Protocol of the Session on May 30, 2001

Das ist wirklich ein Erfolg gegenüber vielen anderen, die viel zu lange strukturkonservativ verharrt haben.

Im Bereich der Beschäftigungspolitik erscheint mir im Hinblick auf den Arbeitsmarkt ein Sachverhalt wichtig. Dort heißt es:

„Was die Fähigkeit des Hamburger Arbeitsmarkts angeht, sich auf veränderten Anpassungslasten eines modernen Dienstleistungszentrums einzustellen, so lassen sich für Hamburg zwei Instrumente erkennen, die auf eine große Flexibilität hindeuten. Zum einen hat die Hansestadt einen extrem hohen Anteil an Teilzeitbeschäftigten vorzuweisen, und zum anderen entwickelt sich die Frauen-Beschäftigungsquote in die richtige Richtung.“

Darüber hinaus – wir haben hier schon einmal Zu- und Abwanderungsdebatten geführt – ist deutlich geworden, daß wir, wenn wir das Umland nicht mit berücksichtigen, bezogen auf die Bundesrepublik Deutschland eine hohe Zuwanderung nach Hamburg haben. Diese Zuwanderung bezieht sich vor allen Dingen auf junge Frauen zwischen 25 und 35 Jahren.

Platz eins zu erreichen ist schwer; Platz eins zu halten ist noch viel schwerer. Nichts ist nicht so gut, als daß wir es nicht noch besser machen könnten, und wir hoffen, dies auch in Zukunft tun zu können. – Danke.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort hat Herr Kruse.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Als ich vor zehn Tagen die Kurzfassung dieser Studie sah, habe ich mich gefreut.

(Beifall bei Dr. Andrea Hilgers SPD)

(Senator Dr. Thomas Mirow)

Ein Hamburger freut sich, wenn Hamburg vorne ist. Das ist gar keine Frage.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Nun habe ich die Langfassung gelesen.

(Dr. Hans-Peter de Lorent GAL: Das hätte ich nicht gemacht!)

Da habe ich als Ökonom Probleme bekommen. Die Studie ist nicht sauber. Herr Bürgermeister, ich finde es schön, daß sie auch im Internet ist. Beunruhigen muß ja nicht, daß wir gut sind – das wissen wir.

(Dr. Martin Schmidt GAL: Wer ist denn jetzt „wir“?)

Dann sehe ich mir aber das Sozialprodukt an und was wir in den Länderfinanzausgleich zahlen müssen. Dies ist die augenblickliche Situation. Spannend ist die Entwicklung, nach der wir – so hieß es vor einiger Zeit im „Focus“ – beim Nachvornmarschieren eher langsamer sind, wir verlieren also unseren Status. Deswegen, verehrter Herr Zuckerer, hätte ich dieses Thema nicht angemeldet. Ich hätte alle Nichthamburger glauben lassen, wir sind so gut, wie Bertelsmann aufgeschrieben hat. Das stimmt aber leider nicht. Sie können das nachlesen. Natürlich haben wir Wahlkampf, und jeder weiß, wie man Ranking macht. Die Bewertungslage ist immer auch subjektive Einschätzung von Wissenschaftlern.

(Antje Möller GAL: Sprechen Sie jetzt doch über die Studie!)

Über die Relation eins zu fünf in bezug auf Kriminalität und Sozialhilfe kann man wirklich streiten. Aber das gefällt mir nicht, Herr Bürgermeister. In dieser Woche hat „Focus“ kein Ranking zur Kriminalität gemacht, sondern einfach abgezählt.

Und bitte keinen Ländervergleich. Wenn wir im Finanzausgleich ehrlich gewinnen wollen – das ist unser gemeinsames Anliegen –, gibt es keinen Ländervergleich, sondern nur einen Vergleich von Großstädten: Vergleichbares mit Vergleichbarem. Insoweit ist dieses Ranking ein bißchen unehrlich. Es schmückt, es ist nett, aber wenn wir uns darüber streiten, machen wir eher einen Fehler gegenüber Dritten. Im übrigen ist Wahlkampf, und Eigenlob stinkt ein bißchen. Lassen Sie es nach.

(Beifall bei der CDU und Oh-Rufe bei der SPD)

Das Wort hat Herr Zuckerer.

Meine Damen und Herren! Wir würden Ihnen sofort recht geben, daß Eigenlob sinkt, aber wir können uns leider nicht der Tatsache erwehren, daß der „Focus“ ein positives Ranking über Hamburg abgegeben hatte, ebenfalls der ADAC, von dem wir es niemals erwartet hätten.

(Beifall bei der SPD)

Daß jetzt sogar völlig unverdächtige konservative Ökonomen – bei einigen würde ich sogar zugeben, daß ich deren Wirtschaftstheorie nicht unbedingt anhänge –

(Beifall bei Norbert Hackbusch REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Hamburg an die Spitze hieven, ist vielleicht nicht das Problem. Es ist auch nicht das Problem, Herr Dr. Salchow, ob wir über Trivialität reden. Wir können das auf einen relativ

schlichten Punkt bringen: Die Freie und Hansestadt steht im ökonomischen Erfolg sehr, sehr weit vorne, und an ihm haben viele Bürger dieser Stadt sowie die Wirtschaft Anteil.

(Rolf Kruse CDU: Und die Steuerzahler!)

Vielleicht können Sie die zentrale Frage beantworten, welchen Anteil die Politik hat. Zu sagen, alles, was in der Stadt gut ist – der ökonomische Erfolg, die Arbeitslosenquote, das Einkommen der Menschen, der Strukturwandel, der Aufbruch in die New Economy –, ist nicht das Verdienst der Politik, weil es Top ist. Politik ist nur, was schlecht ist, und das kann nicht stimmen. Es würde mich wundern, warum Sie im Wahlkampf so sehr um Ihre eigene Mehrheit kämpfen wollen, wenn Politik mit dem Erfolg dieser Stadt eigentlich nichts zu tun hat. Das ist nicht erklärbar.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Wenn der gesamte Erfolg dieser Stadt politikfern ist, dann vermisse ich bei Ihnen die Frage, was wir falsch machen. Ich würde jederzeit eine Debatte mit Ihnen darüber führen, was an unserer Wirtschaftspolitik falsch war, aber Sie kritisieren gar nicht, was daran falsch ist. Das müssen Sie sich sagen lassen, weil Sie in diesem Hause und in dieser Stadt seit vier Jahren jede wirtschafts- und arbeitsmarktpolitische Kompetenz abgegeben haben und gar nicht versuchen, sie zurückzubekommen.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Wir können gern darüber diskutieren, was eine ökonometrische Analyse wert ist, die zwei Dutzend verschiedene Parameter in einem Aktivitätskegel zusammenfaßt. Bayern hat den höchsten Aktivitätskegel, aber ist nicht Spitze. Da muß irgend etwas nicht stimmen. Wir haben einen mittleren bis schlechten, sind aber Spitze. Dann stimmt vielleicht der Parameter bei den Aktivitätspegeln nicht. Darüber könnte man reden. Aber dann, Herr Dr. Salchow, kann man nicht sagen, der Erfolg ist trivial, aber Bayern ist Spitze.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Wenn Sie die Studie kritisieren, können Sie nicht sagen, sie ist vor allem in bezug auf Hamburg methodisch problematisch, aber Bayern und Baden-Württemberg sind Spitze.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Ich bin für eine versachlichende Auseinandersetzung. Alle Rankings haben ihre Probleme. Es geht um Politik, also müssen wir versuchen, den Standort unserer Politik zu lokalisieren. Darüber können wir uns gerne mit Ihnen auseinandersetzen. Aber Sie können nicht sagen, der Erfolg dieser Stadt habe nichts mit Politik zu tun. Das ist Unsinn. Er hat nichts mit der Opposition zu tun. Das ist richtig.

(Anhaltender Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort hat Frau Hajduk.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Kruse, Sie haben gesagt, wir sollten uns mit Blick auf die Verhandlung und die Situation im Länderfinanzausgleich nicht streiten.

(Rolf Kruse CDU: Nein, nein, so habe ich das nicht gesagt!)

Es ist einiges dran, wenn man in dieser Studie die Position Hamburgs ansieht und unsere Ausgangsposition in bezug

(Rolf Kruse CDU)

auf die Wirtschaft und Steuerkraft vor den Ausgleichszahlungen.

Eines vermisse ich aber gerade vor dem Hintergrund dieser Studie. Ich weiß, daß Sie für den Wettbewerb plädieren und einen Steuerwettbewerb in der Region für sinnvoll halten. Wie beurteilen Sie die Ergebnisse dieser Studie, die sich deutlich damit äußert, daß gerade Bremen noch lernen muß, nicht aggressiv mit dem Umland zu konkurrieren? Die Studie sagt, kooperativ Standortvorteile mit Umlandgemeinden zu erarbeiten, sei die richtige Perspektive; das sehe man am Beispiel Hamburgs.

(Rolf Kruse CDU: Das haben wir in vierzehn Tagen!)

Vor dem Hintergrund, daß diese Studie ausführt, der Wettbewerb der größeren Regionen höre nicht an der Grenze auf, möchte ich wissen, warum Sie sich dafür aussprechen, daß damit ein Steuerwettbewerb, wie ihn diese Studie im Kommentar fordert, zu vereinbaren ist. Der Streit um den Länderfinanzausgleich, den wir systembedingt haben, zeigt, daß Hamburg als Stadtstaat gut beraten ist, immer mit Blick über die Grenzen hinaus zu agieren, sehr wohl im eigenen Interesse, aber nicht in einem kleinkariert gedachten Steuerwettbewerb mit Umlandgemeinden. Dazu fehlt mir von Ihnen eine Aussage. Das hat wiederum sehr viel mit der politischen Entscheidung der jeweiligen Regierung zu tun und nicht mit einer Struktur, die man vorfindet, sondern wie wir intelligent und vernünftig mit dem Problem der Suburbanisierung, des Wegzugs sowohl von Menschen als auch von Gewerbe umgehen. Gegenwärtig ist ein Steuerwettbewerb, wie Sie ihn propagieren, ein großer Fehler für die Region. Dann wäre es keine Selbstverständlichkeit, diesen Platz eins, wie man ihn jetzt feststellen kann, zu halten.

(Beifall bei der GAL und der SPD)