Wir erleben im Bereich der Zuwendungen, wie äußerst brisant es ist, wenn eine Regierung – auch unter FDP-Beteiligung – über die Verwendung freiwilliger Leistungen des Staates an Freie Träger frei entscheiden kann. Die FDP setzt darauf, mit Zuwendungen grundsätzlich sehr sparsam umzugehen. Deswegen wollen wir das auch noch weiter erörtern.
Es werden zwar ohne ein so genanntes Benchmarking – also eine Kontrolle von dem, was Sie als Ziel vorgeben, und dem, was Sie später einmal kontrollieren, ob die Voraussetzungen für die Zuwendungen auch erfüllt wurden – ohne Frage notwendige oder dem Allgemeinwohl nützliche Dienste geleistet, aber diese Leistungen müssen miteinander vergleichbar sein.
Bitte folgen Sie dem Antrag auf Überweisung, damit die Ausschüsse sich darüber Gedanken machen, wie der Opferschutz mit der Stärkung der vorhandenen Infrastruktur und vielleicht mit weniger staatlicher Unterstützung verwirklicht werden kann. – Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive Erster Vizepräsident Berndt Röder: Das Wort bekommt die Abgeordnete Brinkmann. Petra Brinkmann SPD: Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe mich noch einmal gemeldet, weil ich ei- nige inhaltliche Argumente unseres Antrages darstellen möchte und warum er uns sehr wichtig ist. Vorab möchte ich allerdings auf einige Redebeiträge meiner Kolleginnen und Kollegen eingehen. Frau Spethmann, die Frage, warum wir erst jetzt einen Fi- nanzierungsantrag stellen, sollte nicht ich als Nichtjuristin, sondern sollten Sie als Juristin besser wissen, denn es ist erst seit wenigen Jahren möglich, dass Geld aus der Ge- winnabschöpfung zurückfließt, sodass man daraus finan- zieren kann. Das ist schließlich die Grundlage für unsere Stiftung. (Manfred Mahr GAL)
Ganz nebenbei: Ihre Platte mit dem Titel: Warum jetzt und nicht in den letzten 44 Jahren? hat einen Sprung. Die können wir ablegen, das reicht.
Frau Spethmann, Sie brauchen sich gar nicht so lange zu entschuldigen, dass Sie den Antrag nicht annehmen. Es ist bedauerlich und schade, aber wir haben es letztendlich auch nicht erwartet. Es ist gut, wenn wir gemeinsam im Ausschuss an der Sache arbeiten und dort am Thema dranbleiben.
Noch zu einigen Punkten von Herrn Müller-Sönksen. Sie haben die ganze Sache überhaupt nicht verstanden.
Es handelt sich – Sie nennen den Weißen Ring – bei der Stiftung nicht um einen Träger. Wir haben in unserer Stadt viele kompetente Träger, die diese Arbeit ehrenamtlich leisten. Denen fehlt das Geld. Das und wie man das organisiert, sind die springenden Punkte, die mit der Trägerschaft nichts zu tun haben.
Der Staat ist in dieser Frage überhaupt nicht gefragt. Wenn Sie in unserem Antrag nachlesen, wie sich die Stiftung zusammensetzt, dann ist der Staat am allerwenigsten vertreten.
Mit Zuwendungen hat das nichts zu tun. Lesen Sie einmal nach, was eine Zuwendung ist, dann können wir uns im Ausschuss darüber unterhalten.
Nun möchte ich noch einige Argumente zur Sache sagen. Heute stehen Opfer von Straftaten mehr im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses. Die Aufmerksamkeit von Politik und Medien gegenüber den Opfern ist gewachsen. Das neue Gewaltschutzgesetz des Bundes ist Ausdruck dieser veränderten Wahrnehmungsweise, es stärkt die rechtliche Position von Opfern häuslicher Gewalt.
Gesetzesinitiativen wie diese oder wie die vom Bundesrat aufgegriffene Hamburger Initiative zur Stärkung der Verletztenrechte sind Ausdruck eines neuen, breiten gesellschaftlichen Konsenses, der den Schutz und die Hilfe für Opfer von Straftaten stärkt.
Trotz aller bisherigen Anstrengungen hat der gesetzliche Opferschutz Lücken, die es zu schließen gilt. Gewalttaten verursachen häufig hohe Sach- oder Vermögensschäden, für die keine Versicherung aufkommen will. Der Täter kann häufig nicht belangt werden oder erweist sich als zahlungsunfähig. Selbst wenn es zu einer Verurteilung kommt, ist dem Opfer damit finanziell meistens nicht geholfen, denn der Täter, der eine Zeitstrafe absitzt, kann erst recht nicht zahlen. Über Schmerzensgeld brauchen wir uns gar nicht erst zu unterhalten. Diese Lücken im Opferschutz könnten wir heute – die Bürgerschaft und der Hamburger Senat – durch die Gründung einer solchen Stiftung schließen.
Nicht alles, was wünschenswert ist, kann vom Staat geleistet werden. Eine solche Opferstiftung könnte ein geeignetes Mittel sein, um die große Bereitschaft der Hamburgerinnen und Hamburger einzubringen, sich gesellschaftlich zu engagieren. Diejenigen, denen es möglich ist, könnten spenden.
Mit Hilfe einer Opferstiftung könnten auch Hamburger Hilfsorganisationen wie unter anderem der Weiße Ring unterstützt und finanziell besser ausgestattet werden.
Es könnten Wege gefunden werden, um beispielsweise Verbrechensopfer in aktuellen Notlagen schnell und unbürokratisch materiell zu unterstützen. Mit Hilfe einer Stiftung wäre es möglich, Kriseninterventionen und Sozialarbeiter zu finanzieren, die die Opfer häuslicher Gewalt aufsuchen, die häufig traumatisiert sind und diese Angebote dringend benötigen.
Welche konkrete Bedeutung dieses für Hilfeeinrichtungen hat, will ich am Beispiel der HIGAG – Hamburger Initiative gegen Aggressivität und Gewalt – aufzeigen. Ich wäre froh, wenn die Herren dort hinten auch zuhören würden, denn ich bin sicher, dass viele von Ihnen diese Einrichtung gar nicht kennen.
Bei dieser Einrichtung geht es um Folgendes: Die Untersuchung verletzter Opfer von Gewalttaten muss nach Vorstellung durch die Polizei die Rechtsmedizin ausführen, damit das rechtsmedizinische Gutachten Beweismittel im Strafverfahren werden kann.
Es gibt aber gerade im Bereich der sexuellen Misshandlung – besonders in fraglichen Fällen von Kindesmisshandlungen – immer wieder die Situation, dass die Polizei zunächst nicht eingeschaltet werden soll. Dennoch ist das Festhalten der verursachten Schäden für eine eventuelle spätere Anzeige unbedingt notwendig. Für diese niedrigschwellige Arbeit hat sich ein Verein am Rechtsmedizinischen Institut gegründet, deren ärztliche Mitglieder diese Untersuchungen ehrenamtlich durchführen.
Der Verein HIGAG bietet allen Hamburger Bürgerinnen und Bürgern zu jeder Zeit – auch Samstagnacht und Sonntagnacht – und an jedem Ort in Hamburg eine fachkompetente körperliche Untersuchung und Spurensicherung nach erlittener Verletzung an.
Herr Präsident! Ich möchte Sie bitten, die Herren in den hinteren Reihen aufzufordern, mir zuzuhören. Es geht hier um ein sehr ernst zu nehmendes Thema.
Wenn Sie mich auffordern, müssen Sie mir auch die Gelegenheit geben, dass ich die Herren bitte, ihre Zwiegespräche einzustellen oder nach draußen zu verlagern.
Petra Brinkmann (fortfahrend): Herr Schira, als sozialpolitischer Sprecher könnte es Sie in der nächsten Zeit vielleicht noch interessieren. Wenn ich Sie vielleicht bitten darf!
Der Verein HIGAG bietet allen Hamburger Bürgern zu jeder Zeit – auch Samstag- und Sonntagnacht – und an jedem Ort in der Hansestadt eine fachkompetente körperliche Untersuchung und Spurensicherung nach erlittener Verletzung an. Da es sich um ein niedrigschwelliges Angebot unterhalb der Ebene der Polizei handelt, kommen auch keine Kostenträger für die Finanzierung auf.
Dieses Angebot wird durch privates und ehrenamtliches Engagement der Vereinsmitglieder und die Inanspruchnahme des rechtsmedizinischen Bereitschaftsdienstes am Institut für Rechtsmedizin aufrechterhalten. Die SPD-Fraktion schätzt die Arbeit des Vereins sehr hoch ein. Wir haben uns die letzten zwei Jahre – so lange besteht der Verein – immer wieder um eine Finanzierungsmöglichkeit bemüht; bisher leider ohne Erfolg. In dieser Stiftung für Opfer von Straftaten sehen wir eine Chance, unter anderem solche sinnvollen Hilfen zu finanzieren.
Mit diesem Beispiel wollte ich Ihnen noch einmal darstellen, welche Chance wir in Hamburg mit der Gründung einer solchen Stiftung haben.
Ich bitte Sie, dem Antrag zuzustimmen. Aber Sie haben ja schon deutlich gemacht, dass sie diesen überweisen wollen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Brinkmann, Sie haben in Ihren Ausführungen häufig das Wort „könnte“ genannt. Das zeigt, wie viele Unwägbarkeiten und Unsicherheiten Ihre Idee hat.
Wir wollen kein Zeichen gegen, sondern gerade ein besonders gutes Zeichen für die Opfer setzen. Insoweit werden wir weiterhin an den Überweisungen in die Ausschüsse festhalten.