Um dem Vorwurf wirtschaftlicher Interessen oder eines Verdachts des Missbrauchs vorzubeugen, wird diese Privatinitiative sicherlich unseren Vorschlag unterstützen, wenn Hilfeleistung von der Stadt, den Krankenhäusern mit geburtshilflicher Einrichtung und den Jugendämtern so transparent wie möglich gestaltet wird. Nicht zuletzt hat aber die Privatinitiative mit dazu beigetragen, dass der Notstand aufgezeigt wurde. Zeitgleich zu unserem Antrag hat die Bundesregierung mit Unterstützung aller Parteien einen Gesetzesentwurf erarbeitet, der voraussichtlich am 1. August 2002 in Kraft treten wird. Hier werden das Personenstandsgesetz und das Bürgerliche Gesetzbuch insoweit novelliert, dass die Legalisierung erreicht wird. Eine Achtwochenfrist erlaubt der Mutter einen Meinungswechsel.
In dem Gesetzentwurf vermisst die Regierungskoalition allerdings die Indikation als Voraussetzung zur Ermöglichung der anonymen Geburt, die wie beim Paragraphen 218 durch Beratungsstellen eine Abtreibung innerhalb der Zwölfwochenfrist erst ermöglicht. Die Bürgerkoalition möchte Hilfestellung durch Beratung, denn Entscheidungen, die der Mensch heute trifft, bestimmen die Zukunft, zum Wohl des Kindes und der Mutter. Da die Regierung in Berlin unserer Meinung ist, bitten wir auch die Opposition um Zustimmung und vor allem auch unsere männlichen Kollegen. Denn wo es eine Mutter und ein Baby gibt, war in der Regel auch immer ein Mann beteiligt. Ich danke Ihnen.
(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP – Barbara Duden SPD: Was heißt in der Regel?)
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Kasdepke, die ersten drei Sätze Ihrer Antragsbegründung waren ja in Ordnung. Wir haben hier schon häufig darüber debattiert, dass geholfen werden muss und dass auch der Staat alles dazu tun muss, damit Müttern, die unter großem seelischen Druck stehen, geholfen wird.
Denn aus Ihrem Antragstext geht eindeutig hervor – ich habe mir dazu auch noch mal Ihre Kleine Anfrage 17/477 durchgelesen –, dass Sie, wie es scheint, um alles in der Welt vermeiden möchten, dass diese Babyklappen bestehen bleiben
Ich will nicht sagen, dass man dieses Angebot erweitern sollte und dass der Staat vielleicht nicht noch mehr tun könnte. Wie Sie aber auch bemerkt haben – das ist auch
richtig –, liegen die wesentlichen Hinderungsgründe, damit sich das Ganze nicht in einer Grauzone abwickelt, beim Bundesgesetzgeber, und wie Sie ebenfalls bemerkt haben, ist dieser dabei, diese Lücken zu schließen.
Ich habe große Zweifel daran, dass, wenn man von staatlicher Seite anfängt, ein Parallelangebot aufzubauen, dieses von den betroffenen Frauen angenommen wird, so wie die Babyklappe. Sie haben zuletzt Ausführungen zur Begründung hierfür vorgetragen, die so klangen, als ob Sie davon ausgehen, dass die Entscheidung für eine anonyme Geburt eine länger geplante und rational begründete Entscheidung sei. Das ist in der Regel nicht der Fall.
Ich meine deshalb, dass es dringend erforderlich ist, dass wir diesen Antrag im Ausschuss besprechen, und zwar in all seinen Intentionen. Denn ich finde es auch nicht in Ordnung, dass Sie in dem Antrag allein dreimal die seriöse Handhabung von privaten Interessen und Mündelinteressen anzweifeln und sagen, dass staatliche Stellen besser kontrollieren können und dass es eine Vermischung mit privaten Interessen geben könnte. Das alles ist auch mir zu Ohren gekommen, wie Sie sich vielleicht vorstellen können, aber es ist durch nichts bewiesen. Zur Klärung wäre eine Ausschusssitzung außerordentlich nützlich. Im Übrigen möchte ich Ihnen sagen, dass ich das größte Vertrauen in Frau Senatorin Schnieber-Jastram habe, dass sie sich dieses Themas sehr genau annimmt, und zwar hinsichtlich der rechtlichen Seite und da insbesondere durch den Zuwendungsbescheid. Darin steht einiges, das man vielleicht auch noch verbessern kann, auch bezüglich der Aufsicht der Jugendämter. Diese Handhabung ist nach wie vor möglich und ist auch in der Vergangenheit erfolgt.
Ich meine, dass Sie in dem Tenor, mit dem Sie die Sache hier angesprochen haben – ich fand die Bemerkung über Verklappung übrigens außerordentlich daneben –,
Ich denke, dass die Fragen, die sich hier stellen, im Ausschuss bestens aufgehoben sind. Dort sollten wir sie klären. Ich wäre sehr dankbar, wenn wir dazu die Chance bekämen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Kiausch, wir sind uns darüber im Klaren, dass alle Wege gegangen werden müssen, um menschliches Leben zu erhalten, egal auf welchen Ideen das beruht, und ich denke, da gibt es auch gar keine Kontroversen.
Bei aller Betroffenheit und emotionaler Bewegtheit kann ich dem aber nicht ganz folgen und frage mich, wie es mit dem Selbstverständnis junger Frauen in unserer heutigen Zeit aussieht, in Zeiten von Pille, Abtreibungsrecht und einer Fülle von Hilfsmaßnahmen und wo eine Schwangerschaft wirklich nicht mehr geächtet ist; das gehört, glaube ich der Vergangenheit an.
Kann man da nicht eigentlich erwarten, dass eine moderne Frau ihr Baby in einem Krankenhaus zur Welt bringt, und
ist es nicht zumutbar, dann den Weg durch die Behörden und Instanzen zu gehen und einem Adoptionsverfahren zuzustimmen?
Das ist schon richtig, aber die Aufklärung, Herr Böwer, muss doch so weit sein, dass ich weiß, auch wenn ich verzweifelt bin, dass es eine Möglichkeit gibt, mein Kind zur Welt zu bringen und es zur Adoption freizugeben. Das sage ich aus einem ganz bestimmten Grund – Sie können selbst dazu noch etwas sagen, aber lassen Sie mich das eben zu Ende führen, ich habe nicht so viel Zeit, darauf einzugehen.
Wird eine Mutter, die in der Schwangerschaft schon keinen Bezug zum Kind entwickelt hat, dann zu einer Babyklappe gehen und es dort abliefern? Wird sie nicht eher den Weg in eine Institution gehen, von der sie weiß, dass diese traditionell mit dem Kinderkriegen verbunden ist?
Deswegen liegen meine Sympathien für eine Babyklappe derart eher im Krankenhaus als in einem privaten Bereich. Wir haben dort mehr Transparenz und sicher auch die medizinische Versorgung. Vielleicht besteht auch die Möglichkeit, dem Kind eine Identität zu geben, denn etwas sollten wir dabei bitte nicht vergessen – und das ist etwas, was immer ein wenig außer Acht gelassen wird –, die menschlichen und die rechtlichen Folgen einer solchen anonymen Geburt. Wie gehen solche Menschen damit um, dass sie keine Wurzeln haben?
Wir haben dazu wenig Unterlagen, denn bei uns ist es auch noch nicht so verbreitet, aber wenn wir einmal über unsere Grenzen hinweg nach Frankreich gucken, sehen wir, dass es dort schon seit der Besatzungszeit das Recht auf eine anonyme Geburt gibt, seit über 60 Jahren. Ausgerechnet jetzt sind es die Interessenverbände der Anonymgeborenen, die darauf hinarbeiten, dass dieses Gesetz abgeschafft wird. Es muss uns doch zu denken geben, warum sie das machen. Das heißt, wir müssen eigentlich das Adoptionsrecht und damit den Frauen den Rücken stärken und sagen, dass es keine Schande ist, ein Kind zur Adoption freizugeben. Wir müssen es enttabuisieren und sagen: Du bist eine verantwortungsbewusste Mutter, wenn du der Adoption zustimmst. Ich befürworte auf der einen Seite die Etablierung der Babyklappe im Krankenhaus und andererseits aber auch eine Verstärkung der Adoptionswilligkeit unter den jungen Frauen. Daran sollten wir arbeiten.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Koop, es gibt leider sehr extreme Ausnahmesituationen. Es gibt Situationen, die wir uns gar nicht vorstellen können.
Es gibt extreme Notlagen und psychische Ausnahmesituationen bei Frauen, die dazu führen, dass sie beispielsweise ihre Schwangerschaft bis zum Zeitpunkt der Wehen
völlig verdrängen; das gibt es. Warum auch immer, aber das gibt es und da kommen sehr viele Probleme zusammen. Die Babyklappen gibt es, damit diese Kinder nicht im Müll landen. So ist es.
Es sind tatsächlich extreme Ausnahmesituationen, in denen es darum geht, das Leben zu retten. Das sind Frauen, die das nicht planen können. Es ist nicht so, dass Frauen deshalb nicht adäquat mit ihrer Schwangerschaft umgehen können, weil es die Babyklappen gibt, in die man das Kind hineinschmeißen kann. So ist es nicht. Es ist ein Angebot, das nötig wurde, weil wir die schrecklichen Einzelfälle hatten; zum Glück Einzelfälle. Der Verein „Sternipark“ hat das große Verdienst, dass er es aufgegriffen und dieses Angebot eingerichtet hat.
Eine ganz andere Frage ist – dazu fordere ich auch die Senatorin auf, weil einiges ins Gerede gekommen ist –, dass diesem Verein auf die Finger geguckt werden muss,
dafür haben wir das Zuwendungsrecht, und das tut die Behörde hoffentlich. Der Verein bekommt Zuwendungen und dann haben wir als Abgeordnete auch das Recht zu fragen, was damit geschieht. Wir schaffen aber Probleme nicht einfach aus der Welt, indem wir keine Angebote mehr zur ersten Hilfe geben.