Auf diesem Gebiet könnte sicherlich noch sehr viel mehr getan werden. Ich denke dabei zum Beispiel an die Elternarbeit. Auch in der Vergangenheit wurde auf Elternabenden Aidsprävention thematisiert. Aber wie viele Eltern sind dabei tatsächlich anwesend, wie viele Eltern haben nach wie vor Hemmungen, mit ihren Kindern darüber zu sprechen, und wie viele interessieren sich schlichtweg gar nicht dafür.
Auch der kulturelle Hintergrund von Kindern – vor allem nicht deutschstämmiger Familien – sollte besonders berücksichtigt werden. Gerade viele Eltern dieser Kinder brauchen spezielle Informationen, weil sie die üblichen Kampagnen zum Teil nicht richtig verstehen. Zum Teil stammen sie aber auch aus Kulturen, in denen nicht so freizügig über Sexualkunde und darüber hinaus über Aidsprävention gesprochen wird. Dass das aber für uns alle wichtig ist und dass wir mit den Kampagnen auch alle erreichen wollen, dürfte selbstverständlich sein. Auch dies ist ein wichtiger Punkt guter Integrationsarbeit.
Neben Eltern, Vereinen und Schülerinitiativen könnten hier auch religiöse Einrichtungen – ich denke da zum Beispiel an Moscheen – auf die Aufklärungsarbeit angesprochen werden. Ich weiß, dass viele Verantwortliche diesen Themen gegenüber sehr viel aufgeschlossener sind, als dies gemeinhin angenommen wird.
Die SPD-Fraktion unterstützt die Anträge der GAL, die den Senat auffordern, die Sexualerziehung speziell für Migrantinnen und Migranten in allen Schulformen in der Sekundarstufe I voranzubringen sowie eine Kampagne für Safersex für 2002/2003 vorzulegen, die die offene Jugendarbeit mit einbezieht.
Ein letzter Satz. Dem dritten Antrag zur grundsätzlichen Aufhebung der Koedukation im Sexualunterricht stimmen wir nicht zu, obwohl eine zeitweise Trennung von Mädchen und Jungen sinnvoll sein kann.
Aber bei bestimmten Fragestellungen ist gerade für Jungen und Mädchen in diesem Alter eine neutrale Plattform
ganz besonders wichtig, die es ihnen ermöglicht, sachlich miteinander über diese Themen zu sprechen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Aids ist seit vielen Jahren eine dramatische Geißel der Menschheit. Die Hysterie, die wir in dieser Frage in den achtziger und neunziger Jahren in der Politik, teilweise aber auch in den Medien und in der Gesellschaft gehabt haben, hat zu einer vielfach übertriebenen Panik geführt. Diese Krankheit wurde quasi überdramatisiert. Es hatte für viele Menschen, die mit Aids infiziert gewesen sind, fatale soziale Folgen durch Ausgrenzung und Stigmatisierung.
Begleitend hat es aber auch sinnvolle Informations- und Aufklärungskampagnen gegeben. Das war zu der Zeit gut und hat zur Beruhigung der Gesamtsituation beigetragen und die meisten Menschen zu einem vernünftigen Umgang mit dieser Krankheit beziehungsweise mit deren Risiken und insbesondere mit den betroffenen Kranken geführt.
Dass inzwischen eine allzu menschliche Reaktion eingesetzt hat, hängt damit zusammen, dass bei denjenigen, bei denen immer wieder bestimmte Mechanismen greifen, eine gewisse Abstumpfung einsetzt, die inzwischen in vielerlei Hinsicht auch zu einer Gleichgültigkeit mit dieser schweren Krankheit geführt hat. Viele junge Menschen meinen, sie könnten wieder ohne Safersex leben, und wissen gar nicht, dass sie ihre Gesundheit oder ihr Leben wie beim russischen Roulett riskieren. Die Werbe- und Informationsstrategien aus den achtziger und neunziger Jahren sind inzwischen gescheitert. Der laxe Umgang mit diesem Thema birgt die Gefahr, dass er zu verheerenden Folgen führen kann. Sinnvolle und maßvolle Reaktionen sind deshalb im präventiven Bereich erforderlich, da Therapie und Impfung immer noch in weiter Ferne sind beziehungsweise derzeit auf keine Heilung hoffen lassen.
Diese Entwicklung zeichnet sich schon lange ab. Deswegen ist der Ansatz des GAL-Antrags 17/50 in vielerlei Hinsicht sinnvoll. Er muss aber im Ausschuss weiter debattiert, besprochen und vor allem auch ergänzt und ausgeweitet werden.
Ich frage mich allerdings, warum Sie diesen Antrag erst jetzt, und zwar als eine Ihrer ersten Initiativen einbringen und es nicht bereits in der letzten Legislaturperiode getan haben. Da war das Thema nämlich auch schon sehr wichtig.
(Vereinzelter Beifall bei der CDU, der Partei Rechts- staatlicher Offensive und der FDP – Dr. Willfried Maier GAL: Das Leben geht weiter!)
Frau Sager, das kennen wir ja noch von Ihnen. Bei Ihnen war zum Schluss nur noch hohle Luft drin, da kam überhaupt nichts mehr. Deswegen fragen Sie mich jetzt nicht.
Zum Inhalt des Antrags. Wenn Sie insbesondere die Migranten ansprechen, dann ist das einerseits richtig. Auf der anderen Seite glaube ich aber nicht, dass man durch
Veränderungen von beispielsweise Curricula oder Richtlinien in dieser Problematik irgendetwas ändert. Wir müssen die Realität in dieser Frage zur Kenntnis nehmen. Die Kollegin von der SPD-Fraktion hat das eben schon kurz angesprochen. Ich erlebe tagtäglich in der Arbeit mit Migrantenkindern, dass die Eltern ihnen die Teilnahme am Schwimmunterricht oder am Sexualkundeunterricht nicht erlauben. Da ist Pionierarbeit im kulturellen und im religiösen Bereich erforderlich. Das kann man nicht durch irgendwelche Dekrete ändern, die von der Schulbehörde kommen.
Koedukation ist doch in den Schulen bereits seit langem Praxis sowohl im gemeinsamen Sexualkundeunterricht als auch im geteilten. Da springen und hoppeln Sie eher ein bisschen hinterher. Das wird inzwischen vielfach sehr erfolgreich praktiziert. Ich gebe Ihnen aber in dem Punkt Recht, dass wir in einer sachgerechten, fachgerechten und ansprechenden Aufklärung Defizite haben, insbesondere auch in der offenen Jugendarbeit.
Ich wiederhole das, was Sie früher immer zu Oppositionsanträgen gesagt haben: Ihr Antrag ist wirklich zu kurz gesprungen, er ist ein bisschen einseitig und gehört nachgebessert. Deswegen werden wir das im Ausschuss machen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt überhaupt keinen Zweifel, dass eine Krankheit, deren Übertragbarkeit bekannt ist, mit allen Mitteln bekämpft werden muss. Dafür sind wir auf der ganzen Linie, darüber brauchen wir gar nicht zu diskutieren.
Zur Sexualerziehung speziell für Migranten. Ich bin in den letzten Wochen und Monaten natürlich oft gefragt worden, wofür wir stehen, ob für Ausgrenzung oder für Integration. Natürlich für Integration, das ist gar keine Frage. Aber Integration beinhaltet auch, dass wir zum Beispiel gleichen Schulunterricht haben. Es darf auf der einen Seite keine Ausgrenzungen geben, aber auf der anderen Seite auch keine Sonderbehandlungen. Ich wüsste nicht, warum man das tun sollte. Wenn wir eine Sonderbehandlung für Migranten haben wollten, wäre der Umkehrschluss, zu sagen, warum sollen unsere Kinder dümmer bleiben. Ist eventuell die Geburtenrate bei deutschen Erwachsenen so gering, weil sie dümmer geblieben sind? Das wollen wir also auf gar keinen Fall.
Das geht nun einmal nicht ohne Sexualität. Ich nehme an, dass Klonen zu der Zeit noch nicht so recht in Mode war.
Eines der großen Vergehen an der Menschheit ist, dass man damit Schuldgefühle zusammengebracht hat. Ich glaube, dass das auch bei Ihnen unstrittig und dass das eine absolute Fehlentwicklung gewesen ist. Sexualität ist nun einmal das Selbstverständlichste auf der Welt. Es wäre nicht gut, wenn wir dieses Fehlverhalten, das wir zu früheren Zeiten einmal eingeimpft bekommen haben, fortsetzen
Das Konzept für eine Safersex-Kampagne findet unsere volle Zustimmung. Da gibt es überhaupt keine Frage. Alles, was wir dazu beitragen können, um Aufklärung zu betreiben, um diese Krankheit zu bekämpfen, werden wir unterstützen.
Spritzentausch für inhaftierte Drogenabhängige. Wir sind in unserem Programm von Anfang an davon ausgegangen, dass Drogenabhängige Kranke sind, die unsere Hilfe und Unterstützung brauchen, damit sie möglichst bald von der Drogenabhängigkeit wegkommen. Das heißt auf der anderen Seite aber nicht, dass wir diese Krankheit in irgendeiner Weise verharmlosen und einfach hinnehmen. Wenn ich zum Beispiel höre, dass 2,8 Millionen Spritzen getauscht worden sind, und erfahre, dass das ein Erfolg sein soll, dann ist das für mich eine Bankrotterklärung und kein Erfolg.
Natürlich wollen wir, wenn es um Spritzentausch in den Haftanstalten geht, nicht sagen, ab morgen gibt es keine mehr. Erstens sind wir natürlich für die Substitution mit Methadon, wobei wir von Experten hören, dass eigentlich die Abgabe von Heroin sinnvoller wäre, aber dies nun einmal verboten ist – leider.
Wir sind durchaus der Meinung, dass ein großer Teil dieser Inhaftierten keine Beratung braucht, sondern eine ganz konkrete Therapie, in der etwas getan wird. Es reicht nicht, einfach zu labern.
Wir werden diese Maßnahme – Absetzen des Spritzentausches – sicherlich nicht sofort vornehmen. Wir werden natürlich die flankierenden Maßnahmen, die wir versprochen haben, auch dazu liefern. Das steht so im Koalitionsvertrag und das werden wir auch einhalten. Wir werden sicherlich erst damit anfangen, das umzusetzen, wenn die flankierenden Maßnahmen implantiert sind. Wir möchten nur jetzt richtig die Weichen gestellt haben.
(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP – Dr. Dorothee Freudenberg GAL: Wenn alle geheilt sind, brauchen wir keinen Spritzentausch mehr!)