonders attraktiv – deshalb verstehe ich nicht, warum Sie an das Thema nicht heranwollen –, weil es dem subjektiven Sicherheitsbedürfnis Rechnung trägt. Es gibt keine unterirdischen Tunnel, keine unterirdischen Haltestellen, keine dunklen Gänge.

(Karl-Heinz Ehlers CDU: Ausgerechnet Sie! – Ralf Niedmers CDU: Das ist doch kein Grund!)

Ja, Herr Ehlers, ausgerechnet ich, weil ich mich als Gleichstellungssenatorin sehr ausgiebig mit diesem Thema befasst und schon oft darauf hingewiesen habe, dass gerade Frauen sehr viel lieber mit einer oberirdischen Stadtbahn als mit einer unterirdischen teuren U-Bahn fahren würden.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Die Stadtbahn ist auch deswegen für die Stadtentwicklungspolitik in Hamburg unverzichtbar, weil wir nur über die Stadtbahn eine gute Anbindung der neuen HafenCity erreichen werden. Für die neue HafenCity wäre die Anbindung durch ein reines Bussystem zu popelig und der Bau von U- oder S-Bahn wäre so teuer, dass das auch keine Lösung sein kann.

Ihr Nein zur Stadtbahn gefährdet in diesem Zusammenhang aber auch jetzt schon die Bewerbung Hamburgs um die Olympischen Spiele im Jahre 2012. Wir waren in der Tat immer schon dafür und haben das in der Stadtentwicklungsbehörde zukunftsweisend vorangetrieben.

(Beifall bei der GAL)

Sie sollten wissen, dass heutzutage gerade bei einer Olympiabewerbung ein tragfähiges Verkehrskonzept das A und O ist. Es muss während der Olympiade ein täglicher Besucherstrom von einer halben Million Menschen bewältigt werden. Das können Sie nicht mit Bussen erreichen, dazu brauchen Sie ein modernes Verkehrssystem. Dazu brauchen Sie den Abschied von Ihren Scheuklappen und Sie brauchen die Stadtbahn.