Die Bundesregierung bringt Hamburgs Krankenhäuser in Bedrängnis – Leidtragende sind Patienten und Mitarbeiter
Bei den Fraktionen besteht Einvernehmen, dass das zweite und das vierte Thema gemeinsam aufgerufen werden sollen. Doch zunächst kommen wir zu dem Thema, das die GAL-Fraktion angemeldet hat. Wird das Wort dazu gewünscht? – Herr Müller, Sie haben es.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Das erste Jahr nach den Wahlen zur Bürgerschaft war häufig von unproduktivem Streit und selten von inhalt
lichen Auseinandersetzungen geprägt. Ich habe das oft als unbefriedigend empfunden und bin sicher, dass es vielen von Ihnen genauso gegangen ist. Die Debatte über die Reform des Wahlrechts könnte uns allen die Gelegenheit geben, als Parlamentarier etwas Gemeinsamkeit zu entdecken. Deswegen sei betont, dass die GAL das Wahlrecht zwar zur Debatte angemeldet hat, es sich aber keinesfalls um eine von Parteiinteressen beherrschte Debatte handeln soll.
Als Parlamentarier geht uns die Frage des Wahlrechts in Hamburg alle etwas an, denn es geht beim Wahlrecht nicht nur um die Frage, wie es den Parteien am meisten nützt, sondern was es den Menschen in dieser Stadt bringt. Man muss nicht so weit gehen wie der Philosoph Ortega y Gasset, der sagte:
Aber das Wahlrecht entscheidet darüber, wie viel Einfluss die Bürgerinnen und Bürger auf ein Parlament und damit auf unser Gemeinwesen haben. Das ist schon sehr wesentlich für eine Demokratie.
Die Debatte über die Reform des Wahlrechts ist in vollem Gange. Es gibt eine viel beachtete Volksinitiative, die von etlichen Prominenten dieser Stadt, wie Bischöfin Jepsen, Dr. Hogeforster von der Handwerkskammer, aber auch von Herrn Teichmüller von der IG Metall, von Herrn Trepoll von der Jungen Union und natürlich auch von der GAL unterstützt wird. Schon jetzt findet diese Volksinitiative mit mehr als 10 000 Unterschriften ein breites Echo in den Medien. Diese Volksinitiative fordert mehr Demokratie. Ich halte die Idee dieser Initiative für sinnvoll. Der Kern dieser Idee ist, Wahlkreise für Hamburg einzurichten.
Meine Damen und Herren! Neben dem Saarland und Bremen ist Hamburg das einzige Bundesland in der Republik, das noch keine Wahlkreise hat, sondern nur eine einzige Stimme für eine einzige Partei. Aus meiner Sicht drückt ein solches Wahlrecht ein gewisses Misstrauen gegenüber dem Bürger aus. Ich halte das für verkehrt und überholt.
Zukünftig könnte es also 17 Wahlkreise mit jeweils drei bis fünf Kandidaten geben, die auch kleineren Parteien – im Gegensatz zum Bundestagswahlrecht – eine Chance einräumen. Wahlkreise schaffen Verbindlichkeit für uns Abgeordnete, sie erhöhen die Auswahl für die Bürgerinnen und Bürger und sorgen dafür, dass wir Abgeordnete noch stärker an die jeweiligen Stadtteile, an das bestimmte Gebiet, wo wir gewählt worden sind, angebunden sind.
Bislang ist ja ganz Hamburg ein Wahlkreis und es liegt an uns, wo wir uns jeweils zugehörig fühlen oder auch nicht. Mit einem Wahlkreis bekämen die Bürgerinnen und Bürger endlich einen verbindlich zuständigen Ansprechpartner vor Ort.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Wahlkreise das geeignete Instrument sind, um den parlamentarischen Wettbewerb, ja sogar den Parlamentarismus an sich in dieser Stadt zu stärken. Die Volksinitiative fordert noch einige andere Änderungen, die ich Ihnen kurz vorstellen möchte.
die sie dann auf einen oder mehrere Kandidaten konzentrieren oder verteilen können. Zum anderen sollen die Wähler auch über die Zusammensetzung der Listen am Wahltag mit fünf Stimmen bestimmen können. Mit anderen Worten: Die Wählerinnen und Wähler haben mehr Einfluss darauf. Ich glaube, dass man über die einzelnen Vorschläge, die dieses Gesetz beinhaltet,
sehr lebhaft diskutieren kann, und genau das ist es, meine Damen und Herren, was ich mir in dieser Stadt wünsche: Eine lebhafte, aber auch eine fruchtbare Diskussion, an deren Ende eine Reform des Wahlrechts steht. Lassen Sie uns deswegen die von der Volksinitiative eingebrachten Ideen aufgreifen und sie zum Anlass nehmen, das Wahlrecht in Hamburg zu reformieren, um damit den Bürgerinnen und Bürgern wieder mehr Macht über die Politik dieser Stadt zu geben. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Das Wichtigste vorweg. Hamburgs Sozialdemokraten sind für eine Wahlrechtsreform und für die Einführung von Wahlkreisen mit direkt gewählten Abgeordneten.
(Burkhardt Müller-Sönksen FDP: Wie viele kriegen Sie dann mehr? – Dirk Nockemann Partei Rechts- staatlicher Offensive: Das wird Ihnen auch nicht helfen!)
Ich will Ihnen ausdrücklich sagen, meine Damen und Herren, dass wir alle, jedenfalls die Parteien, die in der Vergangenheit in diesem Parlament Politik gestaltet haben, uns in der Frage Wahlrechtsreform nicht mit Ruhm bekleckert haben. So ist es eben, wenn die Politik nicht spurt, dann hilft das Volk nach. Das Ergebnis ist, dass wir im Rahmen einer solchen Initiative nun nachgeholfen bekommen. Ich persönlich finde das in Ordnung und es ist das Verdienst der Initiative, dass das Thema politisch wieder aufgegriffen wird.
Wir begrüßen deshalb diese Initiative und den Schub, den es für diese Reformdebatte gibt. Wir haben mit den maßgeblichen Sprechern der Initiative Kontakt aufgenommen und werden den Dialog mit der Bürgerinitiative konstruktiv fortsetzen. Wir sind sehr interessiert an guten Ideen, vor allem an solchen, die den Bürgern Politik näher bringen, die für eine hohe Wahlbeteiligung, für Identifikation mit Politik und Bürgern sorgen.
Die SPD wird am kommenden Wochenende in ihrer Klausurtagung eines der wichtigsten Themen zu beraten haben und das ist die Frage, wie eine Wahlrechtsreform aus Sicht der Sozialdemokraten auszusehen hat.
Dennoch, meine Damen und Herren, es nützt nichts, man muss sich dann auch mit den Vorschlägen der Initiative komplett auseinandersetzen. Das Paket, das uns dort vor
gestellt wurde, ist recht kompliziert, in seinen Zusammenhängen so komplex, dass ich bisher keine Zeitung gefunden habe, die die Komplexität dieses Vorschlages mit all den Schwierigkeiten wirklich in der vollen Breite darstellen konnte, jedenfalls nicht in einem Zeitungsartikel.
Ein Beispiel dafür, meine Damen und Herren, ist der Vorschlag, zu kumulieren und zu panaschieren. Da kann man sagen, das gibt es bei vielen Kommunalwahlen in dieser Republik. Das ist richtig, das ist nachvollziehbar. Ich kenne aber kein Landesparlament, das eine solche Wahlregelung bisher hätte.
Das muss noch kein Grund sein, dem generell kritisch gegenüberzustehen, aber schauen Sie einmal in die Internetseiten dieser Volksinitiative. Dort sind sogar zwei Stimmzettel abgebildet, weil wir dann ja zwei für die Bürgerschaftswahl brauchen. Die Initiative hat sich einen solchen Wahlzettel ausgedacht, ihn abgebildet und ganz raffiniert dargestellt und darunter geschrieben „und so weiter“.
Ich will Ihnen einmal sagen, was „und so weiter“ ist. Wenn man – die letzte Bürgerschaftswahl zugrunde gelegt – den Parteienstimmzettel für die 480 Bewerber und Bewerberinnen, die wir hatten, aufstellen würde, würde der etwa so aussehen.
Das ist aber, obwohl es relativ groß ist, zu klein, um die Namen zu lesen, die auf diesem Stimmzettel stehen.