Protocol of the Session on May 30, 2002

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der CDU)

Die weit über dem Durchschnitt liegenden Zahlen der Klassenwiederholungen in sozial benachteiligten Stadtteilen, deren Bildung Sie in den letzten 40 Jahren zugelassen haben, ist eindeutig ein Indiz dafür, dass dort wenig oder falsche Dinge für die Migrantenkinder getan wurden. Hier werden nur langfristige Maßnahmen greifen und mit denen werden wir uns jetzt beschäftigen. Wir haben Herrn Professor Dr. Reich beauftragt, eine Prüfung für diese Kinder zu erarbeiten und auch Fördermaßnahmen zu erarbeiten, und wir werden mit sehr kurzfristigen Maßnahmen noch in diesem Jahr beginnen, direkt etwas dafür zu tun. Sie müssen sich noch ein paar Tage gedulden, dann werden wir dieses vorbringen.

Ein wichtiger Aspekt neben der Förderung ist und bleibt einfach die Forderung, das heißt, das grundsätzliche Element der Nichtversetzung wird Bestandteil unserer Schulpolitik bleiben, da es pädagogisch Sinn macht. Keine Statistik wird Ihnen jemals sagen, welche Schüler nach dem ersten Halbjahr nach schlechten Noten oder nach Verwarnungen in den Zeugnissen sich angestrengt haben und nicht sitzen geblieben sind, denn es sind oft Druckmittel nötig, um etwas Besseres zu erreichen. So viel Ehrlichkeit sollten Sie auch haben, das zu erkennen. Es ist sicherlich auch bei Ihnen schon einmal in den Schulen vorgekommen, dass sich Schüler dann angestrengt haben.

(Dirk Nockemann Partei Rechtsstaatlicher Offen- sive: Herr Grund wird sich auch bald anstrengen müssen!)

Der generelle Verzicht auf das Sitzenbleiben würde eine zentrale Anreizkomponente aus dem Lernverhalten einzelner Schüler herausnehmen und es würde noch eine höhere Zahl an Schülern geben, die ausgebildet werden und dann für die Lehrzeit ungeeignet sind.

(Wilfried Buss SPD: Gerade Schweden zeigt, dass es auch anders geht!)

Außerdem gibt es in Hamburg gar nicht rigorose Klassenwiederholungen, das wissen Sie selbst. Es gibt die Möglichkeit der Nachprüfung, die immerhin von durchschnittlich 150 Schülern im Jahr wahrgenommen wird. Diese Kinder bleiben dann nicht sitzen und werden, wenn sie geeignet sind, wieder integriert.

Mit uns wird es keine Abschaffung des Sitzenbleibens geben;

(Wilfried Buss SPD: Traurig!)

diese Idee ist genauso realitätsfern wie eine Schule ohne Noten, was Sie sich vorstellen.

(Wilfried Buss SPD: Aber andere Länder machen es!)

Schule – hören Sie einmal zu – darf kein absoluter Schonraum vor dem Leistungsdruck der Gesellschaft sein, dem sich jeder Einzelne im Alltag stellen muss.

(Katrin Freund Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

(Luisa Fiedler SPD: In der DDR wurde gar nicht wiederholt!)

Zum Thema Ganztagsschulen: Wir haben drei Ganztagsschulen in unserem Wahlprogramm versprochen und es wird pro Jahr drei neue Ganztagsschulen geben. Sie waren mit Ihren Ideen sehr weit davon entfernt und wir werden es umsetzen. Hier zeigt sich erneut, dass Hamburg richtig gewählt hat.

(Beifall bei der CDU)

Bisher haben sich 17 Schulen für die Umwandlung beworben. Maßgeblich für die Auswahl werden soziale Kriterien sein, denn Ganztagsschulen – das ist auch der Grund dafür – haben für Kinder wie Eltern eine soziale Aufgabe. Sie sollen gerade in sozial schwachen Stadtteilen Kindern ein Mittagessen und eine sinnvoll betreute Gestaltung des Nachmittags ermöglichen.

Die Alleinerziehenden und Geringverdienenden, deren Konzentration in bestimmten Stadtteilen Sie in 44 Jahren Regierungszeit zugelassen haben, können sich besser auf eine ganztägige Beschäftigung einlassen. Außerdem bieten Ganztagsschulen in einem pädagogisch sonst anreizarmen Umfeld die Möglichkeit, Kinder gezielt zu fördern. Wir werden für diese Kinder die Förderung des vorschulischen Bereichs noch vor die Ganztagsschulen ziehen. Die Umsetzung dieses sozialen Anspruches ist uns sehr wichtig. Deswegen darf sie auch nicht verzögert, sondern sie muss weiter stark gefördert werden.

Bisher gibt es keine verlässlichen Zahlen darüber, wie stark diese Form überhaupt angenommen wird. Im Moment steigen die Zahlen, aber wie viele – ob flächendeckend oder nicht – gebraucht werden, werden wir später – wenn alle Schulen besetzt sind – in den Statistiken sehen. Wenn der Bedarf noch größer ist, dann werden wir auch darauf reagieren.

Meinen letzten Beitrag zu den Bildungsplänen werde ich zugunsten der restlichen Redner etwas kürzen, denn darüber haben wir gestern schon gesprochen. Es wurde ausführlich besprochen, dass es diese nicht mehr jährlich, sondern vierteljährlich geben wird. – Vielen Dank.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP)

Das Wort bekommt die Abgeordnete Goetsch.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Vor einer Woche konnten wir in der „Süddeutschen Zeitung“ lesen – ich zitiere –:

„Ein Konteradmiral, der sich selbst versenkt.“

Dieser Senator scheint so unter Druck zu stehen, dass er seine eigene Behörde und die eigenen Spitzenbeamten angreift, ohne dass sie sich verteidigen können. Wir müssen hier nicht nur von einem Skandal oder einer Ungeheuerlichkeit reden, sondern – wie es Herr Dr. Maier richtig sagte – von einer öffentlichen Hinrichtung.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Es gibt geordnete Verfahren in einer Demokratie und einer Bürokratie, wie mit Beamten umzugehen oder auch gegen sie vorzugehen ist, aber Sie können die Beamten nicht für Ihre chaotische Führung und Ihren Dilettantismus verantwortlich machen. Letztendlich sind Sie feige, Herr Senator!

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Bildungs- und Schulpolitik ist für Hamburg durch die Verhandlungen des Bildungssenators in Jesteburg und auch durch die so genannten Nachverhandlungen an die Wand gefahren worden.

(Norbert Frühauf Partei Rechtsstaatlicher Offen- sive: Sie tragen dazu bei!)

Es gibt eine schwere Hypothek von Ankündigungen, aber es ist weiterhin vollkommen unklar, wie sie praktisch in den Schulen aussehen sollen. Da wir hier die Beantwortung unserer diversen Fragen nicht erhalten haben, wird deutlich, wie unfähig dieser Senator ist: Der Lehrerstellenbestand wird in einer Kleinen Anfrage vom 13. Mai anders beantwortet als am 17. Mai vom Staatsrat im „Hamburger Abendblatt“.

Die Verunsicherung aller Beteiligten – den Eltern, Schülern und Lehrerinnen – ist so groß wie noch nie in der schulpolitischen Geschichte der letzten 25 Jahre.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Wir erleben ein Niveau, eine Planlosigkeit und Konzeptlosigkeit, die eigentlich nicht mehr zu toppen ist.

Es fällt besonders schwer, hierzu eine politische Auseinandersetzung zu führen; mit warmer Luft ist das ganz schön kompliziert.

(Dirk Nockemann Partei Rechtsstaatlicher Offen- sive: Sie haben doch nur gemauschelt damals!)

Ich habe schon vom nicht vorhandenen Demokratieverständnis gesprochen. Die Schulpolitik ist seit Antritt der neuen Regierung auch zusätzlich von handwerklichen Fehlern geprägt. Ich will nicht alle aufführen, denn das haben wir schon wochenlang getan. Sie ist geprägt von Versprechungen, einem anschließenden Zurückrudern, vom Durchdirigieren der Handelskammer, von Entscheidungen, die weder pädagogisch, konzeptionell noch haushaltstechnisch durchdacht sind, und sie ist vor allen Dingen geprägt von Entscheidungen gegen die Schülerinnen in unserer Stadt.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Abgesehen davon, ist jede Motivation in kurzer Zeit auf den Nullpunkt gesunken. Sie haben viel kaputtgemacht.

(Anja Hajduk GAL: Sie ist auf den Gefrierpunkt ge- bracht worden!)

Ich fordere den Ersten Bürgermeister dieser Stadt auf: Schmeißen Sie diesen Senator raus! Er schadet der Demokratie und dem Parlamentarismus.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Woestmeyer.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren!

(Anja Hajduk GAL: Suchen Sie mal einen neuen Senator in Ihrer Partei, Herr Woestmeyer!)

Ich habe nur darauf gewartet, dass Sie – bevor ich anfange zu reden – schon wissen, mit welchen Zwischenfragen und Bemerkungen Sie Eingang ins Protokoll finden möchten. Ich muss Sie leider enttäuschen.

(Katrin Freund Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

(Krista Sager GAL: Machen Sie es besser, dann werden Sie Senator!)

Sie wissen, dass es mir immer großes Vergnügen macht, in engagierten Debatten die Bildungspolitik des Senators mit dem heute auch vernommenen Leitsatz der Wahrheit und der Klarheit vorzutragen.