Protocol of the Session on November 28, 2001

grieren, wo es war und wo es hingehört. Zulasten der sozial Schwachen, weil sinnvolle Konzepte zur sozialen Stadtteilentwicklung bei Ihnen keine Beachtung finden. Die Missachtung der guten Arbeit der Stadtentwicklungsbehörde findet ihren Ausdruck auch darin, dass Sie diese noch nicht einmal im Namen der neu zu schaffenden Behörde für Bau und Verkehr erscheinen lassen wollen, obwohl die gesamte Belegschaft der Stadtentwicklungsbehörde in einem offenen Brief darum gebeten hat. Das ist ein singulärer Vorgang in der hamburgischen Verwaltung. Ihre trotzige Reaktion auf diesen Wunsch nach einer kleinen Geste der Anerkennung gegenüber den Mitarbeitern der Stadtentwicklungsbehörde

(Wolfgang Beuß CDU: Warten Sie es ab!)

ist von ebenso singulärer Ignoranz.

(Beifall bei der GAL)

Eines steht mit dem in diesem Gesetz vorgeschlagenen Behördenzuschnitt jedenfalls fest: Sie verpassen eine entscheidende Weichenstellung für die Agrarwende. Sie tragen eine Mitverantwortung, wenn der nächste Lebensmittelskandal kommt und Ihnen der Appetit gehörig vergehen wird. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das Wort hat der Abgeordnete Müller-Sönksen.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe mit großem Erstaunen gehört, dass die GAL offensichtlich einer Verschlankung des Senats nicht zugestimmt hätte. Deswegen haben die Hamburger Sie auch nicht so ausreichend gewählt, sodass Sie nun auch nicht den Senat bestimmen können.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Sie hätten wahrscheinlich unter sich auch noch einen sechzehnten oder siebzehnten Senator aufgeteilt, wenn Sie für ihn noch irgendeine Position gefunden hätten.

(Christian Maaß GAL: Und alle mit Nockemann besetzt!)

Auf jeden Fall ist es erstaunlich von Ihnen zu hören, dass Sie die Stadtentwicklungsbehörde als so wichtig bezeichnen, wie sie von der inhaltlichen Aufgabe auch ist.

Ich glaube übrigens, dass sich die gute Politik dieser Regierung nicht nur dahin erstrecken wird, den Behörden Überschriften zu geben, sondern auch gute Politik zu machen. Das unterscheidet uns auch von Ihnen.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Sie versuchen, mit plakativen Überschriften der Bevölkerung Sand in die Augen zu streuen, anstatt wirklich gute Politik zu machen.

Ich möchte noch einen Punkt zur Sozialgerichtsbarkeit sagen, weil ich vorhin, lieber Kollege Pumm, an der bestimmten Stelle meine Zwischenfrage nicht stellen konnte.

Sie haben gesagt, dass die Sozialgerichts- und die Arbeitsgerichtsbarkeit in der ehemaligen Sozialbehörde besser aufgehoben seien. Wo sind denn die guten „Aufgehobenheiten“ gewesen, als das Bundesverfassungsgericht entschieden hat, dass die Verfahrensdauer am Hamburger Sozialgericht verfassungswidrig unterlaufen wird?

(Christian Maaß GAL)

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Ich will damit eigentlich nur sagen, dass ein Gericht – egal, zu welcher Behörde es gehört – immer hinreichend gut alimentiert sein sollte. Dass wir aus ordnungspolitischen Gründen jetzt eine Rechtspflegebehörde wollen, in der Synergieeffekte zusammengefasst werden, die sich aus der dritten Gewalt ergeben, ist ein weiterer Teil, den wir zur Verschlankung eingesetzt haben. Das werden wir auch in dieser Legislaturperiode umsetzen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Gibt es eine weitere Wortmeldung? – Das Wort hat der Abgeordnete Böwer.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Senator Lange! Sagt Ihnen der Name Marie-Elisabeth Lüders etwas? Sie war die Gründerin der FDP nach 1945 und Alterspräsidentin des Deutschen Bundestages. Frau Koop, ich beziehe mich deswegen auf Marie-Elisabeth Lüders, weil sie als Abgeordnete im Deutschen Reichstag bei den Beratungen des Jugendwohlfahrtsgesetzes Berichterstatterin war.

Als Berichterstatterin zum Reichsjugendwohlfahrtsgesetz von 1922 führte sie aus:

„Um Gottes willen, wie will man denn den Kindern helfen, sie ressortieren zu zwei Ministerien!“

Seit 1922 war dieser Satz nie mehr so aktuell wie heute, da wir über die Frage der Zerschlagung und Teilung des Amtes für Jugend zu reden haben.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Frau Koop, weil wir gerade bei der Frage von Traditionen sind. Es war nicht nur Frau Lüders, sondern auch Agnes Neuhaus von der Zentrumspartei – quasi die Amtsvorgängerin von Frau Schnieber-Jastram in Fragen der Jugendhilfe – und die Sozialdemokratin Maria Juchazc.

(Dr. Stefan Schulz CDU: Ein Teil davon!)

Ein Teil. Zumindest kann ich als gebürtiger Westfale durchaus auf das Zentrum und seine Beziehung zur CDU rekrutieren.

Diese drei Damen der Jugendhilfe wussten um die Fallstricke, wenn man Kinder und Jugendliche und ihre Familien zwischen der damaligen Armenfürsorge, Waisenhäusern, Vormundschaftsbehörden und Gefängnisdeportationen hin- und herschob. Deswegen hat es nichts mit Traditionsduselei zu tun, sondern es war die Erkenntnis, dass nur eine effektive Jugendhilfe aus einer Hand dann zeitnah und effektiv Hilfe für Kinder und Jugendliche bringen kann.

Von daher verwundert es schon, wie der Senat mit der Frage der Jugendhilfe umzugehen scheint. Er zerschlägt das Amt für Jugend, das übrigens 1907 gegründet wurde und eines der ersten einheitlichen Landesjugendämter im deutschen Reichsgebiet war.

(Dr. Wieland Schinnenburg FDP: Die SPD will es so machen wie zu Kaisers Zeiten!)

Wir kommen auf diese Bereiche gern zurück.

(Dr. Wieland Schinnenburg FDP: Da bin ich aber gespannt!)

Heute haben Sie vor, das Amt für Jugend aufzuteilen, indem Sie den Kita-Bereich und das Jugendinformations

zentrum Herrn Lange und den Rest – Hilfen zur Erziehung, Familienförderung – Frau Schnieber-Jastram zuschlagen. Das ist nicht nur fachlich unsinnig, sondern es verstößt auch eindeutig gegen die Gebote des Kinder- und Jugendhilfegesetzes. Darauf hat die Landesarbeitsgemeinschaft der Wohlfahrtsverbände mit Schreiben vom 30. Oktober hingewiesen.

Wenn Sie die Zeit finden würden, einmal bei den Kommentatoren des Kinder- und Jugendhilfegesetzes im Bundesgebiet nachzufragen, dann werden Sie feststellen, dass Sie hier gegen den Paragraphen 22 des KJHG verstoßen.

Weil wir gerade bei Damals und Heute sind: Noch im April dieses Jahres hat die CDU infolge der Beratung der Enquete-Kommission zur Bekämpfung der Jugendkriminalität einen Antrag eingebracht, in dem es um die Einheitlichkeit der Jugendhilfe und die Sozialräumlichkeit ging. So lange ist es noch nicht her, Herr Harlinghausen und Frau Pawlowski; daran müssen Sie sich heute messen lassen.

Lassen Sie mich deutlich sagen, dass die Aufteilung des Amtes für Jugend mehr als nur eine Peinlichkeit ist, die niemandem nutzt. In der Debatte um die Koalitionsberatungen ging es im Wesentlichen um die Kompensation des zu kurz gekommenen freidemokratischen Senators Lange; um nicht mehr und nicht weniger.

Wir gehen davon aus, dass Sie hier sehr bewusst gegen geltendes Recht verstoßen. Sie haben allerdings noch die Gelegenheit, dieses abzuändern. Wenn der Jugendhilfeausschuss gegründet ist, können Sie davon ausgehen, dass dieser möglicherweise aufgrund der Zweiteiligkeit des Amtes für Jugend von seinem Klagerecht in dieser Frage Gebrauch machen wird beziehungsweise muss.

Die Aufteilung ist rechtlich unzulässig, praktisch unsinnig und politisch fragwürdig. Wir haben neuerdings mit Frau Schnieber-Jastram eine Familiensenatorin. Das ist gut und wird begrüßt.

(Beifall bei der CDU und der Partei Rechtsstaat- licher Offensive)

Aber Frau Schnieber-Jastram ist eine Königin ohne Land. Ihr fehlt die Gestaltungsmacht über einen der zentralsten Bereiche der Familienpolitik, nämlich des gesamten Bereichs der Kindertagesstätten. Jede Forderung, die von ihr im Zusammenhang mit den Kindertagesstätten in der Öffentlichkeit vorgetragen wird, ist im Grunde genommen ein Bittgang in Richtung des Senators Lange. Das ist falsch.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Genützt hat diese Rangelei und die Aufsplitterung nichts, sie schadet. Was passiert zum Beispiel konkret mit folgenden Projekten? Wer kümmert sich in der Stadt um Pädagogische Mittagstische, eine Synthese aus offener Jugendarbeit und Hort? Wer kümmert sich um Kinder- und Familienzentren, die im gesamten Bundesgebiet gelobt werden, die ebenfalls eine Synthese aus dem Bereich Jugendarbeit, Kindertagesstätten und anderen Einrichtungen darstellen? Wer ist in Zukunft für die integrativen Kindergärten – ich erinnere an die Modellprojekte Rauhes Haus und die Vereinigung in Billstedt – zuständig? Wer kümmert sich um die Schnittstellenprojekte in dieser Stadt?

(Burkhardt Müller-Sönksen FDP)

Herr Lange, ich habe zu Beginn meiner Ausführungen an Frau Lüders erinnert. Wer Frau Lüders kannte, würde im Zusammenhang mit Ihren Aussagen, dass der Koalitionsvertrag eine liberale Handschrift trägt, eher sagen: Das ist keine liberale Handschrift, Herr Kollege, das ist Krickelkrakel. – Danke.

(Beifall bei der SPD und der GAL)