Protocol of the Session on November 12, 2003

Herr Neumann, nun halten Sie doch einen Augenblick den Mund und hören Sie zu; ich mache es auch. Sie reden sowieso im Moment dummes Zeug.

(Oh-Rufe bei der SPD und der GAL – Michael Neumann SPD: Herr Präsident, so spricht ein Zweiter Bürgermeister!)

Den Ordnungsruf habe ich zur Kenntnis genommen.

Herr Egloff, nehmen Sie doch bitte auch zur Kenntnis, dass Sie Ursache und Wirkung völlig durcheinander bringen. Wenn sich ein Unternehmen hinstellt, nachdem es eine Klage unter der Ägide der SPD vor dem Verwaltungs- und dem Oberverwaltungsgericht verloren hat – Ihre Partei hat dafür gesorgt, dass dies tatsächlich durchgesetzt wurde,

(Jenspeter Rosenfeldt SPD: Ab wann übernehmen Sie Verantwortung?)

dass an dieser Stelle verboten wurde, das Plakat aufzuhängen –, dann können Sie uns doch heute nicht vorwerfen, dass wir uns daran halten.

Worin ich Ihnen Recht gebe, Herr Egloff, ist die Tatsache, dass dies eine Provinzposse war, die aufgrund Ihrer Regelungen ausgelöst wurde.

(Farid Müller GAL: Und warum hängt das Plakat jetzt weiter?)

Eines sage ich Ihnen zu: So etwas wird in Hamburg nicht mehr passieren, weil wir diese Verordnung jetzt auf den Prüfstand nehmen und auch eine Veränderung vornehmen werden. Wir wollen das korrigieren, was Sie damals für die Stadt verbockt haben.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP)

Das Wort hat der Abgeordnete Lorkowski.

Herr Präsident! Berlin, unsere zwar geschätzte, aber auch in Konkurrenz zu Hamburg stehende Hauptstadt, lässt nichts unversucht, renommierte Unternehmen gen Osten zu locken. Dabei gründet das Werben Berlins nicht auf einer soliden finanzierten Standortpolitik, sondern auf dem Versprechen kurzfristig erzielter Vorteile. Dazu kommen in Bezug auf die EU-Richtlinie noch die Fördergelder, die Berlin einen strukturellen Vorteil verschaffen.

Es ist bedauerlich, dass sich gerade im Bereich der Medien manch renommiertes Unternehmen mit Abwanderungsabsichten trägt beziehungsweise diese schon verwirklicht hat. Erinnert sei hier noch einmal an Universal Music. Noch einmal: Es spricht nicht für eine solide Politik der rosaroten Landespolitik in Berlin, denn die wirklich desaströse Haushaltssituation spricht dort Bände.

Wir wollen auch nicht so tun, als hätten wir es in Hamburg mit einer massiven Abwanderungsbewegung von Unternehmen nach Berlin zu tun.

Das ist mitnichten so. Es hat mit unserer soliden Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik zu tun. Wir sind es gewohnt, gegenzusteuern. Das gilt sowohl für die Politik der Bundes- als auch für die der Landesregierung in Berlin. Lassen Sie mich aktuell die Gründung der Marketing GmbH nennen. Damit haben wir eine weitere Institution,

die das für Hamburg so wichtige Standortmarketing vorantreibt und Projekte im Rahmen des Leitbildes der "Wachsenden Stadt" koordiniert. Unser Ziel ist es, nicht nur für die Dienstleister interessanter zu werden, sondern auch dem produzierenden Gewerbe attraktive Bedingungen zu bieten.

Die Förderung des Mittelstandes ist ein Schwerpunkt der Koalition, des Senats und auch der Fraktionen. Diese wurde in den Jahren vor 2001 vernachlässigt. Leider weht uns auch hier kräftiger Gegenwind aus Berlin entgegen. Wir wollen Unternehmen vor allem wieder in die Lage versetzen, bestehende Arbeits- und Ausbildungsplätze zu sichern und sich betrieblich rechtzeitig an wirtschaftliche und technische Bedingungen anzupassen.

Auch die Gründung selbstständiger Existenzen muss erleichtert werden. Ich erinnere an die kürzlich erneuerte Forderung meines Kollegen Hardenberg zur Gründung eines Landesförderinstituts. Eine zentrale Institution zur Durchreichung von Fördergeldern würde die bisherigen Initiativen der Koalition sicher bereichern. Ein Landesförderinstitut kann auch bei einer Liquiditätssicherung und Unternehmernachfolge beraten. Eine solche Institution würde das Dreisäulenmodell des Mittelstandspaktes ideal ergänzen.

Wie gesagt, wir sind – trotz Gegenwind aus Berlin – wirtschaftspolitisch auf einem guten Weg. Das beweist nicht zuletzt eine kürzlich verbreitete repräsentative Umfrage eines Berliner Unternehmens unter 1800 Entscheidern in 16 Bundesländern. Daraus geht hervor, dass Hamburgs Unternehmen im Vergleich positiver in die Zukunft blicken und mit Abstand mit den durch die Politik beeinflussten Standortfaktoren am zufriedensten sind. 26 Prozent der Unternehmer – Vorstände und Geschäftsführer – in der Hansestadt erhoffen für die kommenden sechs Monate eine positive Entwicklung, 37 Prozent sehen immerhin keine Verschlechterung. Das bedeutet angesichts der insgesamt negativen Gesamttendenz in diesem Bereich schon viel.

Wir wollen auch nicht vergessen, dass wir auf dem Gebiet der neuen Medien in der Hansestadt wahrlich keinen Grund zum Pessimismus haben. Mit mehr als 70 000 Beschäftigten und circa 5500 Unternehmen ist die Informations- und Kommunikationsindustrie zu einer der bedeutendsten Wirtschaftsfaktoren in Hamburg geworden. Hervorzuheben ist hier die Initiative Hamburg@work, die den in diesem Bereich tätigen Unternehmen ein Gewinn bringendes Netzwerk – vor allem den kleinen und mittelständischen Unternehmen – zur Verfügung stellt, die – das kann man nicht oft genug sagen – die Wachstumsfelder in Hamburg bilden.

Wir können also nicht nur hoffen, sondern wir können jetzt schon sagen, dass wir in Hamburg trotz erschwerter Rahmenbedingungen wirtschaftspolitisch Positives vorweisen können. Es kann noch besser werden. Durch eine solide Standortpolitik sind dafür die Grundlagen geschaffen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP)

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Mattner.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Reden wir doch einmal Tacheles.

Dieser Subventionswettbewerb ist erbärmlich. Es gibt dabei nur Verlierer und keine Gewinner, bestenfalls sind es die Subventionsglücksritter und sonst keiner.

(Jens Kerstan GAL: Das sagen Sie mal Senator Uldall!)

Herr Senator Uldall weiß das; das haben Sie vorhin auch gehört.

Die Zeiten lang anhaltender konjunktureller Schwächen zeichnen sich nun einmal durch einen stilblütenartigen und ungesunden Wettbewerb aus. Es werden Vergünstigungen bei Mieten versprochen oder sogar gewährt. Dies ist im Hinblick auf die europäischen Wettbewerbsbedingungen höchst zweifelhaft. Sollte einmal ein solcher Deal platzen und durch die EU-Ebene überprüft worden sein, dann könnte es im Übrigen auch das Aus für das begünstigte Unternehmen bedeuten, denn die Vorteile müssten zurückgefordert werden.

Man muss sich meines Erachtens auch einmal fragen, worin die Vorteile überhaupt liegen. Gegenüber den Umzugsprämien und langfristigen Subventionen sind zu veranschlagen: die Mitarbeiter, die umziehen müssen, Aufhebungsvereinbarungen, falls Mitarbeiter nicht wechseln wollen, technische Kosten und so weiter. Am Ende bleibt wahrscheinlich ein kleiner oder gar kein Gewinn in der Kasse des Unternehmens, aber volkswirtschaftliche Werte sind verbrannt worden.

So verhält es sich, Herr Kollege Egloff, auch mit den Werften. Senator Uldall hatte unsere volle Unterstützung, als er für hohe Subventionen auch Leistungen forderte, sonst würden wir uns nämlich in Hamburg, Herr Kollege, genauso falsch verhalten wie die Berliner.

(Beifall bei Barbara Ahrons CDU)

Die Unterlagen des Statistischen Landesamtes verzeichnen seit Anfang 2002 34 Abwanderungen nach Berlin und 10 von Berlin nach Hamburg zurück. Aber die hohe Anzahl von verlorengegangenen 448 Arbeitsplätzen geht zu einem Dreiviertel auf Universal zurück. Dazu kommt noch die Teilverlagerung von Arbeitsplätzen der DAG nach Berlin durch die Zusammenführung der VerdiZentrale.

Diese Fehlentwicklungen sind also nicht neu. Bereits in den Neunzigerjahren musste Hamburg zahlreiche Verluste hinnehmen. Daraus hat offenbar keine Seite etwas gelernt. Noch zu gut erinnere ich mich auch an die Beteuerungen anlässlich einer Medienveranstaltung in der Handelskammer mit Eberhard Diepgen, Wolfgang Branoner und Thomas Mirow. Es wurde damals Zusammenarbeit proklamiert, aber gegeneinander gehandelt. Offene Arme des von der PDS-geführten Berliner Wirtschaftsressorts in unsere Richtung können wir sicher auch nicht erwarten.

Aber es geht darum, nicht Gleiches mit Gleichem zu vergelten. Wir müssen uns – das ist schon von Gunnar Uldall gesagt worden – auf unsere Stärken verlassen. Für uns kommen eben Verstöße gegen EU-Recht nicht in Betracht. Wir werden uns nicht an dem künstlichen Wettbewerb des Siechtums beteiligen.

(Jens Kerstan GAL: Das dürfen Sie auch gar nicht!)

Wir tun es nicht, lieber Kollege, aber in anderen Situationen und in anderen Ländern wird dies offenbar getan.

Das Besinnen auf eigene Stärken ist auch wichtig, weil es im Medienbereich – darum geht es im Kern der Abwanderung eigentlich – auch Gutes zu berichten gibt. Im Übrigen gab es auch leider Abwanderungen – wie zum Beispiel die des Senders Premiere –, die mit Subventionen nichts zu tun hatten. In der Musikindustrie liegen hingegen die Ursachen auch in der weltweiten Krise, ohne die die Verlagerungen gar nicht stattgefunden hätten.

Wir werden also mit unseren Standortvorteilen und mit der vollen Fachkompetenz der Senatoren Uldall und Peiner werben. Hier konnte eben auch schon Beiersdorf benannt werden. Dieses Unternehmen ist uns erhalten geblieben. Das ist ein gigantischer Sieg für die Hansestadt, den uns einige Sozialdemokraten leider schon wieder destruktiv madig reden wollen.

(Bernd Reinert CDU: Das ist typisch!)

Solche Möglichkeiten wie bei Beiersdorf haben wir natürlich nicht mehrfach. Im Medienbereich konnten wir stattdessen gute Rahmenbedingungen und Highlights setzen. Dabei geht es, Herr Egloff, eben nicht um banale Filmplakate, sondern es geht darum, dass wir die Media School eingerichtet haben, dass wir Hardware wie den NDR, Studio Hamburg, private Sender oder die guten Zeitungen haben. Ich freue mich über Herrn Klokow und den neuen Sitz der Stage Holding in der Speicherstadt. Vorhin wurden auch schon die Ausbildungsakademie und die Marketing-Gesellschaft erwähnt. Letztere wird diesen Standortsicherungsprozess noch weiter abrunden.

Die Zeiten, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind hart. Das Geldverprassen überlassen wir aber den Verlierern, denn uns helfen nur unsere Stärken. – Danke schön.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Das Wort hat der Abgeordnete Müller-Sönksen.

(Michael Neumann SPD: Der will doch nur Zeit schinden. Das ist doch peinlich!)

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Mattner hat gerade zu Recht auch auf den wichtigen Bereich der Musikbranche hier in Hamburg hingewiesen. Hier gibt es nicht nur die großen Namen zu nennen, sondern auch die vielen kleinen Label, die mit viel kleinem Mittelstand hier in der Hansestadt überall vertreten sind. Nach Angabe dieser Musikindustrie sind vor allem illegale Downloads aus dem Internet für diesen Umsatzrückgang ursächlich. Der Bundesverband der phonographischen Wirtschaft führt an,

(Uwe Grund SPD: Der ist doch auch nach Berlin gegangen!)

dass den 165 Millionen verkauften Musik-CDs im Jahr 2002 circa 622 Millionen aus illegalen Quellen im Internet heruntergeladene Musikstücke und 259 Millionen verkaufte CD-Rohlinge gegenüberstehen, die zunehmend auch zum Brennen von aus dem Internet heruntergeladenen Filmen verwandt werden. Meine Damen und Herren, dieses bedroht nicht nur diese Branche, sondern auch diesen Standort hier in Hamburg ganz besonders. Selbstverständlich müssen wir diesen Gedanken – nämlich, dass wir das Internet und den Umgang damit fördern wollen –, aber auch dem Missbrauch mit illegalem Down

load begegnen. Deswegen sollte man sich hier in diesem Hause auch im Wirtschafts- und im Rechtsausschuss einmal darüber unterhalten, welche Bundesratsinitiative wir auf den Weg bringen, um diesen illegalen Downloads so Einhalt zu gebieten, dass auch die Musikindustrie Anreize findet,

(Farid Müller GAL: Das Urheberrecht wurde schon längst geändert!)