Protocol of the Session on January 22, 2003

(Ingo Egloff SPD: Genau, indem Sie abgelöst wer- den, Sie sind der Filz-Fall!)

damit der Wählerauftrag auch mit und in den Behörden umgesetzt werden kann.

Ich spreche hier auch nicht von irgendwelchen Beamten. Nein, ich spreche von den gut zwei Dutzend Amtsleitern im Range eines Senatsdirektors.

(Zuruf von der SPD)

Die stehen natürlich noch in Amt und Würden, da sie nicht zu den politischen Beamten gehören, wie die Staatsräte, sich aber oftmals leider so verhalten.

Bei den städtischen Unternehmen sieht das Ganze im Übrigen nicht anders aus, denn hier, meine Damen und Herren, titelte schon die „Welt am Sonntag“ in ihrer Ausgabe vom 10. November 2002 unter der Überschrift „Wer wirklich in der Stadt regiert“:

„In Behörden oder städtischen Unternehmen schien kaum ein Posten unwichtig genug, um nicht von einem SPD-Mitglied besetzt zu werden.“

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP)

Einmal mehr wird deutlich, dass allein neue Machtverhältnisse nicht ausreichen, über viele Jahre gewachsene Strukturen zu verändern.

(Christian Maaß GAL: Ein Geständnis also!)

Sie, meine Damen und Herren von der SPD, waren wahre Meister der Filzokratie. Nun versuchen Sie, hier etwas zu konstruieren, was Sie in der Tat jahrzehntelang betrieben haben. Das veranlasste Herrn Maaß in der letzten Rechtsausschusssitzung zu der Vermutung, ob den anderen potenziellen Bewerbern auf die Stelle der Abteilungsleiterin, die jetzt mit Frau Soyka besetzt ist,

(Christian Maaß GAL: Das war eine Frage!)

signalisiert wurde, dass eine Bewerbung aussichtslos sei, da man sich schon einen anderen Kandidaten oder Kandidatin ausgesucht hätte. Ja, in der Tat, bei Ihnen, meine Damen und Herren von der SPD, war das wohl so, denn nur so lässt sich auch das äußerst merkwürdige Verhalten des Amtsleiters erklären, der die Kandidatin – also Frau Soyka – am Sonntagabend persönlich anruft, um ihr deutlich zu machen, dass sie nach seiner Meinung nicht ausreichend qualifiziert sei. Wohlgemerkt am Sonntagabend.

(Burkhardt Müller-Sönksen FDP: Unglaublicher Vorgang!)

Sehr fürsorglich, muss ich sagen, aber aus meiner Sicht wohl eher ein untauglicher Versuch der ungerechtfertigten Einflussnahme.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP)

Über ein solches Verhalten wird seitens der Opposition natürlich hinweggesehen. Vielmehr beschäftigte man sich im Rechtsausschuss mit der Frage, warum Herr Soyka sich über das Verhalten des Amtsleiters beim Büroleiter echauffierte und wieso denn nur Herr Soyka und nicht Frau Soyka zum Hörer greift und wie sich der Senator das alles erklärt. Zwei Stunden haben wir darüber beraten. Zwei Stunden hat uns Senator Dr. Kusch ruhig und sachlich sämtliche Fragen über das Einstellungsverfahren der Frau Soyka beantwortet. Trotzdem, obwohl wirklich alles zur Sprache gekommen ist, sind Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, angeblich immer noch nicht befrie

(Viviane Spethmann CDU)

A C

B D

digt und möchten weiter prüfen und forschen, um letztendlich nur von Ihrem eigenen Versagen abzulenken.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP)

Deshalb möchte ich Ihnen noch einmal ins Stammbuch schreiben:

„Wer im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen werfen!“

(Dr. Willfried Maier GAL: So ist es, Herr Gonska!)

Man könnte sich auch fragen, welche Kontakte zur damaligen Justizsenatorin Peschel-Gutzeit dazu geführt haben, dass die jetzige Position Generalstaatsanwalt/Generalstaatsanwältin mit der jetzigen und ständig von Bremen her pendelnden Amtsinhaberin besetzt wurde, obwohl damals viele qualifizierte Hamburger Juristen zur Verfügung standen. Natürlich gehe ich nicht davon aus, dass der Ausschreibungstext explizit auf die Kandidatin und jetzige Amtsinhaberin zugeschnitten war. Nein, so eine Absurdität wird seitens der Opposition nur dem heutigen Senat unterstellt. So zumindest geschehen im Rechtsausschuss.

(Glocke)

Herr Gonska! Die fünf Minuten Redezeit sind um.

Meine Damen und Herren von der Opposition! Zu dieser Leistung sage ich nur: Bleiben Sie dort, wo Sie sind.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP)

Das Wort hat Herr Maaß.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Senator Kusch hat vergangene Woche, die ja sehr turbulent für ihn war, freundlicherweise noch die Zeit gefunden, sich Gedanken über die Aufgaben der Opposition zu machen, und gefordert, man möge jetzt die Personalpolitik vergessen und solle zur Sachpolitik zurückkehren. Herr Gonska hat das eben auch noch einmal gefordert. Wir werden diesen Rat auch unter einer Bedingung sehr gerne annehmen, nämlich dass Sie, Herr Senator Kusch, die gegen Sie erhobenen Vorwürfe wegen Ihrer Personalpolitik entkräften. Aber genau danach sieht es im Moment nicht aus.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Es besteht nach der derzeitigen Kenntnislage der dringende Verdacht, dass Senator Kusch aus Gefälligkeit gegenüber einem Rathausjournalisten dessen Ehefrau auf einen Abteilungsleiterposten in der Justizbehörde gehievt hat.

(Burkhardt Müller-Sönksen FDP: Sie sind doch Jurist, von „dringend“ kann gar keine Rede sein!)

Das ist der zentrale Vorwurf und einige weitere Auffälligkeiten bei der Besetzung höherer Posten passen in das Bild dieser Personalpolitik. Der zentrale Fall bleibt jedoch die Besetzung der Abteilungsleitung der Sozialen Dienste.

Nach der Befragung im Rechtsausschuss bleiben mindestens vier erhebliche Verdachtsmomente und da stützen wir uns auf Tatsachen, Frau Spethmann, und nicht auf Gerüchte.

Erstens scheint bereits die Art und Weise der Stellenausschreibung nicht plausibel. Es geht um die Leitung einer nicht juristischen Abteilung, in der überwiegend keine Juristen arbeiten, sondern Sozialarbeiter. Herr Kusch hat in der Befragung nicht darlegen können, warum ausgerechnet diese Stelle nur für Juristen ausgeschrieben wurde und damit unter anderem die stellvertretende Leiterin dieser Abteilung, die bereits mehrfach kommissarisch die Aufgaben der Abteilungsleitung wahrgenommen hatte, von der Bewerbung ausgeschlossen wurde. Herr Kusch nannte als Grund, dass eine Juristin besser mit den Gerichten kommunizieren könne. Aber mit Verlaub, Herr Kusch, man braucht nicht zwei juristische Staatsexamina, um mit einem Richter über soziale Fragen kommunizieren zu können. Es ist daher verwunderlich, dass der Ausschreibungstext gerade die fachlich qualifizierteste Bewerberin ausgeschlossen hat und für die Journalistengattin umso eher gepasst hat.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Zweitens erscheint nach den in der Presse und den von Herrn Kusch veröffentlichten Fakten die fachliche Eignung der ausgewählten Bewerberin mehr als zweifelhaft. An diesem Bewerbungsverfahren waren bisher schätzungsweise 30 Juristen befasst. Da waren erst einmal die zuständigen Beamten im Personalamt, dann gab es die fachlich zuständigen Menschen in der Justizbehörde, dann gab es den Richterwahlausschuss und schließlich das Verwaltungsgericht. Alle diese Gremien sind einhellig zu dem Schluss gekommen, dass die Besetzung dieser Stelle mit der Journalistengattin aus fachlichen und aus rechtlichen Gründen fehlerhaft ist. Es gibt das Bonmot: Zwei Juristen, drei Meinungen. In diesem Fall hatten wir 30 Juristen und eine Meinung, nämlich die Meinung, dass die vorgenommene Stellenbesetzung nicht statthaft ist. Die Einzigen, die anderer Meinung waren, sind der Justizsenator und sein Büroleiter. Wir denken, es ist eine berechtigte Frage, welche Gründe zu dieser Einzelmeinung geführt haben. Das zu fragen, ist unsere Pflicht als Opposition.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Die dritte Auffälligkeit ist das Kaffeekränzchen zwischen Herrn Kusch, dem Journalisten und dessen Ehefrau. Es ist bemerkenswert, dass es überhaupt in einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit einem Bewerbungsverfahren zu einem solchen Treffen in dieser Konstellation kommen konnte. Herr Kusch meinte am Montag letzter Woche, er könne sich nicht mehr erinnern, wann genau dieses Treffen stattgefunden habe. Es müsse im Sommer gewesen sein.

Am letzten Donnerstag im Rechtsausschuss konnte er sich doch auf einmal erinnern, dass es im Mai oder Anfang Juni gewesen ist. Seine Begründung war, es kann ja wohl nicht angehen, es wäre ja ziemlich schlimm gewesen, wenn er sich in einem parallel laufenden Verfahren mit der Bewerberin zum Kaffeetrinken getroffen hätte. Also, was nicht sein darf, kann nicht sein. Das ist die Argumentation und der wollen wir weiter auf den Grund gehen.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Viertens die telefonische Intervention des Journalisten bei der Behördenspitze. Da drängen sich zwei Fragen auf. Erstens: Wie kommt es überhaupt dazu, dass der Ehemann einer Bewerberin beim Behördenchef interveniert, wenn die Bewerbung seiner Frau zu scheitern droht. Die zweite Frage lautet: Wie kommt der Büroleiter von Herrn Kusch dazu, dem Journalisten zu versichern, die Bewer

(Andre Gonska Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

berin sei umso mehr weiterhin die Favoritin der Behördenleitung, obwohl ein Bewerbungsgespräch zwischen Herrn Senator Kusch und der Bewerberin zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht stattgefunden hatte. Auf diese Fragen hat Herr Kusch im Rechtsausschuss keine Antworten geben können.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Deswegen verdichten sich diese Tatsachen und Indizien zu einem dringenden Verdacht, dass es vor dem Bewerbungsverfahren eine Vorfestlegung des Senators auf die Journalistengattin gegeben hat.

(Dr. Michael Freytag CDU: Legen Sie doch Beweise vor!)

In das Bild dieser Personalpolitik passt auch das Verhalten des Senators bei der Entmachtung des Altonaer Bezirksamtsleiters Hornauer. Der Senat war verpflichtet, den Willen der demokratisch gewählten Bezirksversammlung Altona zu achten und Uwe Hornauer zum Bezirksamtsleiter zu ernennen.