Protocol of the Session on March 27, 2002

In diesen Fragen ist die politische Mehrheit entscheidend, was sie will.

Ein besonderer Punkt ist das Thema Zuwendung. Der Rechnungshof berichtet von erheblichen Qualitätsverbesserungen. Sie haben Recht, denn das haben wir immer wieder im Rechnungsprüfungsausschuss beanstandet. Hierin haben wir den Rechnungshof unterstützt und den Senat oder die Behörden gedrängt. Es ist viel erreicht, aber noch nicht alles. Hier gibt es noch massive Verstöße gegen das Zuwendungsrecht und seine Handhabung.

Was sind – das klingt immer etwas merkwürdig in anderen Debatten an – denn Zuwendungen? Zuwendungen sind etwas anderes, als es Kritiker vielleicht suggerieren. Sie sind keinesfalls Gefälligkeiten oder Geschenke für irgendwelche gesellschaftlichen Gruppen oder Organisationen.

(Hartmut Engels CDU: Nein, natürlich nicht!)

Eine Zuwendung ist – oder sollte es sein – in erster Linie ein gesetzlich klar geregeltes Finanzierungsinstrument für Aufgaben, die die Stadt nicht selbst ausführt, sondern von

anderen ausüben lässt. Sie ist Ausdruck der Anerkennung und Förderung der Vielfalt des gesellschaftlichen Lebens. Der Verzicht auf den Anspruch, dass der Staat alle Aufgaben selbst wahrnehmen muss, und die Einsicht, dass Freie Träger häufig besser in der Lage sind, bestimmte Probleme zu lösen, weil sie der Gesellschaft näher stehen, müsste doch auch bei Ihnen als Ziel nicht ganz unbekannt sein.

(Dirk Nockemann Partei Rechtsstaatlicher Offen- sive: Aber es gibt Verwendungsnachweise und die müssen geprüft werden!)

Es ist doch auch nicht zuletzt die Einsicht, dass die Kirchen, Vereine und Verbände durch das bürgerschaftliche und unentgeltliche Engagement manches auch preiswerter machen, als wenn wir dieses in eigene Hände nehmen würden.

Der Staat beauftragt also Träger – Vereine, Verbände, Bürgervereine –, damit sie bestimmte Aufgaben wahrnehmen, weil er es für sinnvoll hält, er gesetzlich verpflichtet ist – wie zum Beispiel im Bereich der Jugendhilfe – oder weil er das Engagement im ehrenamtlichen Bereich stärken und daraus preisliche Vorteile ziehen will.

Es gibt aber auch berechtigte Kritik. Der Rechnungshof hat die wesentlichen Punkte aufgeführt: Prüfung von Verwendungsnachweisen, Förderrichtlinien, Qualifizierung der Mitarbeiter, die Zuwendungen wurden nicht konkret formuliert, mangelhafte Erfolgskontrollen. Das ist in Teilen, aber nicht generell richtig. Unsere Aufgaben setzen dort ein, wo dies nicht richtig ausgeführt wird.

Ich komme zum Fazit. Trotz der Einführung von Leistungsbeschreibungen und des Berichtswesens ist noch einiges verbesserungsbedürftig. Hier ist es die Aufgabe des Rechnungsprüfungsausschusses und der Bürgerschaft, entsprechende Vorschläge zu machen und auf die Einhaltung von Vorgaben zu drängen. Die Diskussion und die Bewertung des angekündigten Zuwendungsberichtes sollte auch in diesem Sinne genutzt werden.

Hier ist also noch etwas zu tun. Es müssen Erfolge erzielt werden, damit Geld effektiver eingesetzt wird. In diesem Sinne hoffe ich auf ein gemeinsames und erfolgreiches Vorgehen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort hat der Abgeordnete Frühauf.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Kahlbohm hat darauf hingewiesen, dass im Controlling offensichtlich Lücken bestehen,

(Ingo Egloff SPD: Wie bei jeder großen Firma auch!)

wie es bei jeder großen Firma der Fall sein könnte. Er nennt die Stadt Hamburg ein „Unternehmen Hamburg“. So wie hier, wenn man dem Rechnungshof glauben kann – und das tue ich –, das Unternehmen Hamburg kontrolliert und das Controlling durchgeführt wurde, wäre wohl jedes Unternehmen längst pleite.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP – Barbara Ahrons CDU: Richtig!)

Ich danke zunächst dem Rechnungshof für den ausführlichen Bericht. Darin steckt sorgfältige Arbeit, Akribie und genaues Hinsehen. Er ist umfangreich und er soll umfang

(Holger Kahlbohm SPD)

reich bleiben, wenn es darum geht, das Controlling in dieser Stadt Stück für Stück immer weiter zu verbessern.

(Uwe Grund SPD: Wissen Sie, was schön ist? – Es wird wieder einen Bericht geben!)

Er ist traditionell rot, aber vielleicht soll der rote Einband gerade darauf hinweisen, dass hier rote Zahlen gemacht werden, die nicht hätten gemacht werden sollen. Es wird Steuerverschwendung aufgezeigt. Sie werden kaum umhinkönnen zuzugeben, Herr Grund, dass hier Steuerverschwendung aufgezeigt wurde. Wenn Sie dann hier verkünden, es sei alles im Bereich des Normalen, man habe sich in irgendeiner Weise bemüht, kann ich nur sagen, gehen Sie einmal auf den Balkon vom Rathaus, erzählen Sie das den Bürgern vor der Tür. Haben Sie den Mut und erzählen Sie das Ihren Kindern, wie Sie hier mit dem Kapital der Bürger umgegangen sind, das Sie anders hätten besser einsetzen können.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP – Uwe Grund SPD: Passen Sie auf; ich lese Ihnen Ihre Rede nächstes Jahr wieder vor!)

Sie müssen ein bisschen lauter rufen. Hier vorne kommt das nur als Brabbelbrabbel herüber. Aber vielleicht ist es das auch nur inhaltlich.

(Uwe Grund SPD: Passen Sie auf; ich lese Ihnen Ihre Rede nächstes Jahr wieder vor!)

Dieser Rechnungshofsbericht ist vielleicht keine Schlussbilanz, er ist vielleicht auch kein Abschlussbericht, denn was hier an Steuerverschwendung vermutet wird, dürfte das, was sich im Bericht findet, weit übersteigen.

Der Rechnungshof hat vor allen Dingen massive Verstöße gegen das Zuwendungsrecht gerügt. Das steht im Widerspruch zu dem, was Sie, Herr Kollege Kahlbohm, gesagt haben. Danach waren es nur normale Fehler der Verwaltung. Ich sehe allein in der Wortwahl einen erheblichen Widerspruch. Zuwendungen sollen großzügig und ohne die vorgeschriebenen Prüfungen verteilt worden sein. Das kann doch im Bereich der üblichen Fehlerquote nicht normal sein. Beim Altonaer Bürgertreff beispielsweise soll tatsächlich das Geld verschwendet worden sein. Man fragt sich vor allem deshalb warum, weil das doch schon seit Jahren gerügt wurde. Wenn ich mich schlau mache und durch Presseverlautbarungen auf eine Spur komme, stelle ich fest, dass der Geschäftsführer der ehemalige SPDFraktionschef Horst Emmel gewesen sein soll.

(Stephan Müller Partei Rechtsstaatlicher Offensive: Hört, hört!)

Wenn man Pressemeldungen glauben darf, dann soll er auch noch ein ungerechtfertigt hohes Gehalt bezogen haben.

(Dirk Nockemann Partei Rechtsstaatlicher Offen- sive: Von Genossen für Genossen!)

Oder, um hier nur zwei Dinge anzuführen: Wie kann es angehen, dass bei der Altonaer Arbeitsförderungsgesellschaft – AFG – die Zahl der Geförderten um 12 Prozent abnimmt und auf der anderen Seite das Personal um 83 Prozent aufgestockt wird? Ich bitte hier um Erklärungen, denn sonst muss man das als gewollt ansehen.

(Dirk Nockemann Partei Rechtsstaatlicher Offen- sive: Das könnte man da sagen!)

An anderer Stelle verzichtet das Bezirksamt Altona allein in einem Fall auf die Rückforderung von 16 000 Euro

zweckwidrig verwendeter Mittel. Wo bleibt das Controlling? Warum, müssen Sie sich fragen lassen, ist das so hingenommen worden? Wenn ich meine Kinder hierüber informieren würde, würden die sagen, was macht ihr eigentlich mit den Steuergeldern, die ihr für die Verbesserung der Kindergärten, für die Anschaffung von Spielmaterial, von Buntstiften, von Fußbällen, Klettergerüsten und so weiter verwenden sollt? Es handelt sich nämlich auch um geringe Beträge, die in vielen Kindertageseinrichtungen fehlen. Wie soll ich da erklären, das Geld haben wir – wie Sie sagen, im Wege üblicher Fehler – flattern lassen? Das ist nicht zu erklären, meine Damen und Herren. Hier erwarten wir vom neuen Senat – Sie sicher auch – ein effektiveres Controlling, dass solche Schlampereien wie in der Vergangenheit nicht mehr vorkommen.

(Uwe Grund SPD: Genau, das ist gut! – Jan Ehlers SPD: Das gucken wir uns genau an!)

Die Steuergelder werden zurzeit noch knapper. Umso wichtiger ist es, dass man es nicht wie Sie damals, meine Damen und Herren von der Opposition, bei Versprechungen belässt. Natürlich haben Sie versprochen, die Kontrollen zu verbessern. Natürlich haben Sie gesagt, man wolle künftig die Verwendung der Mittel besser und effizienter gestalten. Aber ein Zitat des Rechnungshofs macht mich in dieser Frage stutzig:

„Die im Rahmen der aktuellen Untersuchungen festgestellten Mängel decken sich im Wesentlichen mit bereits in der Vergangenheit gewonnenen Prüfungserkenntnissen.“

In der Tat sind Ihnen viele der jetzt erhobenen Beanstandungen jahrelang immer wieder vorgehalten worden und außer Versprechungen ist nichts geschehen,

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP)

nicht einmal in den konkret beschriebenen Fällen. Nun wollen wir nicht verschweigen, dass sich hier und da Mühe gegeben wurde, weil wir auf der anderen Seite sehen mussten, dass Geschäftsführer auch wieder ehemalige SPD-Genossen sind oder solche, die es noch sind. Da wundert es denn auch nicht, dass ein Stück Filz wahrscheinlich Grundlage mangelnden Controllings ist.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP – Jan Ehlers SPD: Huch, Sie sprechen von Filz!)

Das ist in der Tat der wirkliche Filz. Wir sagen das, was Sie wahrscheinlich auch jahrelang gefordert haben: Wir müssen wirksamere Kontrollen einführen. Dies ist die Empfehlung des Rechnungshofs. Wir nehmen sie erstmals an. Es muss durch die Einführung eines Zuwendungsberichts, den der alte Senat jahrelang verweigert hat, Transparenz hergestellt werden. Was mit öffentlichen Mitteln gefördert wird, wie und wer diese Förderung erhält, muss öffentlich sein, das muss erkennbar sein, sonst ist das auch nicht kontrollierbar. Vom Parlament ist es ebenfalls nur dann zu kontrollieren, wenn man weiß, wer, mit welchen Mitteln, wo gefördert wird.

Die Zuwendungszwecke müssen künftig klarer definiert werden. Wie soll man kontrollieren, ob Mittel zweckgemäß verwendet wurden, wenn man nicht weiß, wofür der Träger oder Veranstalter diese Mittel bekommen hat.

Wenn Sie den Rechnungshofsbericht lesen, werden Sie aber feststellen, dass es sich hier nicht um Fehler handelt, wie sie immer wieder vorkommen, sondern um Fehler im

(Norbert Frühauf Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

A C

B D

System. Diese Kontrolle hat nicht in ausreichendem Maße stattgefunden und wir werden alles tun, damit dies künftig stattfindet. Dies bedarf dann allerdings Änderungen im Vorgehen. Dies bedarf auch Leistungsvereinbarungen, die mit den Zuwendungsempfängern getroffen werden. Es bedarf Handlungsleitlinien

(Anja Hajduk GAL: Das ist doch Quatsch!)

und es bedarf, wie der Rechnungshof gesagt hat, auch vermehrter Schulung für die Verantwortlichen in den Behörden.