Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Ausdruck „zurückrudern“ ist im Zusammenhang mit Herrn Drews natürlich völlig unangebracht. Erstens sitzen wir alle in einem Boot – die Regierungskoalition und der Senat –
(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive – Uwe Grund SPD: Mit erheblicher Schlagseite, Herr Senator!)
Es ist noch etwas anderes deutlich zu sagen. Eben war vom Stillstand die Rede. Jahrzehntelang hat über den beruflichen Schulen in Hamburg ein Mehltau gelegen,
weil die damaligen Regierungsparteien – und das sind Sie – nicht in der Lage waren, auch nur kleinste strukturelle Veränderungen vorzunehmen. Ich erinnere nur an das jahrzehntelange Gezerre, den Berufsschulunterricht für ein paar Auszubildende aus Wilhelmsburg an die Fachhochschule/Berufsschule nach Hamm zu verlagern. Das ist Ihnen nicht gelungen.
Diese Unfähigkeit zu Reformen hat auch zu der paradoxen Situation geführt, dass im Schulgesetz vorgeschriebene Schulentwicklungspläne einfach gar nicht mehr erstellt wurden.
Sie haben auch in Hamburg diese Erstarrung nicht lösen können und Bewegungen anderer Bundesländer mit der gleichen Farbenlehre wie Sie damals – beispielsweise Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen, die immerhin schon seit einiger Zeit ein Konzept regionaler Berufsbildungszentren entwickelt haben und ansatzweise umsetzen – nicht umsetzen können.
Dass es noch viel weiter gehende Entwicklungen in Europa, zum Beispiel in den Niederlanden und in der Schweiz oder in Dänemark, gibt, ist von Ihnen nicht einmal wahrgenommen, geschweige denn umgesetzt worden. Die neue Regierung hat das gesamte berufliche Schulsystem in Hamburg auf den Prüfstand gestellt. Da geht es um die Frage der Trägerschaften und Rechtsformen, um personelle und sächliche Ressourcen, um Steuerungsverfahren und Berichtswesen. Es geht auch um die Frage der Größe der Schulstandorte, wobei Schulstandort nicht immer heißt, dass man womöglich neu baut oder dort alle Schüler in einem Monsterladen, wie es zum Teil in den Gesamtschulen ist, zusammenzieht,
sondern es geht darum, dass man hier sachlich vernünftige Verbindungen herstellt. Es geht um den Umfang und die Gestaltung der Bildungsangebote des beruflichen Schulwesens. Das sind die wesentlichen Untersuchungsbereiche, in denen gleichzeitig zunächst einmal von der Behörde Veränderungsvorschläge erarbeitet werden sollen.
Sie stellen in Ihrer Großen Anfrage ziemlich scheinheilig eine Fülle von wirklich bedeutsamen Fragen,
von denen man natürlich die meisten derzeit nicht beantworten kann. Das müsste auch jedem klar sein, der einigermaßen mit dem Geschäft vertraut ist. Das kann man allenfalls in Form von Trendaussagen machen, was wir mit dem Projekt Berufsbildungszentren, BBZ, als einen der Eckpfeiler der Berufsbildungspolitik des neuen Senats vorhaben.
Das primäre Ziel dieser Weiterentwicklung ist die Qualitätsverbesserung der beruflichen Bildungsmaßnahmen, sei es in der Berufsschule, die sehr wohl dazugehört, sei es in den vielen beruflichen Vollzeitbildungsgängen. Eng verbunden damit ist die zweite Zielsetzung, nämlich durch verbesserte Konzepte zur Gestaltung der beruflichen Bildungsinstitutionen und verbessertes Einbeziehen der Abnehmer des Berufsbildungssystems, um die Sie sich gar nicht gekümmert haben, den Standort Hamburg zu stärken.
Wenn es uns dann drittens gelingt, durch intelligente Lösungen zu einer Schonung staatlicher Ressourcen zu kommen, so wird diese Zielsetzung angesichts der schrägen Haushaltslage unserer Stadt – und wie wir auch sehr deutlich wissen, des gesamten Landes – sicherlich von allen Mitgliedern des hohen Hauses begrüßt werden.
Nun haben Sie gefragt, wo wir stehen, was zeichnet sich ab. Das liberale Credo des Senats findet sich in dem Subsidiaritätsprinzip wieder, also in der Überzeugung, dass die größere Einheit nicht das machen soll, was die kleinere meist viel besser selber leisten kann. In unserem Fall heißt das, dass ein System möglicherweise sogar selbstständiger Berufsbildungszentren zu besseren Ergebnissen führen könne als das derzeitige am Gängelband der Behörde für Bildung und Sport geführte System beruflicher Schulen.
Im Ergebnis könnte es zur Bildung von Berufsbildungszentren kommen, die erstens auf der Basis eines Kontraktmanagements ihr Tagesgeschäft selbstverantwortlich regeln, die zweitens ein Globalbudget für Personal- und Sachmittel erhalten, die drittens deutlich größer sind als manche der bisherigen beruflichen Schulen und über eine weitaus professionellere Leitung verfügen, die viertens unter Einbeziehung des Sachverstands von externen Experten, die Sie immer gescheut haben, wie andere Leute auch...
Fünftens soll das umfassend und extern evaluiert werden, auch eine Sache, die Sie immer weit von sich gewiesen haben. Das sind die derzeitigen Einschätzungen, natürlich ist noch nichts endgültig.
Wir werden selbstverständlich weiterhin die Rahmenbedingungen für die strukturelle und inhaltliche Gestaltung beruflicher Bildungsgänge aus der Behörde vorgeben. Der Artikel 7 des Grundgesetzes ist schon genannt worden und auch, dass wir uns nicht um die Unverletzlichkeit der Wohnung in Zukunft kümmern werden.
Der Begriff Privatisierung wird von Ihnen immer wieder in falscher Weise in Anschlag gebracht. Als Liberaler bin ich natürlich sehr wohl für Privatisierungsmaßnahmen,
denn der Staat braucht nicht all das zu machen, was er derzeit tut. Das Projekt BBZ kann man allerdings nicht mit dem Siegel Privatisierung versehen, denn – und das ist hier auch schon gesagt worden – es gibt schon genügend Möglichkeiten. Die Regeln des Privatschulgesetzes kann man nämlich zur Anwendung bringen und damit berufliche private Schulen in Hamburg gründen. Davon wird allerdings in Hamburg bekanntermaßen nur wenig Gebrauch gemacht werden. Die Handelskammer könnte sich nach den Regeln des Privatschulgesetzes – wenn es sie denn wollte – eine oder mehrere berufliche Schulen betreiben. Dann wären die auch die Träger der Schulen.
Das bestehende staatliche berufliche Schulwesen aber einfach in die Trägerschaft der Handelskammer zu überführen, stand nie zur Debatte. Das können Sie auch durch häufiges Wiederholen hier nicht implizieren, denn das wird es mit Sicherheit nicht geben.
Dieser zunächst behördeninterne Prozess – und parallel dazu laufen Entwicklungen in der Handelskammer und in den dazugehörigen und angeschlossenen Kammern – wird Ihnen dann in entsprechenden Entscheidungsvorlagen rechtzeitig bekannt gegeben.
Derzeit sind wir ein Stück weiter, weil fünf Projektgruppen gearbeitet haben, und wir werden – wie das in der Regierungsarbeit so üblich ist – die jetzt erst einmal genauestens analysieren und Ihnen dann vorstellen.
Die Arbeiten gehen insgesamt zügig voran, damit wir bis Ende des Jahres Prüfergebnisse haben und auswerten können, um dann Anfang nächsten Jahres eine Entscheidungsvorlage vorzubereiten. Wenn wir weiterhin auf dem bisher eingeschlagenen Weg bleiben, dann ist es auch denkbar, dass wir zum Beginn des nächsten Schuljahres zumindest ein Pilotprojekt starten werden. In diesem Bereich – das lassen Sie mich zum Abschluss sagen – gilt auch das, was für die allgemeinen Schulen gilt: Wir machen alles so schnell wie möglich, damit wir aus dieser Erstarrung, für die Sie verantwortlich sind, herauskommen,