Uwe Grund
Appearances
Last Statements
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Name der Kommission ist unaussprechlich, und ich erlaube mir, das sehr undramatisch zu verkürzen, und sage, es handelt sich um die Kommission nach Artikel 3 Grundgesetz.
Diese Kommission hat den Auftrag gehabt, hamburgische Gesetze und Verordnungen daraufhin zu überprüfen, ob sie mit dem Rechts- und Wesensgehalt unserer neuen Verfassungsinstitution zum Thema Benachteiligungsverbot von Behinderten harmonieren.
Diese Kommission, die unter der Leitung von Frau Professor Dr. Rath zwei Jahre tätig war, hat exzellente Arbeit geleistet. 40 Gesetze und Vorschriften wurden minutiös überprüft, und dabei ist man nicht am Wort der Gesetze kleben geblieben, sondern hat – wie man nachvollziehen konnte – im erheblichen Umfange wichtige politische Diskussionen geführt.
Ich möchte als erstes Frau Professor Rath und allen Mitgliedern dieser Kommission, die aus den Behindertenverbänden kommen und in vielen Sitzungen und Arbeitskreisen mitgewirkt und ihren Sachverstand und Kompetenz eingebracht haben, den herzlichen Dank dieses Parlaments erklären.
Dies gilt meiner Ansicht nach natürlich auch für Behördenvertreter und insbesondere für den Senatsbeauftragten für Behindertenfragen, die sich an dieser Arbeit genauso fachkundig beteiligt haben und engagiert zu Werke gegangen sind.
Festzustellen bleibt zunächst einmal, daß es eine übereinstimmende Auffassung aller Arbeitsgruppenteilnehmer gibt, daß die geprüften Gesetze und Verordnungen keine direkt diskriminierenden Regelungen nach Artikel 3 Grundgesetz enthalten. Nun könnte man als Abgeordneter das Buch zuklappen und sagen, na bitte, das war es, erledigt. Da kann ich an dieser Stelle nur sagen: Vorsicht, meine Damen und Herren. So sollte man nicht verfahren, weil auch in dieser schwierigen Frage ein altbekannter Grundsatz gilt, daß es ein Unterschied ist, ob man recht hat oder ob man recht bekommt. Gerade die Mitglieder, die an dieser Kommission mitgearbeitet haben, haben festgestellt, daß einerseits zwar keine diskriminierenden Rechtstatbestände da sind, daß aber in der praktischen Umsetzung dessen, was in den Gesetzen steht, in der Tat Diskriminierung vorkommt. Es gibt vielerlei Barrieren in dieser Stadt. Es gibt Barrieren in Bauten und im Verkehr, es gibt Barrieren in Gesetzen, und es gibt sehr viele Barrieren in Köpfen, und, ich glaube, um die letzteren müssen wir uns vielleicht noch dringender kümmern als um die Barrieren aus Beton und Stahl.
Tatsache ist, daß die Kommission eine Vielzahl von sehr ernst zu nehmenden Empfehlungen abgegeben hat, die sowohl auf Ergänzung der gesetzlichen Bestandteile abzielen als auch auf die praktische Umsetzung. Wir haben deshalb eine wahre Fundgrube für Aufträge an Gestaltung von Behindertenpolitik in der Zukunft und vor allem Aufträge, Diskriminierung im Alltagsleben zu vermeiden. Diskriminierung, meine Damen und Herren, findet nicht nur durch aktives Handeln, sondern zum Teil auch durch Unterlassen und auch durch Ignoranz statt, etwa durch unbedachtes Mitleid oder Bevormundung von Betroffenen. Das scheint mir – jedenfalls in der Aktualität – ein Problem zu sein, unter dem die Behinderten und ihre Angehörigen ganz besonders leiden.
Ich möchte bei dieser Gelegenheit ankündigen, daß wir die Empfehlung dieser Kommission sehr ernst nehmen und sie in unsere politische Arbeit einbauen werden. Ankündigen will ich für die SPD-Fraktion im besonderen, daß wir uns des Themas „Lebenssituation behinderter Mädchen und Frauen“ in der kommenden Legislaturperiode speziell annehmen wollen, weil wir glauben, daß es dort in der Tat einen besonderen Nachholbedarf gibt.
Soweit zu diesem Kommissionsbericht und dem Dank des Parlaments für diese wirklich außergewöhnlich wichtige Arbeit, die dort geleistet worden ist. Wir werden am Ende zu prüfen haben, meine Damen und Herren, was davon von denjenigen, die daran mitgewirkt haben, in der Praxis auch wirklich umgesetzt wird.
Der zweite Teil meiner Rede bezieht sich auf den Antrag von REGENBOGEN, nämlich ein sogenanntes Gleichstel
A C
B D
lungsgesetz in Hamburg mal eben zu beschließen. Das war dann doch die Überraschung, meine Damen und Herren, daß uns zum Ende der Legislaturperiode vor wenigen Tagen ein solcher Gesetzentwurf erreichte und REGENBOGEN anscheinend ernsthaft meint, daß man einen solchen Gesetzentwurf mal eben schnell beschließt. Das wird so nicht passieren. Ich glaube zu wissen, daß auch die ursprünglichen Autoren, die nicht vom REGENBOGEN stammen, wie wir alle wissen, sondern aus dem Kreise der Behindertenverbände kommen, nicht erwartet haben, daß ihr Gesetzentwurf eins zu eins mal eben vom Parlament beschlossen wird, sondern daß es eine wichtige Diskussionsanregung ist. Dafür ist es nun parlamentarisch in der Tat sehr spät. Wir haben heute und morgen die letzte Parlamentssitzung vor der Sommerpause, und danach wird es noch, wie wir wissen, eine Haushaltseinbringung im September geben, und anschließend stehen die Wahlen bevor.
Darüber hinaus, meine Damen und Herren, ist es schon etwas merkwürdig, wenn man weiß – und natürlich weiß REGENBOGEN das, wie alle anderen Fachleute der anderen Fraktionen auch –, daß die Bundesregierung einen weitgehend fertiggestellten und abgestimmten Gesetzentwurf für ein entsprechendes Gesetz auf Bundesebene vorgelegt hat und es zum Teil, wenn ich es richtig sehe, jedenfalls in den Gesetzentwürfen nicht nur Ähnlichkeiten in den grundsätzlichen Fragen, sondern auch wortmäßige Deckungsgleichheit in vielen Passagen gibt. Von daher stellt sich jedenfalls in den allgemeinen Teilen der Gesetze die Frage, ob es sinnvoll ist, diese Gesetze auf Bundesebene und auf Landesebene zu beschließen. Ich will das für uns verneinen. Allerdings ist es materiell so – das ist uns auch bewußt –, daß natürlich in diesem Bundesgesetz viele Fragen behandelt sind, zum Beispiel insbesondere die Frage des Verbandsklagerechtes, wo es Beschränkungen gibt, die sich dann bei Aktivitäten der Verbände auf bundesgesetzliche Regelungen erstrecken würden. Von daher gibt es wahrscheinlich Klärungs- und Nacharbeitsbedarf für entsprechende landesgesetzliche Aktivitäten.
Unser konkreter Vorschlag ist nicht, was vielleicht manch einer erwartet hat, daß wir diesen Antrag in den Ausschuß überweisen. Der Ausschuß wird unter normalen Umständen nicht mehr tagen, weil es dafür keine Terminsetzungen gibt. Darüber hinaus habe ich den Eindruck, wenn mir diese Bemerkung einmal gestattet sei, daß der REGENBOGEN ohnehin kein besonderes Interesse am Sozialausschuß hat. In den letzten zehn Sitzungen hat eine einzige Sitzung stattgefunden, an der der REGENBOGEN überhaupt körperlich vertreten war. Von geistiger Vertretung will ich nicht einmal reden.
Von den zehn Sitzungen haben sich fünf mit Behindertenpolitik befaßt. In den fünf Sitzungen war nun definitiv gar keiner vom REGENBOGEN da. Von daher will ich die Ernsthaftigkeit Ihrer Mitwirkung
in den parlamentarischen Gremien an dieser Stelle einmal deutlich anzweifeln. Von daher ist es nicht sinnvoll, den Antrag jetzt an den Ausschuß zu überweisen, a) weil Sie wahrscheinlich ohnehin nicht kommen würden und b) weil es wahrscheinlich auch keine Sitzung mehr gibt.
Das wäre eine Beerdigung erster Klasse, und das verdient der Inhalt nicht. Deshalb unser konkreter Vorschlag, an
ders zu verfahren. Wir werden nach der Wahl dieses Parlaments wahrscheinlich die Gelegenheit haben, dieses Gesetz schon in seiner Fassung zu sehen. Heute hat Arbeitsminister Riester in den Medien angekündigt, daß der Gesetzentwurf noch im Herbst dieses Jahres das Parlament erreichen soll. Ich schlage vor, daß wir dann sorgfältig prüfen, was an hamburgischem Regelungsbedarf vorhanden ist, und daß wir das dann auch ordentlich parlamentarisch beraten und umsetzen. Deshalb unser Zusatzantrag. Wir bitten um Ihre Zustimmung. – Vielen Dank.
Meine Damen und Herren! Ich möchte meine kurze Anmerkung zu dieser Senatsdrucksache mit deren Schlußsatz beginnen. Dort steht:
„Solidarität, Zuwendung, Verantwortungsgefühl in der Zivilgesellschaft lassen sich weder verordnen noch ,leistungsgerecht vergüten‘.“
Sie kann weder herbeibefohlen werden – ergänze ich –, noch kann die Leistung dafür angemessen vergütet werden. Wir sollten uns diesen Satz bei der Diskussion um das Thema Qualität in der Pflegeversicherung besonders gut einprägen, neigen wir doch alle dazu, im Sinne von Regulierung am Ende auch bei den beteiligten Betroffenen den Glauben zu erwecken, als ob Staat alles richten könne. Staat kann es ganz sicher alleine nicht richten.
Diese Erkenntnis, daß es notwendig ist, wenn wir das Leben der Pflegebedürftigen lebenswert gestalten wollen, in dieser Bürgergesellschaft Engagement für Pflegebedürftige zu mobilisieren, ist einer der entscheidenden Punkte des Senats in seinen Leitlinien zur Verbesserung der Pflegepolitik in dieser Stadt.
Der andere Leitpunkt ist, daß wir gesagt haben, wir müssen die Position der Pflegebedürftigen als Verbraucher und natürlich auch die der Angehörigen verbessern. Das ist deshalb notwendig, weil die Pflegebedürftigen selbst häufig gar nicht in der Lage sind, ihre Verbraucherrechte so wahrzunehmen, wie das eigentlich notwendig wäre.
Ohne Kontrolle durch unabhängige Sachverständige und eigene Anstrengungen der jeweiligen Einrichtungen und ihrer Verbände wird es nicht gehen. Es ist auch klar, daß alle Annahmen, die darauf hinauslaufen, der Markt würde es schon richten, nicht ausreichen, das heißt, dem Markt müßten in diesem speziellen Thema deutlich Regeln gesetzt werden.
Hamburg steht für eine innovative Pflegepolitik im Bereich der Qualitätssicherung.
Das waren die Kernsätze der Leitlinien des Senats für den Bereich der Qualitätssicherung in der Pflege. Ich wollte einige Streifzüge unternehmen, die deutlich machen, daß sich gerade in den letzten Jahren auf unterschiedlichsten Ebenen durch unterschiedlich Verantwortliche und Beteiligte eine Menge getan hat. Wir haben nicht nur das Gesetz über Qualitätssicherung. Dieses Gesetz, das noch in diesem Jahr in Kraft treten soll, folgt im wesentlichen den vorher von mir genannten Leitlinien. Wir haben noch einen weiteren wichtigen Punkt: Das Gesetz über die Berufe in der Altenpflege ist endlich, nach zwanzigjährigen Bemühungen, verabschiedet worden. In Hamburg stehen 1000 Menschen in Ausbildung im Bereich der Altenpflege. Diese beachtenswerte Zahl macht deutlich, welcher beschäftigungspolitische Effekt hinter dem Beruf der Pflege steht.
Die Fachkraftquote – ein Thema, das uns in der Vergangenheit viel beschäftigt hat und viel kritisiert worden ist – wird nicht nur im Bereich der stationären Pflege – also in den Pflegeheimen – eingehalten. Auch im Bereich der ambulanten Pflege ist festzustellen, daß die Zahl der qualifizierten Kräfte deutlich zunimmt und wir auch in der ambulanten Pflege von einer hohen Pflegekompetenz sprechen können.
Dennoch – das will ich nicht verhehlen – ist das Thema ambulante Pflege unbestreitbar das Sorgenkind in dieser Debatte um das Thema Qualität in der Pflege. Wir haben verschiedene Unsicherheiten im Zusammenhang der Wirkung der gesetzlichen Bestimmungen zueinander. Die Qualitätskontrolle muß verbessert werden. Es geht auch darum, die Mitwirkungs- und Beschwerderechte der Betroffenen noch zu verbessern.
Es gibt nachweisbar sehr hohe Anstrengungen und vielfältige Bemühungen der Pflegebetriebe – also der Leistungserbringer –, aber auch von deren Verbänden, sich nicht nur zertifizieren zu lassen und Gütesiegel zu erwerben, sondern sich ausgefeilte Systeme der Qualitätssicherung – etwa nach ISO-Normen – nicht nur vorübergehend an die Brust zu heften, sondern auf Dauer durchzuführen. Der Senat hat in seinem Vergütungssystem für Leistungsanreize gesorgt, die Qualitätsmanagement verbessern helfen.
Das Thema Pflegedokumentation hat sich im Zusammenhang mit dem „Dekubitus-Thema“ als besonders wichtig erwiesen. Das ist Ihnen bekannt. Ich will auf den unveränderten Zielkonflikt eingehen, der im Zusammenhang mit der Pflegedokumentation eine Rolle spielt. Wer Dokumentation wegen Qualität verlangt, muß wissen, daß dies in der Regel bürokratische Belastungen mit sich bringt, auch vor Ort, vor allem aber bei den Pflegebetrieben und bei den Pflegeeinrichtungen.
Ein großes Problem ist unverändert das Thema Transparenz. Es ist natürlich nicht leicht, sich am Markt zu orientieren, vor allem für die Pflegebedürftigen selbst. Häufig müssen diese Entscheidungen von anderen für die Pflegebedürftigen getroffen werden. Um so wichtiger ist es, dafür zu sorgen, daß für alle Beteiligten Transparenz über Qualität in der Pflege und Leistung und natürlich auch über Preise in der Pflege ermöglicht wird. Es ist in der Verbraucher-Zentrale eine spezielle Stelle eingerichtet worden, und das Pflegetelefon von Hamburg wurde in 18 Monaten von 2000 Betroffenen intensiv genutzt. Es dient nicht nur dazu, daß den Beschwerden abgeholfen wird, sondern zugleich als Indikator dafür, welche Probleme in der Pflege vorliegen.
Ich will nicht verhehlen, daß wir unser Augenmerk in der Diskussion immer stark auf die Pflegebetriebe und die Pflegeheime richten und dabei allzuoft vergessen, daß in Wahrheit die Mehrzahl der Pflegebedürftigen gar nicht durch professionelle Pflegedienste oder -heime betreut wird, sondern durch Angehörige. Hier bedarf es weiterer Anstrengungen. Die Angebote für Qualifizierung der Betroffenen müssen verbessert werden, die Kontrollen müssen erhöht werden. Dafür gibt es entsprechende gesetzliche Anstrengungen des Bundesgesetzgebers. Auch Pflichteinsätze von Pflegediensten sind in diesen Fällen vorgesehen. Selbsthilfegruppen-Angebote sollen gestärkt werden, und natürlich ist es notwendig, Ersatz- und Tagespflege zu organisieren.
Hamburg hat mit dem Dekubitus-Programm – der Prophylaxe in diesem Zusammenhang – und mit dem DemenzProgramm bundesweit Schrittmacherdienste geleistet im Blick darauf, daß Pflege für Betroffene nicht nur erleichtert und erträglich gemacht wird, sondern von immer höherer Qualität wird. Das Entscheidende ist dabei ganz oft, daß es immer wieder möglich ist, Pflegevoraussetzungen so zu verbessern, daß Betroffene am Ende von Pflege weniger abhängig werden als zuvor.
Es gibt auf diesem Felde sehr viel zu tun. Ich habe den Eindruck, daß alle Beteiligten – sowohl die Unternehmen, deren Verbände, der Senat, die entsprechenden Einrichtungen der Pflegekassen –, aber auch die Politik das Thema wirklich auf die Hörner genommen und nach vorne getrieben haben. Wir werden dranbleiben, meine Damen und Herren, hier in Hamburg und auch im Bundesgebiet, und wollen gewährleisten, daß wir unseren Auftrag sehr ernst nehmen, in dieser Stadt für die Pflegebedürftigen die beste Pflege zu organisieren, die es überhaupt gibt. – Schönen Dank.
Herr Schira, ich möchte mich zu zwei Themen Ihrer Rede äußern, als erstes zur Aufsicht. Ich stimme Ihnen ausdrücklich zu, daß wir uns das Thema Aufsicht in den Pflegeheimen einmal genauer angucken müssen. Das wird auch geschehen, Sie haben gerade gehört, daß es neue bundesgesetzliche Grundlagen gibt. Trotzdem, Herr Schira, ist es doch fatal, hier den Eindruck zu erwecken, als ob das alles nicht ausreichen und nichts geschehen würde; das ist einfach sachlich nicht richtig. Sachlich richtig ist, daß die Personen auf diesen sechseinhalb Stellen in den vergangenen zwei Jahren immerhin 116 Regelbesuche in Pflegeeinrichtungen gemacht haben. Dazu kommen weitere 465 Einzelbesuche wegen konkret vorliegender Beschwerden und der Mängel oder Nachprüfungen aufgrund vorher festgestellter Mängel. Insgesamt wurden in den vergangenen zwei Jahren also über 600 Überprüfungen vorgenommen. Das ist eine ganze Menge, und dabei ist eine Menge Positives geschehen. Die Wahrscheinlichkeit, daß eine Pflegeeinrichtung in Hamburg damit rechnen kann, ungeprüft über die Runden zu kommen, ist also sehr gering.
Zweiter Punkt: Herr Schira, ich warne davor zu sagen, der Staat müsse alles machen; das ist ein Irrtum. Ihre, die vorletzte Bundesregierung war es, die dafür gesorgt hat, daß diese neuen Gesichtspunkte des Wettbewerbs eingeführt wurden. Die Pflegekassen, vor allem diejenigen, die die Leistungen bezahlen, sind aufgefordert, die Pflegequalität zu prüfen; es gibt einen eigenständigen Prüfauftrag.
Ich glaube nicht, daß es richtig ist, zu sagen, daß der Staat das immer machen soll, sondern wir müssen in einem solchen System, wenn wir es denn ernst nehmen, vor allem darauf achten, daß der Medizinische Dienst der Krankenkassen, der Pflegeeinrichtungen und die Pflegekassen selbst ihren Kontroll- und Prüfauftrag sehr ernst nehmen.
Warum ich mich aber eigentlich gemeldet habe, Herr Schira, das ist ein ganz anderes Thema. Es ist Wahlkampf. Ich weiß es natürlich, man merkt es allerorts, und so haben Sie sich, wie ich finde, zu der Schlußbemerkung verstiegen, daß die vergangenen Jahre für die Pflegebedürftigen
der Stadt verlorene Jahre gewesen sind. Ich buche das unter Wahlkampfgetöse ab, Herr Schira. Ich glaube aber, Sie tun dem Parlament in Wahrheit gar keinen Gefallen. Alle Fraktionen des Ausschusses, auch die Gruppe, hatten meines Wissens das Thema Pflege in den vergangenen vier Jahren zu einem der großen Schwerpunkte gemacht.
Ich kann mich an fast kein Thema erinnern, bei dem wir so einhellig inhaltlich und sachgleich am gleichen Strang gezogen haben. Wenn mich jemand fragt, wo ich denn in den letzten vier Jahren wirklich etwas nach vorne bewegt habe, dann sage ich: Die Diskussion um Pflege und Qualität in der Pflege ist ein Erfolgsthema dieses Parlaments.
Es bricht mir kein Zacken aus der Krone, zu sagen, Herr Schira, ein gemeinsamer Erfolg. Wir haben gemeinsam Sachverständigenanhörungen gemacht, wir haben Anträge gestellt, wir haben den Bundesrat bewegt, wir haben diesen Senat angeschoben, die Parteien haben sich in dieser Frage bewegt, die Pflegeeinrichtungen selbst. Es ist richtig etwas passiert. Herr Schira, wir tun uns doch selber keinen Gefallen, wenn wir sagen, das war vergebliche Arbeit. Es ist einfach nicht die Realität. Überlegen Sie es sich noch einmal und nehmen Sie es zurück.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es gibt die schöne Geschichte von Amerika, wo ein Journalist auf der Straße unterwegs ist und einen fleißig arbeitenden Menschen fragt, ob er nicht gehört habe, daß in den Vereinigten Staaten in den letzten Jahren über drei Millionen neue Arbeitsplätze entstanden seien. Der Mann stutzt zunächst, sagt dann: Jawohl, das ist völlig richtig, drei davon habe allein ich.
Ich glaube, einiges davon ist der Hintergrund dafür gewesen, was die Gruppe REGENBOGEN dazu veranlaßt hat, ihre Anfrage zu stellen. Ich behaupte nicht – Herr Mehlfeldt, weil Sie
kritisch schauen –, daß wir bereits amerikanische Verhältnisse haben. Aber wir haben uns in den letzten Jahren ein Stück in diese Richtung bewegt. Es ist wirklich so, daß viele Menschen in dieser schönen, großen Stadt nicht in der Lage sind, von ihrem durch harte Arbeit erworbenen Einkommen real leben zu können.
Es gibt Tariflöhne, an denen auch meine Gewerkschaft beteiligt ist, die so niedrig sind, daß man davon allein in der Stadt nicht leben kann. Das ist Realität. Viele glauben das nicht und denken immer, alle diese Arbeitnehmer haben überzogene Vorstellungen, völlig überreizte Sozialeinkommen und bewegen sich in Gehaltssituationen, die in vielen Fällen traumhaft seien. Ich will Herrn Hackbusch ausdrücklich recht geben, daß sich dies in der Realität nicht widerspiegelt.
In der Großen Anfrage sind eine Reihe dieser sogenannten Niedriglohnsektoren in Tarifverträgen genannt. Es sind beileibe nicht alle. Ich habe zum Beispiel den Einzelhandel vermißt, Herr Mehlfeldt, wo eine gelernte Verkäuferin nach einer qualifizierten zweijährigen Berufsausbildung ein so
A C
B D
niedriges Einstiegsbehalt bekommt, daß sie dicht an der Sozialhilfegrenze liegt. Das ist Realität. Es gibt inzwischen Menschen, die deshalb einen zweiten oder dritten Job suchen; das ist wahr.
Auf der anderen Seite ist es so, daß die Mutmaßungen der Gruppe REGENBOGEN, wir befänden uns in der Situation, daß die Menschen zuhauf zusätzlich ergänzende Sozialhilfe beantragen müssen, durch die Daten der Umfrage nicht belegt werden können. Wir haben keine stark ansteigenden Zahlen im Bereich der ergänzenden Sozialhilfe in der Stadt.
Das sagt noch nichts darüber aus, Frau Sudmann – ich wußte, daß diese Bemerkung von Ihnen kommt –, wie die Lage wirklich ist. Ich bin durchaus bei Ihnen, daß es eine große Grauzone gibt.
Es gibt viele Menschen, die von diesen Möglichkeiten nicht Gebrauch machen. Das trifft bei den älteren Menschen nicht nur aufgrund von Armut, aus Verschämtheit oder aus Unvermögen zu, sondern es war in der Vergangenheit häufig deshalb so, weil sie befürchteten, daß es einen staatlichen Durchgriff auf ihre Kinder und Enkel im Zusammenhang mit den entsprechenden Unterhaltspflichtleistungen geben würde, die sie nun einmal gegenüber ihren in Armut geratenen Eltern haben. Daran werden wir – so ist es vorgesehen – in absehbarer Zeit etwas ändern. Das sieht jedenfalls die strategische Planung hinsichtlich der Rentendebatte vor. Aber zurück zum Thema, denn es geht um Arbeit und nicht um Rente.
Ich muß Herrn Hackbusch eindeutig widersprechen. Es ist nicht Ziel des Bündnisses für Arbeit, einen Niedriglohnsektor zu schaffen, sondern dafür zu sorgen, daß wir vor allem in Dienstleistungsberufen und für einfache Tätigkeiten Menschen in Arbeit bringen. Die Frage lautet: Wie geschieht dies am besten und am intelligentesten? Hier gehen die Meinungen sehr auseinander.
Es gibt Modelle, die mit Lohnkostensubventionen zu tun haben, und Ideen, andere Lösungswege wie etwa die – in entsprechender Form – befristete Übernahme von Sozialversicherungsbeiträgen zu leisten. Wir reden über Dienstleistungsagenturen; dafür gibt es namhafte Beispiele in der Stadt. Wir wissen, Herr Hackbusch, daß zwar viel schlecht bezahlte Arbeit stattfindet, die aber unsere Steuerzahlerstatistiken nie erreichen, weil sie – wie wir wissen – schwarz ausgeübt wird. Sie kann nur deshalb schwarz stattfinden, weil die Menschen lieber 11 DM netto als 13 DM brutto verdienen
und viele andere Unternehmen, die diese Menschen beschäftigen, am Ende zu dem Ergebnis kommen, daß für sie die Rechnung besser ist, wenn diese Menschen für 11 DM netto als für 15 DM brutto arbeiten würden. Das ist die reale Lage.
Es ist die Frage, was dagegen zu tun ist. Als Gewerkschafter fühle ich mich in meiner Aufgabe bestätigt, weil es hier viel zu tun gibt. Für die Betroffenen ist das aber nicht erfreulich. Ich komme damit auf das Thema, auf das es Ihnen besonders angekommen ist.
Auch für mich ist es keine Freude, weder als Sozialdemokrat noch als Gewerkschafter, das zur Kenntnis nehmen zu müssen. Das haben wir schon länger getan, weil uns die wiedergegebenen Fakten bestens bekannt sind. Es ist weder erfreulich noch erstrebenswert, zur Kenntnis nehmen zu müssen – das sage ich ausdrücklich –, daß es in vielen Bereichen des öffentlichen Dienstes notwendig war, in freien Tarifverhandlungen sogar für Menschen, die dort schon arbeiten, die Einkommen zu verschlechtern und für diejenigen, die künftig dort beschäftigt sein werden, häufig schlechtere Bedingungen zu schaffen.
Es stellt sich die Frage nach der Ursache. Sind es die doofen Sozialdemokraten, die – wie die Gruppe REGENBOGEN unterstellt –zu Lasten der armen Bevölkerung sparen wollen?
Die Realität ist anders. Auf diese möchte ich doch noch einmal Ihren Blick lenken.
Vielleicht ist es an der Gruppe REGENBOGEN vorübergegangen – aber hoffentlich nicht am Rest des Hauses –, daß die Zeiten der Staatsmonopole, in der man als Staat alle Aufgaben allein erledigt, längst vorüber sind.
Wenn Sie die Liste der Unternehmen durchgehen – insbesondere im Verkehrsgewerbe, aber auch in anderen Dienstleistungsbereichen –, über die wir reden, dann gibt es beispielsweise bei dem von Ihnen genannten Bereich der Luftfahrt und der Luftfracht der Flughafen AG dafür Hintergründe, die wir nicht beeinflussen können. Unter anderem verfügen wir etwa im Bereich des Nahverkehrs als Staat über diese Monopolstellung überhaupt nicht mehr.
Diese Unternehmen sind inzwischen aufgrund von EURecht in den Wettbewerb gestellt worden. Dies geschieht auf Basis von zwei markanten Grundlagen: Erstens über die gebotene Qualität und zweitens über die Kosten, also die Preise, die für diese Produkte und Dienstleistungen verlangt werden. Das ist normal, das kennen wir von überall.
Die Gewerkschaften und auch der Senat haben in der Vergangenheit im Bereich der Tarife und Löhne in diesen Sektoren Außergewöhnliches geleistet, und zwar mehr, als es in der privaten Wirtschaft der Fall war. Das halte ich – damit wir uns richtig verstehen – für eine Errungenschaft.
Die heutige Realität ist, daß sich etwa die Hamburger Hochbahn oder die Flughafen AG mit ihren dort tätigen Versorgern vor dem Wettbewerb mit Privatunternehmen, die nach EU-Recht irgendwann auf den Markt treten werden, die Frage stellen müssen, ob sie in absehbarer Zeit mit ihren Konkurrenten erfolgreich konkurrieren können oder nicht.
Das kommt bei den Leiterinnen und Leitern dieser Unternehmen, bei den Gewerkschaften, den Personalräten und bei den betroffenen Beschäftigten in der Form an, indem der Druck immer größer wird, weil man Qualitätsverbesserungen erreichen will und trotzdem Kosten sparen muß. Das ist die Realität.
Die Alternative wäre, mit diesen Unternehmen keine Tarifgespräche mehr zu führen, sie aus dem staatlichen Bereich endgültig zu entlassen und vollständig zu privatisieren. Für sie gelten dann keine Tarifverträge, oder sie haben Lohn
bedingungen, die noch deutlich schlechter sind. Diese Lösungen haben in der Vergangenheit weder der Senat noch die in den Unternehmen tätigen Verantwortlichen als akzeptabel empfunden. Von daher ist es richtig und korrekt, daß man nach Lösungen sucht, die sozial verträglich sind.
Ich bin nicht der Überzeugung – das sage ich hier ausdrücklich –, daß dies immer hinreichend gelungen ist. Aber das ist die Realität, die wir vorfinden. Sie müssen über die Alternativen diskutieren, wenn Sie solche Forderungen haben, die Sie vorhin äußerten.
Es kommt uns darauf an, gemeinsam in diesem Feld etwas zu tun. Ich bin der festen Überzeugung, daß wir dazu einen Schritt gehen werden. Ich weiß und bin sicher, daß im Bereich der Sozialhilfe Neuregelungen stattfinden werden. Die Berechnung der Sozialhilfe muß auf andere Beine gestellt werden; das wird passieren.
Wir werden im Bereich der Altersarmut und der Renten etwas tun. Ich hoffe, Frau Senatorin, daß die Grundsicherung wirklich kommt und wir uns hier schrittweise weiter nach vorne bewegen.
Armut durch staatliches Handeln völlig zu beseitigen, wird uns nicht gelingen. Jedenfalls dann nicht, wenn man davon ausgeht, daß Menschen, auch wenn sie Sozialhilfe bekommen, immer noch arm sind. Ich unterstelle, daß das der Fall ist.
Summa summarum, Herr Hackbusch und meine Damen und Herren von der Gruppe REGENBOGEN, hat Ihre Große Anfrage durchaus einen sehr kritischen und wunden Punkt angesprochen. Wir müssen uns – insoweit ist es verdienstvoll – der Frage weiter annehmen, wohin es geht, wenn Menschen hart arbeiten und trotzdem nicht in der Lage sind, ihren Lebensunterhalt vernünftig zu bestreiten. Darum müssen wir uns gemeinsam kümmern. Dann helfen jämmerliche Debatten – das sei am Schluß in Richtung Opposition gesagt – über Lohnabstandsgebote im Zusammenhang mit Sozialhilfe und Tarifeinkommen wirklich nicht weiter. – Schönen Dank.
Frau Röder hat gefragt, wie es kommt – obwohl ich ihre Zahlenspiele nicht nachvollziehen kann –, daß in Hamburg
ich habe es gelesen, Frau Röder – wesentlich mehr Menschen mit niedrigen Einkommen leben als anderswo. Die durchschnittlichen Einkommen geben das insgesamt nicht her. Richtig ist aber, daß in Hamburg eine ungewöhnlich hohe Zahl neuer Dienstleistungsberufe entstanden ist, vor allem Unternehmen, für die gar keine Wirtschaftsverbände existieren. Denken Sie mal an die vielen schönen Call-Center-Beschäftigten, die wir bekommen haben. Auf diesem Sektor sind in den letzen Jahren etwa 10 000 Beschäftigungen entstanden. Sie sind zu einem großen Teil an keine tarifgebundenen Unternehmen und keine Arbeitgeberverbände gebunden. Die Bezahlung ist so, daß Ihnen die Tränen kommen. Aber es sind neue Arbeitsplätze, die haben in vielen Fällen geholfen, und das findet man zu Dutzenden und Tausenden an anderen Stellen wieder.
Viele dieser neuen Dienstleistungsbranchen haben hinsichtlich der Bezahlung ausgesprochen schlechte Bedingungen; das ist ein Teil der Antwort, wenn auch nicht die komplette.
Zum Thema Pauschalbeschäftigung, Frau Röder, war das billig. Wenn Sie in die Antworten des Senats hineingeschaut hätten, hätten Sie gesehen, daß die Zahl der Pauschalbeschäftigten deutlich, fast 20 Prozent, gesunken ist.
80 Prozent der Pauschalbeschäftigten sind studentische Hilfskräfte, überwiegend an der Universität beschäftigt. Das ist eine Debatte, die, wie ich finde, überflüssig ist.
Jetzt noch ein Wort an Herrn Hackbusch. Die Hauswirtschafterinnen – so heißen sie bei der „Vereinigung“ – sind mir persönlich sehr ans Herz gewachsen, und ich verspreche Ihnen, daß wir darauf einen ganz besonderen Blick werfen werden, um zu sehen, was da passieren wird. – Vielen Dank.
Meine Damen und Herren! Wir haben uns schon daran gewöhnt, daß wir nicht nur beschimpft werden, wenn wir Anträge der CDU ablehnen, sondern wir werden auch dafür beschimpft, wenn wir sie verbessern.
Es steht außer Zweifel – ich sage das mit der gebotenen Deutlichkeit –, daß der Senat und die BAGS in dieser Frage – vielleicht mit uns zusammen, insoweit liegt der Fehler dann wohl auch bei uns – eindeutig zu lange gewartet und darauf gehofft haben, daß sich die Zugangszahlen beim Sozialgericht wieder stabilisieren und die am neuen Standort mit hohen Investitionen und viel Kraft eingeleiteten Maßnahmen, wie neue Technik und neue Verfahrensabläufe, dazu führen werden, den Aktenberg abzuarbeiten. Das ist deshalb nicht eingetreten, weil sich die Zugänge beim Sozialgericht nicht stabilisiert haben, sondern weil auch in diesen Tagen die Eingänge beim Sozialgericht weiter ansteigen. Die Erfahrung hat gezeigt, daß die erfolgten Rationalisierungs- und Verstärkungsmaßnahmen nicht ausgereicht haben. Frau Blumenthal, wie Sie wissen, wurde in vielen anderen Bereichen eingespart, im Bereich des Sozialgerichts erfolgen dagegen personelle Verstärkungen. Wir stehen vor der realen Situation, daß der Zustand nicht mehr haltbar ist.
Der Kontakt zum Sozialgericht ist in den vergangenen Monaten nie abgebrochen. Ich bin der Überzeugung, daß das, was durch diesen Antrag, den wir vielleicht einstimmig verabschieden werden, heute geschieht, eine der wenigen Ausnahmen ist, mit der wirklich eine Menge Personal in der
Hamburger Verwaltung, aktuell beim Sozialgericht, bewegt wird. Wenn dieser Antrag vom Parlament angenommen wird, werden nicht nur drei dauerhafte Richterstellen, sondern auch fünf befristete geschaffen werden, also insgesamt acht Stellen. Wir werden im nichtrichterlichen Bereich sechs dauerhafte Stellen schaffen und acht befristete, zusammen 14 Stellen. In der Gesamtsumme bedeutet das, daß das Personal beim Sozialgericht Hamburg um ein Drittel aufgestockt wird. Das ist beachtlich viel. Wenn der Antrag so verabschiedet wird, macht das den Willen dieses Parlaments deutlich, daß nun wirklich energisch umgesteuert werden muß.
Es kann nicht akzeptiert werden – durch dieses Parlament nicht, durch den Senat nicht und schon gar nicht durch die Betroffenen –, daß die Betroffenen im Schnitt zweieinhalb Jahre warten müssen. Im Schnitt bedeutet doch, daß schnelle und einfache Fälle kürzere Bearbeitungszeiten erfahren, kompliziertere Fälle aber noch länger dauern. Wir beobachten mit großer Sorge und müssen mit Erschütterung sehen, daß sich viele Fälle dadurch erledigen, daß die Menschen sterben, bevor sie im Einzelfall ihre Gerichtsentscheidung bekommen. Das ist die bittere Wahrheit, das ist eine Realität, die nicht akzeptabel ist.
Es muß jetzt über die Ursachen geredet werden. Die Ursachen bestehen nicht darin, daß wir mehr kranke Menschen, mehr Menschen hätten, die wegen ihrer besonderen Nöte zum Sozialgericht gehen, sondern die Ursachen – das sagen uns auch die Fachleute – sind vielfach ganz andere. Die Ursachen sind eine Unmenge von Klagen von Ärzten, von Verbänden, von Pflegeeinrichtungen und von Kassen, die sich miteinander vor allem über Leistungsfragen streiten. Diese Rechtsauseinandersetzungen sind in einer Art und Weise angestiegen, die wirklich problematisch ist. Ich meine, es reicht nicht aus, lediglich mehr Personal zur Verfügung zu stellen, sondern es muß an den Ursachen etwas geändert werden.
Mit unserem Antrag wollen wir dazu einen Beitrag leisten, indem wir es für notwendig halten, daß über das Sozialgerichtsgesetz, das jetzt ohnehin zur Novellierung ansteht, dafür gesorgt wird, daß Beschleunigungen eintreten, vor allem bei den gutachterlichen Verfahren und Stellungnahmen. Wir haben das Problem, daß dies eine sehr langwierige Angelegenheit ist. Wir sollten darauf schauen, ob es Möglichkeiten gibt, dort zu Beschleunigungen zu kommen.
Wir wollen außerdem dafür sorgen, daß geprüft wird – das ist eine sehr sensible Angelegenheit –, ob die Kostenfreiheit der Rechtsstreitigkeiten unangetastet bleiben kann. Ich sage ausdrücklich aus Sicht der SPD-Fraktion, daß wir damit nicht die Kostenfreiheit der Verfahren der Versicherten meinen, also der kranken Menschen, die wie bisher vor Arbeitsgerichten und Sozialgerichten Kostenfreiheit haben. Damit meinen wir, wenn Verbände, Arbeitgeber, Ärzte, Kassen und andere Einrichtungen Massenklagen durchführen, dann sollte geprüft werden, ob hier nicht andere Voraussetzungen geschaffen werden müssen. Diese Lösung steht an, wenn wir zusammen darüber diskutieren, wie das Sozialgerichtsgesetz novelliert werden kann.
Wir meinen, daß juristische Personen...
Ich will Ihnen ein Beispiel nennen. Wenn es Streitigkeiten zwischen der AOK und Pflegeeinrichtungen in der Stadt gibt und ein Verband seinen Mitgliedern – den Arbeitgebern, den Unternehmen – empfiehlt, in diesem Streit eine Massenklage beim Sozialgericht einzureichen, dann erklärt uns das Sozialgericht, daß folgendes passiert: Es ist nicht möglich, wie in anderen Fällen, einen Fall exemplarisch für alle anderen Fälle zu entscheiden, sondern alle 110 Verfahren müssen einzeln durchgeprüft und einzeln entschieden werden. Und weil die einzelnen Einrichtungen darauf bestehen, müssen auch einzeln schriftliche Urteile gefertigt werden. Dadurch entstehen unglaubliche Kosten. Deswegen sind wir der Auffassung, wenn ein Wirtschaftsunternehmen, eine Pflegeeinrichtung eine Klage gegen eine Kasse führt und mit einer Regelung nicht einverstanden ist, dann muß dieses Unternehmen, wie es sich im deutschen Rechtswesen gehört, für die Kosten auch aufkommen.
Um es noch klarer zu machen: Es geht nicht darum, jetzt nur auf solchen Einrichtungen herumzutrampeln. Wir haben auch gemerkt, daß es nicht nur Konstruktionsfehler gibt, die von der alten Regierung gemacht worden sind, sondern auch Lücken in neueren gesetzlichen Regelungen. Bei solchen Streitigkeiten müßte erst ein Schiedsstellenverfahren zwischen den Beteiligten eingeführt werden, um zu Lösungen zu kommen, damit nicht so viele die Meinung vertreten, sie müßten ihre Konflikte und Probleme im Leistungsrecht im wesentlichen durch die Gerichte entscheiden lassen. Deshalb ist das ein weiterer Weg, um zu Vereinfachungen zu kommen.
Wir wollen mit Ihnen erreichen, daß das Dilemma in Hamburgs Sozialgericht zügig beendet wird. Selbst wenn diese Stellen sehr schnell besetzt werden, was nicht einfach sein wird, weil qualifizierte Kräfte nicht so leicht auf dem Arbeitsmarkt zu bekommen sind – zumindest nicht in der hamburgischen Verwaltung – , wird es doch eine Zeit dauern, bis diese Bugwelle abgebaut sein wird. Deshalb gehen wir davon aus, daß die befristeten Stellen mindestens für vier Jahre eingerichtet werden müssen. Ich setze mit Ihnen darauf, daß das auch wirkt. Die anderen Maßnahmen müssen dazu ergänzend wirksam werden. – Schönen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zunächst bitte ich das Haus um Entschuldigung dafür, daß ich durch meine verspätete Anreise aus München hier tagesordnungsmäßige Verwirrung verursacht habe. Ich bitte um Nachsicht.
Dann ist es in Ordnung.
Regelmäßige Normalarbeitsverhältnisse, wie wir es früher genannt haben, heißt, die Arbeit beginnt am Montagmorgen um acht Uhr und endet am Freitagnachmittag, vollzeitbeschäftigt. Solche Arbeitsverhältnisse machen in dieser Republik aber nur noch weniger als ein Viertel aller Arbeitsverhältnisse aus. Dies ist ein Beispiel dafür, wieviel sich in dieser Republik in den letzten zwanzig Jahren im Bereich der Arbeit verändert hat.
Es ist notwendig, daß dies im Bereich der Arbeitsmarktpolitik berücksichtigt wird und daß sich die Politik auf diese Veränderungen einstellt.
Die CDU hat in der Anhörung des Sozialausschusses, als es um die Frage der Leitlinien der hamburgischen Arbeitsmarktpolitik ging, von einem Paradigmenwechsel gespro
A C
B D
chen. Ich möchte das unterstreichen und zunächst aber einmal darauf schauen, was sich in der Arbeitsmarktpolitik grundsätzlich verändert hat.
Ich will nicht weiter darauf eingehen, denn Sie alle wissen es, daß die Arbeitslosigkeit deutlich gesunken ist. Darüber sind offensichtlich alle froh und dankbar. Wir haben im Arbeitsmarkt eine grundlegende Änderung in der Form, daß es nicht mehr die Arbeitsuchenden sind und die mangelnde Nachfrage, die das überwiegende Problem stellen, sondern wir befinden uns inzwischen auf der Schwelle, daß umgekehrt die nicht befriedigte Nachfrage ein zunehmend wachsendes Problem der Arbeitsmarktpolitik ist.
Das ist allerdings ein so grundlegender Wandel in Hamburg, daß sich Arbeitsmarktpolitik komplett überprüfen muß. Die bisherigen Instrumente waren, wie Sie wissen, aus Mangel an Arbeitsplätzen sehr viel auf Beschäftigung von Arbeitslosen ausgerichtet, die keinen Arbeitsplatz finden konnten. Sie muß sich neu orientieren und sortieren. Nichts anderes wollen die Leitlinien zur Arbeitmarktpolitik sagen.
Was ist das Besondere an diesen Leitlinien, warum haben wir sie diskutiert und wollen sie auch heute mit Ihnen diskutieren?
Ich will auf die Kernsätze eingehen, aber zunächst bemerken, das Entscheidende ist, daß es nicht nur von Fachleuten aus dem Bereich der Arbeitsmarktpolitik und dem Senat formuliert wurde, sondern daß sie von allen relevanten Kräften in diesem Bereich getragen werden, nicht nur von den Trägern der Arbeitsmarktpolitik, den Verbänden, Einrichtungen, Beschäftigungsträgern und so weiter, sondern insbesondere auch von den Kammern, den Arbeitgeberverbänden, den Gewerkschaften und den Sozialverbänden und -institutionen dieser Stadt. Das scheint eine wichtige Voraussetzung dafür zu sein – das hoffe ich jedenfalls –, daß es uns gemeinsam gelingen kann, in der Zukunft arbeitsmarktpolitisch nach und nach umzusteuern, und zwar noch stärker als bisher in Richtung Vermittlung auf den Ersten Arbeitsmarkt.
Um aber Mißverständnissen und Einwänden, die gleich kommen werden, schon vorzugreifen, sei an der Stelle gesagt: Es wird ohne beschäftigungspolitische Maßnahmen nicht gehen. Ich halte die HAB in dieser Stadt für ein unverzichtbares Modell. Ich bin auch der Auffassung, daß ABM nicht ersatzlos zu streichen ist. Eine Metropole wie Hamburg braucht ein breites Angebot an arbeitsmarktpolitischen Instrumenten, um allen Zielgruppen gerecht zu werden. Es kann nicht sein, daß wir uns in der gegenwärtigen Situation allein darauf konzentrieren, die schnell vermittelbaren Arbeitslosen sofort in den Ersten Arbeitsmarkt zu integrieren. Nach Meinung der SPD-Fraktion ist es gerade jetzt notwendig, noch mehr Augenmerk auf jene zu richten, die sich aus unterschiedlichsten Gründen schwertun, einen Arbeitsplatz zu finden.
Welches sind die Kernpositionen? Wir brauchen noch bessere Informationen über die Qualifikationsanforderungen der Wirtschaft und entsprechend paßgenaue Qualifikationen seitens der Arbeitslosen. Der Informationsaustausch über diese Qualifikationsanforderungen und -angebote muß deutlich verbessert werden. Wir können das auch erreichen, dafür sind Modelle entwickelt.
Wir wollen aber auch ungenutzte Beschäftigungspotentiale für niedrig qualifizierte Arbeitnehmer lokalisieren. Wir glauben, daß es in vielen Bereichen der Wirtschaft verschüttete Beschäftigungsmöglichkeiten gibt, die man mo
bilisieren kann, wenn wir uns darum mit besonderen Angeboten bemühen.
Es gibt gerade auch im Bereich der Dienstleistungsarbeitsplätze, also in den sogenannten unternehmens- und personenbezogenen Dienstleistungen, viele Arbeitsplätze, die nicht nur hochqualifiziert wie etwa die IT-Berufe sind, über die in diesem Hause schon viel gesprochen wurde.
Wir glauben – und sind uns dann ja wohl auch mit der CDU wieder einig –, daß wir in Hamburg Modelle erproben sollten, wie sie in Skandinavien etwa im Bereich Jobrotation ausprobiert worden sind. Was ist damit gemeint? Es geht darum, daß wir wissen, daß in vielen Unternehmen Arbeitnehmer über längere Zeiträume, oft Monate, manchmal sogar über ein Jahr hinaus, für besondere Aufgaben qualifiziert werden. Wir wollen versuchen, durch Programme, die auch von der Bundesanstalt für Arbeit unterstützt werden, zu erreichen, daß die für diese Zeit freien Arbeitsplätze befristet mit Arbeitslosen besetzt werden können, in der Hoffnung – und diese Hoffnung ist nicht unberechtigt, wie andere Erfahrungen etwa in Skandinavien zeigen –, daß diese Arbeitnehmer nach der Zeit des Einsatzes auf diesen konkreten befristeten Arbeitsplätzen in unbefristete Arbeit übernommen werden können. Das ist ein weiteres wichtiges, und wie wir finden, hervorragendes Beispiel erfolgreicher Arbeitsmarktpolitik.
Meine Damen und Herren, wir wollen ein besonderes Augenmerk auf unsere Jugendlichen richten. Wir alle haben in diesem Haus mehrfach über das Thema Jugendsofortprogramme diskutiert, über den Versuch Hamburgs, festzustellen, was unsere jungen Leute können, die bisher vielleicht ohne Berufsabschluß und Chancen auf dem Ausbildungs- und Arbeitsplatzmarkt gewesen sind. Diese Trainee-Programme müssen aber in der Praxis weiter umgesetzt werden, im Sinne von noch stärkerer und besserer Integration in praktische Arbeit und Ausbildung. Es ist festgestellt worden – was viele vielleicht nicht überrascht hat –, daß insbesondere die Sprachbarrieren bei Migrantinnen und Migranten, die einen nicht kleinen Teil dieser Jugendlichen ausmachen, in diesen Sofortprogrammen eines der größten Probleme sind. Wir wollen gemeinsam dafür sorgen, daß die Qualifizierung auf der sprachlichen Ebene vorangebracht wird.
Wir glauben weiter – auch das ist ein Thema, das dazu paßt –, daß die Potentiale in sogenannten ausländischen Betrieben noch nicht im ausreichenden Umfang mobilisiert worden sind. Die Zahl der Unternehmen in Hamburg, überwiegend mittelständische Unternehmen, die von nichtdeutschen Hamburgerinnen und Hamburgern – wenn ich es einmal so formulieren darf – verantwortlich betrieben werden, wächst jährlich. Wir glauben, daß nicht nur das Beschäftigungspotential, sondern auch das Ausbildungspotential in diesen Betrieben genutzt werden muß. Die Handelskammer hat auf diesem Sektor Vorbildliches geleistet. Ich glaube, daß das für die Handwerkskammer genauso gilt. Das soll und wird ausgebaut werden. Wir wollen die Dinge gemeinsam voranbringen.
Die Chancen für ältere Langzeitarbeitslose und selbst für behinderte Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt sind besser geworden. Wir müssen diese Chancen konzentriert nutzen. Das wollen wir gemeinsam tun. Wir wollen auch eine Erfolgsgeschichte in Hamburg noch weiter nach vorne bringen, die heißt: Eigenständigkeit aus Arbeitslosigkeit. Es ist für mich immer erstaunlich gewesen – ich weiß nicht, wie es Ihnen ergeht, wenn Sie seitens des Arbeitsamtes diese Zahlen vernehmen –, wie es gelungen ist, so viele
Arbeitslose direkt in selbständige Tätigkeit hineinzufördern, indem man sie unterstützt und ihnen bei der Existenzgründung hilft. Am Ende wurde damit zunächst nicht nur die Arbeitslosigkeit für die Betroffenen unmittelbar beseitigt, sondern wir wissen aus der praktischen Erfahrung, daß, wenn diese Unternehmen erfolgreich arbeiten, sie einige Jahre später zunächst ein, zwei und dann drei Arbeitnehmer beschäftigen werden. Das sagen jedenfalls die Erfahrungen der Vergangenheit. Insofern ist diese Existenzgründung aus der Arbeitslosigkeit heraus auch ein Modell, das wir fördern wollen.
Damit bin ich am Schluß meiner kurzen Ansprache angekommen. Wir meinen, Fördern und Fordern ist das, worum es geht. Wir wollen Arbeitnehmer fördern, damit sie Arbeit finden, und wollen sie da fordern, wo der Eindruck entsteht, daß sie sich nicht bewegen und selbst bemühen. Das ist notwendig, und wir glauben, es wird gelingen, am Ende dieser Legislaturperiode das Ziel zu erreichen, ein Drittel weniger Arbeitslosigkeit zu haben. Das wollen wir gemeinsam schaffen. – Vielen Dank.
Meine Damen und Herren! Während der Fraktionsvorsitzende der CDU, Ole von Beust, in seiner Generaldebatte das Stichwort „Arbeitslosigkeit“ mit keiner Silbe genannt hat,
können wir wenigstens feststellen, daß sich wenigstens Frau Blumenthal damit auseinandergesetzt hat.
Immerhin hat sie anerkannt, daß in der Stadt Außergewöhnliches passiert ist. Von fast 100 000 Arbeitslosen – ich hatte das vor einem Jahr von diesem Pult prognostiziert – werden wir die Zahl von 70 000 unterschreiten. Das ist eingetreten. Frau Blumenthal, wir sind mutig und setzen uns Ziele. Wir sind der Überzeugung, daß zum Ende dieser Legislaturperiode, nämlich im Herbst nächsten Jahres, die Arbeitslosigkeit um ein Drittel geringer sein wird als zu Beginn dieser Legislaturperiode.
Dieses Ziel gehen wir an, und wir können gemeinsam prüfen, ob das Ziel erreicht wird.
Frau Blumenthal, meine Damen und Herren von der CDU! Es wird in keinem Bundesland einen so starken Abbau der Arbeitslosigkeit geben wie in dieser Stadt.
Dafür ist nicht der Senat allein verantwortlich. Das ist hier schon oft genug gesagt worden. Natürlich trägt die wirtschaftliche Entwicklung dazu bei.
Die Initiative des Bürgermeisters für Arbeit, Ausbildung und Qualifizierung hat bei der Wirtschaft nachhaltige Wirkung erzeugt, ebenso bei den Arbeitgeberverbänden und bei den Gewerkschaften, beim Arbeitsamt, bei allen Beteiligten.
Ich kann nur noch einmal bestätigen, daß diese Linien richtig sind.
Frau Blumenthal, Sie liegen falsch, es ist kein statistisches Problem, sondern in Hamburg sind in diesem Jahr für 20 000 Menschen zusätzliche Arbeitsplätze entstanden.
20 000 Arbeitsplätze, die wir innerhalb eines Jahres zusätzlich geschaffen haben, sind so viele – übrigens habe ich im letzten Jahr denselben Vergleich gebracht –, wie in Bad Segeberg, in Kaltenkirchen, in Bad Oldesloe überhaupt existieren.
Das ist im letzten Jahr wahr gewesen und ist in diesem Jahr noch einmal wahr, Frau Blumenthal.
Im vergangenen Jahr habe ich dieses Zitat gebraucht. Bezogen auf zwei Jahre zurückliegend war die Feststellung richtig. Sie können es gerne nachlesen. Ich zeige Ihnen die Zitatquellen, die dazu gehören, daß innerhalb eines Jahres – von Herbst 1999 bis Herbst 2000 – die Zahl der zusätzlichen Arbeitsplätze um 20 000 zugenommen hat.
Es ist auch nicht so, wie Frau Blumenthal weissagen machen möchte, daß es ein rein konjunktureller Schub ist. Der Direktor des Arbeitsamtes bestätigt, daß auch Langzeitarbeitslose und ältere Arbeitslose endlich wieder eine Chance auf dem Arbeitsmarkt haben. Das halte ich für hervorragend. Noch wichtiger für uns alle ist aber, meine Damen und Herren, daß vor allem die Jugendarbeitslosigkeit viel deutlicher gesunken ist.
Die Zahl der offenen Stellen steigt kontinuierlich an. Hamburg ist in der Frage der Existenzgründungen Deutscher Meister. Das sind Fakten, die man darstellen kann, ohne daß man sich dafür entschuldigen muß.
Allerdings müssen wir uns angesichts dieser Entwicklung umstellen. Das ist deshalb außer Zweifel, weil auf dem Arbeitsmarkt eine entscheidende Veränderung stattfindet. Der Arbeitsmarkt wandelt sich vom Angebots- zum Nachfragemarkt. Wir werden in den nächsten Monaten und Jahren noch häufiger mit dem Problem konfrontiert werden, daß freie Arbeitsplätze nicht so schnell mit ausreichend oder mit paßgenau qualifizierten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern besetzt werden können, wie es notwendig wäre. Das ist eine besondere Herausforderung. Die Herausforderung für die Sozialdemokraten heißt für die Zukunft deshalb: Noch mehr tun in Ausbildung, in Weiterbildung und Qualifizierung. Das wird das Ziel der kommenden Jahre sein.
Frau Blumenthal hat in diesem Zusammenhang die Leitlinien des Senats kritisiert. Ich verstand es nicht ganz genau. In der Sozialausschußsitzung vor wenigen Tagen, als wir dieses Thema dort diskutiert haben, hat die CDU ausdrücklich die Inhalte dieser Leitlinien gelobt. Das ist im Protokoll nachlesbar. Ich kann Ihnen das vorlegen. Daß Sie heute sagen, wir sollen uns wieder davon verabschieden, ist verwunderlich.
Es ist meine feste Überzeugung, daß der Abbau von Arbeitslosigkeit das beste Programm zur Bekämpfung von Armut ist und bleibt. Wir haben deshalb überhaupt keinen Anlaß – das ist meine Bemerkung in Richtung REGENBOGEN-Gruppe –, damit aufzuhören, Menschen aus der Sozialhilfe in Arbeit zu bringen, um sie von der Sozialhilfe abzulösen. Ich betone ausdrücklich, daß wir Ihrer Empfehlung nicht folgen werden.
Im Gegenteil. Die Anstrengungen müssen noch verstärkt werden. Die Chancen auf dem Arbeitsmarkt sind besser, und es gibt allen Anlaß, daß wir die Anstrengungen verstärken, um Sozialhilfeempfänger in Arbeit zu bringen.
A C
B D
Wir haben neue Chancen, und wir werden sie nutzen, auch wenn jeder hier genau weiß, daß das nicht leichter geworden ist, weil natürlich viele der Sozialhilfeempfänger in großen Schwierigkeiten sind und ihnen besonders geholfen werden muß.
Ich empfehle Ihnen insbesondere einen Blick auf den gemeinsamen Antrag der SPD- und GAL-Fraktion, die Drucksache 16/5305, in dem es um das Thema Sozialhilfe insgesamt und die Behandlung der Probleme in den Sozialämtern geht. Wir schlagen vor, daß Hamburg den Modellversuch zur Pauschalierung der Sozialhilfe durchführt, nicht undifferenziert, sondern zielgruppenbezogen, weil wir hoffen, daß es für die betroffenen Sozialhilfebezieher, aber auch für die Sozialämter deutliche Entlastungen gibt. Selbstverständlich ist es notwendig, im Sozialamt Entlastung zu schaffen. Dafür gibt es eine Reihe von Vorschlägen genauso wie für das Thema, wie man die Sicherheit in den Sozialdienststellen verbessern und gleichzeitig die Kundenfreundlichkeit erhöhen kann. Das Wort geht mir im Zusammenhang mit Armut und Sozialhilfebezug etwas schwer über die Lippen. Trotzdem geht es darum, wie man die Kontakte zu den Sozialämtern für die Menschen, die sie benötigen, verbessern und die Sozialämter leichter nutzbar machen kann.
Ein Wort zum Thema „Behinderte in der Stadt“. Unser Ziel bleibt die Integration in Arbeit, wo immer das möglich ist. Wir werden Vorschlägen, geschützte Arbeit in den Werkstätten abzuschaffen, nicht folgen, sind aber unverändert der Meinung, daß es notwendig ist, die Arbeit der Werkstätten stärker mit der privaten Wirtschaft zu verzahnen.
Wir wollen die hohen Standards hamburgischer Behindertenpolitik in Zukunft erhalten. Sie sind immer noch richtungweisend und beispielgebend in der Republik. Wir wollen aber auch Neues ausprobieren. Das Thema „Persönliches Budget“ ist ein solcher Versuch, in dem es darum geht, Autonomie von Behinderten in der Regelung ihrer persönlichen Angelegenheiten zu stärken. Wir glauben nicht, daß dies eine Lösung ist, die pauschal für alle angewendet werden kann, aber es ist ein Angebot, das in der Sache geprüft werden muß. Wir werden es versuchen.
Sehr viel haben die SPD-Fraktion und die GAL-Fraktion in den letzten Jahren für Gehörlose in der Stadt getan. Mit diesen Haushaltsberatungen liegt erneut ein Antrag vor, die Situation für die Betroffenen zu verbessern.
Dies soll vor allem dadurch geschehen, daß man die Möglichkeiten der bereits existierenden neuen Technik unterstützt, um damit das Leben der Gehörlosen in dieser Stadt noch günstiger zu gestalten.
Obdachlosigkeit, ein weiteres großes Problem für eine Metropole, wird in dieser Stadt konsequent im Sinne von Erleichterung bearbeitet. Wir sehen unseren Schwerpunkt unverändert bei der Sicherung von vorhandenem und bei der Beschaffung von zusätzlichem Wohnraum. Hier ist Zusätzliches geschehen, indem Obdachlose in regulärem Wohnraum untergebracht werden, über das bestehende Übernachtungsangebot, das wir vorhalten und über Winter immer neu verstärken, hinaus.
Es gibt Tagesaufenthaltsstellen, Krankenpflegemobile, wir haben die Krankenstube, den Mitternachtsbus. Private Institutionen unterhalten Suppenküchen und Kleiderkammern. In dieser Stadt wird für Obdachlose gesorgt. Hier verhungert keiner, und in Hamburg muß auch keiner erfrieren. Das ist unsere Politik. Wir wollen den Menschen helfen, aus Obdachlosigkeit herauszukommen.
Auf die vielen REGENBOGEN-Anträge, mit denen ohne jegliche finanzielle Deckung Wohltaten über die Stadt verteilt werden, will ich nicht weiter resümieren. Ich habe sie gelesen, gelacht und gelocht. – Schönen Dank.
Frau Sudmann, Erregung lohnt gar nicht, wenn Sie zugehört hätten, hätten Sie gehört, daß ein Sozialhilfe-Leitfaden gegenwärtig erarbeitet wird und daß es weitere Informationen geben wird.
Ich will einen Satz zu Ihrer Erwiderung sagen. Die einmaligen Hilfen in Hamburg im Bereich der Sozialhilfe sind überdurchschnittlich hoch im Bundesgebiet und auch überdurchschnittlich hoch bei den Großstädten. Es gibt erkennbar keinen Bedarf dafür – wenigstens nach diesen Grundlagen –, daß es notwendig wäre, die einmaligen Hilfen in Hamburg deutlich zu erhöhen, jedenfalls, wenn man diese statistischen Daten zugrunde legt.
Ja, pro Hilfeempfänger wird doch gerechnet. Gegen nichts anderes. Pro Hilfeempfänger, darum geht es doch, und das wissen Sie auch. Hier den Eindruck zu erwecken, als ob den Menschen Leistungen, die ihnen zustehen, verwehrt werden, ist einfach Unsinn.
Herr Salchow, zerbrechen Sie sich nicht meinen Kopf.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich habe sorgfältig gelesen, was die Gruppe REGENBOGEN uns als Problemlösungsvorschläge zur Verfügung stellt.
Ich will es vorwegschicken:Würde man diesem Konzept folgen, dann würden die Probleme der Rentenversicherung nicht nur größer, sondern unlösbar. Jeder, der auch nur ein bißchen davon versteht, kann das leicht nachvollziehen.
Erstens: Herr Hackbusch, bevor man sich an Lösungskonzepte macht, ist es doch sinnvoll, die Problemlage noch einmal zu beschreiben. Diese ist eindeutig so, daß wir in der Vergangenheit feststellen mußten, daß die Finanzierung der Rentenversicherung vor so großen Schwierigkeiten steht, daß sie zu Beitragserhöhungen führt, die in wenigen Jahren die Grenze von 30 Prozent des Bruttolohns überschreiten würden.
Wenn Sie im ersten Punkt Ihres Antrags davon sprechen, daß höhere Beiträge als die heutigen kein Grund zur Beunruhigung seien, dann frage ich mich ernsthaft, in welcher Welt sie leben.
Sprechen Sie doch einmal mit den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in den Betrieben und mit den Arbeitgebern, welche Folgen das hat. Es ist doch inzwischen Realität, Herr Hackbusch und meine Damen und Herren von der Gruppe REGENBOGEN, daß von jeder zusätzlichen Mark, die eine deutsche Arbeitnehmerin oder ein deutscher Arbeitnehmer verdient, netto weniger als die Hälfte bei den Betroffenen und ihren Familien ankommt. Das ist zu einem guten Teil den Problemen der Finanzierung der Sozialsicherungssysteme geschuldet.
Wir haben dieses System auf dem Faktor Arbeit aufgebaut. Wir erleben, welche Wettbewerbsprobleme wir damit insgesamt bekommen und welche Belastungen wir außerdem bei den Familien ankommen lassen. Daß das so nicht weitergehen kann, liegt auf der Hand.
Zweitens: Die Menschen werden älter. Herr Hackbusch, Sie und ich – ich glaube, wir sind etwa aus dem gleichen Jahrgang – haben gute Chancen, älter zu werden als unsere Großväter und Urgroßväter.Zugleich arbeiten wir, was die Lebensarbeitszeit anbelangt, kürzer als diese.Das kann mein vierzehnjähriger Sohn im Kopf ausrechnen, daß das auf Dauer nicht gutgehen wird. Also muß es Lösungskonzepte geben. Ihr Vorschlag ist, das Rentenalter bei weiterhin hohem Rentenniveau zu senken.In welcher Welt lebt eigentlich der REGENBOGEN?
Ich bin der Auffassung, daß das Rententhema schwierig ist. Wir reden nicht über Steuererhöhungen hier und Lösungskonzepte da, sondern wir reden über die Lebensplanung von ganzen Generationen. Insoweit bin ich ein Verfechter derjenigen, die sagen, daß man mit diesem Thema sehr sorgfältig umgehen muß.
Ich halte es für höchst problematisch, daß sich Rentenreformen sozusagen in kürzester Folge überstürzen. Die letzten durchgeführten Rentenreformen liegen noch nicht allzulange zurück. Eine der letzten wurde verhindert; nun stehen wir vor dem Versuch, eine tiefgreifende, neue Problemlösung anzustreben.
Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, daß es von verschiedenen gewerkschaftlichen und anderen gesellschaftlichen Gruppen Kritik an diesen Plänen gibt. Damit kann man sich inhaltlich auseinandersetzen; das muß man auch tun.
Ich plädiere übrigens dafür, daß wir uns gemeinsam für ein System entscheiden, das auf einem möglichst großen Konsens beruht. Deshalb bedauere ich es sehr, daß die CDU aus den Konsensgesprächen ausgestiegen ist.Ich halte es für einen großen Fehler, daß das geschehen ist, rechne aber damit, daß in dieser Frage am Ende die Vernunft siegen wird und man wieder zusammenkommt.
Zurück zum Antrag der Gruppe REGENBOGEN. Fluchttendenzen aus dem solidarischen Rentensystem – das schreiben Sie richtig – sind zu stoppen.Herr Hackbusch, es war diese Regierung, die unter schwersten Anfechtungen das Thema der Scheinselbständigkeit angegangen ist. Dafür sind wir nicht nur von der Opposition, sondern auch von Arbeitgeberverbänden und anderen Betroffenen heftig geprügelt worden; das war nicht anders zu erwarten.
Dies war ein entscheidender Schritt, weil wir nämlich genau erreicht haben, was Sie auch wollen. Bereits jetzt kommen die Mehreinnahmen für die Rentenversicherung aus beiden Maßnahmen – aus der Neuregelung der Pauschalbeschäftigung und durch den Versuch, die sogenannte Scheinselbständigkeit einzudämmen – in Milliardenhöhe an. Die Entscheidungen waren richtig. Insoweit sind wir in diesem Punkt sicherlich einig.
Zum Thema Senkung der Altersgrenze kann ich nur sagen: Erklären Sie es den Menschen einmal, wer das finanzieren soll!
Es gibt Stichworte zum Thema Erwerbsunfähigkeits- und Berufsunfähigkeitsrente. Genau das ist in diesem Konzept vorgesehen. Die von der vorigen Regierung geplanten Änderungen hätten für die berufsunfähigen Menschen massive Verschlechterungen gebracht. Das wird notwendigerweise in wesentlichen Teilen korrigiert; darin sind wir dann einer Meinung.
Viele Vorschläge, die Sie zum Thema Geschlechtergerechtigkeit gemacht haben, finden meine Zustimmung. Die Frage dabei ist hier aber, wie wir das finanzieren. Würden wir das tun, was Sie sagen, dann kann von einer Verfestigung der Bundeszuschüsse keine Rede mehr sein.
Herr Hackbusch, gegenwärtig ist es so, daß der Staat jährlich 35 Prozent der Rentenausgaben aus Steuermitteln finanziert. Endlich ist das so. In der Vergangenheit war es nicht so; die vorige Regierung hat dies über Jahre verhindert. Die Versicherungsbeiträge haben für versicherungs
fremde Leistungen herhalten müssen. Diese Staatszuschüsse werden in den kommenden Jahren noch auf über 40 Prozent steigen.
Würden wir auf die Idee kommen, Ihre Vorschläge zu realisieren, Herr Hackbusch, dann hätten wir eine Staatsrente, weil die Mehrheit der Finanzierungskosten nicht mehr von den Versicherungsnehmern beigebracht würde, sondern vom Staat. Wenn Sie also eine Staatsversorgung wollen, dann sagen Sie es doch. Dann brauchen Sie nicht am Eingang Ihrer Erklärung darauf hinweisen, daß Sie – wie es so schön heißt – für eine solidarische Versicherung unter Beteiligung der Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind; das wäre dann nicht mehr der Fall.
Summa summarum: Erstens: Rentenpolitik wird nicht in Hamburg entschieden und Gott sei Dank auch nicht von der Gruppe REGENBOGEN.
Zweitens: Ich bin der Auffassung, daß es sich um ein Thema handelt, mit dem sich viel Konfliktstoff verbindet.
Drittens: Ich bin dafür, dieses Thema sehr sachlich, ernsthaft und transparent gegenüber den Betroffenen zu diskutieren.
Viertens: Ich kann alle davor warnen, in diesem Zusammenhang ständig Panikmeldungen herauszugeben. Man kann – wenn man es will – am Ende das Vertrauen der gesamten Bevölkerung in die Versicherungssysteme – auch in das der Rente –
kaputtreden. Das halte ich für höchst unverantwortlich.
Es wird viel darüber diskutiert, ob in der Frage der Belastung ein gerechter Ausgleich zwischen der jüngeren und der älteren Generation herbeigeführt ist. Erstmals hat sich die Union deutlich bekannt; sie will die heutigen Rentner stärker belasten.
Man kann darüber unterschiedlicher Meinung sein, wie dies funktioniert.Wenn wir die Entwicklung so weitertreiben lassen, wie sie sich aktuell darstellt, würden wir die jungen Menschen in einer unerträglichen Art und Weise belasten. Sie müßten nämlich die Renten über steigende Versicherungsbeiträge finanzieren. Das muß man erstens den jungen Menschen jeden Tag neu sagen. Zweitens kann man den jungen Menschen sagen, daß ihre Chance groß ist, deutlich länger Rente zu beziehen. Das muß gemeinsam finanziert werden; daran führt kein Weg vorbei.
Ich erlebe das in meiner eigenen Familie, wie das mit der Rente meiner Mutter und meines Vaters, der inzwischen verstorben ist, aussieht. Beide gehören zur Vorkriegsgeneration und haben als Kinder das Kriegsende erlebt.Sie sind diejenigen, die diese Republik aufgebaut haben. Die Lasten, die diese Generation getragen hat, sind unbeschreiblich groß. Ich sage als jüngerer Mensch:Wir haben es – jedenfalls in der Summe – unvergleichlich besser getroffen als unsere Eltern und Großeltern. Das gilt nicht für alle jungen Menschen, das sage ich ausdrücklich, aber im Durchschnitt ist es so.
Von daher wäre es sehr fahrlässig, diese Generation, die den Karren aus dem Dreck gezogen
und den Wohlstand, in dem wir heute leben, aufgebaut hat, nachträglich zu bestrafen. Soweit mein Kommentar dazu. – Schönen Dank.
A C
B D
Meine Damen und Herren! Ich will nicht auf die ökologischen Aspekte der Ökosteuerreform eingehen, sondern ich will einige der Anmerkungen von Herrn Professor Salchow aufgreifen, bezogen auf das Thema Lohnnebenkosten und Renten.
Um an Fakten klarzustellen: Seit die rotgrüne Bundesregierung im Amt ist, sind erstmals seit vielen, vielen Jahren die Lohnnebenkosten in diesem Lande gesunken.Wer dies nicht zur Kenntnis nimmt, geht an der Realität vorbei.
Zweiter Fakt: Die vergangene Bundesregierung hat über Jahre hinweg die Arbeitgeber und Arbeitnehmer in Anspruch genommen, alle politischen, eigentlich nicht versicherungsrechtlich zulässigen Leistungen der Rentenversicherung aus Beiträgen zu finanzieren.
Das ist die Realität. Heute sind wir bei 35 Prozent der Rentenausgaben aus Staatsmitteln angekommen. Erstmals in dieser Republik leistet der Staat per Ausgaben das in die Rentenversicherung hinein, was er wirklich leisten muß. Durch Sie ist das nicht passiert.
Der Anteil der Bundeszuschüsse für die Rentenversicherungsausgaben wird in den nächsten Jahren auf bis zu 40 Prozent ansteigen, und das muß finanziert werden. Es ist richtig, wenn das nicht die Arbeitgeber und Arbeitnehmer finanzieren, weil es einfach nicht mehr erträglich ist, meine Damen und Herren.
Die Steuer- und Sozialpolitik der letzten Regierung hat drittens dazu geführt, daß jeder Arbeitnehmer, der eine Mark mehr verdient, mehr als 50 Pfennige an Sozialversicherungsbeiträgen und Steuern abliefern muß. Das sind Fakten. Das haben wir geändert, und das ist notwendig.
Vierter Fakt. Wenn Sie von dem Thema Rentenversicherung der Arbeitslosen sprechen, dann geht es um dasselbe Problem. Natürlich ist es notwendig, daß am Ende diese Lasten nicht bei der Arbeitslosenversicherung landen, weil auch das Lohnnebenkosten sind.
Meine Damen und Herren, das, was hier vorgeführt wird, ist einfach billig und unakzeptabel.Wenn Sie mir nicht glauben – was ich verstehen kann –, dann fragen Sie doch bitte Herrn Dr.Walter, den Chefökonom der Deutschen Bank.Ich muß sagen, daß ich mit ihm so gut wie nie einer Meinung war. Der hat gesagt, aus der Ökosteuer darf nicht ausgestiegen werden. Der Mann hat recht.
Was ist, meine Damen und Herren, die beste Nachricht des Jahres? – Deutschland richtet die Fußballweltmeisterschaft 2006 aus, meinen einige. Das finde ich gut und auch ganz nett. Persönlich reicht mir das nicht für ein solches Zertifikat aus. Für mich ist die beste Nachricht dieses Jahres, daß innerhalb von 24 Monaten die Arbeitslosigkeit um 18 Prozent, um 16 000 Arbeitslose, reduziert worden ist.
Die zweitbeste Nachricht ist, daß die Jugendarbeitslosigkeit sogar um 25 Prozent, um 2300 jugendliche Arbeitslose, reduziert wurde, daß sich die Zahl der bei dem Arbeitsamt gemeldeten freien Stellen verdoppelt hat und wir in einem Existenzgründerboom in Hamburg leben. Damit nimmt Hamburg bei der Arbeitsmarktentwicklung in Deutschland eine herausragende Spitzenfunktion ein. Ich sage, meine Damen und Herren: Go on, Hamburg.
Um keine Mißverständnisse aufkommen zu lassen: Wir werden uns nicht auf Lorbeeren ausruhen dürfen. Ich sage hier mit aller Energie: Jeder Arbeitslose in dieser Stadt ist ein Arbeitsloser zuviel, und solange dies so ist, werden wir an dem Thema weiter zu arbeiten haben.
Ich sehe drei zentrale Aufgaben.
Erstens: Jetzt muß die Chance für Benachteiligte auf dem Arbeitsmarkt genutzt werden, insbesondere für Langzeitarbeitslose und benachteiligte junge Menschen auf dem Arbeitsmarkt. Ich weise mit aller Energie die Kritik der CDU am Jugendsofortprogramm zurück.
Seit Beginn dieser Maßnahme, also beginnend 1999 bis heute, haben wir mehr als 5000 jugendliche Teilnehmer in diesen Maßnahmen. 2200 in Trainingsmaßnahmen, zusätzlich wurden 450 überbetriebliche Ausbildungsplätze geschaffen, 320 junge Menschen sind in Qualifizierungsmaßnahmen gekommen, 500 junge Menschen sind über LKZ – Lohnkostenzuschußmaßnahmen – in reguläre Arbeit gekommen. 300 Qualifizierungsmaßnahmen, die mit ABM verbunden sind, wurden eingerichtet.Fast 1000 zusätzliche betriebliche Ausbildungsplätze wurden in dieser Zeit akquiriert, und seit Anfang 2000 sind über 1300 junge Menschen in QUAS, also in einem Praktikum in den Betrieben, untergekommen. Ich frage Sie, meine Damen und Herren von der CDU: Ist das etwa nichts?
Die CDU-Kritik unterstellt uns, das Ganze seien nur miese Tricks in der Statistik.
Das ist nicht nur frech, sondern das ist unwahr. Wir hätten es, meine Damen und Herren von der CDU, viel leichter gehabt, hätten wir, wie manche andere Länder, eine Menge Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen produziert. Dann wären diese jungen Menschen alle aus der Statistik verschwunden, weil ABM-Teilnehmer nicht als arbeitslos gezählt werden. Genau das haben wir nicht gemacht. Wir haben uns darum gekümmert, daß geprüft wird, was man mit den jungen Menschen tun kann, und wir wollen alle Maßnahmen danach ausrichten, daß sie in reguläre Ausbildung oder Arbeit kommen.
Ihre Presseerklärung zu diesem Thema, meine Damen und Herren von der CDU, hat mich an ein Zitat von Goethe erinnert.
Er hat einmal einen Brief von einem Kritiker schriftlich beantwortet. Das Zitat heißt wie folgt:
„Ich sitze am kleinsten Örtchen meines Hauses und habe Ihren Brief vor mir, gleich habe ich ihn hinter mir.“
Zweitens: Wir fordern eine vielleicht letzte Kraftanstrengung zur bedarfsgerechten Erhöhung der Ausbildungsplätze in dieser Stadt. Ein Plus von 10 Prozent, denke ich, und dann ist es geschafft. Es ist ein ehrgeiziges Ziel, aber ehrgeizige Ziele schaden Hamburg nicht.
Inzwischen sind 632 Auszubildende in den neuen IT-Berufen in Hamburg tätig.Das ist ein Vielfaches dessen, was wir vor zwei, drei Jahren in diesem Bereich erlebt haben.Wenn man weiß, daß wir 32 000 Auszubildende in der Stadt haben, sind das immerhin doch nur 2 Prozent. Es gibt also Handlungsbedarf.
Drittens: Wir wollen die Stadt noch fitter machen für die Dienstleistungs- und Informationsgesellschaft. Es geht um ganz wichtige Dienstleistungsfunktionen der Zukunft, und dafür wurden im Rahmen dieser Initiative hervorragende Maßnahmen eingeleitet. Sie alle konnten es lesen. Hamburg entwickelt sich zur digitalen Stadt.