Protocol of the Session on March 27, 2002

und der sagt, er habe gestern mit dem Schneider telefoniert. So würde ich jedenfalls Ihre Anfrage deuten, die übrigens keine Kleine Anfrage war, sondern offensichtlich eine private, denn wenn ich als Abgeordneter an eine Behörde schreibe, erhalte ich von dort auch nicht einfach so eine Antwort.

(Michael Neumann SPD: Sie nicht; dann machen Sie etwas falsch!)

Sie haben eine private Anfrage gestellt, die uns jedenfalls bisher nicht bekannt gegeben wurde. Machen Sie es mal.

(Manfred Mahr GAL: Da müssen Sie noch viel lernen!)

Ein Kleidungsstück gab es aber doch, nämlich den Deckmantel der Koalitionstreue. Herr Mahr, ich kann Ihren Unmut verstehen, erst in der Koalition sein und nichts sagen dürfen und jetzt in der Opposition sein und nichts zu sagen haben.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Aber es geht auch anders. Frau Pauly wird für uns später noch zum Rechnungshofsbericht sprechen. Hier sind noch mehr unglaubliche Dinge passiert. Hier allein von Ignoranz und fehlender Sensibilität im Umgang mit Steuergeldern zu sprechen und es dann hinsichtlich der Verantwortung auf eine Verwaltungsebene herunterzugeben,

(Michael Neumann SPD: Das war doch Herr Woestmeyer!)

ist untertrieben und auch etwas zu einfach. Das wurde hier auch gesagt.

(Manfred Mahr GAL: Bin ich dafür auch verant- wortlich?)

Ich möchte noch eine Anmerkung zu einem Vorschlag der Hamburger FDP machen, den wir in Kürze einbringen werden. Hier ist schon wieder ein Auftrag vergeben worden, ohne dass eine Ausschreibung stattgefunden hat. Damit soll Schluss sein. Das fordern viele und es wäre auch nichts Neues, wenn wir nicht wollten, dass auf jedes eingehende Angebot eine Kontrollkopie beim Rechnungshof hinterlegt werden soll, sodass auch nachträgliche oder sonstige Manipulationen und überhaupt keine Ausschreibung mehr in dieser Stadt stattfinden kann.

Wir haben zu verhindern, dass sich Ansätze von Korruption und Filz in der Stadt bilden,

(Michael Neumann SPD: Vetternwirtschaft!)

und dieses wollen wir mit einem ganzen Maßnahmenkatalog umsetzen. Wir sind angetreten, um dieses alles zurückzudrängen, und damit machen wir nun auch erfolgreich weiter. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Das Wort erhält Senator Dr. Kusch.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zunächst, Herr Mahr, ein ganz persönliches und herzliches Kompliment an Sie. Sie haben die Akte in der Justizbehörde – das ist unbestritten – zur Außensicherungsanlage der Anstalt IX durch Ihre Anfrage wesentlich bereichert, nämlich um einige Blatt Papier. Für diesen Aufklärungsbeitrag möchte ich Ihnen persönlich danken, denn das, was Sie in dem Schreiben gefragt haben,

(Werner Dobritz SPD: Sie sind arrogant! – Uwe Grund SPD: Sie sind stillos! – Anja Hajduk GAL: Sagen Sie mal, was Ihrem Amt entspricht! Sagen Sie mal was zur Sache; stillos; aber das kennen wir ja von Ihnen!)

war eine Hilfe für die Justizbehörde, die sich mit dieser Frage in der Weise zu beschäftigen hat, wie es Sie die letzten Jahre beschäftigt hat.

Interessant ist aber der Vorwurf von Herrn Klooß, ich hätte hier in den letzten Tagen etwas inszeniert und der Öffentlichkeit in Hamburg in irgendeiner Form Fakten geboten, mit denen ich bestimmte politische Ziele verfolge. Ihr Vorwurf war, Herr Klooß, dass ich mich nach alter Tradition mehr für das Strafrecht als für das Zivilrecht interessiere und deshalb dunkle Andeutungen darüber gemacht habe, was vielleicht strafbar oder disziplinarrechtlich relevant sein könnte. Ich gebe zu, dass ich, nachdem ich den Bericht der Innenrevision gelesen habe, diesen unverzüglich der Staatsanwaltschaft weitergeleitet habe.

Die Staatsanwaltschaft hat daraufhin ein Vorermittlungsverfahren eingeleitet und ich kann Ihnen hier mitteilen, dass Ihr Vorwurf der Inszenierung möglicherweise noch einmal überdacht werden sollte, denn seit gestern gibt es ein förmliches strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen zwei Personen, eine Person im Amt, eine Person außerhalb des Amtes. Gegen die Person im Amt wird wegen Untreue ermittelt, gegen die Person außerhalb des Amtes wegen

A C

B D

Betruges. Weitere Details kann ich hier zur Wahrung des Ermittlungsgeheimnisses, das der erfolgreichen Aufklärung dient, nicht nennen. Sie werden mir hoffentlich nicht unterstellen, dass die Staatsanwaltschaft in irgendeiner Weise von mir zu Inszenierungen angehalten wird, wenn es um ernste strafprozessuale Maßnahmen geht, die jetzt eingeleitet worden sind. Mehr Gedanken kann ich mir zu der strafrechtlichen und disziplinarrechtlichen Seite im Moment nicht machen und schon gar nicht veröffentlichen.

Ich habe mir in den letzten Tagen die Frage gestellt, wie dieses für mich unerträgliche Maß an Schlamperei passieren konnte. Mir drängt sich nach den vielen Beobachtungen, die ich in der neuen Funktion machen konnte, die politische Antwort auf, dass der Hauptgrund darin besteht, dass sich die Sozialdemokraten der Freien und Hansestadt Hamburg seit Jahrzehnten überhaupt nicht für den Strafvollzug interessieren. Ihr Desinteresse ist der Boden, auf dem diese Schlamperei passieren konnte.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP – Uwe Grund SPD: Das ist eine Unverschämtheit, Herr Senator!)

Solange nicht ein Mörder über die Mauer der Anstalt „Santa Fu“ stolpert und in die Freiheit kommt, kümmern Sie sich um nichts, was hinter den Strafvollzugsmauern passiert,

(Dr. Dorothee Freudenberg GAL: Das ist überhaupt nicht wahr!)

denn es gibt abenteuerliche Zustände, die Ihnen bekannt sind und bekannt waren, und bis heute kümmern Sie sich nicht darum, weil Sie bisher dachten, daraus kein politisches Kapital schlagen zu können.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP – Uwe Grund SPD: Lauter politische Ferkeleien sind das!)

Ich habe heute meine Erkenntnisse über die politischen Sinneswandlungen der Sozialdemokraten etwas aufgefrischt, indem ich ins Internet geschaut habe und ein sehr umfangreiches Produkt mit der Autorenschaft von Herrn Neumann nicht nur gelesen, sondern auch ausgedruckt habe. Herr Neumann, es war für mich schon interessant, CDU-, Schill- und FDP-Positionen in der SPD-Internetseite aufrufen zu können. Das hat mich erheblich weitergebracht.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Ich empfehle nur, dass Sie Ihrem Ghostwriter Olaf Scholz die Empfehlung geben, wenn er schon von uns abschreibt, etwas gründlicher abzuschreiben.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Sie nennen Ihr Papier zutreffend „Innere Sicherheit – ein rotes Tuch“.

(Uwe Grund SPD: Ist Ihnen klar, dass Sie Senator sind?)

Dieser Überschriftswahl können, wie ich glaube, hier im Hause alle zustimmen. Sie scheinen die Erkenntnis gewonnen zu haben, dass die Schillpartei, die FDP und die CDU zu Recht die letzte Wahl gewonnen haben, weil sie den Menschen in Hamburg klargemacht haben, dass die Innere Sicherheit in den letzten 44 Jahren unter Ihrer Verantwortung vernachlässigt wurde.

(Uwe Grund SPD: Die CDU hat die größte Schlappe kassiert, die es je gab!)

Sie scheinen aber übersehen zu haben, dass wir den Menschen in Hamburg klargemacht haben, dass es für uns vier gleichberechtigte und gleichrangige Faktoren der Inneren Sicherheit gibt: Polizei, Staatsanwaltschaft, Strafgerichte und Strafvollzug. Wir haben den Menschen gesagt, dass wir alle vier Bereiche in gleicher Weise seriös politisch betreuen, unterstützen und ausrüsten, damit sie ihrer Arbeit sinnvoll nachkommen können.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Ich habe in diesem Papier von Ihnen, Herr Neumann, das Wort Strafvollzug nicht einmal gefunden. Das Desinteresse der SPD am Strafvollzug dauert bis zum heutigen Tage. Deshalb ist es für die Sicherheit der Stadt sehr gut, dass Sie in der Opposition sind.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP – Uwe Grund SPD: Sie sind nicht Wahlkämpfer, sondern Senator, vielleicht merken Sie sich das mal! – Anja Hajduk GAL: Ein schlechter Senator!)

Das Wort bekommt die Abgeordnete Kiausch.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nach meiner Rechtsauffassung, die wohl allgemein gültig ist,

(Lachen bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

hat jeder Beschuldigte das Recht auf Verteidigung, auch hier im Parlament. Normalerweise nimmt der Senat gegenüber der Bürgerschaft bei Aufdeckung oder vermuteten Missständen in der Verwaltung diese Verteidigungsposition ein. Das geht im Moment wegen der veränderten Konstellation wohl nicht.

(Carsten Lüdemann CDU: Das wäre ja noch schö- ner!)

Deshalb meine ich schon, dass bei aller Einsicht, dass hier ein Tatbestand vorliegt, den wir nicht gutheißen können und der restlos aufgeklärt werden muss, auch ein paar andere Sachen zu Buche schlagen könnten.

Erstens: Bei Herrn Müller-Sönksen und auch bei Herrn Senator Dr. Kusch wurden sehr harsche Töne angeschlagen, doch hat nach heutigem Erkenntnisstand keine persönliche Bereicherung für irgendjemanden stattgefunden;

(Dirk Nockemann Partei Rechtsstaatlicher Offen- sive: Nach heutigem Erkenntnisstand!)

das muss man ja mal festhalten. Ein Vorsatz in Bezug auf den augenblicklichen Sachstand ist auch nicht festzustellen.