Protocol of the Session on November 14, 2001

Das ist eine dreiste Form von Filz. So etwas hat dieses Haus in den letzten Jahren nicht erlebt.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Herr von Beust, Sie wissen ganz genau, dass die CDU diesen Empfehlungen der Statuskommission zugestimmt hat. Trotzdem dulden Sie, was Herr Schill dort macht. Sie sind offensichtlich nicht in der Lage, in Ihrer Truppe für Ordnung zu sorgen, und lassen sich von Herrn Schill auf der Nase herumtanzen.

(Beifall bei der GAL und der SPD – Wolfgang Beuß CDU: Fassen Sie sich mal an die eigene Nase!)

Jetzt zu dem Bereich, für den Sie gewählt worden sind, die Innere Sicherheit. Heute ist deutlich geworden, Sie haben für diesen Bereich kein Konzept. Sie sind mit dem Ziel angetreten: Viel mehr Polizei gleich viel mehr Sicherheit. Wenn aber aus 2000 Polizeibeamten nur 250 schlecht ausgebildete Angestellte werden, dann zeigt das, dass das eigentliche Konzept jetzt schon zusammengebrochen ist.

(Dr. Michael Freytag CDU: Warten Sie’s mal ab!)

(Krista Sager GAL)

Ihr Innensenator ist heute schon die größte Lachnummer in der Innenministerkonferenz.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Ich habe nichts gegen blaue Polizisten, aber blaue Polizisten sind kein Konzept für die Innere Sicherheit. Dass Ihr Innensenator heute schon den Ruf des Blaumachers genießt, hat noch ganz andere Gründe.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Ich kann in seine Richtung nur sagen: Showtime is over, Herr Schill, fangen Sie endlich an zu arbeiten!

(Heiterkeit und Beifall bei der GAL und der SPD)

Ein Tipp aus dem richtigen Leben.

(Dietrich Wersich CDU: Was wollen Sie denn?)

Wenn man nicht jede Party mitmacht, kommt man auch morgens besser hoch.

(Heiterkeit und Beifall bei der GAL und der SPD)

Vielleicht auch ein paar Tipps, wo Sie ansetzen könnten, weil Sie ja nun kein Konzept haben. Greifen Sie das auf, was erfolgreich auf den Weg gebracht worden ist

(Dr. Michael Freytag CDU: Wir bekommen das schon hin!)

in der Zusammenarbeit der Polizei mit den Stadtteilkonferenzen, mit den Schulen, mit den Menschen in den Stadtteilen.

(Dr. Michael Freytag CDU: Sie sind doch abgewählt worden!)

Genau das hat auch in der Jugendkriminalität gegriffen, die in diesem Jahr gerade im Raubbereich rückgängig ist. Dieses Konzept könnten Sie weiterentwickeln. Aber die Aussage „Soziales Stadtteilprogramm“ kommt in Ihrem Koalitionsvertrag überhaupt nicht vor. Deswegen habe ich das Gefühl, dass Sie dieses erfolgreiche Konzept im Moment gefährden.

(Dr. Michael Freytag CDU: Gefühle sind gefährlich!)

Ein anderer Tipp: Wenn Sie dann offenkundig das Problem haben, dass Sie nicht wissen, wie Sie schnell für mehr Präsenz von Polizei auf den Straßen sorgen können, greifen Sie die Pläne von Rotgrün zur Modernisierung der Polizeiausbildung auf. Das würde ihnen nicht nur eine bessere Ausbildung bringen, sondern auch mehr Präsenz von Polizei auf den Straßen ermöglichen. Ich appelliere auch an den Wissenschaftssenator. Herr Dräger, überlassen Sie dieses Feld – Modernisierung der Polizeiausbildung und mehr Präsenz – nicht dem Innensenator, sondern mischen Sie sich da ein.

(Beifall bei der GAL)

Sie sollten es beenden, durch symbolische Politik in dem Bereich der Inneren Sicherheit das Leben und die Gesundheit von Menschen zu gefährden. Wenn Sie Strafgefangenen, die sich im staatlichen Gewahrsam befinden, den Spritzentausch im Gefängnis verweigern, dient das niemandem. Das ist eine Gefährdung der Gesundheit und des Lebens dieser Menschen. Es dient aber auch nicht dem Gemeinwohl, wenn diese Menschen später mit Hepatitis und HIV infiziert aus der Haft entlassen werden. Korrigieren Sie dort Ihre falsche Politik.

(Beifall bei der GAL und der SPD – Karl-Heinz Ehlers CDU: Warum haben Sie das nicht gemacht!)

Herr von Beust, Sie haben gesagt, Sie wollen in der Sozialund Beschäftigungspolitik das Ziel verfolgen, dass Menschen möglichst schnell wieder auf eigenen Beinen stehen können. Das ist richtig. Sie haben auch angekündigt, dass Sie sich mit den Instrumenten der Arbeitsmarktpolitik auseinandersetzen wollen.

Wir sind nachdrücklich dafür, dass man die Instrumente der Arbeitsmarktpolitik auf ihre Wirksamkeit hin evaluiert. Wir sind nachdrücklich dafür, dass man die Arbeit von Zuwendungsempfängern einer Qualitätskontrolle unterzieht. Aber ich warne vor einem. Sie haben gesagt, das sei Ihr Ziel. Sie sagen aber nichts dazu, mit welchen Instrumenten Sie das Ziel erreichen wollen. Zerschlagen Sie bitte nicht Instrumente, die es jetzt gibt, bevor Sie bessere haben. Das ist nämlich die Gefahr bei Ihrer Politik, dass Sie Dinge abräumen und hinterher vor einer desolater werdenden Arbeitsmarktsituation keine Alternativen anzubieten haben.

Meine Damen und Herren! Zu einem anderen Thema habe ich von Ihnen, Herr von Beust, ebenfalls nicht das richtige Signal gefunden. In einer Großstadt wie Hamburg werden wir nicht nur Menschen haben, die mit staatlicher Hilfe irgendwann wieder auf eigenen Beinen stehen können. Es gibt eine wachsende Zahl von Menschen, die dauerhaft auf staatliche Hilfe angewiesen sind und angewiesen bleiben. Wir werden Ihre Politik auch daran messen, wie Sie mit diesen Menschen umgehen und ob Sie ihnen ein würdiges Leben in der Gemeinschaft ermöglichen.

(Beifall bei der GAL)

Es hat bei uns mehr als nur Befremden ausgelöst, dass Sie in Ihrem Koalitionsvertrag von der staatlichen Förderung der Starken sprechen. Sie haben hier gesagt, der Starke brauche den Staat weniger an seiner Seite als der Schwache. Das gilt aber nicht nur für die Innere Sicherheit, das gilt auch für die Sozial- und Beschäftigungspolitik. Wenn Sie Ihre Aussage zu den Starken und Schwachen ernst nehmen, erwarte ich von Ihnen, dass Sie dafür sorgen, dass der Starke nicht nur Förderung braucht, sondern auch soziale Verantwortung für die Schwachen in der Gesellschaft übernehmen muss.

(Beifall bei der GAL)

Da spricht Ihr Koalitionsvertrag eine Sprache, die den sozialen Zusammenhalt in dieser Stadt gefährdet.

(Karl-Heinz Winkler Partei Rechtsstaatlicher Offen- sive: Dummes Zeug!)

Sie haben sich heute – das habe ich durchaus registriert – um einen etwas anderen Ton bemüht. Ihnen ist aufgefallen, dass der Ton in Ihrem Koalitionsvertrag einer Stadt wie Hamburg nicht angemessen ist. Das ist ein positives Signal.

(Karl-Heinz Winkler Partei Rechtsstaatlicher Offen- sive: Danke für die Benotung!)

Wir werden ein besonderes Auge darauf haben, dass sich durch Sie keine Politik durchsetzt, die Rücksichtslosigkeit, Egoismus und das Recht des Stärkeren in dieser Stadt propagiert und populär macht. Dabei ist es egal, ob es in der Sozialpolitik oder in der Verkehrspolitik passiert. Auf keinen Fall wollen wir einen solchen Geist in der Schule haben.

(Krista Sager GAL)

(Vizepräsident Röder übernimmt den Vorsitz.)

Wir brauchen in Zukunft viele gut ausgebildete junge Leute.

(Karl-Heinz Winkler Partei Rechtsstaatlicher Offen- sive: Das kann ich mir denken!)

Wir brauchen mehr junge Leute, die Abitur machen. Wenn Sie die Gesamtschulen auf das gleiche Niveau bringen wollen wie die Haupt- und Realschulen, dann frage ich mich, wie man an einer Hamburger Gesamtschule in Zukunft das Abitur machen soll. Wie wollen Sie es dann schaffen, dass die Anzahl der jungen Menschen mit Abitur in dieser Stadt steigt, statt zu fallen? Die Antwort sind Sie hier schuldig geblieben.

(Beifall bei der GAL – Karl-Heinz Winkler Partei Rechtsstaatlicher Offensive: Klasse statt Masse!)

Wenn Sie, Herr Ehlers, das Gleiche wie wir wollen, nämlich Qualität in der Schule, Wettbewerb, Profile und keine Einheitsmodelle, dann frage ich mich, warum Sie zwölf Jahre Schulzeit bis zum Abitur als Einheitsmodell verkaufen. Kein Mensch hat etwas dagegen, dass es junge Menschen gibt, die nach zwölf Jahren Abitur machen oder es auch als Klassen können, aber warum verkaufen Sie uns das hier als Einheitsmodell? Es muss neben zwölf Jahren bis zum Abitur auch 13 und 14 Jahre als Wahlmöglichkeit geben.

(Karl-Heinz Ehlers CDU: Es ist um Qualität gegan- gen, das haben Sie nie begriffen!)

Besonders absurd ist, dass gerade die FDP hier antritt, um in der Schulpolitik ein Einheitsmodell durchzusetzen.

(Vereinzelter Beifall bei der GAL und der SPD)

Wir wollen eine Schulpolitik, die auf Integration statt auf Spaltung setzt.