Das nennen Sie Kuschelpädagogik, wenn man auf Integration statt auf Spaltung setzt? Das ist interessant. Wir werden sehen, wie Sie dann Ihre Pädagogik verstehen.
Richtig ist, dass man bei Kindern aus Migrantenfamilien auf frühe Sprachförderung setzt. Das wollen wir auch. Aber es geht nicht, dass man Kinder, die nicht deutsch sprechen, aus der Schule ausschließt.
In einer internationalen Metropole, in einer Einwanderungsstadt, kann man es sich nicht leisten, dass man das Thema „Deutschsprechen“ so behandelt, dass man die Schulpflicht der Kinder mit Füßen tritt, weil man sagt, diese Kinder kommen dann nicht in die Schule.
Das zeigt, dass es Ihnen in Wirklichkeit nicht um die Förderung der Kinder geht, sondern dass Sie die ausländischen Kinder als Störenfriede für die deutschen Kinder betrachten. Von Mehrsprachigkeit, von Förderung von Zweisprachigkeit ist in Ihrem Koalitionsvertrag keine Rede. Hier gilt offensichtlich nur noch die deutsche Sprache.
Dass Sie auf Spaltung setzen, zeigt sich eindeutig bei dem Thema, die Schulgebietsgrenzen aufzulösen. Die Schulgebietsgrenzen sind in Hamburg nie sklavisch gesehen worden. Daher hat es in Einzelfällen immer Ausnahme
möglichkeiten gegeben, weil das durchaus begründbar ist. Wenn Sie jetzt aber die Schulgebietsgrenzen aufheben werden, gehen Sie das Risiko ein, dass es auf der einen Seite deutsche weiße Mittelschichtschulen und auf der anderen Seite arme Migrantenschulen geben wird. Genau das wollen wir nicht.
Sie haben die Abschaffung der Elternbeiträge für Kinderbetreuung angekündigt. Viele Leute freuen sich natürlich, wenn sie hören, sie sollen weniger zahlen. Man muss aber wissen, dass in Hamburg die Elternbeiträge nur 16 Prozent der Kosten für Kinderbetreuung decken und heute schon eindrücklich sozial gestaffelt sind. Ihre Forderung mag vielleicht populär sein, aber Sie setzen die falsche Priorität für eine Stadt wie Hamburg. Viel dringender brauchen wir hier das, was wir im Wahlkampf gefordert haben und was wir auch zusammen mit der SPD umgesetzt hätten, und zwar die Ausweitung der Betreuungsgarantie. Wir haben in Hamburg so viele berufstätige Mütter und berufstätige Eltern, die eine Ausweitung der Betreuungsgarantie viel, viel dringender brauchen, als dass das Ganze gar nichts mehr kosten soll.
Dass Sie diese Priorität, die Ausweitung der Betreuungsgarantie, nicht setzen, zeigt, dass Sie ein völlig gestörtes Verhältnis zu den Interessen der Frauen in dieser Stadt haben. Frauen tauchen bei Ihnen im Senat nicht auf, ebenso nicht in der Regierungserklärung.
Herr von Beust, Sie haben sich in Ihrer Regierungserklärung durchaus bemüht, in einigen Feldern die Akzente etwas anders zu setzen als im Koalitionsvertrag. Das ist durchaus aufgefallen. Aber zu dem Gebiet Frauen, auf dem Sie als Senat ziemlich schwach dastehen, haben Sie in Ihrer Regierungserklärung kein Wort gesagt. Das zeigt, wie Sie es mit den Fraueninteressen halten.
Ich kenne die Kollegin Schnieber-Jastram schon viele Jahre. Ich weiß, dass sie eine Frau ist, die sich die Butter nicht vom Brot nehmen lässt. Das ist auch gut und notwendig so. Aber dass Sie, die angetreten sind, den Filz zu bekämpfen, jetzt einen Senat der Männerfreundschaft und Männerseilschaften präsentieren, geht zu weit.
(Vereinzelter Beifall bei der GAL – Karl-Heinz Wink- ler Partei Rechtsstaatlicher Offensive: Unterstel- lung!)
Sie haben vom Respekt vor jedem gesprochen und Sie haben ausdrücklich gesagt, gleich welchen Geschlechts. Wo bleibt Ihr Respekt vor den Frauen in dieser Stadt? Den kann ich nicht erkennen.
Es gibt kaum einen Bereich, in dem diese Regierung eine so diametral andere Politik angekündigt hat, als bisher gefahren worden ist, als die Verkehrspolitik, über die wir in den letzten Tagen einige sehr einfache, aber sehr wichtige Wahrheiten nachlesen konnten.
Stau entsteht immer ganz besonders dann, wenn zu viele Menschen gleichzeitig Auto fahren wollen. Das sind ganz einfache Wahrheiten, besonders im November. Die durchschnittliche Fließgeschwindigkeit in Hamburg ist im Metropolenvergleich sogar gut, deutlich besser als in Berlin, in Paris oder in Rom. Woran liegt das? Das liegt an einem leistungsfähigen öffentlichen Personennahverkehr. Wenn Sie eine wachsende Stadt wollen, dann müssen Sie sich auch mit einem Konzept befassen, wie Sie wachsenden Mobilitätsansprüchen Genüge tun werden wollen.
Dieses Konzept haben Sie nicht. Das haben Sie heute hier bewiesen. Es interessiert Sie nicht einmal.
Sie glauben, dass es schon ein Konzept für Mobilität ist, wenn man allen Leuten verspricht, dass Auto fahren in Zukunft mehr Spaß machen soll.
Sie wollen aber ein Signal setzen: Alle sollen am Autofahren mehr Spaß haben. Das wird nicht funktionieren. Dass Sie vielleicht einige Ampeln besser schalten werden, als die Innenbehörde das bisher hinbekommen hat, wäre wunderbar. Dafür bekommen Sie auch unseren grünen Segen. Aber das ist kein Konzept für die wachsenden Mobilitätsprobleme einer Großstadt.
In diesem Zusammenhang haben Sie die eklatanteste Fehlentscheidung getroffen, die man sich überhaupt vorstellen kann. Die Absage an eine moderne Stadtbahn ist eine Absage an die Zukunfts- und die Entwicklungsperspektive für einen bezahlbaren öffentlichen Personennahverkehr.
Ihr früherer verkehrspolitischer Sprecher Herr Becker, der mir noch in lebhafter Erinnerung ist, würde sich im Grabe umdrehen, wenn der wüsste,
Sie sollten ein beratendes Gespräch mit Ihrem früheren Fraktionsvorsitzenden Herrn Wiegand führen. Der war ein leidenschaftlicher Vertreter der Stadtbahn
und hat auch gewusst warum. Der hat nämlich, im Gegensatz zu Ihnen, von der Sache ein bisschen Ahnung gehabt.
(Dr. Michael Freytag CDU: Welche Stadtbahn ha- ben Sie finanziert? Sie haben doch gar keine! Wo ist denn die Stadtbahn?)