Protocol of the Session on February 5, 2003

Damit Klarheit besteht: Wenn es nach mir ginge, würde ich für alle ein soziales Pflichtjahr einführen, das bis zum 35. Lebensjahr abgeleistet werden müsste. Diejenigen, die Kinder haben, werden davon ausgenommen. Alle anderen sollten es jedoch leisten, damit ihr soziales Bewusstsein gestärkt wird und wir Kosten sparen.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP – Burkhardt Müller-Sönksen FDP: Gut!)

Der Abgeordnete Schira hat das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich hatte in meinem ersten Redebeitrag davon gesprochen, dass wir zur nächsten Bürgerschaftssitzung einen Antrag vorlegen werden, bei dem wir natürlich auch darüber debattieren wollen, welches Verhalten von Ihnen in Hamburg – das sagte ich eingangs – an den Tag gelegt wird. Sie kritisieren uns massiv und sprechen vom Kahlschlag und Sozialabbau, in Berlin wird jedoch von Rotgrün eine Maßnahme nach der anderen durchgezogen, die im eigentlichen Sinne des Wortes einen Sozialabbau bedeuten.

Hier müssen – das kann man gar nicht oft genug sagen – die Grünen und die SPD Verantwortung übernehmen. Insbesondere Olaf Scholz – Generalsekretär der Bundes-SPD – hat als Hamburger SPD-Landesvorsitzender und als Altonaer Bundestagesabgeordneter eine besondere Verantwortung. In seinen Wahlkreis befindet sich eine nicht ganz unbeträchtliche Anzahl von Alten- und Pflegeheimen, die unter diesen Kahlschlagskürzungen von Rotgrün leiden müssen. Er muss mit diesen Menschen vor Ort ins Gespräch kommen. Ich bin gespannt, was er dazu sagen wird.

(Tanja Bestmann SPD: Der Mann scheint Sie zu verfolgen!)

Zum Antrag selbst. Wir wollen, dass die Kürzung

(Dr. Willfried Maier GAL: Nächstes Mal!)

das kann ich hier doch wohl erwähnen, Herr Dr. Maier – der Zuschüsse von der Bundesregierung zurückgenommen wird. Die Bundesländer Baden-Württemberg und Thüringen haben dazu im Bundesrat schon eine Initiative gestartet. Wir möchten, dass sich der Senat überlegt, ob er sich dieser Initiative anschließen will.

Im Falle eines Scheiterns dieser Initiative – es ist absehbar, dass Sie kalt und berechnend diese Initiative ablehnen werden – wollen wir von der Sozialsenatorin in Hamburg prüfen lassen, wie den Menschen mit Behinderungen, deren eigenständige Lebensführungen durch die rotgrünen Kürzungen aus Berlin gefährdet sind, weitergeholfen werden kann. Das wollen wir in der nächsten Bürgerschaft diskutieren. Es ist sinnvoll, Sie schon einmal darauf hinzuweisen,

(Gesine Dräger SPD: Vor allen Dingen, wenn man das nächste Thema der Aktuellen Stunde nicht dis- kutieren will!)

welche Auswirkungen die Politik aus Berlin auf die schwachen Menschen in Hamburg hat. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Das Wort erhält der Abgeordnete Kienscherf.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Thema Zivildienst und die Pflege von hilfsbedürftigen Menschen ist schwierig. Es ist gut – ich bin im Nachhinein der Schill-Fraktion sehr dankbar –, dass dieses Thema angemeldet wurde.

Auf Bundesebene wird schon seit Jahren über die Zukunft des Zivildienstes und des Sozialstaates diskutiert. Alle Sozialpolitiker sind sich einig, dass es darum geht, hierüber eine sachgerechte Diskussion zu führen.

Was wir von Herrn Dr. Schinnenburg, aber auch von Herrn Schira, erlebt haben, zeigt deutlich, dass es Ihnen in diesem Land nicht um die Menschen mit Behinderungen, um die Alten und Hilfsbedürftigen geht, sondern nur um billige Polemik.

(Beifall bei der SPD – Karen Koop CDU: Und Ihnen um die Ideologie!)

Sie benutzen in dieser Situation die Schwierigkeiten in diesem Land, denn überall muss gespart werden und sind Reformen notwendig. Sie müssten aber auch wissen, dass Sie sich mit Ihrer Bundesratsmehrheit auch daran zu beteiligen haben.

(Rolf Kruse CDU: Aber Sie werden nicht gewählt!)

Herr Kruse, lassen Sie mich doch einmal ausreden.

In dieser schwierigen Situation benutzen Sie die Wörter: Erpressung, Pest und Cholera, kaltschnäuzig, Grausamkeiten, brutale Kürzungen und Kahlschlag. Wenn Sie der Meinung sind, dass dies so sei, dann hat unsere damalige Sozialsenatorin im Bundestag, als 350 Millionen DM gekürzt wurden, genau das Gleiche getan. Aber wir werfen es ihr nicht vor,

(Bernd Reinert CDU: Sondern?)

sondern wir sagen, dass wir alle daran arbeiten müssen, damit die Pflege auch in Zukunft bezahlbar ist und Alternativen zum Zivildienst aufgezeigt werden.

Der hessische Ministerpräsident Roland Koch denkt über ein soziales Pflichtjahr nach. Und Frau Merkel sagt, dass man dies differenzierter sehen müsse, aber auch ihre Partei der Meinung sei, die soziale Frage zu stellen. Die Sozialdemokraten sind gespannt, welchen Mut sie aufbringt, offen und ehrlich in diese Diskussion einzusteigen.

(Rolf Gerhard Rutter Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

(Beifall bei der SPD)

Es geht letztendlich darum, das soziale Engagement weiterzuführen. Herr Dr. Schinnenburg, es ist besonders witzig, dass Sie einerseits völlig empört sind, auf der anderen Seite die FDP aber auf Bundesebene den Wehrdienst und damit den Zivildienst abschaffen will. Das muss doch einmal gesagt werden.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Wenn Sie einmal in die Papiere Ihrer Bundestagsfraktion schauen würden, dann könnten Sie darin lesen, dass darüber nachgedacht wird. Also können Sie doch den Sozialdemokraten nicht vorwerfen, dass sie eine erpresserische Politik betreibt. Ich glaube, hier sind alle Sozialpolitiker aufgerufen, mit diesem schwierigen Thema verantwortungsvoll und sachgerecht umzugehen. Herr Rutter, ich hoffe – wir haben dies im Behindertenbereich ganz gut getan –, dass wir daran anknüpfen können. Eine solche Diskussion, wie sie heute geführt wurde, können wir uns in dieser schwierigen Situation nicht mehr leisten. Sie war aber bezeichnend.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Dr. Schinnenburg.

(Barbara Duden SPD: Es ist doch wirklich alles gesagt!)

Das glauben nur Sie.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kienscherf, was Sie gerade abgeliefert haben, war nichts anderes als ein Skandal.

Sie haben wörtlich gesagt, dass es uns um billige Polemik gehen würde. Ich sage Ihnen einmal, was billige Polemik ist: Was Sie seit eineinhalb Jahren diesem Senat vorwerfen.

(Beifall bei der FDP)

Sie waren sich nicht zu schade, dem Senat bereits am 28. Oktober 2001, also bereits drei Tage bevor er sein Amt antrat, soziale Kälte vorzuwerfen. Wörtlich: Die SPD attackiert.

(Petra Brinkmann und Erhard Pumm, beide SPD: So ist es auch!)

Im Gegensatz zu Herrn Kienscherf halte ich mich an die Fakten und lese genau nach, denn ich möchte nichts Falsches vortragen.

(Erhard Pumm SPD: Wer liest jetzt ab? – Doris Man- del SPD: Wir lesen die Programme auch, im Gegensatz zu Ihnen!)

Auf die Fehler von Herrn Kienscherf komme ich noch.

(Ingo Egloff SPD: Lauter Fakten!)

Sie sagten am 6. Mai 2002:

„Dieser Senat leistet keinen Aufbau, sondern soziale Kälte.“

Am 16. November 2002 sagten Sie:

„Roter Tee gegen soziale Kälte in Harburg und Hamburg.“

Ich glaube, es war nicht das Wetter gemeint.

Am 11. Dezember 2002 sagte die ach so geschätzte Frau Brinkmann: