Protocol of the Session on June 26, 2002

Dass es in dieser Behörde überhaupt möglich war, in diese Richtung zu denken, ist ein weiterer Fehltritt der schon lange andauernden Fehltritte in dieser Behörde. Ich kann nur hoffen und wünschen, dass Sie endlich wahr machen, was Sie eigentlich wollen, nämlich Kostenfreiheit für die Kindertagesangebote. Dann wird es bei uns vielleicht noch etwas mit der Geburtenrate und der Frauenerwerbsquote und vielleicht auch das nächste Mal mit der PISA-Untersuchung. Aber, wenn es in dieser Behörde noch allzu lange so weitergeht wie bisher, sehe ich derzeit keine Chance. – Danke.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Schließt sich der Abgeordnete Dr. Schinnenburg dem Beispiel der Kollegen aus der Regierungsfraktion an? – Nein, er besteht auf seinem Wort und bekommt es selbstverständlich.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Lappe! Zum Glück gab es einen Regierungswechsel. In der neuen Regierung ist Denken erlaubt und nicht verboten, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Es ist auch erlaubt, über vielleicht problematische Forderungen nachzudenken.

Sie werden es gemerkt haben, Ihre Helfershelfer in der Behörde haben Sie schlicht und ergreifend falsch informiert. Es gibt hierzu noch gar keinen Beschluss und Sie wollten eine Phantomdebatte haben. Sie bekommen jetzt eine reale Debatte. Wir wollen nämlich einmal nachschauen, wie denn Ihre Kita-Politik war. Die war ein schlichtes Desaster.

Sie haben einen Mangel von Kita-Plätzen hinterlassen, mindestens 10 000. Sie haben die Kita-Mitarbeiter und die Eltern frustriert. Sie haben ewig lange am Kita-Card-System gearbeitet, Sie haben sich nur mit den Spitzenverbänden unterhalten und Sie haben einen Investitions- und Veränderungsstau herbeigeführt. Das ist das Ergebnis Ihrer Kita-Politik, meine Damen und Herren.

(Vereinzelter Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Sie sind ferner verantwortlich für die höchsten Elternbeiträge in allen vergleichbaren Großstädten. Ich habe das für Sie einmal in Euro umgerechnet. Was in Hamburg 380 Euro kostet, kostet in München gerade einmal 100 Euro für die Eltern, in Frankfurt sind es 140, in Nordrhein-Westfalen 250. Das sind die wahren Zahlen. Wenn es uns gelingt, das nur ein bisschen zu verbessern, ist es ein Erfolg, und Sie sollten nicht versuchen, den von vornherein schlecht zu reden.

Was Sie bei Kita-Elternbeiträgen gemacht haben, ist unsozial. Es ist übrigens auch antiemanzipatorisch. Ich will Ihnen erklären, warum das so ist. Ich kenne sehr viele Frauen, die kleine Kinder haben. Sie haben zwar einen Kita-Platz, gehen aber nur deshalb nicht arbeiten, weil sie das für 50 oder 100 Euro Differenz netto machen müssten. Alles andere müssten sie aufgrund der von Ihnen festgelegten Elternbeiträge abliefern.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Vor zwei Jahren haben Sie 16 Millionen DM aus dem KitaBereich herausgezogen; das haben Sie vielleicht vergessen.

Übrigens, meine Damen und Herren, das scheint nicht nur ein Problem der Hamburger SPD zu sein. Schauen Sie einmal auf die Bundesebene. Die Bundes-SPD hat beschlossen, die steuerliche Absetzbarkeit von erwerbsbedingten Kinderbetreuungskosten abzuschaffen. Das ist auch antiemanzipatorisch und auch unsozial.

Schließlich und endlich: Der Etat des Familienministeriums in Berlin ist um 200 Millionen Euro gesenkt worden. Das ist Ihre Familienpolitik und die wollen wir nicht mehr machen.

(Vereinzelter Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Ganz anders der neue Senat. Ich gebe zu, wir sind teilweise noch in der Planungsphase, aber es gibt schon Ergebnisse. Sie haben jahrelang Elternbeiträge erhöht und Zuschüsse gesenkt. Wir haben sie trotz der Haushaltslage schon für 2002 um immerhin 700 000 Euro erhöht. Wir haben nicht nur mit Spitzenverbänden gesprochen. Wir haben vor einer Woche über 1000 Kita-Mitarbeiter eingeladen, von denen ungefähr 400 kamen. Wir stellen uns der Diskussion mit der Basis und durften dann die Kritik für Ihre Nicht-Diskussion aushalten.

Wir haben uns in der Koalitionsvereinbarung zum Ziel der Beitragsfreiheit bekannt und wir haben auch schon konkrete erste Maßnahmen benannt: Nichtberücksichtigung des Kindergeldes und der Eigenheimzulage.

Sie sagen immer, man sollte die Beiträge hoch halten, aber dafür mehr Plätze schaffen. Was nützen uns denn viele Plätze, wenn sie gerade Frauen aus unteren und mittleren Einkommensschichten gar nicht nutzen können, weil sie die Elternbeiträge nicht bezahlen können. Wir müssen beides machen. Wir müssen mehr Plätze schaffen und die Beiträge senken. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Böwer.

(Dr. Verena Lappe GAL)

A C

B D

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Dr. Dr. Schinnenburg,

(Dr. Wieland Schinnenburg FDP: Falsch!)

Sie bezeichnen Behördenmitarbeiter als Helfershelfer. Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen. Es waren diese Behördenmitarbeiter, die bei Ihrer Fraktionsveranstaltung Protokoll führen mussten. Es ist eine seltsame Art und Weise, in diesem Zusammenhang von Helfershelfer zu reden.

(Beifall bei der SPD)

In der Arbeitsgruppe „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ wurde der Amtsleiter des Amtes für Kinderbetreuung gefragt, ob er Auskunft geben könnte. Die Antwort war: Nein, er sei hier, um das Protokoll zu führen.

(Heiterkeit bei der GAL)

Uns interessiert in dieser Frage auch, welche anderen Mitarbeiter des Amtes für Kinderbetreuung ebenfalls an Ihrer gut besuchten Veranstaltung teilgenommen haben.

Herr Senator Lange, Sie sprachen von einer Karawane. Ich nenne das Ganze einen Konvoi und Sie schwimmen hinterher.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD und der GAL)

Ihnen ist es gelungen, das Chaos-Prinzip, das bisher nur für den Schulbereich galt, spielend, locker und unverantwortlich auch auf den Vorschulbereich zu übertragen.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Ich habe immer gedacht, bei einer gewissen militärischen Vorausbildung und auch bei der Amtsbezeichnung KAdM gibt es eine Tugend wie Wahrhaftigkeit und Mut. Sie haben sich im Senat mit Ihrer Idee offensichtlich nicht durchsetzen können, denn die Senatsdrucksache, die für die Beratungen am Montag und gestern vorgegeben war, ist in Ihrem Auftrage in die Behördenabstimmung gegeben worden. Dann hat Ihr Finanzsenator Ihnen nicht die 1,7 Millionen Euro gegeben. Dass man verliert, ist okay, aber hinzugehen und zu sagen, Sie hätten gar nicht gekämpft, ist unwahrhaftig.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Es ist interessant, Herr Dr. Dr. Schinnenburg, wenn Sie sagen, wir befinden uns noch im Bereich der Planung. Der Haushalt 2003, über den wir reden, ist Ihr Halbzeithaushalt, nicht mehr und nicht weniger, und Sie laufen Gefahr, vorher ausgewechselt zu werden, Herr Senator.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Wir nehmen Sie beim Wort. Im FDP-Programm heißt es, Sie wollen die kostenlose Bereitstellung von Krippenplätzen, Hortplätzen und Kindergartenplätzen auch im Sechsund Achtstundenbereich. Davon haben Sie nichts erreicht. Am 25. Januar gab es jene legendäre Sitzung des Haushaltsausschusses. Dort berichtete Herr Senator Lange, langfristiges Ziel des Senats sei der Verzicht auf Elternbeiträge für die Betreuung in Kindergärten und es sei feste Absicht der Behörde für Bildung und Sport, dieses Vorhaben innerhalb der 17. Legislaturperiode umzusetzen. Zur Halbzeit sollten Sie zumindest einen Anschlusstreffer gesetzt haben.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Nichts von alledem. Im Gegenteil. Egal wie man dazu steht, wir Sozialdemokraten haben zusammen mit unserem Koa

litionspartner GAL andere Prioritäten gesetzt. Wir haben gesagt, wir bauen Plätze aus, halten den Standard und wenn dann etwas übrig bleibt, gehen wir an die Elternbeiträge.

(Burkhardt Müller-Sönksen FDP: Haben Sie Angst, was wir in 2005 machen?)

Sie machen gar nichts. Gucken Sie in Ihre Haushaltszahlen. Wir reden nachher noch einmal über Sprachförderung. Es ist spannend, sich auch in diesem Bereich die nackten Zahlen anzugucken. Sie bauen nicht aus, sondern erhöhen die Elternbeiträge, wenn Sie sich in dem Bereich die Zahlen von 2003 angucken. Die Nettohaushaltseinkommen der Familien steigen aufgrund der Steuerreform und das kassieren Sie an dieser Stelle ab.

Was wollen Sie eigentlich? Gutscheinsystem? Wann? Ich habe gehört, Sie wollen am 2. Juli unterzeichnen. Die jugendpolitischen Sprecher der von Ihnen getragenen Fraktion sagen, sie wollen nicht unterzeichnen. Sie sind im Augenblick dabei, einen zweiten Bereich, der in Ihrer Verantwortung liegt, kaputtzumachen, nicht nur kaputtzusparen, sondern auch kaputtzudiskutieren und kaputtzudelegieren. Auf der einen Seite kann man Herrn Finanzsenator Peiner dankbar sein, dass er Ihnen die 1,7 Millionen Euro verweigert – über die fachliche Frage ist schon geredet worden –, aber es sollte Ihnen zu denken geben, dass Sie keines Ihrer Wahlversprechen eingehalten haben, weder den Ausbau noch die Senkung der Elternbeiträge. – Danke.

(Anhaltender Beifall bei der SPD und der GAL)

Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Dann ist die Aktuelle Stunde beendet.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 2a auf: Drucksache 17/1044, Wahl eines stellvertretenden Mitglieds für den Ausschuss zur Wahl der ehrenamtlichen Richterinnen und Richter beim Hamburgischen Oberverwaltungsgericht.

[Unterrichtung durch die Präsidentin der Bürgerschaft: Wahl eines stellvertretenden Mitglieds für den Ausschuss zur Wahl der ehrenamtlichen Richterinnen und Richter beim Hamburgischen Oberverwaltungsgericht – Drucksache 17/1044 –]

Der Stimmzettel liegt Ihnen vor. Er enthält je ein Feld für Zustimmung, Ablehnung und Enthaltung. Sie dürfen nur ein Kreuz machen. Weitere Eintragungen und Bemerkungen führen zur Ungültigkeit. Bitte nehmen Sie nunmehr Ihre Wahlentscheidung vor.