Wenn ich allein nur erwähnen darf: Polizeipräsident, Rechnungshofpräsident. So etwas wäre doch Ihnen nicht eingefallen.
Welches Gewicht letztlich die SPD einem derartigen Ausschuss beimisst, haben wir auch der Presse entnehmen können. Es war kaum möglich, Personen zu finden, die sich freiwillig für diesen Ausschuss zur Verfügung gestellt haben. Die Presse hat das vielleicht nicht ordentlich recherchiert, meinen Sie jetzt, aber, ich denke, es soll wohl sehr schwer gewesen sein. Das sagt doch eigentlich schon alles.
Herr Zuckerer, Ihre Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass dieser Untersuchungsausschuss nicht die von mir seinerzeit so genannte Dreckskampagne fortsetzt. Sorgen Sie dafür, dass hier sachlich gearbeitet wird, dass es nicht zu zusätzlichen Generalverdächtigungen kommt und das Parlament sich nicht dadurch blamiert, dass die SPD zu einer Partei wird, die Senatoren und Mitarbeiter dieser Stadt unberechtigten Verleumdungen und Verdächtigungen aussetzt. Da erwarte ich von Ihnen eine faire Behandlung aller, die es betrifft.
Abschließend kann nicht nur sagen: Wir werden uns enthalten. Wir sehen Ihrem Ausschuss, an dem wir uns ja beteiligen werden, mit großer Gelassenheit entgegen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die zentrale Frage in diesem Untersuchungsausschuss besteht darin, was dem Senat bei seiner bisherigen Personalpolitik wichtiger war, das Recht oder die rechte Gesinnung von Mitarbeitern.
Wir haben nach der Beurteilung der uns vorliegenden Akten und Berichte den auf Tatsachen begründeten Verdacht,
(Beifall bei der GAL und der SPD – Dr. Michael Freytag CDU: Der rechte Herr Wellinghausen! Der rechte Herr Behlmer! Der rechte Herr Meister!)
dass der Justizsenator erstens in rechtswidriger und politisch unakzeptabler Weise Einfluss auf Personalentscheidungen genommen hat, zweitens seine engsten Mitarbeiter mit bisher unüblichen finanziellen Begünstigungen versorgt hat und drittens den Verdacht, dass loyale Beamte, die nicht sein Parteibuch hatten, gezielt schikaniert und gemobbt wurden. Dies sind drei Varianten eines und desselben Themas, dem Thema, dass dieser Senat möglicherweise glaubt, seit der Wahl 2001 gehöre diese Stadt endlich den Koalitionsparteien und namentlich der CDU.
Meine Damen und Herren! Bei allem Verständnis, das ich dafür habe, dass sich die CDU freut, dass sie nach 44 Jahren die SPD von der Macht verdrängt hat,
eines lassen wir nicht zu: Wir lassen es nicht durchgehen, wenn die CDU meint, die Herrschaft des Rechts durch die Herrschaft der Rechten ersetzen zu können,
(Beifall bei der GAL und der SPD – Unmutsäuße- rungen bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)
denn diese Stadt hat nie der SPD gehört und sie ist auch heute nicht die Beute der CDU, denn diese Stadt gehört den Bürgerinnen und Bürgern der Hansestadt Hamburg und sonst niemandem.
Wenn Herr Kusch und der Bürgermeister diese Lektion begreifen, dann hat dieser Untersuchungsausschuss auch schon einen großen Zweck erfüllt.
Erstens werden wir sehr genau untersuchen, ob und in welchem Umfang unsachgemäße und rechtswidrige Erwägungen Einfluss auf die Personalpolitik des Justizsenators gehabt haben. Der zentrale Fall ist und bleibt dabei der Fall Soyka. Nach allem, was wir wissen und was öffentlich auch bekannt ist, handelt es sich hier um ungeheuerliche Vorgänge.
Die Abteilungsleitung für die sozialen Dienste wurde mit der Gattin eines linienkonformen Rathaus-Journalisten besetzt, obwohl Heerscharen von Juristen bis hin zum Verwaltungsgericht Hamburg diese Stellenbesetzung als rechtswidrig gebrandmarkt haben. Wir haben hierzu eine Menge Fragen, die sich auch durch die Akteneinsicht nicht klären ließen und sich im Übrigen auch nicht durch die Befragung von Herrn Kusch vollständig klären ließen. Unserer Ansicht nach werden deswegen weitere Zeugen vernommen werden müssen und dies geht nun einmal nicht anders als in einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss.
Ich nenne nur einige Fragen, die sich stellen. Wie ist es zuerst überhaupt zu den engen Formulierungen der Ausschreibung für die Leitung der sozialen Dienste gekommen? Warum wurde dadurch die stellvertretende Abteilungsleiterin praktisch von der Bewerbung ausgeschlossen und in welcher Weise hat die Behördenleitung Einfluss auf diese Ausschreibung genommen? Welche Kontakte
bestanden zwischen der Behördenleitung und der Bewerberin und ihrem Ehemann vor und während des Bewerbungs- und Auswahlverfahrens? Was hat den Büroleiter des Justizsenators dazu bewogen, gegenüber dem Ehemann der Bewerberin zu versichern, dass diese weiterhin die Favoritin der Behördenleitung sei, obwohl ein Bewerbungsgespräch mit dem Justizsenator zu diesem Zeitpunkt überhaupt noch nicht stattgefunden hatte?
Was hat den Justizsenator dazu bewogen, trotz der unbefriedigenden Bewerberlage die Stelle nach Beendigung des Bewerbungsverfahrens nicht erneut auszuschreiben, sondern trotz der offenkundigen Rechtswidrigkeit die Journalistengattin einzustellen? Das sind Fragen, die aus meiner Sicht berechtigt sind und die sich nur in einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss klären lassen und die auch geklärt werden müssen.
(Beifall bei der GAL und der SPD – Norbert Frühauf Partei Rechtsstaatlicher Offensive: Klingt irgend- wie frauenfeindlich!)
Im zweiten Komplex werden wir untersuchen, ob und in welchem Umfang unrechtmäßige oder ungewöhnliche finanzielle Leistungen für enge Mitarbeiter der Behördenleitung gewährt wurden. Waren es übliche Verfahren, durch die das engste Umfeld des Justizsenators finanziell doch sehr gut versorgt wurde? War es sachgerecht, dass der Pressesprecher der Justizbehörde zur Ernennung zum Richter vorgeschlagen wurde, obwohl der Aufgabenbereich des Pressesprechers erkennbar keine richterlichen Fähigkeiten und Tätigkeiten erfordert und umfasst? Wurde die Stelle des Sicherheitsbeauftragten für den Strafvollzug passgerecht auf den CDU-Abgeordneten Ploog zugeschnitten, damit dieser die Stelle antreten konnte, ohne sein Bürgerschaftsmandat niederlegen zu müssen? Auch das sind Fragen, die nicht im Raum stehen bleiben dürfen, sondern die dringend der Aufklärung bedürfen, und wir werden diese Fragen aufklären.
Im dritten Komplex werden wir prüfen, ob und in welchem Umfang seitens der Behördenleitung unsachgemäße oder rechtswidrige Methoden zur Sanktionierung einzelner unliebsamer Mitarbeiter ergriffen wurden. Ein Justizsenator, der loyale Mitarbeiter nach ihrer politischen Gesinnung und nicht nach ihrer fachlichen Befähigung beurteilt, wäre aus unserer Sicht untragbar.
Noch ein Wort zu den Akten – das wurde bereits von Herrn Zuckerer angesprochen –, die uns vom Senat zur Einsicht vorgelegt wurden. Letztlich hat diese Akteneinsicht weniger Fragen beantwortet als aufgeworfen, denn eines geht ganz deutlich aus den Akten hervor, dass diese Akten in dieser Form so real kaum geführt wurden, sondern für die Bürgerschaft zusammengestellt wurden. Das führt dazu, dass die Kontrollmöglichkeiten des Parlamentes erheblich erschwert wurden. Vor dem Hintergrund des letzten Untersuchungsausschusses und der Ausführung und den Konsequenzen, die die CDU aus diesem Untersuchungsausschuss gefordert hat, ist dies, ehrlich gesagt, ziemlich erstaunlich.
Meine Damen und Herren! Die damalige CDU-Opposition hat sich noch vor zwei Jahren sehr mächtig über den SPDFilz aufgeregt, den sie entdeckt hatte und sicherlich nicht ganz zu Unrecht. Da war von Kungeleien und Parteibuch
wirtschaft die Rede, von Begünstigung und Intransparenz sowie von fehlenden und fingierten Akten. Diese Aufregung war zum Teil auch berechtigt. Auch die GAL-Fraktion hat im damaligen Untersuchungsausschuss in der 16. Legislaturperiode deutliche Kritik zu verschiedenen Vorgängen formuliert. Umso unverständlicher ist es aus meiner Sicht, dass die CDU keine zwei Jahre gebraucht hat, um die im letzten parlamentarischen Untersuchungsausschuss kritisierten Praktiken jetzt selbst anzuwenden. Denn auch der CDU geht es genau um diese Punkte. Es geht um Parteibuchwirtschaft, um Begünstigung und Intransparenz. Eigentlich hatte ich – wenn ich die Politik so betrachte – den Glauben an die Lernfähigkeit der CDU ein bisschen verloren, aber die Kreationen von Filz im Schnelldurchgang sind ein beeindruckender Beleg dafür, dass träge Systeme durchaus noch eine gewisse Lernfähigkeit aufweisen können.
Wofür die SPD 44 Jahre gebraucht hat, schafft die CDU offenbar in zwei Jahren. Das ist „Learning by Nachahmung“,
ist aber trotzdem noch besser und schneller als das Original. So etwas schaffen sonst nur japanische Autobauer. Das ist eine reife Leistung. Herzlichen Glückwunsch, liebe CDU!
Den Koalitionsfraktionen sind bisher nicht viele Argumente gegen den parlamentarischen Untersuchungsausschuss eingefallen. Herr Frühauf, Sie sprachen vor einigen Tagen von einer Hetzkampagne und heute von einer Dreckskampagne und einem verbrauchten Thema, das die Opposition jetzt traktiere. Dazu zwei Anmerkungen.
Erstens: Wer die Einsetzung des 46. Untersuchungsausschusses der Hamburgischen Bürgerschaft als Teil einer Hetzkampagne diffamiert, dem fehlt aus meiner Sicht der Respekt vor der ersten Gewalt und der hat die Spielregeln der Demokratie nicht wirklich verinnerlicht.
Zweitens: Wer glaubt, man könne die unaufgeklärten, schwerwiegenden Vorwürfe einfach im Raum stehen lassen, der würde eine Verlotterung der demokratischen Sitten in dieser Stadt akzeptieren. Diese Berufsauffassung teilen zumindest die Grünen nicht.
Herr Freytag, Sie sprachen kürzlich davon, dass die Opposition nur vom eigenen Versagen ablenken wolle. Das war auch Ihr Hauptargument in Ihrer eben gehaltenen Rede.