dabei, dass man diesen Zielkonflikt auflösen kann. Aber ich sage Ihnen, mit dem Zusatzhinweis, den Sie gegeben haben, man solle aufpassen, dass Beratung nicht unbedingt eine staatliche ist, sondern auch von nichtstaatlichen Stellen wahrgenommen wird, haben Sie das Problem noch vergrößert. Sie haben natürlich viele nichtstaatliche Stellen, die ein Stück auch um ihre Einflusssphäre ringen – zum Beispiel die Kammern – und die sich mitnichten zusammenlegen lassen wollen, um dann ihre jeweilige Institutionspolitik zu vereinheitlichen. Sie haben dem Senator jetzt eine schöne Aufgabe an die Hand gegeben.
Ich drücke ihm den Daumen, dass ihm die Auflösung zwischen diesen beiden Polen genauso gut gelingen wird, wie sie uns in den vergangenen Jahren gelungen ist. Es haben, das kann man nicht abstreiten, die Institutionen, die geschaffen worden sind, eine ganze Menge zustande gebracht.
Ich möchte im Übrigen auch den Vorschlag, den Herr Egloff gemacht hat – den gemeinsamen Internetauftritt – aufgreifen. Ich habe mir heute das Gründerhaus angesehen, wo die H.I.G.H, die BTG und die Bürgschaftsgemeinschaft zusammengelegt sind. Auch wir meinen, dass wir das Rad nicht neu erfinden müssen. Wir müssen halt weiterfahren. Ich habe den Eindruck, dass wir in dieser Frage auf dem gleichen Kurs fahren.
Es gibt aber natürlich ein kleines Nebenthema. Das ist nicht direkt die Frage der Förderung der Existenzgründer, sondern – wie hier eben auch schon angesprochen – wieweit ersetzt die Förderung von Existenzgründern eine Arbeitmarktpolitik oder wieweit kann sie an dessen Stelle treten.
Da muss man natürlich sagen – Sie hatten es gestern im Zusammenhang mit den IT-Firmen angesprochen –, dass Hamburg nicht nur eine Hochburg der Existenzgründungen ist, sondern auch eine Hochburg der Insolvenzen.
Die Insolvenzen im letzten Jahr lagen trotz der klasse Regierung über dem Bundesdurchschnitt. Wenn man viel Existenzgründung fördert, hilft man natürlich auch Leuten auf die Beine, die sich vielleicht mit ihrem Konzept in einem so hart umkämpften Markt dann doch nicht durchsetzen können. Das führt natürlich auch dazu, dass mehr Pleite gehen. Es hat aber auch zur Folge, dass man nicht denken soll, mit diesem Ansatz könne man quasi eine Arbeitsmarktpolitik ersetzen, wie sie in der Vergangenheit erfolgreich praktiziert worden ist, und weitere zweistellige Millionenbeträge einsparen. Wir haben in Hamburg – das sagen wir hier schon zum sechsten Mal in dieser Legislatur – in der letzten Legislaturperiode bei der Entwicklung der Arbeitslosigkeit immer besser ausgesehen als beim Bund. Und seit Sie das Ruder übernommen haben, sehen wir schlechter aus als der Bund; und das sollte doch nicht so sein.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! 1968, als viele junge Menschen etwas völlig anderes im Kopf hatten, haben mein Mann und ich uns selbstständig gemacht. Damals gab es zwar auch schon Hilfen für Existenzgründer, aber sie waren bei weitem nicht
so umfangreich wie heute. Aber im Gegensatz zu heute gab es damals Banken, die nicht nach Basel schauten, sondern auf das Konzept und die Personen. Insofern hatten wir es vielleicht ein bisschen einfacher als heutige Existenzgründer.
Wir gerieten dann in eine Dekade, da Selbstständigkeit nicht mehr gefragt war. Unternehmer wurden beschimpft, insbesondere Ausbilder wurden beschimpft, die Unternehmer waren die Buhmänner der Nation. Das hat damals dazu geführt, dass viele junge Menschen für ihren beruflichen Lebensweg entschieden haben, als Angestellte diesen Weg zu gehen und nicht als Selbstständige. Es haben sich immer weniger – da müssen Sie einmal in die alten Statistiken gucken – für die Selbstständigkeit entschieden und immer mehr für das Angestelltenverhältnis und sie sind vorzugsweise in Großunternehmen eingetreten. Und es sind genau die Menschen, die in den Achtziger- und Neunzigerjahren dann in den Vorruhestand abgeschoben worden sind nach dem Motto: Euch brauchen wir nicht mehr, ihr hindert nur, wir brauchen die Arbeitsplätze für die Jugend. Das war eine fatale Fehlentwicklung, die eine zweite Konsequenz hatte, den Mangel an Ausbildungsplätzen, den wir insbesondere in den Achtzigerjahren hatten.
Für mich ist es schön, heute festzustellen, dass man in unserem Land wieder begonnen hat, eine Kultur der Selbstständigkeit zu entwickeln. Das ist auch dringend notwendig, insbesondere für die Arbeitsmarkt- und Arbeitsplatzentwicklung und das Thema Vollbeschäftigung. Heutige Existenzgründer – das ist richtig – finden einen bunten Strauß von Hilfen vor und, da gebe ich Ihnen Recht, es muss differenziert sein. Handelskammer und Handwerkskammer zusammenzuspannen, macht überhaupt keinen Sinn, um einmal die Extrembeispiele zu nennen. Es will auch gar niemand, Herr Egloff, die Leistungen der Vorgängerregierung, was das Thema Existenzgründungshilfen anbetrifft, hier schmälern. Ich erinnere in dem Zusammenhang nur an die Bürgschaftsgemeinschaft, die eine Reihe von Jahren an einer fundamentalen Unterkapitalisierung litt und wo der Hamburger Senat dann zusammen mit den Banken geholfen hat, diesen Mangel zu beheben.
Für mich kann Existenzgründung niemals helfen, den Arbeitsmarkt insgesamt zu entlasten, indem man sagt, schicken wir die Arbeitslosen statt in ABM doch in die Selbstständigkeit. Das wird nur für einen geringen Teil funktionieren. Aber für diesen geringen Teil der Arbeitslosen etwas zu tun und mit Kleinkrediten zu helfen, ist doch genau das, was Hartz Ihnen mit der Ich-AG auch vorschlägt.
Vielfalt auf der einen Seite, Unübersichtlichkeit auf der anderen Seite ist die Spanne, zwischen der man eine Organisation finden muss, die dann so effektiv ist, dass die Menschen sich auch zurechtfinden und ohne, um Herrn Porschke zu zitieren, den Pfadfinder der Pfadfinder hier neu zu erfinden oder neu zu installieren. In diesem Zusammenhang frage ich mich – das ist in den Antworten auf die Große Anfrage überhaupt nicht angeklungen –, welches eigentlich die Rolle des Mittelstandslotsen beim Thema Existenzgründung ist.
Auch nicht genügend beachtet wird, dass es, wenn man Mittelstandspolitik betreiben will, nicht nur um Existenz
gründungen, sondern auch um Existenzsicherung und die Unternehmensnachfolge geht. Eine ganz wichtige Maßnahme zur Existenzsicherung, die der Senat jetzt beschlossen hat, ist, die Beteiligungsgesellschaft so zu stärken, dass sie künftig mehr Beteiligungen in mittelständischen und kleinen Unternehmen eingehen kann. Das ist ein guter Weg in die richtige Richtung.
Es hat mich doch sehr erschüttert, dass zum Beispiel in dieser Statistik-Tabelle, die wir in der Großen Anfrage mit den Beratungsleistungen des RKW finden, zur Unternehmensnachfolge im vergangenen Jahr praktisch nur eine Beratung stattgefunden hat. Wenn man dann in den Zeitungen liest, dass das zurzeit eines der drängendsten Probleme des Mittelstands sei, dann ist das in der Tat ein Armutszeugnis und man muss darüber nachdenken, wie man diese Beratung in Hamburg so installieren kann, dass sie bekannt und in Anspruch genommen wird,
denn gerade die Unternehmensnachfolge ist das ideale Instrument für junge Menschen, sich selbstständig zu machen. Wenn man hier berät und Hilfestellungen vom Staat gibt, dann hilft man gleich zwei Leuten, nämlich demjenigen, der sich aus dem Arbeitsleben zurückziehen will, und demjenigen, der den Sprung in die Selbstständigkeit wagen will. Und was könnte günstiger für denjenigen sein, der sich selbstständig machen will, als ein Unternehmen vorzufinden, das bereits funktioniert, wo er sich auf Mitarbeiter stützen kann, die das notwendige Know-how und auch die notwendige Erfahrung haben. Deshalb ist mein Anliegen, in Hamburg Mittel und Wege zu finden, wie wir genau diesen Aspekt der Existenzgründung künftig weiter stärken können.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin Herrn Dr. Mattner und den Initiatoren der Großen Anfrage sehr dankbar,
dass Sie dieses Thema aufgegriffen haben, denn es wurde sehr deutlich, welches Fördergestrüpp, welcher Förderwirrwarr in Hamburg im Laufe der letzten Jahre entstanden ist. Ich bin Herrn Egloff und Herrn Porschke dankbar, dass sie vom Grundsatz her gesagt haben, dass sie uns unterstützen würden, wenn wir an eine Neugestaltung herangehen. Darüber freue ich mich und wir wollen sehen, wie es dann bei der konkreten Umsetzung im Einzelfall aussehen wird.
Offensichtlich ist es in den vergangenen Jahren oder vielleicht sogar Jahrzehnten so gewesen, dass es für einen Politiker in der Hansestadt immer etwas Besonderes war, wenn er neu verkünden konnte, ich habe für diese oder jene Zielgruppe ein neues Förderprogramm aufgelegt. Das schien offensichtlich der Ersatz für eine echte, tiefergehende Mittelstandspolitik zu sein. Das wird wohl die Ursache dafür gewesen sein, dass wir heute über Töpfchen, Projekte, Programme und Initiativen verfügen, die keiner mehr so richtig durchschauen kann und die uns sehr an das Prinzip der Förderung in der Arbeitsmarktpolitik erinnern, wo auch ein solcher Wirrwarr von Fördermaßnahmen
Wir werden deswegen dieses Thema angehen und die Programme straffen und neu ordnen. Ich kann heute schon sagen, dass wir in einem ersten Schritt einige Programme – das Existenzförderungsprogramm, das Innovationsförderungsprogramm, das Medienförderungsprogramm, das Mittelstandsförderungsprogramm und das Verlagsförderungsprogramm – zusammenlegen werden. Darüber hinaus werden wir andere Programme streichen und darauf hinarbeiten, dass das Geld nicht verkleckert, sondern richtig eingesetzt wird.
Deswegen plädiere ich auch dafür, dass die Kleinstunterstützungen gestrichen werden, denn bisher wurden zum Teil 1000 DM an Hilfestellung durch den Staat ausgezahlt. Einen solchen Vorgang zu bearbeiten und darauf zu achten, ob diese 1000 DM auch zielgerichtet und der Zweckbestimmung entsprechend eingesetzt worden sind, war viel teurer als das, was man dem Existenzgründer als Hilfestellung zugute hat kommen lassen. Das zeigt, dass auch hier wieder die Förderpolitik – das gilt auch für die Arbeitsmarkpolitik – zu einem sehr großen Teil Selbstzweck in sich gewesen ist. Davon möchte ich wegkommen. Ich möchte dafür sorgen, dass diejenigen, die den Schritt in die Selbstständigkeit gehen wollen, gute Bedingungen vorfinden und nicht durch irgendwelche bürokratischen Vorgaben gefesselt werden.
Es ist bedauerlich, dass in Deutschland in den letzten vier Jahren insgesamt die Selbstständigenquote deutlich zurückgegangen ist. Das ist deswegen zu beklagen, weil jeder, der sich selbstständig macht, nach zwei oder drei Jahren anfängt, erste Mitarbeiter einzustellen; nach vier Jahren folgen dann vielleicht weitere. So entwickelt sich bei einzelnen Selbstständigen später eine Anzahl von weiteren Arbeitsplätzen.
Wenn man nach der Ursache fragt, warum die Zahl der Selbstständigen in Deutschland zurückgegangen ist, dann muss man leider feststellen, dass auf Bundesebene das Scheinselbstständigengesetz geschaffen wurde. Ich selbst habe mich – ähnlich wie Frau Pauly – vor mehr als 30 Jahren selbstständig gemacht. Nach den heutigen gesetzgeberischen Bestimmungen hätte ich dies aber nicht machen können, weil ich während der Anfangsphase nur einen Kunden hatte. Mein Vater war Freiberufler und hatte auch nur einen wesentlichen Kunden. Er hätte sich unter den heutigen Bedingungen auch nicht selbstständig machen können.
Es wäre besser – anstatt irgendwelche großen Überlegungen anzustellen, wie man die Förderung gestalten kann –, wenn das Scheinselbstständigengesetz möglichst rasch verschwinden würde.
Der Rückgang bei der Selbstständigenquote hat ergeben – so zeigen Modellrechnungen –, dass wir heute in Deutschland auf circa 700 000 Arbeitsplätze verzichten müssen, die wahrscheinlich vorhanden wären, wenn die gleiche Quote gegolten hätte. Diese 700 000 Arbeitsplätze – umgebrochen auf die Stadt Hamburg – hätten hier zusätzlich 20 000 Beschäftigte bedeutet. Auch hier zeigt sich erneut, dass das Anlegen von Fesseln immer mit
Von Frau Pauly und auch von anderen Kollegen wurde das Thema angesprochen, dass sehr viele Betriebe unmittelbar vor der Weitergabe an die nächste Generation stünden und dass es heute schwierig sei, einen Nachfolger aus der Familie oder aus dem Betrieb zu finden, der bereit ist, den Betrieb zu übernehmen. Das sind grundlegende Fragen, die wir von Seiten der Politik nicht so ohne Weiteres lösen können.
Aber ich bitte nachdrücklich darum, eines nicht zu machen: die Erbschaftsteuer zu verschärfen. Wenn dieses realisiert würde, dann würde dies hinsichtlich der Nachfolgeregelung – der Übergabe von Betrieben aus dem Handwerk, dem Einzelhandel und aus der Gastronomie – eine Katastrophe auslösen und der Nachfolgegeneration den Garaus machen.
Ich habe in den letzten Tagen mit Schrecken gelesen – das „Hamburger Abendblatt“ hatte vor einer Woche in einem großen Artikel darüber berichtet –, dass es hierzu in der Sozialdemokratischen Partei Überlegungen geben würde. Ich möchte darum bitten: Wenn wir das Thema „Selbstständigkeit in Deutschland“ lösen wollen, dann lassen Sie solche Gedankenspiele weg. Das ist Gift für die Übergabe an die nachfolgenden Generationen.
Herr Egloff hat in seiner Rede – der ich weitestgehend folgen kann – gesagt, dass es bedauerlich wäre, dass nicht mehr Mittel für die Förderung von Existenzgründungen vorgesehen würden. Das ist richtig, wir brauchen dafür mehr Geld.
Aber die Mittelknappheit ist uns beiden bekannt. Wir wissen, wie schwer es ist, zusätzliches Geld zu mobilisieren. Gerade deswegen, Herr Egloff, sage ich: Schauen wir nicht auf den Input, sondern achten wir auf den Output,
schauen wir nicht darauf, wie viel Geld eingesetzt wird. Wir sollten nicht glauben, wenn wir mehr Geld einsetzen, dass damit auch mehr Effekt erzielt werde, sondern wir sollten uns bemühen, die zur Verfügung stehenden Mittel möglichst effizient einzusetzen. In diesem Sinne, Herr Egloff, werden wir neue Vorschläge unterbreiten, wie wir insgesamt zu einer Verbesserung der Existenzgründungsförderung kommen.