Protocol of the Session on March 5, 2003

Das Wort erhält der Abgeordnete Silberbach.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Jahresbericht des Rechnungshofs öffnet ein kleines

(Barbara Ahrons CDU)

Fenster, durch das wir einen Einblick in die Verwaltung und die öffentlichen Unternehmen erhalten. Klein ist das Fenster deshalb, weil nur stichprobenartige Überprüfungen vorgenommen werden können. Aus diesem Grund hat die gesamte Arbeit des Rechnungshofs ein viel größeres Gewicht als das, was jetzt in dem Bericht zu lesen ist. Der Senat ist gefordert, nicht nur Erklärungen und Gegendarstellungen zu den einzelnen Kritikpunkten abzugeben, sondern bei nachgewiesenem Anlass zur Beanstandung die Mängel durch nachvollziehbare Konsequenzen abzustellen. Der Senat ist aber auch aufgerufen, nicht nur den Einzelfall zu sehen, sondern auch festzustellen, wo vergleichbare Verfehlungen auftreten können, um entsprechende Maßnahmen gegen solche strukturellen Mängel zu ergreifen. Besonders zu beachten ist, wenn der Rechnungshof über längere Zeiträume auf Fehlentwicklungen hingewiesen hat und dieses auch vom Rechnungsprüfungsausschuss untermauert wird.

Aber, meine Damen und Herren, eines sollte auch an dieser Stelle gesagt werden: Wo Menschen arbeiten, entstehen auch Fehler. Jeder, der in einem Großunternehmen gearbeitet hat, weiß, dass auch in der Privatwirtschaft ähnliche Fehler vorkommen, nur dass diese nicht an die große Glocke gehängt werden.

Im öffentlichen Dienst besteht natürlich die Gefahr, dass durch Gesetze, Verordnungen und Durchführungsvorschriften die Kreativität der Mitarbeiter eingeschränkt wird. Wenn diese genau nach Vorschriften arbeiten, kann es passieren, dass sie sich in den Medien wiederfinden, wo sie wegen Starrheit und Unbeweglichkeit, sogar wegen Unmenschlichkeit angeprangert werden. Verwaltungshandeln kann eine Gratwanderung sein, insbesondere dann, wenn aus Zeit- und Termingründen Schaden abgewandt werden soll und durch Handeln gegen bestehende Vorschriften verstoßen wird. Doch eines ist sicher: Wenn es den Rechnungshof nicht gäbe, würde jeder die Gesetze und Vorschriften nach Gutdünken auslegen. Dieses würde den Steuerzahler teuer zu stehen kommen. Darum ist die Arbeit des Rechnungshofs gar nicht hoch genug zu schätzen, besonders unter dem Gesichtspunkt, mit wie wenig Personal ein derartig großes Arbeitspensum erledigt wurde. Dabei sehen wir heute im Jahresbericht nur, was der Rechnungshof zu beanstanden hatte. Nicht erwähnt sind die vielen Untersuchungen, bei denen nichts bemängelt worden ist. Darum die Bitte an die Leitung des Rechnungshofs: Überbringen Sie Ihren Mitarbeiterinnern und Mitarbeitern den Dank des Parlaments für die geleistete Arbeit.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und vereinzelt bei der GAL)

Nun zu einigen wenigen Beanstandungen, die endgültig erst nach der Stellungnahme des Senates gewürdigt werden können. Da ist zum Beispiel das Gebäudemanagement, was von Herrn Dobritz auch schon angesprochen wurde, mit dem durch den Verkauf und Wiederanmietung große Einsparungen erzielt werden sollten. Aber wie sieht die Wirklichkeit aus? Es sind Mehrkosten von 6 Millionen Euro entstanden. Ich glaube, es ist an der Zeit, dass ein Umdenken beim Senat einsetzt. Sonst wird das Parlament Hilfestellung geben müssen.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP)

Alarmierend ist auch die hohe Fehlerquote in der Steuerverwaltung, die überwiegend zulasten der Staatskasse

geht. Ebenso Besorgnis erregend sind die Mängel bei den staatlichen Leistungen im Sozialbereich. Hier ist dringend auf die Einhaltung der Bestimmungen zu achten. Allein die Stichproben bei den beanstandeten Leistungen zeigen Fehler, die in die Millionen Euro gehen.

Meine Damen und Herren, der Rechnungsprüfungsausschuss wird mit Interesse der Stellungnahme des Senats entgegensehen und dem Parlament seinen Bericht vorlegen. Falls der Senat auf die Beanstandung dann nicht reagieren sollte, wird das Parlament zum Handeln gefordert sein. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Das Wort erhält der Abgeordnete Dr. Maier.

Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Ich habe Rechnungshofsberichte in sehr unterschiedlicher Situation wahrgenommen. Als Abgeordneter, insbesondere als Oppositionsabgeordneter, freut man sich außerordentlich über einen Rechnungshofsbericht, weil man etwas mitbekommt, was man sonst nicht mitbekommt. Das ist in Hamburg besonders wichtig, weil die Rechte der Parlamentarier in Hamburg schwächer ausgebildet sind als im Bund. Dort findet bei den Haushaltsberatungen ein sehr viel intensiveres Hineinblicken in die Behörde statt, dort hat der Parlamentarier ein Akteneinsichtsrecht, was hier nur der Deputierte hat. Das ist ein bisschen merkwürdig, aber für den Parlamentarier ganz unentbehrlich.

Wenn man im Senat sitzt, ist man nicht so oder in anderer Weise auf den Rechnungshofsbericht gespannt. Jetzt bin ich in einer Mittellage, weil ich wieder Parlamentarier bin und zum Teil noch Dinge behandelt werden, die aus der alten Legislaturperiode stammen.

Ich finde das Thema des Gebäudemanagements am beunruhigendsten, weil wir uns davon alle zusammen real etwas versprochen hatten.

(Vizepräsident Peter Paul Müller übernimmt den Vorsitz. – Henning Tants CDU: Nicht alle zusam- men!)

Es sollte ja nicht nur darum gehen, eine neue Möglichkeit zur Kreditschöpfung zu finden, sondern tatsächlich in dem Management der Gebäude Einsparungen vorzunehmen. Wenn man jetzt liest, dass, obwohl die Behörden insgesamt 10 Prozent weniger Personal haben seit 1994, aber der Raumbedarf und auch das Personal, das die Gebäudebewirtschaftung betreibt, so gut wie nicht zurückgegangen sind sowie die Bewirtschaftungskosten insgesamt nicht, sondern nun noch die Gesellschaften dazugekommen sind, die jetzt die Verwaltung betreiben, dann ist da bisher offenkundig etwas sehr schief gelaufen und da muss dringend nachgesteuert werden. Ich weiß nicht, woran es im Einzelnen liegt. Ich bin nur stutzig geworden, als ich gelesen habe, dass zwischen der Stadt und der Sprinkenhof Immobilien Management GmbH nicht nach HOAI abgerechnet worden ist, sondern die Sprinkenhof günstiger hat abrechnen können. Es ist offenkundig so, dass, wenn eine städtische Gesellschaft mit der Stadt etwas aushandelt, sie andere Spielräume als sonst hat. Es muss vermutlich doch einmal reingeguckt werden, dass solche Spielräume nicht entstehen, weil man sonst gar nichts von diesen Ausgründungsversuchen hat.

(Zuruf von Karl-Heinz Ehlers CDU)

(Manfred Silberbach Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Gut, aber ich möchte doch nicht eine Linke-TascheRechte-Tasche-Wirtschaft haben, sondern es soll hier real der einzelne Vorgang optimiert und nicht gesagt werden, dafür hat die Sprinkenhof AG nachher hübsche Ergebnisse.

(Vereinzelter Beifall bei der GAL – Rose-Felicitas Pauly FDP: Unterm Strich!)

Dann finde ich eine Sache etwas merkwürdig, bei der es sich um diese 6 Millionen Euro dreht, die Sie auch schon erwähnt haben. Da verstehe ich allerdings den Rechnungshof nicht ganz. Manchmal gibt es da auch einen rechthaberischen Zug. Da gibt es den Einwand der Behörde, aber sie habe doch jetzt erstmals Abschreibungen in den Mieten berücksichtigt, wozu der Rechnungshof immer gemahnt habe. Unter Berücksichtigung dieser Abschreibungen seien es nur noch 3,6 Millionen Euro. Jetzt könnte der Rechnungshof meiner Wahrnehmung nach entweder sagen, das stimmt oder das stimmt nicht. Er kann aber nicht sagen: Das Argument trifft zu, aber trotzdem seien es jetzt 6 Millionen Euro mehr, weil das einfach nur Rechthaberei ist.

(Stephan Müller Partei Rechtsstaatlicher Offensive: Es ist taktisch unklug, sich mit dem Rechnungshof anzulegen!)

Natürlich muss man das einmal sagen können, weil uns so etwas gar nicht hilft. Es käme darauf an zu sagen, ja, hier ist etwas neu berücksichtigt worden, darum haben sich die Zahlen in diesem Punkt nur formal verändert, aber die 3,6 Millionen Euro sind echt.

Weiterhin finde ich den Hinweis auf die Steuereinnahmen, die wegen der Probleme in den Finanzämtern verloren gehen, ziemlich bedeutsam. Darauf will ich aber nicht weiter eingehen, weil Herr Dobritz das schon gemacht hat. Dass auch an der Steuergesetzgebung etwas gemacht werden muss, ist sicher richtig, und dass das zu kompliziert geworden ist.

Ich finde aber noch eine weitere Geschichte bemerkenswert. Es sind buchstäblich 1 Million Euro beim Bau der JVA in Billwerder in den Sand gesetzt worden, weil der Bezirk anders beauftragt hatte als die Behörde, also sie nicht zusammengearbeitet haben. Da wird in unserer Verwaltungsstruktur ganz offenkundig zwischen bezirklicher Ebene und Gesamtbehördenebene endlich einmal ein vermutlich häufiges Defizit deutlich, nämlich dass durch Nicht-Abgestimmtheit des Handelns oder die Gestuftheit des Verwaltungshandelns die eine oder andere Seite nicht konsequent tätig wird. Das führt dann zu solch einem Unsinn, dass der Bezirk an der Sandsorte spart und die Justizbehörde dafür Baustraßen bauen muss und die Stadt dadurch insgesamt 1 Million Euro verliert. Da besteht offensichtlich ein Problem in unserem Verwaltungsaufbau beziehungsweise in der Zuordnung der Aufgaben. Wenn der Rechnungshof uns hilft, auf solche Schwachstellen struktureller Art schauen zu können, dann hilft er uns wahrscheinlich am meisten. Die Einzelbeanstandungen müssen dann tatsächlich im Unterausschuss abgearbeitet werden. – Danke schön.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Das Wort hat die Abgeordnete Pauly.

Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Ich will mal mit einem alten und leicht abge

wandelten Kalauer beginnen: Gäbe es den Rechnungshof nicht, man müsste ihn erfinden.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Seine Arbeit und seine Berichte sind für uns Abgeordnete, die den Senat kontrollieren wollen und müssen, von unschätzbarem Wert, denn keiner von uns kann so tief in die Materie einsteigen wie der Rechnungshof. Deshalb möchte ich an dieser Stelle im Namen der FDP-Fraktion unseren ganz herzlichen Dank in die Loge dort oben senden für Ihre Arbeit, die Sie immer wieder leisten.

(Beifall bei der FDP und der Partei Rechtsstaat- licher Offensive)

In seiner Rede anlässlich der Pressekonferenz zum Jahresbericht setzte sich der Präsident kritisch mit den Sparbemühungen des Senats auseinander. Auch dafür möchte ich mich bedanken, erhöhen diese Ausführungen doch den Druck auf den Senat und die Regierungsfraktionen, das Konsolidierungsziel nicht nur im Auge zu behalten, sondern es auch tatsächlich zu erreichen, und das wird schwer genug werden.

„Mit möglichst wenig Geld des Steuerzahlers möglichst viel für das Gemeinwesen erreichen“,

das ist ein Zitat von Herrn Dr. Meyer-Abich aus seiner Pressekonferenz und entspricht seinem Wunsch.

Meine Damen, meine Herren! Ich persönlich wäre schon zufrieden, würde der Staat endlich lernen – so wie jeder ordentliche Bürger das auch tun muss –, mit dem vorhandenen Geld auszukommen und nicht in die Schulden auszuweichen, wie Herr Eichel das macht, nämlich dem Bürger noch tiefer in die Taschen zu greifen und zu sagen, leider haben wir Steuerausfälle und deshalb müsst ihr Bürger jetzt mehr bezahlen, egal, ob es euch wirtschaftlich gut oder schlecht geht.

(Rolf Kruse CDU: Herr Müntefering lässt grüßen!)

Deshalb, Herr Dobritz, muss das Eichel-Paket abgelehnt werden. Es kann nicht beschlossen werden und wir werden alles dafür tun, damit es den Bundesrat und die Gesetzesmaschinerie nicht durchläuft, denn dieses Paket ist total kultur-, Entschuldigung, ich meinte konjunkturfeindlich.

(Zuruf)

Ja, auch kulturfeindlich, denn man kann sich hinterher keine Theaterkarte mehr leisten, wenn man die ganzen Steuern bezahlt hat.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Es ist absolut konjunkturfeindlich und deshalb muss das weg vom Tisch.

(Ingo Egloff SPD: Die Theater werden sowieso alle totgemacht von der Senatorin!)

Der Rechnungshof hat jedenfalls große Zweifel, dass der Senat seine selbst gesteckten strukturellen Sparvorgaben auch wirklich realisieren wird. Für den Senat kann ich nur hoffen, dass der Rechnungshof in diesem Punkt irrt. Spätestens mit dem nächsten Haushaltsbeschluss, also im Winter dieses Jahres und mit dem Jahreswechsel 2003 auf 2004, schlägt die Stunde der Wahrheit. Dann wollen wir, die Abgeordneten, ganz konkret sehen, wie die Sparbeschlüsse umgesetzt worden sind, ob sie zielführend waren

(Dr. Willfried Maier GAL)

und ob wir im nächsten Jahr eine schwarze Null im Betriebshaushalt haben. Darauf bin ich schon gespannt.

Nun ist es interessant, dass sich fast alle Abgeordneten – man kann ja nicht alle Punkte ausbreiten, aber doch ein paar wichtige Lichter setzen, die einem besonders am Herzen liegen – das Gebäudemanagement herausgepickt haben, denn darüber bin ich nämlich auch gefallen.