Protocol of the Session on May 8, 2003

Frau Senatorin! Habe ich Sie richtig verstanden, als Sie eine Pressestimme zitierten, dass sich nur solche Städte um den Titel „Kulturhauptstadt“ bewerben, die bisher noch keine sind? Wenn das der Fall sein sollte, frage ich Sie, wie beurteilen Sie dann die Städte Kopenhagen und Lissabon, die bisher diesen Titel getragen haben?

Wie Sie wissen, haben in den letzten Jahrzehnten eher kleinere Städte die Chance gehabt, diesen Titel zu gewinnen, was mit einem Gesamtausbau dieser Städte verbunden war.

Gibt es weitere Fragen zu dem Thema? – Das ist nicht der Fall. Der nächste Fragesteller ist Herr Reinert.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Als am 2. Mai gegen 16.30 Uhr wegen des Defekts einer S-Bahn im Bahnhof Harburg der Strom abgeschaltet wurde, blieb wegen der Stromabschaltung eine weitere S-Bahn im Tunnel zwischen Harburg-Rathaus und Heimfeld liegen, offenbar ohne dass dieses zunächst bemerkt beziehungsweise gemeldet wurde.

Erstens: Wie viel Zeit verging zwischen der ersten Alarmierung der Hamburger Rettungskräfte und der zweiten Alarmierung wegen des weiteren liegen gebliebenen SBahn-Zuges?

Zweitens: Durch wen erfolgte die Alarmierung wegen des weiteren liegen gebliebenen S-Bahn-Zuges?

Für den Senat antwortet Herr Senator Schill.

Zwischen der ersten und der zweiten Alarmierung lagen 24 Minuten. Die erste Alarmierung der Rettungskräfte der

Feuerwehr Hamburg erfolgte um 16.28 Uhr. Eine Alarmierung bezüglich des zwischen Harburg-Rathaus und Heimfeld liegen gebliebenen Zuges erfolgte zunächst nicht, da für diesen Zug keine Gefährdung bestand. Die Fahrgäste wurden vom Triebwagen-Fahrzeugführer durch regelmäßige Lautsprecherdurchsagen informiert. Zusätzlich nutzten einige Fahrgäste die Möglichkeit, über Sprechstellen im Zug mit diesem Fahrzeugführer direkt zu sprechen. Von der S-Bahn war beabsichtigt, dass dieser Zug kurzfristig nach Stromeinschaltung des Abschnitts, in dem er sich befand, aus eigener Kraft nach Heimfeld fahren sollte. Diese Entscheidung wurde dem Triebfahrzeugführer mitgeteilt. Tatsächlich wurde um 16.50 Uhr der Strom wieder zugeschaltet, sodass der Zug hätte normalerweise plangemäß wieder losfahren können. Der Triebfahrzeugführer teilte dann jedoch mit, dass zwischenzeitlich ein Fahrgast eine Scheibe eingeschlagen und sich aus dem Zug befreit habe, sodass der Zug nicht vorschriftsmäßig habe weiterfahren dürfen. Aus diesem Grunde ist dann um 16.52 Uhr – also besagte 24 Minuten später – die Hamburger Feuerwehr alarmiert worden, und zwar nun, um die Fahrgäste des liegen gebliebenen Zuges zu evakuieren. Die Feuerwehr wurde in beiden Fällen von der S-Bahn-Betriebszentrale informiert.

Herr Reinert, bitte.

Herr Senator! Wird der Senat der Bahn empfehlen, aufgrund dieser Vorkommnisse ihre internen Abläufe zu überarbeiten, denn eine solche Wartezeit von über 20 Minuten ist in einem Tunnel wohl kaum als akzeptabel zu bezeichnen?

Herr Senator Mettbach antwortet für den Senat.

Herr Abgeordneter! Selbstverständlich steht der Senat in ständigem Kontakt mit den Verkehrsbetrieben der Freien und Hansestadt Hamburg, die uns mit allen Informationen versorgen. Immer dann, wenn irgendwelche ungewöhnlichen Vorkommnisse passieren, wie es hier der Fall ist, und dort Mängel auftreten, dann führen wir natürlich Gespräche, um in Zukunft dafür zu sorgen, dass solche langen Wartezeiten nicht mehr vorkommen. Es erfolgen natürlich auch Gespräche mit der SBahn in Hamburg.

Gibt es weitere Fragen? – Das ist nicht der Fall. Die nächste Fragestellerin ist Frau Dr. Freudenberg.

Frau Senatorin Schnieber-Jastram hat am 5. Mai die Abschaffung des Sozialtickets, mit dem Sozialhilfeempfänger und -empfängerinnen verbilligt den HVV benutzen können, mitgeteilt, womit jährliche Einsparungen in Höhe von 3,2 Millionen Euro erzielt werden sollen.

Meine erste Frage: Wie hoch veranschlagt der Senat die Kosten des zusätzlichen Verwaltungsaufwandes, wenn jetzt beim Sozialamt wieder Einzelfahrscheine abgerechnet werden?

Für den Senat antwortet Herr Staatsrat Meister.

(Senatorin Dr. Dana Horáková)

Frau Präsidentin, Frau Abgeordnete! Zusätzliche Verwaltungskosten sind durch die Einführung des Sozialtickets entstanden. Vor Einführung des Tickets war ein Nachweis der Sozialhilfeberechtigten zum Erwerb von HVV-Karten nicht notwendig. Das Sozialticket setzt demgegenüber diesen Nachweis voraus. Dieser Verwaltungsaufwand entfällt künftig und wird etwaige Mehrkosten kompensieren.

Frau Dr. Freudenberg.

Wir können nach einer Weile ja noch einmal abfragen, ob Sie Recht haben.

Haben Sozialhilfeempfänger und -empfängerinnen, die im Rahmen des 1-Euro-Programmes arbeiten oder einer anderen geringfügig entlohnten Arbeit nachgehen, Anspruch auf Erstattung der gesamten arbeitsbedingten Fahrtkosten, also auch dieses Abos?

Frau Abgeordnete! Die zusätzliche Leistung von 1 Euro je Arbeitsstunde dient der Deckung des Mehraufwandes, der durch die Aufnahme der Beschäftigung entsteht. Dieser umfasst auch zusätzliche Aufwendungen für Fahrtkosten.

(Lachen bei der SPD)

Die Personen erhalten darüber hinaus mit der Zuweisung zur Hamburger Arbeit für den Beschäftigungszeitraum die Berechtigung zum Erwerb der HVV-ProfiCard, also der vergünstigten Fahrkarte für den Großbereich.

Frau Dr. Freudenberg.

Sieht der Senat in dieser Regelung nicht einen Widerspruch zu der sonst immer propagierten Motivierung und auch Verpflichtung zur Selbsthilfe von Sozialhilfeempfängern, wenn jetzt dieser zusätzliche 1 Euro dafür aufwendet werden soll?

Nein, das ist nicht der Fall, Frau Abgeordnete. Wir lassen uns bei der Überprüfung der Sozialhilfekosten von insgesamt drei Grundsätzen leiten:

(Wolf-Dieter Scheurell SPD: Das ist ja schön!)

Der erste Grundsatz ist die Möglichkeit, Sozialhilfemissbrauch zu vermeiden. Der zweite Grundsatz ist, zu prüfen, ob die Ausgabe der Höhe nach den gesetzlichen Vorgaben entspricht und nicht etwa Sozialhilfeempfänger günstiger dastehen als Niedriglohnempfänger.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Der dritte Grundsatz ist, dass wir uns auch mit anderen Großstädten vergleichen.

Frau Dr. Freudenberg, Sie haben noch eine Frage.

Die hebe ich mir auf.

Frau Dr. Lappe.

Herr Staatsrat, in welcher Weise sind seit Einführung des Sozialtickets die wegen Schwarz

fahrens verhängten Ersatzfreiheitsstrafen zurückgegangen?

Frau Abgeordnete, vor der Einführung des Sozialhilfetickets haben viele Sozialhilfeempfänger von dem regulären Angebot des HVV Gebrauch gemacht. Aus diesem Grund hat der HVV im Rahmen der damaligen Vertragsverhandlungen seine Bedenken zum Ausdruck gebracht, dass die Neuregelung überwiegend zu einem Umsteigen auf das neue Angebot führen würde, ohne dass in nennenswertem Umfang Neukunden dazugewonnen werden könnten. Es wurde deshalb für die ersten sechs Monate nach Einführung des Sozialtickets eine Kundenbefragung vertraglich vereinbart.

Das Ergebnis dieser Befragung war, dass von 10 805 auswertbaren Fragebögen – der Rücklauf betrug insgesamt 12 393 – lediglich 847 – also knapp 8 Prozent – der ausgewerteten Fragebögen Neukunden zugeordnet werden konnten. 9958 Personen waren schon vorher HVV-Kunden.

Um präzise auf Ihre Frage zu antworten, möchte ich Ihnen sagen: Die Entwicklung der festgestellten Schwarzfahrten zeigt, dass die Einführung des Sozialtickets diese nicht verhindert hat. Gemäß einer telefonischen Auskunft des HVV ist von folgenden Zahlen auszugehen: 1997: 3,9 Prozent, 1998: 4,1 Prozent, 1999: 3,9 Prozent, 2000: 3,6 Prozent, 2001: 3,6 Prozent und 2002: 3,3 Prozent.

Die Quote der Schwarzfahrer ist bei relativ gleichbleibendem Umfang der Zahl der jährlich kontrollierten Fahrgäste seit 1977 nur leicht rückläufig. Nach Einschätzung des HVV ist aber auch dieser leichte Rückgang nicht auf die Einführung des Sozialtickets, sondern vielmehr auf eine veränderte Überprüfungspraxis durch das Unternehmen selbst zurückzuführen.

Frau Dr. Lappe, eine zweite Frage.

Um es noch einmal deutlich zu sagen, stelle ich die gleiche Frage noch einmal. Es ging um die Frage der Verhängung von Ersatzfreiheitsstrafen für Menschen, die schwarzgefahren und erwischt worden sind und ob sich diese Ersatzfreiheitsstrafen seit Einführung des Sozialtickets reduziert haben, weil das jeden Tag Geld kostet. Wenn diese wieder steigen sollten, wäre das ein Kostenfaktor, der bei den ganzen Überlegungen auch zu berücksichtigen wäre.

Frau Abgeordnete, ich habe durch die sehr intensive Aufzählung bei der Entwicklung der Schwarzfahrerzahlen darauf aufmerksam machen wollen, dass eine Änderung nicht zu erwarten ist.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Es geht um die Verhän- gung von Ersatzstrafen! – Christian Maaß GAL: Da muss Herr Kusch antworten!)

Die nächste Fragestellerin ist Frau Brinkmann.

Seit 1. Januar 2003 erhalten ältere Sozialhilfeempfänger Leistungen nach dem Grundsicherungsgesetz. Warum ist der Vertrag mit der HVV GmbH, dem das Sozialticket zugrunde liegt, nicht so geändert worden, dass Empfängerinnen und Empfänger von Leis

tungen nach dem Grundsicherungsgesetz dieses Ticket auch nach dem 1. Januar 2003 erwerben können?

Frau Abgeordnete, das Grundsicherungsgesetz enthält neben dem Regelsatz eine fünfzehnprozentige Pauschale. Die Pauschale ist nicht zweckbestimmt für einmalige Bedarfe. Mit ihr sollen vielmehr Bedarfe abgedeckt werden, die über den Regelsatz hinausgehen. Er liegt also höher als der Sozialhilfesatz. Unabhängig davon, dass wir die Absicht auch schon zu jenem Zeitpunkt hatten, das Sozialticket abzuschaffen, ist das eine mit dem anderen nicht vergleichbar. Um für ärmere Bevölkerungsschichten insgesamt zusätzliche Sozialleistungen aus dem städtischen Haushalt zu finanzieren, haben wir zurzeit keine Mittel.