Protocol of the Session on November 14, 2002

Frau Abgeordnete! Zunächst zur Erklärung über die Funktionsfähigkeit der Tonnagesteuer. Sie heißt zwar Steuer, ist aber keine eigene Steuer, sondern bei der Tonnagesteuer – das weiß ich als früherer Bundestagsabgeordneter – handelt es sich um eine besondere Erhebungsform bei der Einkommen- und bei der Körperschaftsteuer. Nun ist es interessant, dass bei der Tonnagesteuer eine Pauschalierung erfolgt, wie sie bei allen europäischen Ländern zurzeit erfolgt. Ich glaube, Italien ist eine Ausnahme und dann gibt es noch ein weiteres Land. Hier handelt es sich wirklich einmal um eine harmonisierte Steuer.

(Senator Gunnar Uldall)

A C

B D

Die Einführung dieses pauschalierten Erhebungsverfahrens hat dazu geführt, dass der jahrzehntelang dauernde Trend in der Ausflaggung wieder umgekehrt wurde. Wir haben in einer gewaltigen Summe Rückflaggungen nach Deutschland gehabt, was in Deutschland zur Schaffung neuer Arbeitsplätze geführt hat. Wir haben, wenn ich die Zahl richtig erinnere, etwa 800 zusätzliche Arbeitsplätze, die allein durch diese Rückflaggung geschaffen wurden.

Hamburg, als führender maritimer Standort in Norddeutschland und in Nordeuropa, würde natürlich durch eine Änderung der Tonnagebesteuerung besonders hart getroffen werden. Deswegen haben wir vonseiten des Senats einen Brief an Minister Eichel geschickt, in dem wir darum bitten, diese Änderung in der Besteuerung auf gar keinen Fall durchzuführen. Wenn Sie eben gefragt haben, welche Mehreinnahmen zu erwarten sind, dann möchte ich darauf verweisen, dass diese Mehreinnahmen nach meiner Einschätzung mit Null zu veranschlagen sind,

(Uwe Grund SPD: So ist das!)

weil jetzt natürlich wieder die Ausflaggung beginnen wird. Es ist nichts leichter, als eine Flagge ins Ausland zu verlegen.

Schließlich empfehle ich auch hier wieder den Kauf einer Zeitung, in der heute ein namhaftes Reedereiunternehmen in Hamburg bereits gesagt hat, wenn diese Änderung bei der Tonnagebesteuerung kommt, gehen wir ins Ausland.

(Uwe Grund SPD: Sie kommt doch gar nicht! – Gegenruf von Rolf Kruse CDU: Warum zetteln Sie das erst an?)

Herr Dr. Maier, Sie haben das Wort.

Herr Senator! Meine erste Frage: Haben Sie die heutige Pressemitteilung gelesen – ich glaube, sie stand in der „Financial Times“ – , dass die Tonnagesteuer vom Tisch sei?

Herr Senator.

Ich lese viele Zeitungen, auch die „Financial Times“ regelmäßig, aber, ich muss gestehen, das habe ich heute noch nicht gelesen. Wenn das Ihre Mitteilung ist, kann ich nur sagen, dass wir uns alle darüber freuen können. Nur eines muss festgehalten werden: Warum werden solche Dinge überhaupt erst in die Welt gesetzt, Herr Dr. Maier?

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Sie wissen genau, dass Wirtschaft zum großen Teil Psychologie ist. Permanentes Reden über Steuererhöhungen bedeutet, dass die Unternehmen verunsichert werden und nicht investieren werden.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Herr Dr. Maier.

Ich kann leider von dieser Stelle nicht mit Ihnen diskutieren. Insofern ist das eine etwas unfaire Aktion.

Gehe ich recht in der Vermutung, dass Sie es besonders gerne haben, wenn Ihnen Fragen gestellt werden, die nicht

zu Ihrer Amtsführung gehören, sondern wo Sie die Amtsführung der Bundesregierung kommentieren können?

(Oh-Rufe von der CDU und Beifall bei der GAL und der SPD)

Meine Damen und Herren! Das hat mit dem Haushaltsdefizit nichts zu tun.

(Dr. Willfried Maier GAL: Die Fragen aber auch nicht! – Dr. Michael Freytag CDU: Ihr seid Phari- säer!)

Herr Egloff, Sie haben das Wort.

Herr Senator! Ich möchte noch einmal auf das Hartz-Konzept zurückkommen. Sie haben eben gesagt, dass Ihnen darin zu viele arbeitsmarktpolitische Konzepte betont werden. Ist Ihnen entgangen, dass zum 1. November das so genannte Job-Floater-Programm in Kraft getreten ist, wonach in der mittelständischen Wirtschaft pro Arbeitsplatz mit 100 000 Euro durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau finanziert werden kann?

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Herr Senator, bevor Sie antworten, noch Folgendes: Ich hatte vorhin schon eine Frage von Herrn Dr. Mattner zur Hartz-Kommission zugelassen. Zum Haushaltsdefizit gibt es keinen unmittelbaren, nur einen sehr weiten Zusammenhang. Ich lasse die Frage nochmals zu. Aber ich bitte, dann wieder auf das Thema Haushaltsdefizit zurückzukommen.

Herr Senator, ich bitte, die Frage zu beantworten.

Zurückkommend zunächst auf die Frage eines Vorfragers möchte ich sagen, ich beantworte diese Frage außerordentlich gern.

(Dr. Willfried Maier GAL: Das habe ich sofort ver- mutet!)

Die Frage nach dem Job-Floater

(Uwe Grund SPD: Ich-AG!)

ist insofern interessant, als hiermit eine Überlegung verbunden wird, wie man einem mittelständischen Betrieb zusätzliches Kapital zuführen kann. Dieses kann aber zu einer Fehllenkung von Kapital führen, Herr Kollege, weil natürlich die Versuchung groß ist, dass jemand, der sich beispielsweise in Liquiditätsschwierigkeiten befindet, schnell zwei oder drei Leute einstellt und dann mehrere 100 000 Euro als Darlehen und nicht als Eigenkapital bekommt. Damit wird ein Unternehmen, das sich nicht den Marktbedingungen angepasst hat, in einen längeren Kampf hineingezogen.

Überlegungen hinsichtlich des Job-Floaters kann man nicht mit einem eindeutigen Hurra oder einer eindeutigen Ablehnung beurteilen, sondern man muss – das wäre meine Empfehlung an die zuständigen Stellen – trotzdem sehr genau gucken, ob im Einzelfall eine Vergabe der entsprechenden Mittel gerechtfertigt und im langfristigen Interesse dieses Unternehmens ist.

Die nächste Fragestellerin ist Frau Ahrons.

(Senator Gunnar Uldall)

Wie sehen Sie für Hamburg – Hamburg hat erfreulich viele Existenzgründungen – die steuerliche Belastung und Abgabenlast für die Existenzgründer, die auf uns zukommt?

Herr Senator.

Frau Abgeordnete! Ich kann zunächst wiederholen: Hamburg ist die Stadt der Existenzgründer.

(Dirk Kienscherf SPD: Das haben wir letztens erst gehört; nicht noch einmal!)

Nur Hamburg hat neben Bayern – das wiederhole ich gerne noch einmal, das kann man gar nicht oft genug sagen – einen positiven Eintragungssaldo bei den Gewerbeanmeldungen.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: 44 Jahre!)

Bayern hat ein Plus von 2,8 und Hamburg ein Plus von 7,8. Damit liegt Hamburg in Deutschland an der Spitze. Alle anderen Bundesländer haben ein Minus.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP – Uwe Grund SPD: Und das schon viele Jahre!)

Grundsätzlich kann man festhalten, dass jede Reform, die jetzt in dieser Form durchgezogen wird, sich erschwerend für einen Existenzgründer auswirkt, weil er unser gesamtes Steuersystem nicht mehr versteht.

Wenn jetzt aber besonders nach dem Existenzgründer gefragt wird, möchte ich auf eine sehr gefährliche Entwicklung hinweisen, die man durch die Bundesregierung eingebaut hat, ohne sich die zukünftigen Konsequenzen auszumalen.

Ich möchte auf das Halbieren des so genannten Verlustvortrags verweisen. Jedes Unternehmen, Frau Abgeordnete, das sich selbstständig macht, hat im ersten, zweiten oder dritten Jahr höchstwahrscheinlich Verluste. Bisher können diese Verluste mit Gewinnen in den Folgejahren verrechnet werden. Dieses wird in Zukunft eingeengt. Das heißt, das notwendige Eigenkapital, das ein neuer Existenzgründer benötigt, wird erst sehr viel später zur Verfügung stehen, als es heute der Fall ist. Die Konsequenz wird sein, dass weniger Menschen den Schritt in die Selbstständigkeit gehen werden. Das Ergebnis wird sein, dass wir die vorhin beklagte Wachstumsschwäche mit den niedrigen Wachstumsraten durch eine nicht angemessene Gestaltung der Einkommensteuer noch weiter verschlechtern werden. Hier haben wir in unserem Steuerrecht also eine eingebaute Bremse für das Wachstum, weil man die Existenzgründungen erschwert.

Herr Drews hat das Wort zu einer Frage.

Herr Senator! Trifft es zu, dass es Pläne gibt, das Haushaltsdefizit auch dadurch in Teilen zu stopfen, dass man die Ablaufleistung von Lebensversicherungen – auch von bestehenden Lebensversicherungen – besteuern und somit die Altersvorsorge der kleinen und mittelständischen Bürger verhindern will?

(Ingo Egloff SPD: Das stimmt doch gar nicht!)