niedriges Einstiegsbehalt bekommt, daß sie dicht an der Sozialhilfegrenze liegt. Das ist Realität. Es gibt inzwischen Menschen, die deshalb einen zweiten oder dritten Job suchen; das ist wahr.
Auf der anderen Seite ist es so, daß die Mutmaßungen der Gruppe REGENBOGEN, wir befänden uns in der Situation, daß die Menschen zuhauf zusätzlich ergänzende Sozialhilfe beantragen müssen, durch die Daten der Umfrage nicht belegt werden können. Wir haben keine stark ansteigenden Zahlen im Bereich der ergänzenden Sozialhilfe in der Stadt.
Das sagt noch nichts darüber aus, Frau Sudmann – ich wußte, daß diese Bemerkung von Ihnen kommt –, wie die Lage wirklich ist. Ich bin durchaus bei Ihnen, daß es eine große Grauzone gibt.
Es gibt viele Menschen, die von diesen Möglichkeiten nicht Gebrauch machen. Das trifft bei den älteren Menschen nicht nur aufgrund von Armut, aus Verschämtheit oder aus Unvermögen zu, sondern es war in der Vergangenheit häufig deshalb so, weil sie befürchteten, daß es einen staatlichen Durchgriff auf ihre Kinder und Enkel im Zusammenhang mit den entsprechenden Unterhaltspflichtleistungen geben würde, die sie nun einmal gegenüber ihren in Armut geratenen Eltern haben. Daran werden wir – so ist es vorgesehen – in absehbarer Zeit etwas ändern. Das sieht jedenfalls die strategische Planung hinsichtlich der Rentendebatte vor. Aber zurück zum Thema, denn es geht um Arbeit und nicht um Rente.
Ich muß Herrn Hackbusch eindeutig widersprechen. Es ist nicht Ziel des Bündnisses für Arbeit, einen Niedriglohnsektor zu schaffen, sondern dafür zu sorgen, daß wir vor allem in Dienstleistungsberufen und für einfache Tätigkeiten Menschen in Arbeit bringen. Die Frage lautet: Wie geschieht dies am besten und am intelligentesten? Hier gehen die Meinungen sehr auseinander.
Es gibt Modelle, die mit Lohnkostensubventionen zu tun haben, und Ideen, andere Lösungswege wie etwa die – in entsprechender Form – befristete Übernahme von Sozialversicherungsbeiträgen zu leisten. Wir reden über Dienstleistungsagenturen; dafür gibt es namhafte Beispiele in der Stadt. Wir wissen, Herr Hackbusch, daß zwar viel schlecht bezahlte Arbeit stattfindet, die aber unsere Steuerzahlerstatistiken nie erreichen, weil sie – wie wir wissen – schwarz ausgeübt wird. Sie kann nur deshalb schwarz stattfinden, weil die Menschen lieber 11 DM netto als 13 DM brutto verdienen
und viele andere Unternehmen, die diese Menschen beschäftigen, am Ende zu dem Ergebnis kommen, daß für sie die Rechnung besser ist, wenn diese Menschen für 11 DM netto als für 15 DM brutto arbeiten würden. Das ist die reale Lage.
Es ist die Frage, was dagegen zu tun ist. Als Gewerkschafter fühle ich mich in meiner Aufgabe bestätigt, weil es hier viel zu tun gibt. Für die Betroffenen ist das aber nicht erfreulich. Ich komme damit auf das Thema, auf das es Ihnen besonders angekommen ist.
Auch für mich ist es keine Freude, weder als Sozialdemokrat noch als Gewerkschafter, das zur Kenntnis nehmen zu müssen. Das haben wir schon länger getan, weil uns die wiedergegebenen Fakten bestens bekannt sind. Es ist weder erfreulich noch erstrebenswert, zur Kenntnis nehmen zu müssen – das sage ich ausdrücklich –, daß es in vielen Bereichen des öffentlichen Dienstes notwendig war, in freien Tarifverhandlungen sogar für Menschen, die dort schon arbeiten, die Einkommen zu verschlechtern und für diejenigen, die künftig dort beschäftigt sein werden, häufig schlechtere Bedingungen zu schaffen.
Es stellt sich die Frage nach der Ursache. Sind es die doofen Sozialdemokraten, die – wie die Gruppe REGENBOGEN unterstellt –zu Lasten der armen Bevölkerung sparen wollen?
Vielleicht ist es an der Gruppe REGENBOGEN vorübergegangen – aber hoffentlich nicht am Rest des Hauses –, daß die Zeiten der Staatsmonopole, in der man als Staat alle Aufgaben allein erledigt, längst vorüber sind.
Wenn Sie die Liste der Unternehmen durchgehen – insbesondere im Verkehrsgewerbe, aber auch in anderen Dienstleistungsbereichen –, über die wir reden, dann gibt es beispielsweise bei dem von Ihnen genannten Bereich der Luftfahrt und der Luftfracht der Flughafen AG dafür Hintergründe, die wir nicht beeinflussen können. Unter anderem verfügen wir etwa im Bereich des Nahverkehrs als Staat über diese Monopolstellung überhaupt nicht mehr.
Diese Unternehmen sind inzwischen aufgrund von EURecht in den Wettbewerb gestellt worden. Dies geschieht auf Basis von zwei markanten Grundlagen: Erstens über die gebotene Qualität und zweitens über die Kosten, also die Preise, die für diese Produkte und Dienstleistungen verlangt werden. Das ist normal, das kennen wir von überall.
Die Gewerkschaften und auch der Senat haben in der Vergangenheit im Bereich der Tarife und Löhne in diesen Sektoren Außergewöhnliches geleistet, und zwar mehr, als es in der privaten Wirtschaft der Fall war. Das halte ich – damit wir uns richtig verstehen – für eine Errungenschaft.
Die heutige Realität ist, daß sich etwa die Hamburger Hochbahn oder die Flughafen AG mit ihren dort tätigen Versorgern vor dem Wettbewerb mit Privatunternehmen, die nach EU-Recht irgendwann auf den Markt treten werden, die Frage stellen müssen, ob sie in absehbarer Zeit mit ihren Konkurrenten erfolgreich konkurrieren können oder nicht.
Das kommt bei den Leiterinnen und Leitern dieser Unternehmen, bei den Gewerkschaften, den Personalräten und bei den betroffenen Beschäftigten in der Form an, indem der Druck immer größer wird, weil man Qualitätsverbesserungen erreichen will und trotzdem Kosten sparen muß. Das ist die Realität.
Die Alternative wäre, mit diesen Unternehmen keine Tarifgespräche mehr zu führen, sie aus dem staatlichen Bereich endgültig zu entlassen und vollständig zu privatisieren. Für sie gelten dann keine Tarifverträge, oder sie haben Lohn
bedingungen, die noch deutlich schlechter sind. Diese Lösungen haben in der Vergangenheit weder der Senat noch die in den Unternehmen tätigen Verantwortlichen als akzeptabel empfunden. Von daher ist es richtig und korrekt, daß man nach Lösungen sucht, die sozial verträglich sind.
Ich bin nicht der Überzeugung – das sage ich hier ausdrücklich –, daß dies immer hinreichend gelungen ist. Aber das ist die Realität, die wir vorfinden. Sie müssen über die Alternativen diskutieren, wenn Sie solche Forderungen haben, die Sie vorhin äußerten.
Es kommt uns darauf an, gemeinsam in diesem Feld etwas zu tun. Ich bin der festen Überzeugung, daß wir dazu einen Schritt gehen werden. Ich weiß und bin sicher, daß im Bereich der Sozialhilfe Neuregelungen stattfinden werden. Die Berechnung der Sozialhilfe muß auf andere Beine gestellt werden; das wird passieren.
Wir werden im Bereich der Altersarmut und der Renten etwas tun. Ich hoffe, Frau Senatorin, daß die Grundsicherung wirklich kommt und wir uns hier schrittweise weiter nach vorne bewegen.
Armut durch staatliches Handeln völlig zu beseitigen, wird uns nicht gelingen. Jedenfalls dann nicht, wenn man davon ausgeht, daß Menschen, auch wenn sie Sozialhilfe bekommen, immer noch arm sind. Ich unterstelle, daß das der Fall ist.
Summa summarum, Herr Hackbusch und meine Damen und Herren von der Gruppe REGENBOGEN, hat Ihre Große Anfrage durchaus einen sehr kritischen und wunden Punkt angesprochen. Wir müssen uns – insoweit ist es verdienstvoll – der Frage weiter annehmen, wohin es geht, wenn Menschen hart arbeiten und trotzdem nicht in der Lage sind, ihren Lebensunterhalt vernünftig zu bestreiten. Darum müssen wir uns gemeinsam kümmern. Dann helfen jämmerliche Debatten – das sei am Schluß in Richtung Opposition gesagt – über Lohnabstandsgebote im Zusammenhang mit Sozialhilfe und Tarifeinkommen wirklich nicht weiter. – Schönen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! So jämmerlich sollte es gar nicht werden, Herr Grund. Ich wollte an der Stelle noch einmal ansetzen, an der Herr Hackbusch aufgehört hat.
Wir reden hier über einen großen Prozentsatz von Menschen in Hamburg. Ich habe aus der Antwort der Großen Anfrage entnommen, daß es im Bereich der Altersgruppe von 25 bis 45 Jahren 165 000 Menschen sind. Man rechnet in Hamburg mit einem Anteil von circa 16 Prozent der abhängig erwerbstätigen Menschen, die in diesen Niedriglohngruppen arbeiten. Im Bundesdurchschnitt sind es 10 Prozent. Ich frage mich, wie es eigentlich kommt, daß es in Hamburg 16 Prozent sind.
Mir ist bei den sehr hilfreichen und umfangreichen Antworten die Aussage aufgefallen, die sicherlich für unsere – hoffentlich nicht nur, Herr Grund – zukünftigen Diskussionen sehr nützlich sein könnte, daß auch Menschen, die beispielsweise den Beruf der Arzthelfer, Floristen oder Friseure erlernt haben, in diesen Lohnauflistungen auftauchen, die bei 2500 DM und darunter liegen. Wissen Sie, daß dies überwiegend Frauenberufe sind?
Mich hat, als ich die Behördenstatistiken betrachtete, die Tatsache sehr erschreckt, wie es mit den Geringfügigbeschäftigten in Hamburgs Behörden aussieht. Da wurde mir richtig schlecht.
Beim Bezirksamt Hamburg-Nord steht tatsächlich, daß glücklicherweise die Anzahl der Geringfügigbeschäftigen gesenkt wurde. Das hat doch was. Aber heftig ist, daß die Justizbehörde, BSJB oder die Behörde für Wissenschaft und Forschung gerade diese Beschäftigungsverhältnisse immens herauffahren. Sie wissen doch genau, was für die Menschen mit einem zweiten Beschäftigungsverhältnis in der Lohnsteuerklasse sechs übrigbleibt. Das kann es doch wohl nicht sein.
Nein, das sind nicht nur Studenten. Lesen Sie sich die Antworten einmal genau durch, es sind auch viele andere dabei.
Diese Entwicklung ist sicherlich nicht gut. Wenn der Senat ehrlich sagt, daß er sich darüber keine Gedanken gemacht hat – wie es in der Antwort zu D.6.7 steht –, dann sollten wir intensiv darüber nachdenken, was das für uns bedeutet. Ich glaube, hier besteht Handlungsbedarf.
Diese Menschen, die als Alleinverdiener in einer Familie mit 2500 DM und weniger auskommen müssen, werden natürlich – das muß man auch realistisch sehen – von der Partizipation in vielen Lebensbereichen ausgeschlossen. Da gibt es dann eben keinen Bericht vom Kinobesuch und keinen tollen Urlaub, von dem man erzählen kann.
Man muß dabei wissen, daß Menschen, die so wenig verdienen, sehr wohl Anspruch auf ergänzende Sozialhilfe oder auf Wohngeld haben. Aber von diesen 165 000 Menschen in Hamburg machen 40 Prozent keinen Gebrauch. Bei diesem Punkt müssen wir dringend einhaken. Es ist auch unsere Pflicht, diesen Menschen Wege und Möglichkeiten aufzuzeigen, daß sie Hilfe bekommen können. Das ist wichtig.
Die Hälfte dieser 165 000 erwerbstätigen Menschen leben also faktisch unter dem Niveau der Sozialhilfe. Es sind häufig Familien mit Kindern, wo die Mütter zu Hause bleiben, weil es mit dem Kindertagesheimplatz, den sie vorhin so groß tönend angeboten haben, der in Hamburg so wunderbar zur Verfügung gestellt werde und deren Zahlen in den letzten Jahren so toll angestiegen seien, nämlich nicht klappt und sie sich ihn finanziell nicht leisten können.