Bildungs- und gesellschaftspolitisch, volkswirtschaftlich, arbeitsmarktpolitisch, dann natürlich sozialpolitisch und, Herr Bürgermeister, es ist ein Schaden für die wachsende Stadt, die Sie ja priorisieren, ja, ich würde sogar sagen, es ist standortgefährdend, was Sie hier für eine Kinderbetreuungspolitik machen.
Ich könnte natürlich jetzt sehr lange auf die bildungs- und gesellschaftspolitischen Schäden eingehen, die dieses Konzept oder die Bewilligungskriterien, die Sie hier aufgestellt haben, zur Folge haben werden. Sei es, dass alle die
Einrichtungen, die konzeptionell arbeiten, zum Beispiel mit Sprachförderungskonzepten, zum Beispiel mit ganzheitlicher Erziehung, zum Beispiel mit Reggio-Pädagogik, auf Dauer ihre Läden dichtmachen können, weil sie eben nicht mehr eine Gewährleistung von pädagogischen Kernzeiten haben. Dies ist der eine Aspekt.
Lassen Sie mich einmal diese Aspekte der volkswirtschaftlichen und arbeitsmarktpolitischen Schäden, hervorgerufen durch Ihre Bewilligungskriterien, Herr Schinnenburg, beleuchten. Nehmen wir einmal das Beispiel einer Mutter, die ihr Kind im Hort im Elementarbereich hat und ihr Kind jetzt im Sommer einschulen will. Da fällt doch diese Mutter wieder zurück als Erstantragstellerin in die Kategorie 5. Sie müsste kündigen, ist ein Jahr arbeitslos, um dann wieder in die Kategorie 2 zu kommen. Das ist doch ein absoluter arbeitsmarktpolitischer Schwachsinn, den Sie hier verzapft haben.
Es soll zwar jetzt bei Nachverhandlungen irgendwelche Übergangsfristen geben, um das ein bisschen wieder glatt zu ziehen, aber wir haben gestern von den Bezirksverwaltungen ausdrücklich gehört, dass die Planungssicherheit für Berufstätige zum 1. August 2003 nicht gewährleistet ist. Das ist dieser arbeitsmarktpolitische Unsinn.
Was ich sehr problematisch finde – auch an Sie, Herr von Beust, gerichtet –, ist der volkswirtschaftliche Unsinn. Wir haben hier in dieser Stadt hochausgebildete Frauen, die das zweite Kind kriegen wollen, und das können sie, um das einmal salopp zu sagen, knicken, weil sie dann nämlich mit ihrem ersten Kind in einen Vier-Stunden-Platz abgestuft werden und die Arbeit kündigen müssen. Ich frage mich, was das eigentlich soll, dass Sie solche Bewilligungskriterien aufstellen. Das ist kontraproduktiv. Wir haben gestern Mütter gehabt, die uns deutlich gemacht haben, dass sie dieses beim zweiten und dritten Kind entsprechend machen müssen.
Dadurch komme ich jetzt auch zu der Standortfrage. Ein Vater, der in einem Unternehmen tätig ist, sagte sehr deutlich, im Grunde kann man Wirtschaftsförderung junger Unternehmer vergessen, weil es Unterbringungsprobleme für ihre Kinder gibt. Diese Anhörung hat plastisch gezeigt, was für Probleme bei Ihrer so genannten fiesen Prioritätenliste und welche Konsequenzen zu erwarten sind. Insofern haben Sie da wirklich Probleme hervorgerufen, die nicht nur sozialpolitisch, was schon gravierend genug ist, nicht nur bildungs- und gesellschaftspolitisch verheerende Folgen produzieren.
Lassen Sie mich zu den sozialpolitischen Folgen kommen. Es war dramatisch zu hören, wie es in den so genannten verlassenen Stadtteilen, Veddel, Rothenburgsort und auch Wilhelmsburg aussehen wird. Es gibt eine Umfrage, die deutlich macht, dass in diesen Stadtteilen mit einem hohen Sozialhilfeempfängeranteil die Abstufung auf Vier-Stunden-Plätze extrem sein wird. Alles was mühsam, zum Beispiel in der Veddel, aufgebaut worden ist, dass 90 Prozent der Kinder Ganztagesplätze haben und relativ gut vorbereitet in die Schule übergehen, dass dies alles durch diese Bewilligungskriterien kaputtgemacht wird.
Sie gehen von 2400 Kindern in ganz Hamburg aus. Da liegen Sie nun wirklich daneben. Da sind Sie vollkommen auf eine falsche Zahl gekommen und damit produzieren Sie eine ganz verheerende Sozialpolitik,
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte meine kleine Rede mit einem Zitat von Senator Lange beginnen. Das Zitat ist aus einem Flyer, der in der Stadt kursiert, und es lautet:
„Liebe Eltern und Erziehungsberechtigte, im Mittelpunkt stehen jetzt Ihre Interessen und die Ihrer Kinder. Sie können mit den neuen Kita-Gutscheinen entscheiden, wo Ihr Kind welche Betreuung bekommen soll. Wir schaffen ein komplett neues System.“
Herr Senator, das steht auf dem Papier, aber es ist das Papier nicht wert, auf dem es steht. Ich glaube nicht, dass Eltern und Tagesstätten in dieser Stadt Ihnen glauben, was Sie da sagen,
Die Realität ist, dass Sie von uns die Kita-Card übernommen und sie mit einem neuen Etikett umbenannt haben. Das mag Ihr gutes Recht sein, auch wenn es kein guter politischer Stil ist. Aber, ein flexibler Systemwechsel, die Wahlfreiheit der Eltern setzen immer voraus, dass es genügend Kindertagesheimplätze gibt. Sonst gibt es keine Wahlfreiheit, deshalb war das immer gekoppelt von der SPD mit dem Ausbau der Kindertagesheimplätze.
Was Sie jetzt machen, ist doch nicht die Wahlfreiheit. Was Sie jetzt machen, ist, dass in der Verwaltung anhand von Bewilligungskriterien entschieden wird, ob Eltern einen Platz bekommen oder nicht. Das ist nicht die Wahlfreiheit, meine Damen und Herren, das ist die Warteschlange, die Sie der Stadt verordnen.
Es war nie von einer Warteschlange die Rede, es war von der Wahlfreiheit der Eltern die Rede und es gibt sie nicht.
Nein! Sie haben nun die Mangelverwaltung. Es ist die interessante Frage, was Sie in der Mangelverwaltung machen. Sie müssen doch den Eltern dieser Stadt Auskunft geben können, was sie erwartet. Da gibt es Eltern, die warten auf einen Platz, die benötigen einen Platz. Was sagen Sie bitte schön diesen Eltern? Anhand Ihrer Kriterien können Sie ihnen keine einfache Antwort geben. Sie können höchstens sagen, das hängt davon oder davon ab. Das ist alles, was Sie dazu zu sagen haben.
Diese Kriterien gefährden Eltern in dieser Stadt, die bereits einen Kindergartenplatz haben, weil nicht sichergestellt ist, ob sie ihn weiterhin behalten werden. Das ist das Problem.
Meine Damen und Herren, da geht es nicht nur um Eltern, die vielleicht einen Platz verlieren, da geht es um Kinder und Kinder stellt man nicht anhand von Kriterien auf den Verschiebebahnhof. Das ist keine Politik.
Sie benutzen sonst so gerne das Wort vom Stau. Das, was Sie hier produzieren, ist, dass die Eltern dieser Stadt in einer schwierigen Situation, vielleicht vor einer beginnenden Rezession, mit ihren Wünschen, Bedürfnissen und Bedarfen im Stau stehen, nichts anderes.
Wir entscheiden doch hier nicht nur darüber, ob es Kriterien gibt oder nicht, wir entscheiden über die Chancen von berufstätigen Eltern in schwierigen Situationen. Wir entscheiden über die Chancen von Kindern und das macht man nicht mit irgendeiner Verwaltungsvereinbarung, das macht man mit mehr Politik. Ich füge in Richtung der Liberalen hinzu: Sie nennen das liberal, dass über die Chancen und Risiken von Eltern und Kindern die Verwaltung entscheidet.
Politik muss doch bewirken, dass in dieser Stadt die Chancen von Eltern gestärkt werden, dass die Chancen von Kindern gestärkt werden