Protocol of the Session on September 3, 2003

Die Fraktion trägt Schills Namen weiterhin, seine Handschrift, und die Führungsriege ist handverlesen.

(Rolf Kruse CDU: Woher wissen Sie das eigent- lich?)

Die Debatte um Schill, wie sie hier auch von den Koalitionsfraktionen geführt wird, ist wirklich an Scheinheiligkeit nicht mehr zu übertreffen.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Plötzlich will niemand mehr etwas mit der Natter zu tun haben, die Sie selbst an Ihrem Busen gesäugt haben. Das ist doch wirklich interessant.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Heute wird Schill selbst bei den engsten Weggefährten als „Gefahrenpotenzial“ – Zitat – und als „kalkulierbare Zeitbombe“ bezeichnet, Herr Mettbach am 22. August. Welch späte Erkenntnis und welch beeindruckendes Tempo bei der Absatzbewegung von der ehemaligen Führungskraft.

Die CDU gibt dann auch noch die Devise aus, nicht mehr von der Schill-Partei zu sprechen, sondern nur noch von der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, nach dem Motto: Schill, wer war das? Habe ich nie gehört. Das ist doch albern, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Schill bleibt Schill-Partei und der Mann, dessen Name niemand mehr aussprechen möchte, sitzt in Ihren Reihen, der steht gerade oben auf der Tribüne. Den werden Sie nicht so schnell los, von wegen der berühmten GoetheGeister.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Darf ich Sie daran erinnern, wie Sie früher über den Mann geredet haben? Das ist noch gar nicht so lange her. Der Finanzsenator meinte am 25. November 2002 in der „taz“:

„Der Kollege Schill ist ja gewählt worden mit einem populistischen Anspruch. Die konkrete sachliche Zusammenarbeit mit Schill ist problemlos.“

Hört, hört. Letztes Wochenende lesen wir, dass Herr Peiner ihn am liebsten zwölf Wochen in die Karibik schicken würde und als Tchibo-Tester nach Brasilien. Was ist denn nun wahr daran?

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Ein weiteres Zitat:

„Die Vorwürfe gegen Herrn Schill sind die Fortsetzung des Biertisches mit anderen Mitteln.“

Wer erklärt uns das? – Der heute gewählte Innensenator Dirk Nockemann, der selbst gerne mal mit Biertischparolen arbeitet und manchmal Probleme hat, Legislative und Exekutive zu trennen und anscheinend auch nicht wenig intrigant sein soll, wie man heute lesen konnte.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Herr Frühauf, Sie meinten noch am 5. September 2002 in der „taz“:

„Erfolgreiche Senatoren, wie Herr Schill, werden nicht ausgetauscht. Wir handeln immer nach der Devise ‚Never change a winning team’.“

(Norbert Frühauf Partei Rechtsstaatlicher Offensi- ve: In der „taz“ hat er überhaupt nichts gemeint!)

Ja, wunderbar. Herr Müller-Sönksen, vielleicht auch noch ein Zitat. Ich glaube, meine Landesvorsitzende hat am Wochenende so schön gesagt:

„Über die gelben Sesselkleber müssen wir uns nicht aufregen.“

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Eines ist klar, es ist leider viel zu ernst, denn Hamburg hat immensen Schaden genommen und nimmt weiter Schaden.

(Richard Braak Partei Rechtsstaatlicher Offensive: Wie langweilig!)

Das wird auch noch einmal deutlich, wenn Sie in der „FAZ“ am 20. August lesen:

„Von Beust hat das Halbseidene der Schill-Partei unterschätzt.“

(Norbert Frühauf Partei Rechtsstaatlicher Offensi- ve: Halbseiden, ist das eine Beleidigung? Das prü- fen wir mal!)

„Von Beust muss sich vorwerfen lassen, aus dieser Einsicht nicht früh genug Konsequenzen gezogen zu haben.“

Oder die „Frankfurter Rundschau“, die am gleichen Tag schreibt:

„Diese fatale Mesalliance gilt es zu beenden, die der Hansestadt zum Schaden gereicht. Unter dem Getöse der Schill-Freunde, die alles Fremde lieber abschieben als akzeptieren, sind die alten Werte verkommen.“

(Rolf Kruse CDU: Alles dumm Tüch!)

Meine Damen und Herren! Haben wir das hier in Hamburg nötig?

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Um noch ein weiteres Zitat anzuführen: Die „Financial Times“, auch unverdächtig, fordert am gleichen Tag:

„Von Beust sollte mit derselben Konsequenz, mit der er Schill für sein Fehlverhalten abgestraft hat, einen Schlussstrich unter die Zusammenarbeit ziehen und den Wähler entscheiden lassen.“

Meine Damen und Herren! Der nahtlose Übergang zur Tagesordnung, den Sie hier probieren, den nehmen wir

Ihnen nicht ab und den werden Ihnen auch die Bürgerinnen und Bürger hier in Hamburg nicht abnehmen.

(Beifall bei der GAL und der SPD – Burkhardt Mül- ler-Sönksen FDP: Doch, gerade die!)

Neuwahlen sind die einzig saubere Lösung, wie schon oft gesagt,

(Jens Pramann Partei Rechtsstaatlicher Offensive: Geld rausschmeißen für Neuwahlen, das können Sie!)

denn wenn man sich anschaut, welchen Schaden Regierungsmitglieder unter Ihrer Verantwortung, Herr von Beust, der Stadt zugefügt haben, wenn man sich anschaut, welche Politik unter Ihrer Verantwortung gegen Familien, gegen Kinder, gegen Flüchtlinge in Hamburg gemacht wird, ohne dass Sie im Geringsten …

(Zurufe – Glocke)

Ich möchte Sie jetzt doch einmal bitten, sich auf ein paar Zwischenrufe zu begrenzen. Frau Goetsch, Sie haben das Wort.

Herr Pramann ist halt ein bisschen in Rage gekommen und kann nicht aufhören.

Meine Damen und Herren! Wenn Sie sich noch einmal anschauen, welche Politik hier in Hamburg gegen Kinder, gegen Flüchtlinge gemacht wurde, und Sie, Herr von Beust, nicht im Geringsten daran gedacht haben, einmal einzugreifen, dann müsste man Sie eigentlich wegen unterlassener Hilfeleistung anzeigen.

(Beifall bei der GAL und der SPD – Karl-Heinz Eh- lers CDU: Scheinheilige Tante!)